Holländische Liebhabereien
Von Achim von Arnim
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Über dieses E-Book
Achim von Arnim (1781/1831) war ein deutscher Schriftsteller. Neben Clemens Brentano und Joseph von Eichendorff gilt er als wichtigster Vertreter der Heidelberger Romantik.
Aus dem Buch:
"Leise trat der Professor Hemkengriper in seidnem japanischem Schlafrocke aus der Bibliothek in das Eßzimmer und schaute verdrießlich einem jungen Manne über die Achsel, der auf dem großen Eßtische die Scheiben des eingeworfenen breiten Straßenfensters zusammenlegte. "Wer bist du?" fragte ihn Hemkengriper mit einer kalten Verachtung. - "Jan Vos aus Amsterdam", antwortete der junge Glaser, ohne sich in der Arbeit stören zu lassen. - "Warum kommt der Glasermeister Glateis nicht selbst?" fuhr der gelehrte Herr fort zu fragen: "Hat Bathseba nicht bestellt, daß es eine schwierige Arbeit sei, die zerbrochenen Scheiben zusammenzusuchen und in Blei zu setzen? Und warum hat man nicht gewartet, bis ich gekommen, um die griechischen Inschriften zusammenzulegen, die auf mehreren Scheiben mit dem Diamant eingeschnitten sind? Da wird man sich viele unnütze Arbeit gemacht haben!"..."
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Buchvorschau
Holländische Liebhabereien - Achim von Arnim
Achim von Arnim
Holländische Liebhabereien
Books
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musaicumbooks@okpublishing.info
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1562-1
Inhaltsverzeichnis
Holländische Liebhabereien
Inhaltsverzeichnis
Text
Holländische Liebhabereien
(Erzählung)
(1826)
Inhaltsverzeichnis
Leise trat der Professor Hemkengriper in seidnem japanischem Schlafrocke aus der Bibliothek in das Eßzimmer und schaute verdrießlich einem jungen Manne über die Achsel, der auf dem großen Eßtische die Scheiben des eingeworfenen breiten Straßenfensters zusammenlegte. «Wer bist du?» fragte ihn Hemkengriper mit einer kalten Verachtung. – «Jan Vos aus Amsterdam», antwortete der junge Glaser, ohne sich in der Arbeit stören zu lassen. – «Warum kommt der Glasermeister Glateis nicht selbst?» fuhr der gelehrte Herr fort zu fragen: «Hat Bathseba nicht bestellt, daß es eine schwierige Arbeit sei, die zerbrochenen Scheiben zusammenzusuchen und in Blei zu setzen? Und warum hat man nicht gewartet, bis ich gekommen, um die griechischen Inschriften zusammenzulegen, die auf mehreren Scheiben mit dem Diamant eingeschnitten sind? Da wird man sich viele unnütze Arbeit gemacht haben!» – «Herr, sehet alles durch», antwortete Jan mit behaglichem Lächeln, «werdet alles beisammen finden. Frau Bathseba kannte mich schon und wußte von meiner Gelehrsamkeit, als sie mich zur Arbeit auswählte, und da hat sie Euch gewiß überraschen wollen.» – Hemkengriper sah jetzt verwundert die Inschriften vollkommen richtig wieder vereinigt und dann den Lehrburschen an, dessen kräftige gewandte Glieder, dessen volle Wangen und dunkle Hautfarbe eher einem Matrosen als einem überstudierten Jünglinge zukamen, während die hohe Stirn von dichten hellen Haaren umgrenzt, die zusammengewachsenen dunklen Augenbraunen über den blauen blitzenden Augen, der freie, zierlich geschnittene Mund eher ein seltsames Talent anzudeuten schienen, das selbsttätig seinen Weg sich gesprengt hatte. «Aber bei wem hast du Griechisch gelernt – bei mir oder bei – Zahnebreker?» fuhr er mit besorglicher Neugierde zu fragen fort. – «Bei dem flüchtigen Griechen aus Morea, bei Moschus, in den Feierstunden; es kostete nichts, der Mann freute sich an der Leichtigkeit, mit der ich lernte, und als Dank mußte ich ihm Abschriften machen von griechischen Dokumenten.» – «Wie kamst du aber darauf, diese gelehrte Sprache der Vorzeit zu lernen, von der dir doch kein Gewinn für dein Handwerk zu versprechen war? Obgleich die Griechen auch in der Glaserei allen heutigen Völkern überlegen waren, wie ich dies nächstens zu beweisen denke.» – «Das ist mir lieb von Euch zu hören, denn der Grieche sprach nur immer von geöltem Papier, womit sie ihre Fenster beklebt hätten. Kein Gewinn war der Grund meines Fleißes – ich kann Euch das jetzt noch nicht sagen, denn ich kenne Euch zu wenig, ich wollte es nun einmal wissen, dieses Griechische.» – «Hör, Bursche, du gefällst mir, ich könnte dich als Schreiber und Famulus brauchen und zugleich als Glaser, um mein ganzes Haus mit neuen Fenstern einzurichten, da diese alten trüben Scheiben mir eigentlich so wenig gefallen wie den Studenten, die leider nur eine kleine Zahl eingeworfen haben. Außer dem Hause dürftest du freilich mit niemand Umgang haben, denn das verdarb meinen Famulus, den ich gestern verabschiedete, so gänzlich, daß er andern meine Entdeckungen mitteilte, die dann der elende Schreier, der Zahnebreker, für die seinen ausgab.» – «Wenn ich nur jederzeit Bücher von Euch erhalte», rief Jan vergnügt, «so gehe ich gewiß zu keinem einzigen Marktschreier, die Zähne ausbrechen, als ob es niemand wehe tut. Oh, ich verstehe Euch, meine Zähne sind gut, und des Umgangs bin ich bei meinem Meister ganz entwöhnt, der allein lebt und dem ich wie Frau oder Magd sein ganzes Hauswesen führte.»
Diese Unterredung wurde von dem Bürgermeister der Stadt unterbrochen, der ebenfalls Sitz im akademischen Gerichte hatte und seine Studien durch elegante lateinische Reden kundzugeben pflegte. «Wer zu Leyden geboren», sprach er, «weiß von den Leiden dieser Stadt zu erzählen, aber auch von ihrer mutigen Ausdauer bei alten Rechten und neuen Glaubenslehren, und wie diese in langwieriger spanischer Belagerung (J. 1574) hart geprüft und treu bewährt wurden. Der Adel und die Städte der Provinz wünschten diese Aufopferung zu lohnen und ließen den Bürgern die Wahl zwischen Zollfreiheit und der Errichtung einer Universität, die dem Lande zum Bedürfnis wurde, weil der Krieg und die Glaubensverschiedenheit den Besuch vieler ausländischer Universitäten hinderte. Die Stadt blieb eingedenk des höheren Daseins, dem so viele Bürger geopfert worden, sie wählte die Errichtung einer Universität. So wurde diese jetzt mit großem Ruhme bestehende hohe Schule zu einer Zeit begründet, wo das Dasein Hollands und seines Staatenbundes so ungewiß bei jedem Wurfe der Kriegswürfel schwankte wie sein Boden bei dem Andrange hoher Flut und Flußströmung. Dem höheren gesellte sich bald der niedere Gewinn, so wenig er in voraus berechnet war, denn die Universität zog reiche Schüler des Inlands und Auslands herbei. Neben diesem Ruhme erscholl aber auch der Streit gelehrter Theologen, ergriff die Menge und verbreitete auch auf