Jeder für sich oder gemeinsam fürs Ganze?: Kooperation als Grundprinzip agiler Organisationen
Von Christoph Bauer
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Über dieses E-Book
Daher suchen zahlreiche innovative Unternehmen nach neuen Organisationsformen und zeitgemäßen Wegen der Zusammenarbeit und Kooperation, die nicht nur dem dynamischen Umfeld gerecht werden, sondern auch den Mitarbeitern eine neue Rolle verleihen.
Kooperation, ein alter Hut? Weit gefehlt. In seinem Buch "Jeder für sich oder gemeinsam fürs Ganze?" macht Christoph Bauer deutlich, dass gelebte Kooperation das Grundprinzip agiler Organisationen darstellt. Dabei betrachtet er das Thema Kooperation aus soziologischer, psychologischer und wirtschaftsstrategischer Sicht.
Beispielhaft führt Christoph Bauer aus, wie Organisationen zunehmend Erkenntnisse der modernen Verhaltensökonomie nutzen und kooperative Strukturen schaffen, und diskutiert Ansätze und Methoden, um den Weg der Transformation hin zur kooperativen Organisation erfolgreich zu beschreiten.
Christoph Bauer
Christoph Bauer ist Management- und Organisationsberater mit langjähriger Führungs-, Projektmanagement- und Beratungserfahrung. Mit seinem Unternehmen WandelRaum unterstützt er Organisationen bei der Implementierung neuer Führungs- und Managementkulturen. Insbesondere die Einführung agiler Prinzipien und Praktiken und die Begleitung von Transformationsprozessen klassischer Unternehmen hin zu agilen Organisationen sind Schwerpunkte seiner Arbeit.
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Buchvorschau
Jeder für sich oder gemeinsam fürs Ganze? - Christoph Bauer
Christoph Bauer ist Management- und Organisationsberater mit langjähriger Führungs-, Projektmanagement- und Beratungserfahrung. Mit seinem Unternehmen WandelRaum unterstützt er Organisationen bei der Implementierung neuer Führungs- und Managementkulturen. Insbesondere die Einführung agiler Prinzipien und Praktiken und die Begleitung von Transformationsprozessen klassischer Unternehmen hin zu agilen Organisationen sind Schwerpunkte seiner Arbeit.
www.wandelraum.de
INHALT
EINLEITUNG
DIE ZEIT IST REIF FÜR EINE TRANSFORMATION
Jeder für sich und keiner fürs Ganze
Kernherausforderungen heutiger Führung
Führung im 21. Jahrhundert
Anforderungen an die Führungskräfte von morgen
Globalisierung 2.0
Neue Stufe der Individualisierung
Digitale Kultur
Kooperationssysteme der Zukunft
Transformation statt Optimierungswahn
Entwicklungsphasen – Wachstum, Optimierung, Transformation
Wachstum: Alles ist möglich
Optimierung: Erfahrung der Grenzen
Transformieren: Ins Unbekannte vertrauen
Paradigmenwechsel: Kooperation statt Wettbewerb
Der Kern von Unternehmen
Das Paradigma des Wettbewerbs
Der Faktor Mensch bleibt auf der Strecke
Das Paradigma der Kooperation
Die Transformation
Pioniere der Kooperation
Eckes-Granini Deutschland – „The Wisdom of Crowds"
Local Motors – Vernetzte Produktentwicklung in der Automobilindustrie
Spotify – Die umgedrehte Matrix
Poult – Führung ohne Management
Allsafe – Die umgedrehte Pyramide
WIDERSTÄNDE IN DEN ORGANISATIONEN
Versäulung der Kompetenzen
Scheuklappen der funktionalen Bereiche
Das Bildungssystem fördert den Scheuklappenblick
Zugehörigkeit und Identität vs. Abgrenzung
Starre Strukturen und die Rolle der Macht
Starre, funktional segmentierte Strukturen
Die Rolle der Macht
Macht erhält Macht
Das Internet verändert unser Verhältnis zur Macht
Das „infernalische" Trio
Das Pendel schlägt zurück
Prozesse regeln Abhängigkeitsverhältnisse
Der Wunsch nach Sicherheit
Ziele, die bremsen
Management by Objectives
Zielsysteme und Menschenbild
Der Umgang mit Dynamik und Komplexität
Zielsysteme und Kooperation
Kooperierende im Hamsterrad
Globalisierte Organisationen
Globalisierte Strukturen als Chance und Herausforderung
Kooperation und das Gefühl der Zugehörigkeit
WIDERSTÄNDE BEI DEN MENSCHEN IN DEN ORGANISATIONEN
Sozialisation zu Wettbewerb
Prägende Situationen
Bewusstwerdung
Macher oder Impulsgeber
Der Manager als Macher
Mechanistisches Weltbild
Systemisches Weltbild
Umgang mit Komplexität
Selbstorganisation und Kooperation
Autonomie und der Wunsch der Selbstwirksamkeit
Der Wunsch nach Selbstwirksamkeit als Falle
Autonomie und die Angst vor Abhängigkeiten
Spiele der Kooperation
Das Gefangenendilemma: Beziehung stärkt Kooperation
Das Ultimatumspiel: Fairness gewinnt
Persönlichkeitstypen im Spiel der Kooperation
Geber, Nehmer, Tauscher
Erfolgsrezepte im Wettbewerb
Die Sorge, ausgenutzt zu werden
Kooperation und die Sache mit dem Vertrauen
Misstrauenskultur
Vertrauen als Gegenmittel zur Komplexitätsfalle?
Vertrauen kommt von trauen
Persönlichkeit ist der Stoff, aus dem Vertrauen gemacht wird
WORAUF KÖNNEN WIR BAUEN?
Warum wir von Natur aus kooperieren
Der Mensch: Für gelingende Beziehungen konstruiert
Entdeckung der Motivationssysteme
Was stimuliert unsere Motivationssysteme?
Führungskräfte als Beziehungsgestalter
Selbststeuerung in sozialen Systemen
Das „Selbst" oder wer steuert hier eigentlich?
Führungsfreie Zone
Kollektive Intelligenz: Ausweg aus der Komplexitätsfalle
Kollektive Intelligenz – Modebegriff oder mehr?
Der Schwarm kann auch dumm sein
Die Kraft von Netzwerken
Dynamik durch Dezentralisierung der Verantwortung
Netzwerke und Verbundenheit
Das Momentum der Generation Y
Moderne Arbeitswelten aus Sicht der Generation Y
Das Bedürfnis, als Mensch wahrgenommen zu werden
Verbitterung führt zu Egoismus
Von Human-Ressourcen zu Mit-Arbeitern
WAS KOOPERATIVE ORGANISATIONEN AUSMACHT
Besinnung auf den Kern des Unternehmens
Gemeinsame Herausforderungen spürbar machen
„Start with why" – Der Kitt der Organisation
Kooperationsvorrang – Die Verantwortung des Managements
Der Kooperationsvorrang als prägende Kraft
Kontinuierliche Selbstreflexion
Von der gemanagten Hierarchie zu kooperativen Netzwerken
Die Suche nach kooperativen Organisationsstrukturen
Gemanagte Hierarchie vs. kooperative Netzwerke
Small is beautiful
INTEGRATIV FÜHREN IN KOOPERATIVEN STRUKTUREN
Orientierung geben durch gemeinschaftliche Ziele
Von der Individualoptimierung zur Gesamtoptimierung
Gefühl der Zugehörigkeit und Identifikation fördern
Verantwortung teilen durch neue Rollenmodelle
Rollen neu definieren
Prozess zur flexiblen Definition von Rollen im Team
Beispiel für standardisierte Rollen aus dem agilen Management
Mit den neuen Rollen umgehen
Unternehmenssteuerung neu denken
Die Haltung der dienenden Führung einnehmen
Servant Leadership
Die zehn Kernelemente der dienenden Führung
Die umgedrehte Pyramide
Eine offene Unternehmenskommunikation etablieren
Intelligenzfluss statt Machtstau
Communities – Vernetzung und Austausch fördern
Zur Selbststeuerung befähigen
Das Wesen der dynamischen und iterativen Steuerung
Integrative Entscheidungsprozesse
Konfliktlösung in kooperativen Strukturen
DIE KOOPERATIVE ORGANISATIONSKULTUR
Die Bestandteile der Unternehmenskultur
Haltungen prägen Handlungen
Die fünf Kulturdimensionen kooperativer Unternehmen
Kultur des Vertrauens
Kultur der konstruktiven Auseinandersetzung
Kultur der Selbstverpflichtung
Kultur der gegenseitigen Verantwortung
Kultur der Ergebnisorientierung
Renaissance der Werte
MANAGEMENT BY PROJECTS: DER WEG ZU NEUEN KOOPERATIONSFORMEN
Von starren Prozessen zu agilen Projekten
Die Projektorganisation stärken
Neue Wege der Unternehmenssteuerung
Ein Plädoyer für die Projektorganisation
GROSS DENKEN, IM KLEINEN HANDELN: IMPULSE ZUR UMSETZUNG
Dialogboard Kooperation
Ziele mal anders – Objectives and Key Results
Google & Co. machen es vor
Beispiel von OKRs eines IT-Hauses
Erfolgsfaktoren von OKR
Die Konsent-Entscheidung
Konsultativer Einzelentscheid
Sounding Boards – Foren der Partizipation
Austausch jenseits von Hierarchien
Sounding Boards sind eine Frage der Haltung
Projekträume – Raus aus der Loyalitätsfalle
Brownbag-Session – Austausch und Vernetzung
Brownbag-Session als Seminar
Brownbag-Session als informeller Austausch
Brownbag-Session als Kombination von Seminar und informellem Austausch
Visual Management
Kanban-Board
Wie funktioniert Kanban?
Selbstorganisation mit Kanban
Sweet Spot – Der Schlüssel zu Motivation und Verantwortung
AUSBLICK
Der neue Raum
Die Notwendigkeit des Scheiterns und die Kraft der Vision
QUELLENNACHWEISE
INDEX
EINLEITUNG
Wir erleben gegenwärtig eine nie dagewesene wirtschaftliche Dynamik. Die permanente Verschiebung wirtschaftlicher Machtverhältnisse zwingt global agierende Organisationen, sich kontinuierlich anzupassen. Die Erstarkung der Schwellenländer, die für unseren Export förderlich ist, sorgt andererseits dafür, dass sich ganze Industriezweige verlagern. Im Zuge der Digitalisierung entstehen neue Unternehmen über Nacht, werden in rasanter Geschwindigkeit extrem erfolgreich und schöpfen Marktanteile der etablierten Organisationen ab. Ebenso schnell wie Unternehmen entstehen, verschwinden sie auch wieder, wenn sich Trends oder wirtschaftliche Machtverhältnisse verschieben.
Reinhard Sprenger beschreibt die Situation so: „Wir wissen nicht, was kommen wird. Wir wissen es seit den 90er-Jahren täglich weniger. Und es nimmt immer häufiger die Form der Überraschung an. Die Gegenwart überstürzt sich, die Frequenz der Veränderungen auf den Märkten wird unkalkulierbar. Störungen pendeln sich nicht aus, sondern wir schwingen uns von Störung zu Störung. Wir lassen gleichsam das Zeitalter der Ausnahmen hinter uns. Der Ausnahmezustand wird zum Normalzustand. Das Wort ‚Krise‘ hat seinen Schrecken schon fast verloren. Immer seltener wird man aus Erfahrungen lernen können."¹
Im Lauf der Geschichte gab es immer Krisen und Zeiten des Umbruchs. Höchstwahrscheinlich ist keine substanzielle Entwicklung ohne einen Antreiber in Form einer Krise möglich. Der Unterschied der heutigen Umwälzungen im Vergleich zu denen der Vormoderne ist einerseits deren Geschwindigkeit und andererseits deren Ausmaß.
Organisationen suchen nach Wegen, der Volatilität und Agilität der globalisierten wirtschaftlichen Entwicklungen zu begegnen. Ist unser aktuelles Verständnis von Organisationen dabei noch hilfreich? Wir begreifen Organisationen heute mit den gleichen Grundprinzipien, die Organisationen im postindustriellen Zeitalter ausgemacht haben. Wir denken und gestalten Organisationen anhand von Aufbau- und Ablauforganisationen. Wir definieren Hierarchiegefüge und akzeptieren, dass es eine Führungskraft gibt, die wiederum eine Führungskraft hat. Innerhalb dieser funktionalen Ausprägung organisieren wir die Aufgaben in Prozessen und optimieren diese, um eine möglichst große Effektivität zu erzielen. All das hat sich in der Vergangenheit bewährt. Aber sind diese Prinzipien heute immer noch geeignet, um der Komplexität und der Dynamik der erforderlichen Anpassungsprozesse gerecht zu werden?
Genau davon sind viele Unternehmen und deren Mitarbeiter nicht mehr überzeugt. Sie suchen nach neuen Organisationsformen, die agiler und beweglicher sind. Netzwerkorganisationen, Communities of Practice, demokratische Unternehmensführung, Coworking Spaces und agile Organisationen sind nicht nur Schlagwörter, sondern konkrete Versuche von Unternehmen, ihre Organisationsstrukturen anzupassen. Manche davon sind Experimente, andere haben sich in einigen Organisationen bereits als erfolgreich erwiesen und etabliert.
Trotz ihrer Unterschiedlichkeit haben diese neuen Organisationsformen eines gemeinsam: Sie suchen eine neue Form der Zusammenarbeit, die nicht nur den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gerecht wird, sondern auch dem Menschen in der Organisation eine andere Rolle gibt. Dies wird nicht zuletzt von der jungen Generation der Mitarbeiter gefordert und gefördert, die mit ganz anderen Formen der Vernetzung, der Interaktion und der Zusammenarbeit herangewachsen ist. Es geht um gelebte Kooperation in Unternehmen. Wie kann sie lebendig werden und Unternehmen erfolgreich machen? In diesem Buch betrachte ich das Thema umfassend aus soziologischer, psychologischer und wirtschaftsstrategischer Sicht.
Im ersten Kapitel „Die Zeit ist reif für eine Transformation beschreibe ich zunächst anhand zweier Studien, warum Unternehmen gerade jetzt über grundsätzlich andere Organisationsansätze nachdenken. Anschließend stelle ich im Kapitel „Pioniere der Kooperation
einige Unternehmen vor, die bereits neue Formen der Zusammenarbeit eingeführt haben. Diese Beispiele helfen dabei, unser gewohntes Bild von Organisationen zu relativieren und Denkhorizonte zu erweitern.
Trotz dieser positiven Beispiele verharrt die Mehrzahl der Unternehmen in alten Strukturen. Welche strukturellen und psychologischen Faktoren erschweren es uns gänzlich, neu über Organisationen und das Agieren der Menschen in ihnen nachzudenken? Das Kapitel „Widerstände in den Organisationen liefert eine fundierte Analyse, welche der klassischen Organisationsprinzipien Kooperation verhindern und der heutigen wirtschaftlichen Dynamik nicht mehr gerecht werden. Das Kapitel „Widerstände bei den Menschen in den Organisationen
betrachtet, welche gesellschaftlichen Prägungen und persönlichen Haltungen die Menschen an alten Prinzipien festhalten lassen. Die Sozialisierung hin zum Wettbewerb und die daraus entstehende Misstrauenskultur spielen hier ebenso eine Rolle wie das persönliche Streben nach Selbstwirksamkeit. Das Buch zitiert hierzu zahlreiche Studien und wissenschaftliche Untersuchungen.
Glücklicherweise gibt es nicht nur kooperationshemmende Faktoren. Deswegen beschäftige ich mich im Kapitel „Worauf können wir bauen?" mit Faktoren, die Kooperation stärken. Menschen sind von Natur aus auf Kooperation angelegt. Die Freude des gemeinsamen Schaffens ist fest in uns verankert. Das Buch beschreibt psychologische Grunddispositionen des Menschen, die Kooperation in Unternehmen fördern. Es stellt auch dar, inwieweit die aktuelle Unzufriedenheit vieler Mitarbeiter darüber, dass sie als Menschen in der Organisation missachtet werden, Motor bei der Etablierung von kooperativen Strukturen sein kann. Ein starker, verlässlicher Faktor in kooperativen Strukturen ist das Prinzip der Selbststeuerung. Selbststeuerung ist nicht nur ein immanentes Wirkprinzip aller sozialen Systeme, sondern definiert – richtig genutzt – die zentralen Prozesse der Zusammenarbeit.
Der folgende Teil des Buches beschäftigt sich damit, wie neue Kooperationsformen in Unternehmen etabliert werden können, und gibt dazu konkrete Empfehlungen. Im Kapitel „Was kooperative Organisationen ausmacht thematisiere ich zunächst die Rolle des Managements und dessen Verantwortung. Anschließend beschreibe ich die erforderlichen strukturellen Veränderungen, die unter der Überschrift „Von gemanagten Hierarchien hin zu kooperativen Netzwerken
zusammengefasst werden können. Hier geht es um konkrete Formen kooperativer Strukturen in Abgrenzung zu den heutigen hierarchischen Strukturen.
Die Zusammenarbeit in kooperativen Strukturen ist deutlich stärker durch Selbststeuerung gekennzeichnet. Somit muss die Charakteristik von Führung in kooperativen Netzwerken gänzlich neu gedacht werden. Welche Aufgaben hat die Führungskraft in selbstorganisierten Systemen? Im Kapitel „Integrative Führung in kooperativen Strukturen" gebe ich dazu klare Antworten. Ich beschreibe sehr konkret die wesentlichen Wirkmechanismen selbststeuernder Kreise und welche Rolle Führung in diesen Strukturen spielt.
Um neue Ansätze der Kooperation zu verankern, braucht es eine Veränderung der Unternehmenskultur. Vertrauen ist die tragende Säule kooperativer Zusammenarbeit. Das Buch liefert im Kapitel „Die kooperative Organisationskultur" wertvolle Gedanken dazu, wie eine Misstrauenskultur in eine Vertrauenskultur gewandelt werden kann. Gleichzeitig beschäftigt es sich mit der Ambivalenz von Vertrauen und Kontrolle in selbststeuernden Systemen.
Die Transformation zu kooperativen Systemen bringt radikale Veränderungen mit sich, die nicht von heute auf morgen umgesetzt werden können. Gleichzeitig werden Teile der neuen Ansätze schon heute in Unternehmen gelebt. Das Arbeiten in Projekten beispielsweise ist in Unternehmen bereits bekannt und beinhaltet gute kooperative Ansätze. Allerdings stößt die Projektarbeit in hierarchischen Strukturen an die Grenzen ihrer Wirksamkeit. Im Kapitel „Management by Projects: Der Weg zu neuen Kooperationsformen beschreibe ich, wie die Stärkung des Prinzips „Management by Projects
genutzt werden kann, um den Unternehmen die Veränderung hin zu kooperativen Strukturen zu erleichtern.
Abschließend stelle ich im Kapitel „Groß denken, im Kleinen handeln: Impulse zur Umsetzung" kooperative Methoden vor, die Unternehmen sofort nutzen und umsetzen können, um in kleinen Schritten das Prinzip Kooperation wirksam zu etablieren.
DIE ZEIT IST REIF FÜR EINE TRANSFORMATION
Die Suche der Unternehmen nach neuen Organisationsformen, die beweglicher sind und den Bedürfnissen der Menschen in der Organisation besser gerecht werden, zeigt, dass deutlicher Entwicklungsbedarf besteht. Auch wenn noch nicht viele Unternehmen abschließende Lösungen gefunden haben, ist klar zu erkennen, dass sich Organisationen mit der Frage nach neuen, wirksamen Strukturen auseinandersetzen. Dieses Kapitel stellt die Hintergründe der neuen strukturellen und kulturellen Anpassungsprozesse der Unternehmen dar. Starten möchte ich mit zwei Studien, die den Blick auf die Veränderungen der globalisierten Wirtschaft und die damit verbundenen Anforderungen an die Führungskräfte von morgen beschreiben.
JEDER FÜR SICH UND KEINER FÜRS GANZE
Die Studie „Jeder für sich und keiner fürs Ganze" wurde von den drei Projektpartnern Stiftung neue Verantwortung, Egon Zehnder International und Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung durchgeführt.² Sie beschäftigt sich mit folgenden Fragen: Vor welchen Führungsanforderungen stehen Deutschlands Spitzenführungskräfte im 21. Jahrhundert? Welche Führungsgrundsätze gilt es beizubehalten und welche zu erneuern? Ist ein neues Führungsverständnis notwendig? Wie kann dieses in der Praxis aussehen? Dabei wurden insgesamt 30 deutsche Spitzenführungskräfte interviewt, darunter Minister, Staatssekretäre, Verfassungsrichter, Vorstandsmitglieder führender deutscher Unternehmen, Präsidenten von Forschungseinrichtungen, Unternehmensgründer, hochrangige Kirchenvertreter, Vertreter des Militärs und Vorsitzende großer zivilgesellschaftlicher Organisationen, etwa Migrantenverbände.
KERNHERAUSFORDERUNGEN HEUTIGER FÜHRUNG
Die Führungskräfte beschreiben im Ergebnis der Studie drei Kernherausforderungen, die ich hier zitiere:
Steigende Komplexität – Führung wird weniger kontrollierbar
Die meisten befragten Führungskräfte beobachten in ihrem Umfeld dramatische Veränderungen. Führungsaufgaben, Informationsflüsse und Stakeholdermanagement werden vielschichtiger und verwobener, sowohl innerhalb einer Organisation oder eines Sektors als auch zwischen Sektoren. Gleichzeitig beschleunigt sich die Taktung von Entscheidungszyklen. Die gefühlte und tatsächliche Geschwindigkeit von Führungshandeln nimmt zu. Hinzu komme das Gefühl wachsender Unvorhersagbarkeit einer globalisierten und vernetzten Welt.
Unzureichende Reflexion – Führung verliert den Fokus auf das Wesentliche
Die wachsenden Herausforderungen setzen Führungskräfte aller Sektoren zunehmend unter Druck, so die Befragten. Das Dringliche des Moments wird zum Feind wichtiger langfristiger Aufgaben. Kaum einer Führungskraft gelingt es, sich persönlichen Freiraum zu schaffen: um zu reflektieren, Kraft zu tanken und so die eigene Person zu schützen. Hier könnte es hilfreich sein, sich verstärkt mit Werten zu beschäftigen und diese als Kompass in schwierigen Situationen zu nutzen.
Getrennte Sektoren – Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft kooperieren nicht
Herausforderungen wie Klimawandel, Integration oder Bekämpfung von Bildungsungleichheiten können weder Politik noch Wirtschaft allein bearbeiten, so die Interviewpartner. Zielführende und schlagkräftige Lösungen entstehen nur im Schulterschluss verschiedener Sektoren. Der Bedarf an Austausch und Kooperation nimmt zu. Allerdings verhindern Unverständnis und Interessenpolitik ein Zusammenspielen der Sektoren. Die unterschiedliche Binnenlogik der einzelnen Sektoren verleitet dazu, das Denken und Handeln ausschließlich auf eigene Partikularinteressen auszurichten.
FÜHRUNG IM 21. JAHRHUNDERT
Was könnte ein neues Führungsverständnis charakterisieren? Wie könnte eine damit einhergehende neue Führungspraxis aussehen? Welche etablierten Führungsansätze gilt es beizubehalten und welche nicht? Nachfolgend skizziert die Studie wichtige Elemente von Führung für das 21. Jahrhundert und geht dabei auf die individuelle Führungspraxis, das Führen von Organisationen sowie das Führen im gesellschaftlichen Kontext ein. An dieser Stelle möchte ich die für das Thema Kooperation relevanten Empfehlungen der Studie darstellen.
Sich über Sektorgrenzen hinweg vernetzen
Es reicht heute nicht mehr, die Denk- und Argumentationslogik des eigenen Sektors zu beherrschen. Unternehmenschefs benötigen ein klares Verständnis politischer Prozesse. Sie müssen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen interagieren und kooperieren. Sektorenübergreifende Vernetzung stellt einen deutlichen Wettbewerbsvorteil dar. Politiker und Führungskräfte aus der Verwaltung wiederum können die anstehenden Aufgaben nur gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft lösen. Zukünftige Führungskräfte sammeln daher Erfahrungen in unterschiedlichen Sektoren, vernetzen sich bewusst sektorenübergreifend und arbeiten mit Stakeholdern aus allen Bereichen strategisch zusammen. Allerdings wird diese Arbeitsweise bis heute kaum praktiziert und in der Führungsliteratur nur am Rande diskutiert.
Mitarbeiter über eine Vertrauens-, Wertschätzungs- und Beteiligungskultur befähigen
Früher wurde eine Organisation durch ein Management von oben nach unten gelenkt. Heute bestimmen zunehmend externe Einflüsse und Stakeholder die Entwicklungen. Dies bestätigen die Interviewpartner dieser Studie sowie anderer Befragungen. Erst eine Verantwortungs- und Wertschätzungskultur mit klar definierten gemeinsamen Zielen ermöglicht selbstorganisiertes Handeln, wie es komplexe Situationen erfordern. Dafür müssen Führungskräfte innerhalb der notwendigen Struktur auch hierarchieunabhängige Freiräume bereitstellen.
Robuste und zugleich flexible Organisationsstrukturen aufbauen, die schnell auf veränderte Realitäten reagieren können
Laut einer Studie der OECD³ nehmen „Mega-Risiken" und die damit verbundenen Schäden im 21. Jahrhundert weiter zu: Pandemien, Klimakatastrophen, Wirtschaftskrisen, Cyberattacken. Die aus dem Industriezeitalter stammenden mechanistischen Organisationssysteme genügen diesen Herausforderungen nicht mehr. Stattdessen sind Strukturen erforderlich, die ein integratives und innovatives Ereignismanagement ermöglichen.
Ausbildung der nötigen Führungskompetenzen auf allen Ebenen fördern
Die Probleme sind zu umfassend und komplex, als dass man allein auf den Staat verweisen könnte. In Zeiten zunehmender Auffächerung von Wissen spezialisiert sich auch die Ausbildung. Mehr denn je muss Führung daher die Klammer bilden und die verschiedensten Wissensbereiche, Sektoren und Stakeholdergruppen verbinden. Dies muss bei Ausbildung und Entwicklung von Führungskräften ausgeprägter berücksichtigt werden. Jede einzelne Führungskraft in Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft ist gleichermaßen gefragt und braucht entsprechende Kompetenzen. Individuelle Verantwortung und gesellschaftliches Handeln bestärken sich dabei gegenseitig.
Es geht also um einen sektorenübergreifenden Schulterschluss, ein Bündeln aller erforderlichen