Wie lange ist es her, dass ...
Von Monika Pabst
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Buchvorschau
Wie lange ist es her, dass ... - Monika Pabst
Wie lange ist es her, dass ...
Titelseite
Impressum
Als das Telefon am Sonntagmorgen laeutete, schoss ihr nur ein Gedanke durch den Kopf: Wer um alles in der Welt ruft um diese Zeit an? Am Tag zuvor war es spaet geworden, es war ihr 60.Geburtstag, und so dauerte es eine Weile, bis sie sich zurechtfand und in einer Mischung aus Aerger und Neugier zum Apparat lief und den Hoerer abnahm. Zu allem Ueberfluss hoerte sie am anderen Ende der Leitung eine ihr fremde Stimme, die unbedingt einen Paul sprechen wollte und nicht eher Ruhe gab, bis sie zweimal hintereinander ihre Telefonnummer genannt hatte. Bevor sie wieder ins Schlafzimmer ging, rief sie noch ein lautes Falsch verbunden
durch den Flur. Als keine Reaktion ihres Mannes kam, schob sie es auf seine Muedigkeit und seine geringe Gespraechsbereitschaft, wenn er nach dem Aufstehen fuer eine halbe Stunde im Badezimmer verschwand. Sie versuchte wieder einzuschlafen, aber es gelang ihr nicht. Noch immer war sie von einem zufriedenen Gefuehl durchdrungen, wenn sie an den gestrigen Abend dachte. Es gab eigentlich nichts, worueber sie laenger nachgruebeln muesste, angefangen vom Restaurant, dem Essen, den Freunden und den Gespraechen, die sich Gott sei Dank weder durch eine laehmende Langeweile noch durch unangenehme Aggressivitaet auszeichneten. Sicher, sie kannten sich alle untereinander schon Jahrzehnte, einige bereits vom Studium her, insofern wusste jeder vom anderen, worueber er am liebsten sprach, da sie sich aber nur noch selten sahen, allerhoechstens zwei bis dreimal im Jahr, war wieder eine gewisse Neugier geweckt. Und wie immer zog anfangs ihr Mann Walter die meisten Fragen auf sich, das war nicht weiter verwunderlich, denn er arbeitete bei der oertlichen Zeitung als politischer Redakteur und seine Artikel waren mit Namen gezeichnet.
Sie stand jedesmal etwas unter Druck, weil politische Meinungen genug Zuendstoff boten, das Gespraechsklima nachhaltig zu vergiften. Doch gestern ging alles gut. Sie half tatkraeftig mit, dass es zu keinem laengeren Dialog zwischen Walter und Alex kam, dem gemeinsamen Freund aus Studientagen, der gerne die Frage stellte, ob Walter tatsaechlich seinen Standpunkt vertrete oder den seines Verlegers. Wenn die Diskussion erst mal soweit gediehen war, konnte sie leicht hitzig werden, und Walter zog sich dann ein wenig angesaeuert auf seinen Standardsatz zurueck, dass er ja nur ein kleiner Lohnschreiber sei. Wollte Alex besonders hartnaeckig sein, schob er noch die Bemerkung hinterher, dass sein alter Freund also anders schriebe, wenn ihm die Zeitung gehoeren wuerde. Spaetestens an dieser Stelle sassen die anderen mit betretenen Mienen da, bis jemand die Initiative ergriff, das Gespraech in andere Bahnen zu lenken. Gottlob brauchte sich diesmal niemand aufzuregen, was vielleicht auch daran lag, dass ihr runder Geburtstag genug Anlass bot, sich an fruehere Zeiten zu erinnern, an ihr erstes Kennenlernen und an die lange Wegstrecke, die sie nun schon miteinander zurueckgelegt hatten.
Dass ihr Freundeskreis nicht zwischenzeitlich auseinandergebrochen war, hatte wohl auch damit zu tun, dass jeder einzelne von ihnen von Beginn an bis heute in festen Arbeitsverhaeltnissen beschaeftigt war. Als Nachkriegsgeneration wuchsen sie in privilegierte Zeiten hinein, wo zwar erste Anzeichen von Arbeitslosigkeit zu spueren waren, aber Iaengst nicht in jenem Ausmass, wie es heutzutage ueblich geworden ist. Vollbeschaeftigung war noch etwas, an das die Leute glaubten, niemand dachte damals an einen Marketinggag, wenn er das Wort hoerte. Man durfte sich darauf verlassen, nach einigen wenigen Bewerbungsschreiben und einem kurzen Vorstellungsgespraech eine feste Stelle in der Tasche zu haben. Wahrscheinlich sind sie die letzte Generation gewesen, fuer die es so einfach war, auf dem Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Das traf selbst fuer ihren eigenen Beruf zu, der nun wahrlich nicht stark nachgefragt wurde, weder in den Siebzigern noch heute, und trotzdem brauchte sie noch nicht einmal den Ort zu wechseln, um als Museumspaedagogin angestellt zu werden.
Neue paedagogische Konzepte entsprachen der Zeitstroemung ebenso wie alternative Wohn- oder Lebensformen. Man stand eigentlich allem Neuen eher aufgeschlossen gegenueber, es war nicht allzu schwierig, andere Wege auszuprobieren, es bedeutete keinen Makel, wenn der Lebenslauf groessere Luecken aufwies, hinter denen sich keine Fortbildung verbarg, sondern ein ausgedehnter unbezahlter Urlaub. Auch ein nicht abgeschlossenes Studium stellte kein Hindernis dar, daraus erwuchs nicht selten ein besonderes Interesse an der Person, warum das einmal Angefangene nicht zu Ende gebracht wurde. In ihrem eigenen Fall hatte sie sich vorher natuerlich eine Strategie zurechtgelegt, denn sie bewarb sich auf eine Stelle, die ausdruecklich eine paedagogische Ausbildung vorschrieb, der sie selbst aber nur vier Semester nachgekommen war. Einerseits hob sie ihre finanzielle Situation hervor, die sie nicht in die Lage versetzt habe, ueberall mal reinzuschnuppern, andererseits berichtete sie wahrheitsgemaess von ihrem immer staerker werdenden Gefuehl, ihrer eigentlichen Neigung, naemlich Kunstgeschichte, spaeter in der Schule kaum folgen zu koennen.
In Wirklichkeit strebte sie einen Beruf an, der sie nicht nach ein paar Jahren zurueck in die Schule fuehrte, sie hatte genug von der Schule, auch wenn sie nun auf der anderen Seite stehen wuerde, fand sie diesen Platz nicht unbedingt erstrebenswert. Dass sie trotzdem ein Paedagogik-Studium anfing, hing wohl damit zusammen, dass sie wie die meisten in ihrer Klasse wenig konkrete Vorstellungen entwickelte und ueber praktische Konsequenzen kaum nachdachte. Vielleicht gehoerte sie zu den Spaetentwicklern, die erst eine gewisse Zeit brauchen, um sich darueber klar zu werden, was sie wirklich wollen. Nun, bereut hat sie diesen Schritt auf keinen Fall, obgleich sie schon 35 Jahre im Berufsleben steht und ans Aufhoeren eigentlich gar nicht denken mag. Das liegt aber auch am Zuschnitt des Museums, das ueber eine breite Palette an Gegenstaenden verfuegt und die buergerliche Entwicklung der Region abbildet: vom Kaffeeservice ueber Moebel, Bilder, Haushaltsgeraete, Kleidung, Schmuck und etlichem mehr. Das Konzept aendert sich je nach Interessensschwerpunkt der Gruppen, die sich zum Besuch anmelden: Schulklassen sind vor allem an Spielzeug und Technik interessiert, aeltere Personen, insbesondere Frauen, an Porzellan und Moebeln, haben sie Besucher von auswaerts, schluepft sie in die Rolle der Museumsfuehrerin und verschafft ihnen einen Gesamtueberblick. Insofern kommt eigentlich nie Langeweile auf; sie lebt mit diesen Gegenstaenden, sie sind ihr ueber die Jahre und Jahrzehnte ans Herz gewachsen, und fragt man sie nach ihren Lieblingen, zoegert sie keine Sekunde: Ganz obenan stehen hauchfeine Porzellane und Ansichten von Flusslandschaften.
Leider koennen sie nicht den ganzen Bestand an Bildern zeigen, ein Grossteil muss im Magazin untergebracht werden, und schon seit Jahren ist ein Anbau vorgesehen, um endlich dem Publikum alle Schaetze praesentieren zu koennen. Instaendig hofft sie, noch vor ihrer Pensionierung dieses Wunder zu erleben, denn nichts stellt sie sich schoener vor, als wechselnden Gruppen die Besonderheiten der Maler naeherzubringen, was bisher nur eingeschraenkt moeglich ist, da die Bilder als Einzelstuecke zwischen den Moebeln haengen und der Aufmerksamkeit nicht selten entgehen. Das aergerte sie schon lange, denn sie haetten das ungeteilte Interesse der Besucher verdient, es sind meisterliche Darstellungen darunter, die jeder Kunsthalle zur Ehre gereichen wuerden.
Dass es sie immer wieder zu ihren Flusslandschaften zieht, erklaert sie sich mit einer versteckten Sehnsucht nach Ruhe, ja nach Innehalten in einer lauten und stets schneller werdenden Welt. Diese Bilder ueben fast die gleiche Wirkung auf sie aus wie ein zehnminuetiger Waldspaziergang - der Alltag bleibt draussen, wird irrelevant und fuer Augenblicke ganz und gar nebensaechlich. Hin und wieder passiert es, dass sie ausserhalb des Museums auf Ansichten trifft, die sie unvermittelt in ihren Bann ziehen, weil sie eine Friedlichkeit ausstrahlen, als ob ein Maler sie sich ausgedacht haette.
Sie erinnerte sich an eine Autofahrt auf der Landstrasse zwischen Hildesheim und Braunschweig, als sich ploetzlich ein weiter Horizont oeffnete und vor ihnen Felder, Huegelketten, vereinzelte Baeume und Haeuser ein harmonisches Ganzes bildeten. Nur zufaellig gerieten sie auf diese Strasse, eigentlich wollten sie die Autobahn nehmen, verpassten jedoch die richtige Ausfahrt und kamen so in den Genuss einer stressfreien und sehenswerten Fahrt. Da sie an einem Samstag unterwegs waren, wo normalerweise reger Ausflugsverkehr herrschte, waehnte sie sich wie in einer anderen Zeit: Kein Raser hinter ihnen, keine riskanten Ueberholmanoever, nein, sie sahen ueber weite Strecken ueberhaupt kein Auto, es war wie