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Shades of Love: Die Facetten der Liebe für eine erfüllte Beziehung
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eBook288 Seiten3 Stunden

Shades of Love: Die Facetten der Liebe für eine erfüllte Beziehung

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Über dieses E-Book

Kaum ein Roman oder Film der letzten Jahre hat die Menschen und die Geschlechter weltweit so stark polarisiert wie 50 Shades of Grey. Aber was fasziniert insbesondere Frauen an dieser Geschichte und warum fühlen sich viele, insbesondere Männer davon so abgestoßen? Die Geschichte um die beiden Hauptakteure Christian Grey und Anastastia Steele ist dabei jedoch nur Platzhalter für verborgene Sehnsüchte, sexuelle oft verdrängte Phantasien, seelische Wunden und dunkle Abgründe - all dies Schattierungen oft unbewusster Prägungen. Die Autoren Tanja & Samy Bakry decken in ihrem Buch eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte auf, die diese Polarisierung ans Licht bringen. Angeregt durch ihre Arbeit als Beziehungsexperten und Paarberater und mit Hilfe eine Vielzahl von Interviews beleuchten sie die Chancen, die diese Erkenntnisse für die Liebe und unsere Beziehungen bieten können. Ein Buch das anregt, den eigenen, nicht nur sexuellen Geheimnissen und Wünschen auf die Spur zu kommen und beziehungs-weiser zu werden.
SpracheDeutsch
HerausgeberCBX Verlag
Erscheinungsdatum12. Nov. 2015
ISBN9783945794845
Shades of Love: Die Facetten der Liebe für eine erfüllte Beziehung

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    Buchvorschau

    Shades of Love - Tanja Bakry

    wachsen.

    KAPITEL 1

    WARUM „FIFTY SHADES OF GREY"

    DIE GESCHLECHTER ERHITZT

    Das, was wir mitunter als Binsenweisheit abtun oder als Kalenderspruch überlesen, birgt doch auch eine Wahrheit. Der Satz, dass die Medaille zwei Seiten hat, ist ja zuerst einmal logisch, im übertragenen Sinn definiert er die Polarität und die Dualität unserer Welt. Vom Großen zum Kleinen können wir in allem immer wieder die Polarität entdecken.

    Die unterschiedlichen Pole, welche die Geschichte um „Fifty Shades of Grey" aufzeigt, betreffen sowohl die Unterschiede zwischen Mann und Frau als auch die innerhalb der Geschlechter. Da finden wir zum einen die weibliche Faszination, zum anderen die weibliche Abscheu. Und es zeigt sich die männliche Faszination sowie die männliche Abscheu. Diese verschiedenen Trigger und diese Polarisierung, die weltweit die Geister scheidet und die Gemüter erhitzt, wollen wir beleuchten. Denn sie beschreiben auf eine faszinierende Weise uns Menschen, unsere Art, Beziehungen zu führen, und wie wir leben und lieben. Uns wurde bewusst, dass wir aus dieser Geschichte beziehungsweise dem Hype darum viel Erhellendes und damit Positives für unsere Beziehungswelt extrahieren können. Wir haben im Folgenden verschiedene Aspekte hervorgehoben, die bei vielen der Menschen, mit denen wir gesprochen haben, starke oder zumindest spürbare Gefühle hervorgebracht haben. Löst ein Reiz, ein Umstand oder eine Situation, das heißt etwas, das wir mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen, eine Emotion in uns aus, und zwar unabhängig, ob negativ oder positiv, hat diese immer mit uns ganz persönlich zu tun. Die unterschiedlichen Gefühlsbeschreibungen und Trigger, die wir ausgewählt haben, können und wollen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, dazu ist der Mensch zu vielschichtig. Sie dienen letztendlich als Ideen, um diese verschiedenen inhaltlichen Gefühlsbeschreibungen deutlich zu machen. Vielleicht werden Sie sich als Leserin und Leser an der einen oder anderen Stelle wiederfinden, vielleicht werden Sie aber auch einen ganz neuen und unbekannten anderen Aspekt, der hier nicht beschrieben ist, für sich entdecken. Wir wollen Sie als Leser und Leserin anregen, das grundsätzliche Prinzip dahinter zu erfahren. Das Prinzip, dass die Wahrnehmung und Bewertung unserer Welt, der äußeren Umstände und unserer Erlebnisse eine sehr persönliche Angelegenheit ist.

    POL 1

    DIE WEIBLICHE FASZINATION

    Millionen Frauen weltweit machten den Roman „Fifty Shades of Grey" zu einem Weltbestseller und den Film zu einem Blockbuster. Es gibt Jahr für Jahr Tausende von Frauenromanen und Liebesfilmen, die mehr oder weniger Anklang finden. Doch hier scheint etwas besonders oder zumindest anders zu sein! Welche Faszination löste der Hype um diese Geschichte bei Frauen aller Altersgruppen, Hautfarben, Gesellschaftsschichten und Nationalitäten aus? Welches sind einige der unterschiedlichen Empfindungen, Meinungen und vor allem versteckten Bedürfnisse und Antriebe, die durch die Faszination sichtbar werden?

    FACETTE 1:

    DIE PRINZESSIN UND DER HELD –

    WAS „FIFTY SHADES OF GREY, „PRETTY WOMAN

    UND „DIRTY DANCING" GEMEINSAM HABEN

    Es ist seit „Dirty Dancing und „Pretty Woman einer der Filme beziehungsweise eine der Geschichten, die bei Frauen weltweit in allen Altersgruppen und sozialen Schichten diese Art von Hype ausgelöst haben. Wie könnten die Frauen dieser Welt je die Gefühle vergessen, die der berühmte Satz „Mein Baby gehört zu mir von Patrick Swayze ausgelöst hat? Oder das Bild von Richard Gere aus den Köpfen löschen, als er trotz Höhenangst mit roten Rosen in der Hand die Feuerleiter für Julia Roberts erklomm? Was steckt hinter dieser vielleicht kindlich anmutenden Sehnsucht nach dem „Prinzessinsein – nach dem „Gerettetwerden oder „diejenige zu sein, die den Helden ganz für sich gewinnt? Warum ist das tiefe und heutzutage oft verleugnete Bedürfnis vieler Frauen, das Wichtigste im Leben eines Mannes, seine Göttin zu sein, so groß?

    Wir können auch diesen Aspekt aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Im tiefsten Innern wünschen wir Menschen uns vor allem eins (und zwar unabhängig, ob Mann oder Frau): gesehen zu werden, Wertschätzung, Aufmerksamkeit, Liebe und Zuwendung zu erfahren. Das ist ein Grundbedürfnis, das wir alle in uns haben. Als Babys und Kleinkinder hängt unser Überleben davon ab, ob unsere Eltern sich für uns interessieren und uns alles angedeihen lassen, was wir brauchen. Wir sind anders als andere Säugetiere sehr lange abhängige Wesen. Es gab Gerüchte von grausamen Experimenten in der Zeit Friedrichs II. Die Idee war, Säuglingen alle notwendigen Maßnahmen, wie Essen, Trinken, Wärme und Sauberkeit, angedeihen zu lassen, allerdings keine Zärtlichkeit, emotionale Zuwendung oder Ansprache. Viele der Kinder sollen gestorben sein oder hatten zeit ihres Lebens mit dieser Erfahrung zu kämpfen. Ob Gerücht oder grausige Wahrheit, scheint es doch, dass nicht nur die reine materielle Versorgung entscheidend für unser Wohlbefinden und unsere emotionale Gesundheit ist, sondern insbesondere die Liebe und Aufmerksamkeit, die wir von unserem Umfeld erfahren.

    Es liegt in der Natur der Sache, dass wir von diesem Lebenselixier alle nicht genug bekommen haben. Unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern übrigens auch nicht. Paradoxerweise empfinden dies sogar die Kinder, die von ihren Eltern als Lebensmittelpunkt betrachtet und mit Liebe und Aufmerksamkeit überschüttet werden, so. Offensichtlich ist es nicht möglich, einem anderen Menschen so viel Liebe und Achtsamkeit zu schenken, dass er sich wirklich voll und ganz und zu jeder Zeit genährt und versorgt fühlt. Es scheint so, dass wir in diesem Bereich alle ein mehr oder weniger großes Maß an gefühlter Unterversorgung aufweisen. Vor allem unser Ego empfindet das so. Dieser Teil in uns hat ständig das Gefühl, zu kurz zu kommen, egal, wie viel wir tatsächlich bekommen.

    Ist es ein Klischee oder empfinden Frauen dieses Gefühl oftmals noch stärker als Männer und fordern es auch insbesondere von ihren Männern massiver ein? Warum zerren viele Frauen an ihren Männern, im Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Liebesbeweisen und Nähe?

    Die Antwort auf diese Frage hat viel mit den unterschiedlichen weiblichen und männlichen Prinzipien und der entsprechenden Energie zu tun.

    Männer und Frauen sind unterschiedlich! Ja, das ist nicht wirklich neu. Eines jedoch vorweg: Nach unserer Überzeugung gibt es keine typischen weiblichen oder männlichen Talente, Fähigkeiten oder Ressourcen. Wir kommen alle „full stuffed, das heißt komplett ausgerüstet auf diese Welt. Welche Talente und Fähigkeiten sich in unserem persönlichen Leben zeigen, aufblühen und entwickeln, hat dann ganz viel mit der Förderung, Konditionierung und Prägung zu tun und nur wenig mit dem Geschlecht. Was die Wissenschaft an unterschiedlichen Stellen nachhaltig belegt hat und sich in unserer Gesellschaft ja auch immer mehr zeigt. Uns ist das wichtig im Hinblick auf Vergleiche und um die Idee von „besser und „schlechter" aufzulösen. Wir sind an manchen Stellen einfach nur unterschiedlich und anders, und das ist nicht nur gut, sondern auch sehr intelligent.

    Uns geht es vielmehr um die weibliche und männliche Energie beziehungsweise das weibliche und männliche Prinzip. Das Weibliche und das Männliche sind zwei gleichwertige Seiten einer Medaille, zwei Hälften eines Ganzen, die sich im Idealfall wunderbar ergänzen. An kaum einer Stelle wird das Gesetz der Dualität so deutlich wie bei Mann und Frau. Zwei sich ergänzende Teile, die zu einem Ganzen verschmelzen, und zwar nicht nur sinnbildlich, sondern auch wirklich und sinnlich konkret.

    Das Weibliche steht hierbei in der Dualität für Nähe und das Aufnehmende und Passive, das Männliche für die Distanz und für das Gebende, Eindringende und Aktive. Was sich in der körperlichen Vereinigung deutlich zeigt, ist auch auf der emotionalen Ebene spürbar. Auch wenn Männer das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Nähe, Wertschätzung und Bestätigung ebenso in sich tragen, ist es doch in der gelebten Realität oft mehr ein weibliches Bedürfnis.

    Die Problematik an diesem Umstand ist, dass wir, wie bereits erwähnt, in dieser Bedürftigkeit nach Liebe und Aufmerksamkeit von anderen immer zu kurz kommen. Nicht weil andere uns diese Bedürfnisbefriedigung vorsätzlich vorenthalten, sondern weil das Pferd von hinten aufgezäumt wird. Die einzige Art, unsere Bedürfnisse tatsächlich zu nähren und uns gesättigt und voll zu fühlen, ist der Weg von innen nach außen. Spüre ich keine Wertschätzung für mich selbst und bin ich auch nicht bereit, Wertschätzung zu geben, so wird die Wertschätzung, die ich von anderen bekomme, nie wirklich erfüllend sein. Erst wenn ich die Chronologie von innen nach außen beherzige, kann das, was ich von anderen bekomme, als Sahnehäubchen meine Torte verzieren, ohne von ihr aufgesogen zu werden.

    Bei sehr vielen Frauen wird durch eine Geschichte, wie sie in „Fifty Shades of Grey, „Pretty Woman oder „Dirty Dancing" beschrieben wird, eine innere Sehnsucht spürbar und diese Seite zum Klingen gebracht. Die Sehnsucht, die Einzige für ihn zu sein, seine ganze Aufmerksamkeit zu bekommen, weil wir etwas Besonderes (für ihn) sind, wird als starkes inneres Bedürfnis spürbar. Das ist an sich kein Problem, wenn die Befriedigung dieses Gefühls nicht von einem anderen abhängig ist. Und dazu darf es uns erst einmal bewusst werden.

    Viele Frauen und Männer verspüren auf der einen Seite das große Bedürfnis nach Nähe, Liebe und Aufmerksamkeit durch einen anderen Menschen, können es aber häufig gar nicht annehmen, wenn sie es dann tatsächlich bekommen. Ein scheinbares Paradoxon. Nein – nicht wirklich! Denn es bestätigt ein Lebensprinzip – das Prinzip, dass ich nur so viel von einer Qualität von außen aufnehmen kann, wie ich selbst bereits für mich selbst in mir trage.

    Erleben wir diesen Wunsch nach Aufmerksamkeit und Wichtigkeit also aus einem Gefühl von Verbundenheit und Wertschätzung mit uns selbst, verliert dieses Gefühl an Bedürftigkeit. Dann können wir uns und anderen, von innen nach außen, Wichtigkeit und Aufmerksamkeit schenken und es in vollen Zügen genießen, wenn wir es empfangen.

    Bei dem ganz individuellen Maß der Bedürftigkeit nach Anerkennung, Aufmerksamkeit und Wertschätzung scheinen die Väter eine große Rolle zu spielen. Schon Sigmund Freud beschäftigte sich mit der Rolle, die der Vater für die Tochter und damit für die Entwicklung jeder einzelnen Frau spielt. Der Vater ist der erste und wichtigste Mann im Leben einer Frau. Die Art des Verhältnisses zwischen Vater und Tochter scheint im Erwachsenenalter eine große Rolle zu spielen, und zwar sowohl bezüglich der Partnerwahl als auch des grundsätzlichen Verhältnisses zu Männern. Als Töchter haben und hatten wir im Prinzip drei Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit unseres oftmals eher distanzierten Vaters zu bekommen:

    a)

    Seine Prinzessin sein

    In dieser Rolle versucht das kleine Mädchen alles, um ihrem Papa, ihrem Helden zu gefallen. Ob optisch oder durch ihr Verhalten, sie will von ihm bewundert und beachtet werden. Denn nicht nur, dass er zu dieser Zeit der wichtigste Mensch und Mann in ihrem Leben ist, sie will auch der wichtigste Mensch in seinem Leben sein. Heiraten wird sie ihn sowieso irgendwann. Da wird die Mutter mitunter sogar als störende Konkurrentin empfunden. Da kein Mann und Vater dieses kindliche Bedürfnis wirklich erfüllen kann, kommt das kleine Mädchen irgendwann auf dem Boden der Tatsachen an. Und selbst als erwachsene Frau, unabhängig, ob der Vater noch lebt oder nicht, spürt sie mitunter diese tiefe Sehnsucht nach der Liebe und ungeteilten Aufmerksamkeit des Vaters.

    b)

    Mit Leistung glänzen

    Während die Strategie des Gefallens und Bewundertwerdens durch den Vater mehr aus früheren Epochen stammt, wird in der heutigen Zeit und Gesellschaft das Thema „Leistung immer präsenter. „Papa, schau, was ich alles kann. Ich bin die Beste und besser als alle anderen. Du kannst stolz auf mich sein. Eine Tugend, die im Erwachsenenalter mitunter zum Fluch werden und in Perfektionismus und Kontrollsucht ausarten kann. Eine der grassierenden und zerstörerischen „Errungenschaften" der modernen Frau.

    c)

    Rebellion

    Nach dem Prinzip „besser negative Aufmerksamkeit als gar keine" wird hier mit Provokation, Anderssein und Ausbruch aus dem Wertesystem und den Konventionen des familiären Establishments gearbeitet. Schlechte Noten, grüne Haare oder die falschen Freunde, egal was, Hauptsache, es hilft, eine Reaktion auszulösen.

    Alle drei Strategien haben eines gemeinsam: Sie sind unbewusst entwickelt worden, machen uns unfrei und ketten uns an das Verhalten des Vaters. Unglücklicherweise ist dies kein kindliches Phänomen, das mit der Pubertät, dem Auszug aus dem Elternhaus oder der Heirat und dem Mutterwerden enden würde. Klären wir diese Mechanismen nicht im Erwachsenenalter, binden sie uns unter Umständen ein Leben lang und beeinflussen auch die Beziehung zu anderen Männern, selbst wenn der Vater schon längst nicht mehr auf Erden wandelt.

    Das Bedürfnis, vom Partner oder Männern im Allgemeinen bewundert und mit Aufmerksamkeit überschüttet zu werden, ist also sehr zweischneidig. Es liegt in der Natur der Sache, dass kein Vater und Mann diesen Wunsch allumfassend erfüllen kann. Tragischerweise verstärkt dieser Umstand in vielen Frauen das Gefühl, nicht liebenswert und wichtig genug zu sein. Genau hier ist der Hebel von „Fifty Shades of Grey", der bei vielen Frauen und ihrer Sehnsucht nach ungeteilter Liebe ansetzt.

    Doch nicht nur das Verhältnis zum Vater, sondern auch Erziehung im Allgemeinen spielt eine große Rolle in Bezug auf das weibliche Selbstverständnis und das Selbstwertgefühl. Mädchen und Jungen werden, auch wenn sich in den vergangenen Jahrzehnten viel verändert hat, nach wie vor unterschiedlich erzogen. Auch wir haben dies bei uns und unseren Kindern festgestellt. Obwohl wir die besten Vorsätze hatten, es anders zu machen, haben auch wir uns dabei ertappt, von unserer Tochter in manchen Situationen mehr zu erwarten als von unserem Sohn. Unsere alte Prägung hat ihre Wirkung noch nicht verloren, auch wenn sie bereits abgeschwächt ist in Bezug auf die Generation davor. Nach wie vor werden Mädchen mehr zu Zurückhaltung, Anpassung und Fokussierung auf das Wohl anderer ermutigt als zu Selbstbewusstsein und positiver Ichbezogenheit. Mit der Konsequenz, dass viele Frauen sich selbst und ihren Bedürfnissen nicht trauen, ihren Selbstwert vom Verhalten und der Wertschätzung anderer abhängig machen und sich, ihren Partner und ihre Beziehungen oftmals damit überfordern, was sich glücklicherweise verändern lässt.

    Alle hier beschriebenen Aspekte führen dazu, dass Frauen im Erwachsenenalter oft von Selbstzweifeln und Selbstkritik geplagt werden und das Sehnen nach Anerkennung und Ermutigung durch andere groß ist. Auch das Bedürfnis, sich in Hinblick auf die Weiblichkeit und Attraktivität zu vergleichen und sich von Idealen anderer steuern zu lassen, ist eher ein weibliches Thema.

    Die Geschichte von Christian Grey und Anastasia Steele bedient also einige unserer tief liegenden weiblichen Bedürfnisse und Sehnsüchte nach Aufmerksamkeit und dem Wunsch, die eine zu sein. Er umgarnt sie, er beeindruckt sie, er vernachlässigt sein erfolgreiches Business für sie, er jettet für sie durch die Weltgeschichte, beschützt sie, beschenkt sie. Sie ist sein Lebensinhalt, das, um das sich alles dreht.

    Und Stück für Stück verändert er sich für sie und durch sie. Dies stellt quasi die Krönung der Anerkennung und Wertschätzung dar. Viele Frauen fühlen sich in ihrem Inneren stark von dieser romantischen Vorstellung angesprochen, ihn zu verwandeln und zu retten. Die Liebe und der damit verbundene Einfluss scheint so groß, dass er bereit ist, seine alte Welt für sie aufzugeben, seine Wunden zu heilen und sich auf ihre Welt einzulassen. Welch größeren Liebesbeweis könnte es geben.

    Eines haben wir in den vielen Gesprächen mit Frauen zu diesem Aspekt des „Prinzessin oder seine Göttin sein" festgestellt: Ganz unabhängig, ob die hier beschriebenen Facetten von den Frauen gefühlt und als ein Teil ihrer persönlichen Wahrheit entdeckt wurden oder ob es als nicht zutreffend abgetan wurde – wann immer dieser Aspekt Frauen emotional berührte, waren sie darin verstrickt. Jede Emotion, ob negativ oder positiv, ist ein Ausdruck der eigenen Resonanz auf das Wahrgenommene. Und sobald die Verstrickung entdeckt, die individuelle Bewertung, die dieser zugrunde liegt, entlarvt und die Gefühle darunter wahrgenommen werden, kann Heilung und Veränderung stattfinden.

    FACETTE 2

    DER WEIBLICHE WUNSCH NACH HINGABE

    Wir leben in einer dualen Welt, die unaufhörlich von ihren Gegensätzlichkeiten und unterschiedlichen Polen im Gleichgewicht gehalten wird. So, wie es hell und dunkel, oben und unten, Süd- und Nordpol und Tag und Nacht gibt, so gibt es auch, wie schon die Chinesen vor mehr als 2.500 Jahren wussten, ein Ying und Yang – ein weibliches und ein männliches Prinzip. Dargestellt in dieser Form, in der sich das eine im anderen widerspiegelt. Das eine kann nicht ohne das andere existieren. Wann immer eine Seite der Polarität überwiegt oder dominiert, gerät das System ins Ungleichgewicht.

    Das weibliche Prinzip steht für Annahme und Hingabe, für das Rezeptive, Passive und Aufnehmende, für das Kreative und Überfließende. Beim weiblichen Prinzip geht es nicht nur um die Frau als solche, sondern insbesondere um die weiblichen Qualitäten, die übrigens auch in jedem Mann vorhanden sind. Auch jeder Mann hat einen weiblichen Teil, eine Anima, so wie jede Frau einen männlichen Teil, einen Animus, in sich trägt.

    Interessant ist, dass Frauen in der Regel ein geringeres Problem mit diesem Aspekt haben als Männer. Das liegt vor allem daran, dass in unserer Gesellschaft das männliche Prinzip einen sehr hohen Stellenwert auch bei Frauen genießt. Das männliche Prinzip steht für Aktivität, Zielgerichtetheit, Dynamik und auch Aggression. Aggression ist nicht per se negativ, sondern in ihrer Essenz eine treibende Kraft, solange sie nicht in den negativen Pol der Gewalt umschlägt. Diese nach außen gerichtete, aktive und dynamische männliche Energie hat momentan noch einen höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft als das Weibliche. Wird sie doch mit den in unseren Breiten so wichtigen Werten wie Durchsetzungsvermögen, Struktur und Erfolg in Verbindung gebracht.

    Demzufolge fühlen sich viele Frauen, denen männliche Attribute zugesprochen werden, eher aufgewertet, wohingegen Männer, denen man weibliche Qualitäten oder Attribute attestiert, sich eher in die Ecke des Weicheis oder der Homosexualität gedrängt fühlen. Es bringt jedoch das Dilemma auf den Punkt. Nicht nur dass unsere Welt und unsere Gesellschaft unter dem immer noch herrschenden Ungleichgewicht zwischen dem männlichen und weiblichen Prinzip zu kämpfen haben, bringt es auch die Frauen immer mehr in ein Ungleichgewicht. Eine Gesellschaft, die auch den Frauen immer mehr männliche Qualitäten und Eigenschaften abverlangt, führt dazu, dass sich das Weibliche mehr und mehr verschließt. Das Ergebnis sind harte und toughe Frauen, die ihren Mann stehen, ihre Weiblichkeit und Libido verlieren und die besseren Männer werden.

    Die Emanzipation und die Frauenrechtsbewegung des letzten Jahrhunderts waren eine herausragende Errungenschaft für die Frauen in unserer Gesellschaft. Da hat sich vieles zum Positiven verändert. Auch wenn dort noch einiges zu tun ist, wurde doch auf fast allen Ebenen für die gleichen Rechte von Männern und Frauen gesorgt.

    In einem anderen Bereich hat sich allerdings noch nicht viel bewegt. Denn die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau wird erst dann zur wirklich wunderbaren Errungenschaft werden, wenn der Gedanke und das Gefühl von Gleichwertigkeit zwischen dem weiblichen und männlichen Prinzip wirklich ins Bewusstsein von Männern und Frauen dringt und zu einer Haltung wird. Damit Männer wirklich Männer und Frauen wirklich Frauen sein können, dürfen sich beide im tiefsten Innern ihres Herzens als gleichwertig wahr- und annehmen. Leider hat das jahrtausendealte Patriarchat und die Macht der religiösen Institutionen zum Gegenteil beigetragen. Es gilt einen neuen Weg einzuschlagen. Einen Weg, auf dem Männer und Frauen die weiblichen und männlichen Qualitäten anerkennen, wertschätzen, sich auf Augenhöhe sehen und als zwei ebenbürtige, sich ergänzende und sich bedingende Teile eines Ganzen betrachten. Erst dann wird der „Geschlechterkampf" wirklich enden. Zum Wohle aller. Denn paradoxerweise gereicht die noch herrschende männliche (Über-)Macht für beide Geschlechter zum Nachteil.

    Solange in den Köpfen von Männern und Frauen allerdings noch der Gedanke vorherrscht, dass das Männliche dem Weiblichen überlegen wäre, werden wir nicht nur weiter Unterdrückung, Krieg und Armut auf der Welt erleben, sondern auch mit unbefriedigenden (Liebes-)Beziehungen, frustrierender Sexualität, zwischenmenschlichen Konflikten und fehlender Liebe zu tun haben.

    Keinen Sinn macht es hier und heute, den Schwarzen Peter nur den

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