Abschied für immer: Sterben, Tod und Trauer, für Kinder gefühlvoll erklärt
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Buchvorschau
Abschied für immer - Hans-Jörg Karrenbrock
EINLEITUNG
Warum dieses Buch?
Es ist gut, dass du dieses Buch zur Hand genommen hast. Wer sich für das Leben interessiert, für das Werden und Wachsen, für die vielen Abenteuer und Herausforderungen, der sollte auch die andere
Seite kennen lernen. Es gibt ja eben nicht nur Spaß und Gesundheit. Es gibt auch Traurigkeit und Krankheit. Und es gibt den Tod.
Du begegnest ihm jeden Tag, wenn du genau hinsiehst: Die schönen Blumen im Garten welken, wenn der Herbst kommt. Die grünen Bäume verlieren ihre Blätter. Am Weg entdeckst du einen Vogel, der sich nicht mehr bewegt. Eine Fliege sitzt am Fensterbrett, doch sie fliegt nicht davon, und als du sie anbläst, weht sie einfach zu Boden. Der Hamster liegt eines Morgens starr in seinem Käfig.
Was ist geschehen?
Alles was auf dieser Erde lebt, wird auch auf dieser Erde sterben. Nichts bleibt für immer und ewig lebendig. Die Blumen und die Bäume nicht, die Fliegen, Vögel und Hamster nicht. Und auch nicht die Menschen.
Davon will dir dieses Buch erzählen.
TOTGESCHWIEGEN
Wo ist der Tod geblieben?
Klar, in Filmen sehen wir jeden Tag irgendjemanden sterben. Kein Krimi, kein Actionfilm kommt ohne Tote aus. In der Zeitung lesen wir von Unfällen, Morden und tödlichen Erkrankungen. Aber irgendwie ist das immer sehr weit weg, passiert immer anderen und ist -im Film- ja auch gar nicht echt.
Und doch irgendwann begegnen wir dem echten Sterben und Tod. Ein Verwandter wird so krank, dass ihm kein Arzt mehr helfen kann. Jemand, den du kennst, hat einen schlimmen Unfall. Ein Schulfreund erzählt dir eines Morgens, dass sein Opa gestorben ist. Und plötzlich tauchen viele Fragen auf.
Dann wirst du etwas Erstaunliches feststellen: Auf deine Fragen nach dem Leben, nach Spaß und Freude kriegst du überall viele Antworten. Auf deine Fragen nach dem Sterben und dem Tod leider nicht.
Darüber sprechen die Menschen heute nicht gerne. Viele Erwachsene haben sogar richtig Angst vor dem Thema. Diese Angst entsteht, wenn man nichts oder nur wenig über den Tod weiß. Das war bis vor hundert Jahren noch ganz anders.
Damals fand die Ankunft im Leben und der Abschied vom Leben daheim statt. So kamen die Kinder zu Hause zur Welt. Damals sind die Menschen auch zu Hause gestorben und alle waren dabei.
Geburt und Tod waren keine großen Unbekannten.
Das ist heute nicht mehr so. Die Ankunft auf dieser Welt, also die Geburt, findet meist in einem Krankenhaus statt, damit Mutter und Baby keinen Gefahren ausgesetzt sind und man ihnen schnell helfen kann, wenn etwas schief läuft.
Der Abschied von dieser Welt, das Sterben, findet ebenfalls meist im Krankenhaus statt oder in einem Altersheim oder in einem Hospiz, einem Hospital für Menschen, die dem Tode nahe sind. Aber nur selten zu Hause. Und die Verstorbenen, die Toten, werden heute gleich von einem Bestatter abgeholt. Früher waren sie eine Zeit lang zu Hause, wo Verwandte, Freunde und Nachbarn kommen und Abschied nehmen konnten.
Sicher, früher war nicht alles besser, aber es war anders. Zumindest Geburt und Tod waren viel näher und spürbarer bei den Menschen. Das war gar nicht so schlecht. So konnte man sich vom Sterben und vom Tod erzählen. Von der Angst davor und der Traurigkeit danach. Vom Loslassen und Weggehen, aber auch vom „Gehenlassen können". Und von der Überzeugung vieler Menschen, ja aller Kulturen, dass der Tod nicht das Ende, sondern nur ein Übergang in etwas anderes ist.
***
GEDANKEN DAZU
Dafür bist du noch zu jung...
Als die 11-jährige Melanie in der Schule hört, dass die Lieblingstante ihrer besten Freundin plötzlich gestorben ist, weiß sie nicht, was sie sagen oder machen soll. Sie dachte immer, dass nur alte Menschen sterben. Aber die Tante war gar nicht alt. Was kann sie ihrer Freundin sagen? Wie kann sie sie trösten? Doch Melanies Mutter mag nicht darüber reden. „Dafür bist du noch zu jung", meint sie.
Aber das stimmt so nicht. Es ist gut, sich Gedanken über das Leben zu machen. Egal wie alt man ist. Und weil der Tod zum Leben dazu gehört, sind Fragen zum Sterben und Fragen zum Tod in jedem Alter voll in Ordnung. Viele Erwachsenen mögen aber nicht davon sprechen. Die meisten, weil es ihnen unangenehm ist und weil sie angst davor haben. Wenn deine Eltern das Thema nicht mit dir besprechen wollen, frage andere Menschen, denen du vertraust: deine Lehrer zum Beispiel. Oder wenn der Glaube eine Rolle in deinem Leben spielt, frag ein Mitglied aus deiner religiösen Gemeinschaft.
***
GUT ZU WISSEN
Das Geheimnis des Sterbens
Immer, wenn ein Mensch gestorben ist, muss ein Arzt dies genau untersuchen. Dazu gibt es sogar ein eigenes Gesetz. Der Arzt schreibt auf, an welchem Tag und um wie viel Uhr, in welchem Lebensalter und vor allem auch woran der Mensch gestorben ist. Diese Informationen werden zentral erfasst und gespeichert. So können wir Jahr für Jahr genau sehen, wie viel Menschen, in welchem Alter und woran gestorben sind.
Die allermeisten Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sterben, wenn sie zwischen 70 und 85 Jahren alt sind. Männer ein wenig früher, Frauen werden einige Jahre älter. Dies vor allem, weil Frauen im Allgemeinen gesünder leben und regelmäßiger ärztliche Kontrollen nutzen.
Die meisten Menschen sterben, weil ihr Körper alt geworden ist. Der Körper ist nach vielen aktiven Jahrzehnten einfach an die Grenze der Belastbarkeit gekommen. Mit zunehmendem Alter nimmt die Fähigkeit des Körpers ab, sich ständig zu erneuern und Verletzungen selbst zu kurieren, Krankheiten abzuwehren und gesund zu bleiben. Es ist, als ticke da in uns eine biologische Uhr, die einen Anfang kennt und auch ein Ende.
Aus der Natur kennst du bestimmt viele Beispiele für eine solche Lebensuhr. Sie richtet sich nach der biologischen Aufgabe eines Lebewesens. Ist die Aufgabe erfüllt, stirbt es.
Der Mensch ist eben auch ein biologisches Lebewesen, wenn auch ein ganz besonderes. Doch er unterliegt denselben biologischen Gesetzen, wie jedes andere Lebewesen auch.
Und so wird der Mensch im Alter immer schwächer, leidet länger an Krankheiten, kann sich schlechter konzentrieren, sieht schlechter und stürzt deshalb eher. Die Knochen werden brüchiger, die Nervenzellen und inneren Organe funktionieren nicht mehr so gut. Kurz gesagt: Stück für Stück baut der Körper eines alten Menschen langsam ab, bis er sich eines Tages von einer in jungen Jahren ungefährlichen Erkrankung nicht mehr erholt oder durch ein Versagen von Herzfunktion und Blutkreislauf stirbt oder „entschläft". Ein altes Wort für einen ruhigen Tod, der wie der Schlaf kommt, aus dem man aber nie mehr aufwacht.
***
GEDANKEN DAZU
Verwirrung...
Kevin ist 9 Jahre alt und ziemlich clever. Als seine Mutter ihm traurig mitteilt, dass sein Opa friedlich eingeschlafen sei, meint er: „Dann warten wir, bis er wieder wach wird! Seine Mutter ist fassungslos und versucht, ihm den Tod des Opas in anderen Worten zu erklären: „Opa hat uns verlassen. Er ist auf eine lange Reise gegangen.
Kevin ist begeistert: „Wenn er wiederkommt, holen wir ihn am Bahnhof ab. Ob er mir etwas mitbringt?"
Jetzt muss Kevins Mama tief Luft holen und lange überlegen. Wie sagt man etwas, ohne es sagen zu wollen? Schwierig! „Der Opa ist ein Engel im Himmel geworden!, meint sie endlich. „Oje,
lacht Kevin, der das für einen Scherz hält da wird Opa aber immer niesen müssen, wenn er jetzt Flügel hat. Er kann doch Federn nicht vertragen!
– „Nein, Kevin, der Opa ist jetzt im Himmel und schaut auf uns herunter. So wie ein Stern in der Nacht!"
Kevin schaut seine Mutter fragend an: „Willst du mir sagen, Opa ist gestorben? – „Ja.
– „Ach so. Das ist schade."
Kevin ist eben clever. So wie alle Kinder kann er einen klaren Satz auch klar verstehen. Dass die Erwachsenen sich oft so kompliziert ausdrücken, kann Kevin nicht verstehen.
„Warum ist Opa denn gestorben?, will er noch wissen. „Er war eben sehr alt, wie du weißt.
sagt die Mutter. – „Das ist Oma auch und die lebt noch!" Kevins Mutter überlegt kurz, dann sagt sie ihm die Wahrheit. Opas Herz hatte aufgehört zu schlagen und deshalb ist er jetzt tot.
***
Fast die Hälfte aller Menschen stirbt an Herz- und Kreislauferkrankungen in entsprechend hohem Alter. Wobei die Herzkrankheit die Arbeit des Herzens betrifft, die Kreislauferkrankung jedoch die Erkrankung der Adern in unserem Körper. Denk z. B. an ein altes Wasserrohr und was geschieht, wenn sich Kalk darin sammelt. Die Kalkablagerungen können den Durchfluss