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Sexualität: Themenzusammenfassung
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eBook5.872 Seiten26 Stunden

Sexualität: Themenzusammenfassung

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Über dieses E-Book

Sexualität [zɛks-] (sinngemäß "Geschlechtlichkeit", von spätlat. sexualis;aus lat. sexus "Geschlecht"; vgl. Sex) bezeichnet im engeren biologischen Sinne die Gegebenheit von (mindestens) zwei verschiedenen Fortpflanzungstypen (Geschlechtern) von Lebewesen derselben Art, die nur jeweils zusammen mit einem Angehörigen des (bzw. eines) anderen Typus(Geschlechts) zu einer zygotischen Fortpflanzung fähig sind. Hier dient die Sexualität einer Neukombination von Erbinformationen, die aber bei manchen Lebensformen auch durch der Sexualität ähnliche, nicht polare, Rekombinationsvorgänge ermöglicht wird. Im sozio- und verhaltensbiologischen Sinne bezeichnet der Begriff die Formen dezidiert geschlechtlichen Verhaltens zwischen Geschlechtspartnern. Bei vielen Wirbeltieren hat das Sexualverhalten zusätzliche Funktionen im Sozialgefüge der Population hinzugewonnen, die nichts mehr mit dem Genomaustausch zu tun haben müssen, so dass dann die handelnden Partner auch nicht unbedingt unterschiedlichen Geschlechts sein müssen. Im weiteren Sinn bezeichnet Sexualität die Gesamtheit der Lebensäußerungen, Verhaltensweisen, Empfindungen und Interaktionen von Lebewesen in Bezug auf ihr Geschlecht. Zwischenmenschliche Sexualität wird in allen Kulturen auch als ein möglicher Ausdruck der Liebe zwischen zwei Personen verstanden.

Evolution der Sexualität
Die Herausbildung der Sexualität ist einer der Hauptfaktoren und gleichzeitig ein Ergebnis der biologischen Evolution. Die Entstehung von genetisch unterschiedlichen Geschlechtern und Paarungstypen gilt als Ausgangspunkt für die Entwicklung höherer Lebewesen aus ursprünglich geschlechtslosen Einzellern, die sich nur asexuell (vegetativ) fortpflanzen. Auf der Ebene der Einzeller, besonders bei den Ciliaten, gibt es auch Arten mit mehr als zwei unterschiedlichen Paarungstypen und abgestufter Fähigkeit zur Bildung von Zygoten.
SpracheDeutsch
HerausgeberTD Textdesign
Erscheinungsdatum14. Juli 2016
ISBN9783958499942
Sexualität: Themenzusammenfassung
Autor

Thom Delißen

Thom Delißen Alter Holzgarten 1 85435 Erding Tel. 08122 18553 Mail: TDTextdesign@aol.com Jahrgang 63, geboren in Münster, aufgewachsen in Oberbayern. Der Autor verbrachte Jahre in Frankreich, Spanien, Italien, Portugal, Brasilien, Indien. Seine Kurzgeschichten und Lyrik versuchen das Rätsel nach dem Sinn und Sein zu hinterfragen, wollen auf die letzten Ziele – die Liebe und die Heiterkeit hinweisen. Verleger und Chefredakteur der Literaturzeitschrift "Schrieb". Veröffentlichungen in Tageszeitungen, Literaturzeitschriften (Wienzeile, Maskenball, Bohnenstange, Brücke, Federwelt, Kult u.v.m.) Krimi-Magazinen, Anthologien. Mitautor Chronik Erding, Ex-Chefredakteur der regionalen Literaturzeitschrift "GedankenSprung". Organisator der Initiative "Worte und Taten". Mitglied der internationalen Autorengruppe "ProLyKu". "Question Authority" Kurzgeschichtensammlung von Thom Delißen/ Lyrik und Prosa erschienen im FV-Verlag/Lübeck Hörspiel "Rhéethron" Die Sätze. (u.v.m) "The Vanderbilt Berlin Wall Project" Brockmann "Mordsapfel" Sieben-Verlag "Criminalis" Pushmann "Wir bei C&C" (Hrsg. Metro 2008) "Der Teddybär" 2008 TD Textdesign "Plattform Carpe Diem" (Burger) "Spurenwelt" (Website Verlag) "100 % Worte für Brot" (FV-Verlag) CD "Gedankengischt" (TD Textdesign) CD "Do sei" Bayerische Texte CD Textsammlung "Fetzen" (TD Textdesign) "Die ganze Welt gesehen" (FV-Verlag) "10 X 10" Lyrikprojekt (Edition Thaleia) "Jeder Friedensgedanke ein Gedicht" Edition Octopus, Geest-Verlag Literamus (Trier) "Ene Mene Mu (Spendenedition TD Textdesign) und andere. Zahlreiche Veröffentlichungen im Internet Streitschriften, Kurzgeschichten, Lyrik. Unter dem Namen Th. Om kommt der Autor nunmehr mit seinen Werken der Ur-Bestimmung nach. Der Liebe wieder ihren Platz zu geben. "Ein Buch in Antworten" "Der Wanderer" "Die absolute Schöpfung" "Die lächelnde Unbedingtheit" "Die zärtliche Ewigkeit" "Das oberste Ziel eines jeden freiheits- und verantwortungsbewussten Menschen kann immer nur sein, Manipulation zu unterlaufen, Informationen zu beschaffen und zu veröffentlichen ..." Pages: www.th-om.com www.12Worte.de www.ABIA.th-om.com

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    Buchvorschau

    Sexualität - Thom Delißen

    Thom Delißen

    Sexualität

    Themenzusammenfassung

    Peaceway

    1. Auflage

    2016 by TD Textdesign

    Inhalt

    1. Sexualität

    2. Geschlechtsverkehr

    3. Vagina

    4. Anus

    5. Sexualität des Menschen

    6. Sexuelle Selektion

    7. Zirkumzision

    8. Weibliche Genitalverstümmelung

    9. Geschlechterrolle

    10.Begattung

    11.Embryogenese (Mensch)

    12.Geburt

    13.Insemination

    14.Penis

    15.Sexualpraktik

    16.Sexualpartner

    17.Mann

    18.Frau

    19.Person

    20.Wifesharing

    21.Lebewesen

    22.Körpergeschichte

    23.Soziobiologie

    24.Verhaltensbiologie

    25.Sozialverhalten

    26.Sexuelle Orientierung

    27.Geschlechtliche Fortpflanzung

    28.Sexualethik

    29.Klimakterium virile

    30.Biologie

    31.Menschliche Geschlechts-unterschiede

    32.Zeugung

    33.Geschlechtsmerkmal

    34.Humanbiologie

    35.Genom

    36.Humanwissenschaft

    37.Grundbedürfnis

    38.Interaktion

    39.Instinkt

    40.Empfindung

    41.Unzucht

    42.Todsünde

    43.Zärtlichkeit

    44.Wollust

    45.Eifersucht

    46.Schamgefühl

    47.Begierde

    48.Psyche

    49.Liebe

    50.Emotion

    51.Soziale Norm

    52.Intimität

    53.Körperkontakt

    54.Keuschheit

    55.Lust

    56.Vertrauen

    57.Partnerschaft

    58.Ehe

    59.Sozialstruktur

    60.Sexuelle Dysfunktion

    61.Libido

    62.Homosexualität

    63.Bisexualität

    64.Pansexualität

    65.Pansexualismus

    66.Transsexualität

    67.Heterosexualität

    68.Asexualität

    69.Intersexualität

    70.Infantile Sexualität

    71.Sexualpräferenz

    72.Hormon

    73.Primaten

    74.Bonobo

    75.Enjokōsai

    76.Prostitution

    77.Katharsis

    78.Psychoanalyse

    79.Triebtheorie

    80.Perversion

    81.Triebverzicht

    82.Masturbation

    83.Paraphilie

    84.Bigotterie

    85.Freie Liebe

    86.Alfred Charles Kinsey

    87.Kinsey-Report

    88.Kinsey-Skala

    89.Klein Sexual Orientation Grid

    90.Masters und Johnson

    91.Sexualtherapie

    92.Sexuelle Selbstbestimmung

    93.Sexuelle Revolution

    94.Arbeiter-Sexualität

    95.BDSM

    96.Bondage

    97.Hermaphroditismus

    98.Monogamie

    99.Exhibitionismus

    100.Polyamory

    101.Polygamie

    102.Personenstandsgesetz (Deutschland)

    103.Sexualkundeunterricht

    104.Sexualpädagogik

    105.Sexualwissenschaft

    106.Institut für Sexualwissenschaft

    107.Sexuell übertragbare Erkrankung

    108.Aufklärungsfilm

    109.Sexuelle Aufklärung

    110.Analsex

    111.Anilingus

    112.Pegging

    113.Tabu

    114.Pubertät

    115.Sadomasochismus

    116.Masochismus

    117.Devianz

    118.Sadismus

    119.Sexualmedizin

    120.Psychopathia sexualis (Krafft-Ebing)

    121.Donatien Alphonse François de Sade

    122.Leopold von Sacher-Masoch

    123.Flagellantismus

    124.Isidor Sadger

    125.Pornografie

    126.Shibari

    127.Algolagnie

    128.Bundesvereinigung Sadomasochismus

    129.ReviseF65

    130.Transvestitischer Fetischismus

    131.Anomalie

    132.Sexualstrafrecht

    133.Amelotatismus

    134.Androphilie

    135.Neoterophilie

    136.Chronophilie

    137.Cuckold

    138.Damenwäscheträger

    139.Elektrakomplex

    140.Fat Admiring

    141.Futanari

    142.Gerontophilie

    143.Gynäkophilie

    144.Hebephilie

    145.Hybristophilie

    146.Koprophilie

    147.Makrophilie

    148.Nekrophilie

    149.Pädophilie

    150.Parthenophilie

    151.Saliromanie

    152.Urophilie

    153.Vorarephilie

    154.Formicophilie

    155.Tierpornografie

    156.Voyeurismus

    157.Zoophilie

    158.Pornografisches Magazin

    159.Vaginalverkehr

    160.Oralverkehr

    161.Dogging

    162.Gruppensex

    163.Urethralverkehr

    164.Obszönität

    165.Prüderie

    166.Heteronormativität.Orgasmus

    167.Ejakulation

    168.Weibliche Ejakulation

    169.Spanking

    170.Jouissance

    171.Konkupiszenz

    172.Anaphrodisie

    173.Frigidität

    174.Sexualangst

    175.Daoistische Sexualpraktiken

    176.Kuschelparty

    177.Injakulation

    178.Metta

    179.Erotik

    180.Androgynie

    181.Bigender

    182.Drittes Geschlecht

    183.Männlichkeit

    184.Weiblichkeit

    185.Öffentliche Prostitution

    186.Prostitution Minderjähriger

    187.Frauenhandel

    188.Sextourismus

    189.Zölibat

    190.Postorgasmic Illness Syndrom

    191.Autoerotischer Unfall

    192.Penisverletzungen

    193.Zinā.

    194.Sexbeziehung

    195.Magdalenenheim

    196.Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

    197.Zwangsheirat

    198.Vergewaltigung

    199.Offene Beziehung

    199.Sex-positiver Feminismus

    200.Neosexuelle Revolution

    201.Zeitehe

    202.Inzest

    203.Pubertas praecox

    204.Reproduktionsmedizin

    205.Pornografie im Internet

    206.Alt Porn

    207.Gewalt und Pornografie

    208.Kinderpornografie

    209.Internetsexsucht

    210.Jugendpornografie

    211.Sex sells

    212.Porno Chic

    213.Anasyrma

    214.Mooning

    215.Johannistrieb

    216.Sugar-Daddy

    217.Dirty Sánchez

    218.Koprophagie

    219.Sexueller Fetischismus

    220.Urophilie

    221.Pädophilenbewegung

    222.Sexueller Missbrauch von Kindern

    223.Pädokriminalität

    224.Kindfrau

    225.Lolitakomplex

    226.Erotische Kunst

    227.Abstinenz

    228.Empfängnisverhütung

    229.Coitus interruptus

    230.Sexualhygiene

    231.Monatshygiene

    232.Kulturgeschichte der Menstruation

    233.Flatus vaginalis

    234.Cumshot

    235.Bukkake

    236.Snowballing

    237.K.-o.-Tropfen

    238.Chem-Sex

    239.Barebacking

    240.Straight Acting

    242.Straight-Queer Masculinities

    243.Tunte

    244.Tuntenhaus (Berlin)

    245.Homophobie im Fußball

    246.Antischwule Gewalt

    247.Transgender

    248.Queer-Theorie

    249.Fisting

    250.Gleitmittel

    251.Lederszene

    252.Analdehnung

    253.Analfissur

    254.Stuhlinkontinenz

    255.Männer, die Sex mit Männern haben

    256.Transsexualität bei Kindern und Jugendlichen

    257.Transvestitismus

    258.Homosexualität und Religion

    259.Gender

    260.Homosexualität in China

    261.Coming-out

    262.Homophobie

    263.Gymnophobie

    264.Lesben- und Schwulenbewegung

    265.Bi-Bewegung

    266.Geschlechtsangleichung

    267.Cross-Dressing

    268.Dragqueen

    269.Dragking

    270.LGBT

    271.Queer

    272.Transgenialer CSD

    273.Homogamie

    274.Gender Studies

    275.Gleichgeschlechtliche Ehe

    276.§175

    277.AIDS

    Sexualität

    Sexualität [zɛks-] (sinngemäß „Geschlechtlichkeit", von spätlat. sexualis;

    aus lat. sexus „Geschlecht"; vgl. Sex) bezeichnet im engeren biologischen

    Sinne die Gegebenheit von (mindestens) zwei verschiedenen

    Fortpflanzungstypen (Geschlechtern) von Lebewesen derselben Art, die nur

    jeweils zusammen mit einem Angehörigen des (bzw. eines) anderen Typus

    (Geschlechts) zu einer zygotischen Fortpflanzung fähig sind. Hier dient die

    Sexualität einer Neukombination von Erbinformationen, die aber bei manchen

    Lebensformen auch durch der Sexualität ähnliche, nicht polare,

    Rekombinationsvorgänge ermöglicht wird.

    Im sozio- und verhaltensbiologischen Sinne bezeichnet der Begriff die

    Formen dezidiert geschlechtlichen Verhaltens zwischen Geschlechtspartnern.

    Bei vielen Wirbeltieren hat das Sexualverhalten zusätzliche Funktionen im

    Sozialgefüge der Population hinzugewonnen, die nichts mehr mit dem

    Genomaustausch zu tun haben müssen, so dass dann die handelnden Partner

    auch nicht unbedingt unterschiedlichen Geschlechts sein müssen.

    Im weiteren Sinn bezeichnet Sexualität die Gesamtheit der Lebensäußerungen,

    Verhaltensweisen, Empfindungen und Interaktionen von Lebewesen in Bezug auf

    ihr Geschlecht. Zwischenmenschliche Sexualität wird in allen Kulturen auch

    als ein möglicher Ausdruck der Liebe zwischen zwei Personen verstanden.

    Evolution der Sexualität

    Die Herausbildung der Sexualität ist einer der Hauptfaktoren und

    gleichzeitig ein Ergebnis der biologischen Evolution. Die Entstehung von

    genetisch unterschiedlichen Geschlechtern und Paarungstypen gilt als

    Ausgangspunkt für die Entwicklung höherer Lebewesen aus ursprünglich

    geschlechtslosen Einzellern, die sich nur asexuell (vegetativ)

    fortpflanzen. Auf der Ebene der Einzeller, besonders bei den Ciliaten, gibt

    es auch Arten mit mehr als zwei unterschiedlichen Paarungstypen und

    abgestufter Fähigkeit zur Bildung von Zygoten.

    Genetische Grundlagen

    Die Sexualität hat sich vermutlich erst vor ca. 600 Millionen Jahren im

    Neoproterozoikum etabliert. Vermochten sich die Lebewesen anfangs nur durch

    einfache Zellteilung unter Vermehrung fortzupflanzen, was fast

    ausschließlich zu genetisch identischen Nachkommen führte, ist am Ende

    dieses Evolutionsschrittes die Fortpflanzung mit einer Vereinigung und

    Neuaufteilung der Genome zweier Individuen verbunden, was zu genetisch

    verschiedenen Nachkommen führt. Dadurch wird die Variabilität der

    Individuen einer Population und damit deren Fähigkeit zur Anpassung erhöht.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei verschiedene Genome vereinigt werden,

    wird dadurch erhöht, dass es mindestens zwei verschiedene Paarungstypen

    gibt und nur die Genome zweier verschiedener Paarungstypen vereinigt werden

    können. Die Vereinigung von identischen Genomen wird so verhindert. Bei den

    meisten Lebewesen kommen nur jeweils zwei Paarungstypen vor, die im Fall

    der Oogamie als Geschlechter mit männlich und weiblich bezeichnet werden.

    Bei vielen Einzellern besteht der sexuelle Akt aus der Verschmelzung ganzer

    Individuen, einige Einzeller, wie das Pantoffeltierchen, sind fähig zur

    Konjugation, bei der das Genom oder Teile davon ausgetauscht werden. Auch

    manche Bakterien können durch Konjugation extrachromosomale DNA oder unter

    bestimmten Bedingungen Teile des Genoms (DNA) von einem Individuum auf ein

    anderes übertragen; dies geschieht unabhängig von der Vermehrung, die

    meistens durch Zellteilung erfolgt. Bei höher entwickelten Eukaryoten (d.

    h. Tieren, Pflanzen, Pilzen und Protisten) bedeutete die Trennung in

    verschiedene Geschlechter den Übergang zur geschlechtlichen Fortpflanzung

    durch den Austausch und die Rekombination des Genoms bei der Befruchtung

    und die Bildung einer befruchteten Keimzelle. Dieser fand bei den Pflanzen

    im Verlauf der Stammesgeschichte durch eine Verlagerung der Phasen im

    Generationswechsel statt.

    Die Entwicklung eines durch Hormone gesteuerten Systems war ein weiterer

    Schritt zur Herausbildung sexueller Verhaltensweisen. Neben der

    Fortpflanzung mittels Austausch von Erbinformationen hat geschlechtlicher

    Verkehr bei höheren Organismen teils auch eine soziale Bedeutung,

    insbesondere bei den Primaten (wie dem Menschen und den Bonobos).

    Zoologische Grundlagen

    In der Zoologie erschließt sich der Erfolg für das Prinzip „Reproduktion

    durch Sexualität" erst durch das Verständnis eines zwangsläufig

    begleitenden Evolutionsschrittes. Zunächst mussten Sinnessysteme

    (Sinnesorgane mit nachgeordneten verhaltensrelevanten Instanzen) entwickelt

    werden, die eine Suche und Findung möglicher Geschlechtspartner der eigenen

    Art erst ermöglichten. Anfangs sicher noch auf biochemischen Sinnesreizen

    basierend, entwickelte sich in der Folge eine Vielzahl von Sinnessystemen

    im Tierreich. Diese Sinnessysteme bieten auch dem wichtigsten Aspekt des

    Lebens, nämlich dem Selbsterhalt, einen Selektionsvorteil.

    Für männliche Individuen vieler, jedoch bei weitem nicht aller Spezies

    gilt, dass sie mit dem Geschlechtsakt ihren biologischen Anteil zur

    erfolgreichen Reproduktion bereits beigetragen haben. Die ethologischen

    Erkenntnisse der letzten Jahre zeigen aber auch, dass für viele Tierarten

    und den Menschen die gemeinsame Sexualität die Basis für vielfältigste

    weitergehende Sozialstrukturen darstellt, die im Extremfall lebenslange

    exklusive Sexualpartnerschaft zwischen einem Weibchen und einem Männchen

    bedeuten kann.

    Allen Sexualverhaltensmustern, die oft nach einem starren Schema ablaufen,

    ist gemeinsam, dass sie auf etwas oder jemanden in der Außenwelt des

    Individuums gerichtet sind (siehe auch Torbogenschema); in der Regel ist

    dies bezüglich eines optimalen Reproduktionserfolgs ein

    gegengeschlechtlicher Artgenosse. Gleichgeschlechtliche Artgenossen können

    sich auf natürliche Weise nicht fortpflanzen.

    Menschliche Sexualität

    Beim Menschen wie auch bei anderen Primaten, ist die Sexualität im

    Gegensatz zu vielen anderen Tieren kein reines Instinktverhalten, sondern

    unterliegt bewussten Entscheidungsprozessen und ist in die jeweiligen

    sozialen Organisationsformen eingebettet. Menschen drücken ihre sexuelle

    Anziehung zum Anderen durch unterschiedliche Formen und Aspekte aus:

    Zärtlichkeiten, Worte, verschiedene sexuelle Praktiken, durch

    besitzergreifendes Verhalten. Die Sexualität des Menschen beeinflusst seine

    Psyche, seine persönliche Entwicklung, die Formen seines Zusammenlebens

    sowie – auch beeinflusst von der Sexualmoral – die gesamte Sozialstruktur,

    also die Kultur und Gesellschaft, in der er lebt. Da zwischen der

    Sexualität des Mannes und der Sexualität der Frau teils erhebliche

    Unterschiede bestehen, führt diese Diskrepanz bei der Heterosexualität zu

    mannigfaltigen Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den Geschlechtern.

    Folgen mangelnder Anpassung auf beiden Seiten können sich auch in sexuellen

    Funktionsstörungen bei Frau und Mann niederschlagen.

    Außer der am weitesten verbreiteten Ausrichtung des Sexualverhaltens, der

    Heterosexualität, weist das Sexualverhalten des Menschen weitere sexuelle

    Orientierungen auf. Dazu gehören zum Beispiel die Homosexualität, d. h. die

    Ausrichtung des Sexualtriebs auf das eigene Geschlecht, die Bisexualität,

    die sich auf beide Geschlechter richtet, die Asexualität, wo kein Verlangen

    nach Sex – weder mit dem männlichen noch weiblichen Geschlecht – besteht.

    Es gibt auch verschiedene Sexuelle Präferenzen wie die fetischistische

    Sexualität, die sich auf unbelebte Gegenstände oder bestimmte Handlungen

    richtet. Früher teilweise tabuisiert und gar unter Strafe gestellt,

    gewinnen etliche dieser Ausrichtungen heute in aufgeklärten Gesellschaften

    an Akzeptanz und sind in vielen Ländern heute erlaubt.

    Literatur

    - Sexualität in der Tierwelt. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg/Neckar

    2003, ISBN 3-936278-28-8

    - Elia Bragagna, Rainer Prohaska: Weiblich, sinnlich, lustvoll. Die

    Sexualität der Frau. Ueberreuter, Wien 2010, ISBN 978-3-8000-7475-4.

    Weblinks

    Commons: Sexualität – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Wiktionary: Sexualität – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme,

    Übersetzungen

    Wikiquote: Sexualität – Zitate

    - Alan Soble: Philosophy of Sexuality. In: Internet Encyclopedia of

    Philosophy.

    - Zur Geschichte der Sexualität in Ostmitteleuropa bei Litdok

    Ostmitteleuropa / Herder-Institut (Marburg)

    - The International Encyclopedia of Sexuality, Bd. I - IV 1997–2001, Hrsg.

    von Robert T. Francoeur

    - Die Sexualität des Menschen Handbuch und Atlas Erwin J. Haeberle

    Normdaten (Sachbegriff): GND: 4054684-6

    Sexualität des Menschen

    Die Sexualität des Menschen ist im weitesten Sinne die Gesamtheit der

    Lebensäußerungen, Verhaltensweisen, Emotionen und Interaktionen von

    Menschen in Bezug auf ihr Geschlecht.

    Die Humanbiologie betrachtet menschliche Sexualität hinsichtlich ihrer

    Funktion bei der Neukombination von Erbinformationen im Rahmen der

    geschlechtlichen Fortpflanzung. Im Zentrum stehen dabei menschliche

    Geschlechtsunterschiede zwischen Mann und Frau. Im sozio- und

    verhaltensbiologischen Sinn umfasst die Sexualität des Menschen die Formen

    dezidiert geschlechtlichen Verhaltens zwischen Sexualpartnern. Das

    Sexualverhalten des Menschen hat – wie das vieler Wirbeltiere – über

    Fortpflanzung und Genomaustausch hinaus zahlreiche Funktionen im

    Sozialgefüge einer Population.

    Daher befassen sich die meisten Humanwissenschaften auch mit dem Thema der

    menschlichen Sexualität. Besonders psychologische, soziale und kulturelle

    Faktoren werden dabei als bedeutend für die Sexualität des Menschen

    betrachtet. Sexualität wird zu den menschlichen Grundbedürfnissen gezählt,

    und zwar sowohl in physiologischer als auch in sozialer Hinsicht, in Liebe,

    Lust, Nähe und Zärtlichkeit, die mit Sexualität verknüpft sind.

    Biologische Grundlagen

    Die Entwicklung eines durch Hormone gesteuerten Systems war ein wichtiger

    Schritt zur Herausbildung sexueller Verhaltensweisen. Neben der

    Fortpflanzung mittels Austausch von Erbinformationen hat geschlechtlicher

    Verkehr bei höheren Organismen teils auch eine soziale Bedeutung,

    insbesondere bei den Primaten (wie dem Menschen und den Bonobos).

    Sexualität und Gesellschaft

    Die Sexualität des Menschen und die Sexualmoral beeinflussen seine Psyche,

    seine persönliche Entwicklung, die Formen seines Zusammenlebens und die

    gesamte Sozialstruktur, also die Kultur und Gesellschaft, in der er lebt.

    Das Sexualverhalten des Menschen weist eine Vielzahl sexueller

    Orientierungen auf. Dazu gehören neben der Heterosexualität – bei der der

    Sexualtrieb auf das andere Geschlecht gerichtet ist, die Homosexualität und

    die Bisexualität, bei der sich das Interesse überwiegend oder auch auf das

    gleiche Geschlecht richtet. Bei der Asexualität besteht kein Verlangen nach

    Sex mit dem männlichen noch weiblichen Geschlecht. Die Pansexualität als

    Begehren unabhängig vom Geschlecht (z. B. sexuelles Interesse an

    Transsexuellen oder Transgendern) ist im queeren Verständnis einzuordnen

    (siehe Queer-Theorie).

    Da sexuelle Präferenzen und insbesondere deren gesellschaftliche Akzeptanz

    gesellschaftlichen Veränderungen unterliegen, verschieben sich die Grenzen

    zwischen gesellschaftlich legitimen, legalen oder als schädlich

    eingeschätzten sexuellen Verhaltensweisen historisch wie interkulturell.

    Die Sexualität des Menschen bzw. seine sexuellen Präferenzen manifestieren

    sich in der Pubertät. Welche Anteile dieser Präferenzen erlernt oder in der

    Erbanlagen bereits festgelegt sind, ist Bestandteil des wissenschaftlichen

    Diskurses.

    Geschichte

    Vor- und Frühgeschichte

    Viele archäologische Funde – wie die Venus von Willendorf – zeugen davon,

    dass die Beschäftigung mit der Sexualität schon früh Teil der menschlichen

    Kultur war. Ihr Stellenwert lässt sich an der übergroßen Darstellung und

    Einfärbung von Geschlechtsteilen der historischen Artefakte erkennen.

    Vulva- und phallusartige Steinsetzungen können als Zeichen der Verehrung

    von Geschlechtsorganen interpretiert werden.

    Eine These ist, dass sich durch die Neolithische Revolution das Verhältnis

    des Menschen zur Sexualität geändert haben könnte. Diesem Konzept nach

    betrachtete der Mann die Sexualität der Frau als zunehmend gefährlich und

    einer Kontrolle bedürftig. Es wird in diesem Zusammenhang darüber

    spekuliert, dass die Versorgung und Pflege von Kindern nur dann lohnend

    sei, wenn es sich um den eigenen, genetisch verwandten Nachwuchs handelt.

    In diesem Zusammenhang soll der Umstand eine Rolle gespielt haben, dass die

    Frau eine verdeckte Befruchtung hat: da der Mann nicht im Nachhinein

    kontrollieren kann, ob er der Erzeuger der Kinder war, fing er an, die

    weibliche Sexualität mit Tabus und Verboten zu belegen. Nicht erklärt

    werden kann in dieser naturalistisch-biologistischen Sichtweise, warum auch

    alle anderen Formen der Sexualität mit Tabus und Verboten verbunden werden.

    Altertum

    In Altertum und Antike ist das Verhältnis zur Sexualität je nach Kultur und

    Epoche äußerst unterschiedlich. Von einigen Hochkulturen (z. B.

    Griechenland) ist bekannt, dass Prostitution und offene Homosexualität in

    ihnen gesellschaftsfähig waren.

    Mittelalter

    Die Moral der christlichen Kirche ist seit dem Mittelalter stark

    sexualfeindlich geprägt; Sexualität sollte ausschließlich der Zeugung von

    Kindern dienen. Wollust wurde den Hauptlastern zugerechnet, Homosexualität

    als abartig krankhaft und widernatürlich; vielmehr wurde die rigide

    Einhaltung der Keuschheit propagiert und die Sexualität in den Nimbus des

    Diabolischen gestellt.

    Frühe Neuzeit

    Während im spätmittelalterlichen Europa und in bestimmten Phasen der frühen

    Neuzeit – von den mittelalterlichen Badehäusern bis zu den absolutistischen

    Höfen – recht ungezwungene Sitten herrschten, breiteten sich erst mit dem

    Puritanismus und den Moralvorstellungen des viktorianischen England oder

    wilhelminischen Deutschland repressive Moralvorstellungen aus, mit denen

    man der Sexualität insgesamt misstrauisch gegenüberstand. Sie wurde z. B.

    als animalisch, roh und gefährlich angesehen, da sie die Grenzen der

    Vernunft zu sprengen drohte. Insbesondere in diesen Zeiten wurde der Frau

    keine selbstbestimmte Ausübung ihrer Sexualität zugestanden.

    Moderne

    19. Jahrhundert

    Im 19. Jahrhundert setzte eine massive Sexualerziehung ein, die vor allem

    an junge Männer adressiert war. In Handbüchern wie The Young Man's Guide

    (William Andrus Alcott, 1833) und Lecture to Young Men on Chastity

    (Sylvester Graham, 1834) wurden diese eindringlich vor den vermeintlichen

    gesundheitsschädlichen Folgen der Masturbation, aber auch vor homosexuellen

    Handlungen gewarnt.

    Sigmund Freud

    Von wichtiger wissenschaftsgeschichtlicher Bedeutung ist das Konzept der

    Triebtheorie, das der Wiener Arzt und Begründer der Psychoanalyse, Sigmund

    Freud, Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte. Dieses Konzept sah die

    Psyche und die Entwicklung des Menschen zu einem erheblichen Teil von dem

    Sexualtrieb bestimmt. Freud beschrieb den Sexualtrieb zwar als biologisch

    begründet, erforschte ihn aber hauptsächlich in seiner psychologischen

    Ausprägung.

    Die psychologische Erscheinungsform des Sexualtriebes bezeichnete er als

    Libido. Dieses Konzept spielte in der „klassischen" Psychoanalyse eine

    wesentliche Rolle, da man dort annimmt, dass die psychische Entwicklung des

    Kindes erheblich durch seine Sexualität beeinflusst wird. Erhebliche

    Störungen in der psychosexuellen Entwicklung können zu Neurosen und

    Psychosen führen. Ganz im Gegensatz zu den kirchlichen Kritikern, die in

    der Entstehungszeit der Psychoanalyse, Freud vorwarfen, er würde

    Pansexualismus und Unzucht fördern und zur Verrohung der Sitten beitragen,

    sah Freud die reine Anerkennung der individuellen Sexualität als Merkmal

    für psychische Gesundheit. Hierbei muss die Sexualität nicht ausgelebt

    werden. Auch wurde Freuds frühes, und später verworfenes, Konzept der

    Katharsis als Aufruf zur sexuellen Aktivität missverstanden. Freud legte

    durch seine enge Verknüpfung der Sexualität und der psychischen Entwicklung

    auch den Grundstein zur psychologischen Untersuchung der Perversionen, die

    heute als Paraphilien bezeichnet werden. Paraphilien bezeichnen sexuelles

    Verhalten, welches von der Norm abweicht.

    Mit Freuds Psychoanalyse entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts neue

    Vorstellungen der Rolle von Sexualität: Sie sei ein natürlicher Trieb, ihre

    Auslebung befreiend, notwendig und positiv, ihre Unterdrückung hingegen

    erzeuge Neurosen.

    20. Jahrhundert

    Nicht nur hinsichtlich Freud gilt das 20. Jahrhundert als das Jahrhundert

    der sexuellen Revolution(en).¹ So machte etwa zu Beginn des Jahrhunderts

    Magnus Hirschfeld in Deutschland durch seine Forderungen nach Straffreiheit

    für Homosexuelle auf sich aufmerksam. Er gründete in Berlin das weltweit

    erste Institut für Sexualwissenschaft.

    1917 hatte Richard Oswald den Aufklärungsfilm über Geschlechtskrankheiten

    „Es werde Licht!" im Auftrag des deutschen Kriegsministeriums gedreht. Der

    Film brachte eine Filmlawine ins Rollen. Allein dieser Film hatte drei

    Folgen. 1919 brachte Oswald das Problem Homosexualität und Erpressung in

    einer kriminalistischen Handlung unter: „Anders als die Andern". Weil vom

    Ende des Ersten Weltkrieges bis 1920 keine Filmzensur in Deutschland

    existierte, folgte 1919 auf die Welle der „Aufklärungsfilme" die der

    eigentlichen „spekulativen Sexfilme, damals noch „Sittenfilme genannt. In

    den 1960er Jahren wiederholte sich diese kommerziell-gesellschaftliche

    Entwicklung auf eine ähnliche Weise.

    Seit den 1930er Jahren ermöglichten Antibiotika erstmals eine effektive

    Behandlung übertragbarer Geschlechtskrankheiten, sodass das Argument,

    sexuelle Freizügigkeit werde mit unheilbarer Krankheit „bestraft", von nun

    an immer mehr an Bedeutung verlor.

    Nach Untersuchungen der US-amerikanischen Historikerin Dagmar Herzog war

    die Haltung zur Sexualität während des Nationalsozialismus nicht etwa

    durchgehend repressiv, sondern „doppelbödig" und teilweise liberal² – bei

    gleichzeitig starker Repression gegen Minderheiten:

      „Kondome waren zugänglich, Vorschläge für bessere Orgasmen präsent,

    Freude an der Sexualität war erwünscht, die ganze Diskussion war eher

    sexpositiv eingestellt – für Nichthomosexuelle, Nichtbehinderte,

    Nichtjuden."³

    In den 1950er Jahren folgte ein Wandel zu einer deutlich konservativeren

    Einstellung. Bis in die 1960er Jahre hinein blieb eine oftmals als bigott

    angesehene Moral vorherrschend. So galten z. B. Zimmerwirte als Kuppler,

    wenn sie unverheirateten Paaren gemeinsame Schlafräume vermittelten.

    Sexualität war ein Tabu-Thema, über das in der Öffentlichkeit nicht

    gesprochen wurde. Erst die Welle der sexuellen Befreiung der 68er führte –

    zusammen mit der Aufklärungsliteratur (wie der von Shere Hite) und den

    Aufklärungsfilmen – zu neuem Nachdenken über die sexuelle Lust.

    Mit der zunehmenden Enttabuisierung der Sexualität rückte dieses Thema

    zunehmend in den Blickpunkt der Wissenschaft. Alfred Charles Kinsey

    erforschte ab den 1940er Jahren das menschliche Sexualverhalten und stellte

    seine Erkenntnisse in den sogenannten Kinsey-Reports dar, die aufgrund

    ihrer Ergebnisse heftige Kontroversen auslösten. Die Erforschung der

    Sexualität und auch der sexuellen Störungen, die heute als

    behandlungsbedürftig angesehen werden, geht vor allem auf die Pioniere

    Masters und Johnson zurück, welche sich als Forscherduo der Sexualität

    widmeten. Helen Singer Kaplan entwickelte in den 1970er Jahren die

    Sexualtherapie.

    21. Jahrhundert

    In der Gegenwart wird die sexuelle Selbstbestimmung mehr und mehr zum

    Leitgedanken der von der sexuellen Revolution veränderten Sexualmoral.

    Abweichende sexuelle Praktiken, Beziehungsformen und sexuelle

    Orientierungen sind zunehmend sozial akzeptiert oder wenigstens geduldet,

    solange Einverständnis zwischen den (erwachsenen) Beteiligten besteht, die

    Vorgaben des Strafrechts eingehalten und keine Dritten potentiell

    geschädigt oder belästigt werden.

    Literatur

    Allgemeines

    - Jan Rutgers: Das Sexualleben in seiner biologischen Bedeutung als ein

    Hauptfaktor zur Lebensenergie.... Verlag Richard A. Giesecke,

    Dresden (A24) 1922.

    - Vern L. Bullough, Bonnie Bullough (Hrsg.): Human Sexuality: An

    Encyclopedia. Garland Publishing, New York/London 1994, ISBN

    0-8240-7972-8 (Garland Reference Library of Social Science, Vol. 685;

    online, hrsg. von Erwin J. Haeberle, 2006).

    - Stephan Dressler, Christoph Zink: Pschyrembel Wörterbuch Sexualität. De

    Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-016965-7.

    - Robert T. Francoeur (Hrsg.): The International Encyclopedia of Sexuality.

    Bd. I–IV, The Continuum Publishing Company, New York 1997–2001 (online).

    - Erwin J. Haeberle: Die Sexualität des Menschen. Handbuch und Atlas. 2003

    (online; auch erschienen als: dtv-Atlas Sexualität. dtv, München 2005,

    ISBN 3-423-03235-9).

    - Max Marcuse (Hrsg.): Handwörterbuch der Sexualwissenschaft. Enzyklopädie

    der natur- und kulturwissenschaftlichen Sexualkunde des Menschen.

    Neuausgabe [Nachdruck der 2. Auflage, 1926], de Gruyter, Berlin/New York

    2001, ISBN 3-11-017038-8.

    - Volkmar Sigusch: Sexualität. In: Eike Bohlken, Christian Thies (Hrsg.):

    Handbuch Anthropologie. J. B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2009, ISBN

    978-3-476-02228-8, S. 411–414.

    Einzelstudien

    - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): Sexualität und

    Kontrazeption aus der Sicht der Jugendlichen und ihrer Eltern. Eine

    repräsentative Studie im Auftrag der BZgA. 3. Auflage, BZgA, Köln 2002,

    ISBN 3-9805282-1-9.

    - Wilfried von Bredow, Thomas Noetzel: Befreite Sexualität? Streifzüge

    durch die Sittengeschichte seit der Aufklärung. Junius Verlag, 1990, ISBN

    3-88506-175-9.

    - Dagmar Herzog: Die Politisierung der Lust. Sexualität in der deutschen

    Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts. Siedler, München 2005, ISBN

    3-88680-831-9.

    - Dagmar Herzog: Sexuality in Europe. A Twentieth-Century History.

    Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-69143-7

    („Synthese des Forschungsstandes auf höchstem Niveau"⁴ ).

    - Andreas Krass (Hrsg.): Queer denken. Gegen die Ordnung der Sexualität

    (Queer Studies). Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-12248-7.

    - William H. Masters, Virginia E. Johnson, Robert C. Kolodny: Liebe und

    Sexualität. Neuauflage, Ullstein, Berlin u. a. 1993, ISBN 3-548-35356-8.

    - Christiane Pönitzsch: Chatten im Netz. Sozialpsychologische Anmerkungen

    zum Verhältnis von Internet und Sexualität. Tectum, Marburg 2003, ISBN

    3-8288-8540-3.

    - Helmut Schelsky: Soziologie der Sexualität. Rowohlt, Hamburg 1955 (21.

    Aufl. 1977).

    Kulturgeschichte

    - Philippe Ariès u. a.: Die Masken des Begehrens und die Metamorphosen der

    Sinnlichkeit. Zur Geschichte der Sexualität im Abendland. Fischer,

    Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-596-27357-9

    - Georges Bataille: Tränen des Eros, Matthes & Seitz, Berlin 2004, ISBN

    3-88221-216-0

    - Franz X. Eder: Kultur der Begierde. Eine Geschichte der Sexualität. Beck,

    München 2002, ISBN 3-406-47593-0 (Rezension)

    - Michel Foucault: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit, Bd. 1,

    Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-28316-2

    - Rüdiger Lautmann, Michael Schetsche: Sexualität im Denken der Moderne.

    In: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9, Sp. 730-742

    - Volkmar Sigusch: Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe

    und Perversion. Campus, Frankfurt am Main/New York 2005, ISBN

    3-593-37724-1.

    - Claudia Bruns, Tilmann Walter (Hrsg.): Von Lust und Schmerz. Eine

    Historische Anthropologie der Sexualität, Böhlau Verlag, Köln 2004, ISBN

    978-3-412-07303-9

    Weblinks

    Commons: Sexualität des Menschen – Sammlung von Bildern

    Wiktionary: Sexualität – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme,

    Übersetzungen

    Wikiquote: Sexualität – Zitate

    - Magnus-Hirschfeld-Archiv für Sexualwissenschaft an der

    Humboldt-Universität zu Berlin.

    - Peter-Paul Bänziger, Julia Stegmann:Politisierungen und Normalisierung:

    Sexualitätsgeschichte des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum

    H-Soz-u-Kult, 5. November 2010. Umfangreicher Überblick über aktuelle

    Forschung zum Thema

    - Franz X. Eder: SexBiblio. Bibliography of the History of Western

    Sexuality. 3. Ausgabe, Wien 2008.

    - Karl Pawek: Geschichte der Sexualität, 2000 f.

    Einzelnachweise

    [1] Dagmar Herzog: Sexuality in Europe. A Twentieth-Century History.

    Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-69143-7;

    Volkmar Sigusch: Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe

    und Perversion. Campus, Frankfurt am Main/New York 2005, ISBN

    3-593-37724-1.

    [2] Dagmar Herzog: Politisierung der Lust. Siedler Verlag, München, 2005,

    ISBN 978-3-88680-831-1.

    [3] „Die Quellen waren mit Sexualität gesättigt" [Interview von Gunter

    Schmidt mit der Historikerin Dagmar Herzog]. In: taz, 20. Januar 2007,

    abgerufen am 29. März 2012.

    [4] Norman Domeier: Rezension zu: Herzog, Dagmar: Sexuality in Europe. A

    Twentieth-Century History. Cambridge 2011. In: H-Soz-u-Kult, 29. März

    2012, abgerufen am 29. März 2012.

    Sexuelle Selektion

    Die sexuelle Selektion (lateinisch selectio ‚Auslese') ist eine

    innerartliche Selektion, die auf körperliche Merkmale wirkt und durch

    Varianz im Fortpflanzungserfolg zwischen Mitgliedern desselben Geschlechts

    entsteht.¹ Diese „geschlechtliche Zuchtwahl" erkannte Charles Darwin als

    eine der drei Selektionsarten der Evolutionstheorie. Damit wird die

    Entstehung sexualdimorpher Merkmale, d. h. der sekundären

    Geschlechtsmerkmale im Erscheinungsbild der Geschlechter einer Art,

    evolutionär erklärt.

    Abgrenzungen

    In seinem Werk „Die Entstehung der Arten" von 1859 beschreibt Charles

    Darwin die künstliche und natürliche Selektion.

    - Die künstliche Selektion (Züchtung) ist eine zielgerichtete Auswahl von

    Individuen mit bestimmten, vom Menschen erwünschten Eigenschaften.

    Individuen, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, werden strikt von

    der Fortpflanzung ausgeschlossen. Dadurch können sich Formen entwickeln,

    die im Freiland eine geringere Angepasstheit als ihre Vorfahren aufweisen

    (Haustiere, Kulturpflanzen).

    - Die natürliche Selektion findet ohne Einwirkung des Menschen statt. Es

    haben diejenigen Individuen die größere Fitness, die Bau- oder

    Leistungsmerkmale aufweisen, die in ihrer Umwelt im Vergleich zu anderen

    Individuen eine höhere Zahl überlebender Nachkommen bewirken. Diesem

    Selektionsdruck unterliegen Eigenschaften wie Anpassungsfähigkeit an

    Umweltänderungen, Möglichkeiten zur Einnischung und Widerstand gegen den

    Feinddruck. In der Evolutionsbiologie und Soziobiologie erklärt der

    erweiterte Begriff der Verwandtenselektion altruistische

    Verhaltensmuster. Als Erweiterung der natürlichen Selektion wurde die

    Gruppenselektion vorgeschlagen, die in jüngerer Zeit als

    Multilevel-Selektion diskutiert wird.

    Dem Konzept der natürlichen Selektion widersprachen aber beobachtbare

    Merkmalsausprägungen, die für ihre Träger in der jeweiligen Umwelt

    eigentlich nachteilig sind. In seinem Buch „Die Abstammung des Menschen und

    die geschlechtliche Zuchtwahl" von 1871 beschreibt Darwin die sexuelle

    Selektion, mit der er diese Merkmalsausprägungen erklären konnte.

    - Die sexuelle Selektion ist eine Auslese von Individuen durch Vorteile

    beim Fortpflanzungserfolg gegenüber Geschlechtsgenossen derselben Art.

    Intrasexuelle Selektion wirkt auf Merkmale, die bei der

    gleichgeschlechtlichen Konkurrenz um Zugang zu Paarungspartnern eine

    Rolle spielen. Intersexuelle Selektion wirkt auf Merkmale, die von

    Mitgliedern eines Geschlechts eingesetzt werden, um eine explizite

    Wahlentscheidung zur Paarung bei Mitgliedern des anderen Geschlechts zu

    bewirken.

    Intrasexuelle Selektion: Konkurrenzkämpfe zwischen Angehörigen desselben

    Geschlechts

    Intrasexuelle Selektion wirkt auf Merkmale (z. B. Körpergröße, Färbungen,

    Lautäußerungen, Eckzähne), die für die gleichgeschlechtrige Konkurrenz beim

    Paarungszugang wichtig sind. Solche Merkmale sind bei Beschädigungs-² oder

    Kommentkämpfen als Waffe (z. B. Geweih) oder als Schutz vor Verletzungen

    (z. B. Löwenmähne) vorteilhaft, oder sie dienen als soziale Signale beim

    Imponierverhalten. Für die markante Ausprägung dieser Sexualdimorphismen

    ist ein polygames Paarungsverhalten Voraussetzung. Bei monogamen Arten

    entwickeln sich deshalb solche Merkmale nur schwach oder gar nicht. Die

    intrasexuelle Selektion wirkt stärker auf das Geschlecht, welches den

    geringeren Elternaufwand betreibt.³ Bei vielen Arten und den meisten

    Wirbeltieren sind dies die Männchen,¹ bei manchen Arten auch die Weibchen.⁴

    Wenn der Aufwand der Männchen für die Werbung um Weibchen groß ist,

    entsteht für die Männchen ein Anreiz wählerisch zu sein. Zum Beispiel

    konkurrieren die Weibchen bei den monogamen Marmosetten und Tamarinaffen um

    die Paarbildung mit attraktiven Männchen.⁵

    Wenn die intrasexuelle Selektion symmetrisch auf beide Geschlechter wirkt,

    führt auch eine starke intrasexuelle Selektion nicht zu einem ausgeprägten

    Sexualdimorphismus. Das tritt z. B. bei monogamen Paarbeziehung auf, wenn

    bei einem permanenten Männchen- oder Weibchenüberschuss zahlreiche

    außerpaarliche Kopulationen die Monogamie unterminieren und die genetische

    Qualität der möglichen Paarungspartner stark unterschiedlich ist. Dann

    besteht für beide Geschlechter ein selektiver Anreiz, Zeichen für Qualität

    bzw. Gesundheit zu entwickeln. In die gleiche Richtung wirken sich

    Paarungsspiele, Paarungsnachspiele bzw. Paarbindungs-Rituale unter

    Beteiligung beider Geschlechter aus. Dieser Fall war bereits Charles Darwin

    bewusst. Starker Dimorphismus ist tendenziell ein Zeichen für ungleiche

    Systeme, bei dem die Variabilität im Fortpflanzungserfolg des einen, meist

    männlichen Geschlechts höher ist als die des anderen.

    Bei Arten, bei denen die Männchen Kämpfe um den Zugang zu Weibchen

    austragen, ist in der Regel das Männchen größer als das Weibchen. Bei

    Arten, in denen der Wettbewerb über ausgeprägte Paarungsspiele oder

    -vorführungen erfolgt, sind die Männchen hingegen tendenziell kleiner. Nach

    Renschs Regel, die in einer Studie bei Küstenvögeln bestätigt wurde,⁶ sind

    bei Arten mit sexuellem Größendimorphismus bei großen Arten die Männchen

    tendenziell größer und bei kleinen Arten tendenziell kleiner als die

    Weibchen. Bei Amphibien sind in der Regel die Männchen kleiner als die

    Weibchen. Bei den wenigen Arten mit größeren Männchen besteht ein

    signifikanter Zusammenhang mit Paarungskämpfen der Männchen untereinander.⁷

    Spermienkonkurrenz

    Bei vielen Arten kann sich durch Promiskuität der Weibchen zwischen den

    Männchen eine Spermienkonkurrenz entwickeln.⁸ Durch den Selektionsdruck

    sind bei Männchen Anpassungen entstanden, wie z. B. Produktion besonders

    schneller und leistungsfähiger Spermien,⁹ Kontrolle der Weibchen, große

    Hoden, die voluminöses und spermienreiches Ejakulat produzieren, spezielle

    „Kamikaze"-Spermien mit spiralförmigem Schwanz, die sich um konkurrierende

    Spermien wickeln und sie zerstören können,¹⁰ oder Masturbation, um die

    Fitness der Spermien für die nächste Kopulation zu erhöhen.¹¹ Die Weibchen

    haben durch diese Konkurrenz Techniken und Strategien entwickelt, mit denen

    sie nach der Kopulation mit mehreren Männchen wählen können, welches Sperma

    zur Befruchtung kommt („kryptische" Partnerwahl),¹² bzw. nach der Theorie

    des „zurückgehaltenen Spermas" von Robin Baker und Mark Bellis, welches

    Sperma sie befruchten wird.¹³ ¹⁴ Durch die mehrfache Befruchtung haben

    Weibchen z. B. die Möglichkeit, gute Gene für ihren Nachwuchs zu bekommen

    und wenig lebensfähige oder genetisch inkompatible Spermien zu vermeiden.

    Intersexuelle Selektion: Partnerwahl durch Angehörige des anderen

    Geschlechts

    Andere Formen von Sexualdimorphismus, wie zum Beispiel das Prachtgefieder

    von Pfau oder Paradiesvogel, können nicht durch natürliche oder

    intrasexuelle Selektion, aber durch die Bevorzugung ihrer Träger bei der

    Partnerwahl erklärt werden. Das Geschlecht mit dem höheren Aufwand wählt

    den Partner. Bei vielen Arten sind das durch den höheren Elternaufwand die

    Weibchen („female choice").¹ Bei einigen Arten wählen die Männchen¹⁵ (z. B.

    Odins- und Thorshühnchen). Das wählende Geschlecht kann bei einigen Arten

    auch durch andere Einflüsse bestimmt sein, z. B. durch das Nahrungsangebot,

    das die Menge und Qualität von Spermatophoren beeinflusst, die Weibchen von

    den Männchen erhalten,¹⁶ durch den Aufwand der Partnerwahl selbst⁵ oder

    durch das operationelle Geschlechterverhältnis.¹⁷

    Beispiele für Auswahlkriterien:

    - Rufe oder Gesang: Lautstärke (Laubheuschrecken), Frequenz (amerikanische

    Kröte), Dauer (Grauer Laubfrosch¹⁸ ), Komplexität (Tungara-Frosch)

    - Reichhaltigkeit des Gesangsrepertoires (nordamerikanische Singammer)

    - Balzhäufigkeit (nordamerikanisches Beifußhuhn)

    - Körpergröße (Buntbarsche)

    - Gesundheit (nordamerikanisches Beifußhuhn¹⁹ )

    Darwin hat die Evolution der intersexuellen Selektion angenommen, aber

    nicht erklärt. Wenn die Paarung mit Trägern von bestimmten Eigenschaften

    beim anderen Geschlecht zu einer größeren Zahl von überlebenden Nachkommen

    führt, kann die Präferenz für diese Eigenschaften evolvieren. Manche

    Eigenschaften wie das Prachtgefieder scheinen jedoch einen Fitnessnachteil

    für das Weibchen zu haben, da ein solches Gefieder in der natürlichen

    Selektion ihren männlichen Nachkommen Nachteile verschafft. Ähnliches gilt

    auch für andere Merkmale. Zum Beispiel gibt es bei vielen Vogelarten

    monogame, gleichzeitig aber auch polygame Männchen. Generell haben Weibchen

    polygamer Männchen einen geringeren Fortpflanzungserfolg durch dessen

    verminderte Hilfe bei der Jungenaufzucht. Dennoch paaren sich einige

    Weibchen mit bereits verpaarten anstatt einem freien Männchen.

    Erklärungen solcher Fälle durch die Evolutionstheorie müssen darauf

    beruhen, dass die Träger eines selektierten Merkmals auf längere Sicht mehr

    Nachkommen haben werden als diejenigen ohne dieses Merkmal. Ansonsten ist

    das Merkmal allenfalls evolutionär neutral. Für die entsprechenden

    Paarungssysteme sind verschiedene Modellannahmen denkbar, bei denen dies

    trotz der Nachteile durch die natürliche Selektion zutrifft.

    - Direkt selektierte Mechanismen: Träger des Merkmals haben durch die

    Partnerwahl einen Vorteil, der direkt zu höherer Nachkommenzahl führt.

    - Indirekt selektierte Mechanismen: Träger des Merkmals haben zunächst

    weniger Nachkommen, die aber eine höhere Fitness besitzen, weshalb sie

    sich auf längere Sicht in der Population durchsetzen. Dabei wird nicht

    das Merkmal selbst, sondern ein damit korreliertes Merkmal selektiert (z.

    B. lauterer Paarungsruf, korreliert mit genetischer Qualität).

    - Sexueller Konflikt: Das Merkmal bringt nur Angehörigen eines Geschlechts

    einen Vorteil. Da die Eltern genetisch verschieden sind, kann z. B. ein

    durch den Vater weitergegebenes Merkmal gefördert werden, das den

    Männchen einen Paarungsvorteil verschafft, auch wenn das Merkmal für

    Weibchen direkt nachteilig sein kann.

    In natürlichen Paarungssystemen müssen diese Möglichkeiten nicht exklusiv

    verwirklicht sein. Ein bestimmtes Merkmal kann durch Selektion auch auf

    mehreren Wegen teilweise bedingt oder gefördert werden, was die Erforschung

    anspruchsvoll macht. Dasselbe Merkmal kann sowohl für die intra- wie auch

    für die intersexuelle Selektion gleichermaßen bedeutsam sein, wie es z. B.

    für den Schopf beim Schopfalk Aethia cristatella nachgewiesen ist.²⁰

    Die Unterschiede im Körperbau und Verhalten der Geschlechter, die

    Ausgangspunkt der sexuellen Selektion sind, ergeben sich nach klassischer

    Sicht bereits aus den Unterschieden der Gameten. Das Geschlecht mit den

    größeren Gameten ist (per definitionem) das Weibliche. Die Entstehung

    dieses Unterschiedes selbst deutet man in der Regel durch „disruptive

    Selektion": Ein Individuum kann sehr viele, dann aber zwangsläufig sehr

    kleine, oder wenige, dann aber besser ernährte Gameten mit höherer

    Überlebenswahrscheinlichkeit erzeugen. Intermediäre Individuen fallen

    zwischen beide Optima. Aus der unterschiedlichen Gametengröße wird meist

    geschlossen, dass das männliche Geschlecht aufgrund der viel höheren

    potenziellen Fortpflanzungsrate einen größeren Vorteil davon hat, möglichst

    wenig in einzelne Nachkommen und stattdessen besser in eine höhere

    Nachkommenzahl zu investieren (Bateman-Prinzip). Dadurch können sich

    anfangs kleine Unterschiede in der Strategie der Geschlechter verstärken.

    Allerdings kann in diploiden Arten die Anzahl der Nachkommen des einen

    Geschlechts diejenige des anderen nicht übersteigen (die

    „Fisher-Bedingung"). Unterschiede können also darauf beruhen, dass wenige

    Männchen eine Vielzahl von Weibchen befruchten und den relativen Anteil

    ihrer Gene im Genpool erhöhen. Eine vergleichbare Strategie der Weibchen

    ist nicht möglich.²¹

    Wenn ein Individuum bestimmte mögliche Partner nicht akzeptiert, also

    wählerisch ist, werden bereits Kosten, z. B. Suchkosten bzw. -risiken und

    aufgewendete Lebenszeit verursacht. Eine solche Strategie bedingt daher

    einen Selektionsmechanismus. Experimentell nachgewiesen worden ist dieser

    Zusammenhang z. B. beim Gabelbock²² : Können Weibchen ihren Paarungspartner

    frei wählen, haben sie mehr Nachkommen als bei zufälliger Paarung.

    Zur Deutung des Geschlechtsdimorphismus und der Paarungssysteme bei

    verschiedenen Arten wurden mehrere Theorien entwickelt. Die bekanntesten

    sind die Runaway selection, d. h. Selbstläuferprozesse von R. A. Fisher und

    das Handicap-Prinzip.²³

    Direkte Vorteile

    Ein Weibchen kann durch seine Partnerwahl direkte Vorteile für den

    Nachwuchs erlangen, wenn das Männchen z. B. ein hochwertiges Territorium

    verteidigt und sich an der Jungenaufzucht oder der Abwehr von Prädatoren

    beteiligt. Dieser Fall galt lange Zeit als trivial und wurde daher kaum

    betrachtet. Eine systematische Übersichtsarbeit²⁴ zeigte für einige

    Fitnesskomponenten einen nur geringfügig größeren Effekt direkter Vorteile

    durch die weibliche Partnerwahl als durch indirekte (z. B. aufgrund der

    genetischen Ausstattung des Nachwuchses). Zum Erkennen solcher Vorteile

    deutet das Weibchen die Signale der Männchen und muss dabei Betrüger

    vermeiden, die Fitness-Signale imitieren. Wie bei der genetischen

    Ausstattung besteht ein hoher Anreiz, fälschungssichere Signalsysteme zu

    entwickeln.

    Sensorische Präferenz

    Nach der „Sensory Bias"-Theorie können sich Sexualmerkmale durch weibliche

    Vorlieben auf männliche Merkmalsausprägungen wie Farbe, Größe oder

    akustische Signale entwickeln. Danach bevorzugen Weibchen bei der

    Partnerwahl Männchen mit solchen Merkmalen. Zum Beispiel führen die

    Männchen der Gattung Anolis in einem spezifischen Paarungsritual schnelle

    Aufwärtsbewegungen vor dem Weibchen aus. In der Gattung Xiphophorus gibt es

    Männchen mit einem langen Fortsatz der Schwanzflosse (Schwertträger) sowie

    ohne Fortsatz (Platys). In Wahlversuchen bevorzugen Weibchen ohne Fortsatz

    die Männchen mit künstlich angeklebtem Fortsatz gegenüber dem Wildtyp.²⁵

    Bei einigen Arten werden auch Individuen mit völlig unnatürlichen, vom

    Menschen angebrachten Markierungen als Partner bevorzugt.²⁶ In Studien trat

    dieser Effekt u. a. bei Vögeln auf, bei denen zur Untersuchung ganz anderer

    Fragestellungen bestimmte Männchen durch den Experimentator farbig beringt

    wurden. Weibchen bevorzugten signifikant Männchen mit Ringen bestimmter

    Farbe gegenüber anderen.

    Runaway selection

    Die „Runaway selection" wurde ab 1915 durch den Genetiker und

    Evolutionsbiologen R. A. Fisher entwickelt²⁷ und 1930 in seinem Buch

    veröffentlicht.²⁸ Nach 1958 wurde die Theorie dann von Biologen²⁹ und

    Mathematikern³⁰ aufgegriffen und weiter entwickelt. Ein Selbstläuferprozess

    entsteht durch sensorische Präferenzen bei der Partnerwahl, z. B. wenn

    Weibchen männliche Träger eines vererblichen Merkmals zur Paarung

    bevorzugen. Sind die Gene für diese Präferenz und für das Merkmal

    gekoppelt, kommt es zu einer positiven Rückkoppelung, die in evolutionär

    kurzer Zeit extreme Merkmalsausprägungen bewirkt. Der Prozess kann dann nur

    durch äußere Einflüsse enden, z. B. durch natürliche Selektion. Danach ist

    z. B. die Schwanzlänge beim Pfauenhahn so kostspielig geworden, dass sie

    einen Überlebensnachteil hat. Wenn sich der Überlebensnachteil und der

    Vorteil beim Paarungserfolg die Waage halten, kann sich ein Gleichgewicht

    einstellen.²³ Zum Beispiel wurde durch Vergleich der Merkmalsausprägung

    innerhalb der Artengruppe mit den Vorhersagen der verschiedenen Hypothesen

    über intersexuelle Selektion der Mechanismus als wahrscheinlichster Grund

    für die Färbung und die Balzspiele der Männchen bei den Schnurrvögeln

    identifiziert.³¹

    Sexy-Son-Hypothese

    Als Variante der „Runaway selection wurde die „Sexy-Son-Hypothese 1979

    von P. J. Weatherhead und R. J. Robertson vorgeschlagen.³² Wie die „Runaway

    selection" ist diese Hypothese schwierig zu testen.³³ Nach dieser Hypothese

    paaren sich Weibchen mancher Arten mit polygynen Männchen, die z. B. durch

    besonders ausgeprägte sekundäre Sexualmerkmale viel in die Partnersuche

    investieren, obwohl ein solches Männchen weniger bei der Jungenaufzucht

    helfen wird. Ihr Vorteil kann in der vererbten Polygynie und damit in einem

    möglichen zukünftig hohen Fortpflanzungserfolg ihrer „sexy Söhne" liegen.

    Dadurch kann sich das Merkmal in der Population verbreiten. Investitionen

    von Männchen zur Aufzucht der Jungen, z. B. Paarungs(nach)spiele,

    Paarbindungs-Rituale oder ein Territorium, sind danach kein Garant für eine

    Vaterschaft des Nachwuchses. Diese Hypothese erklärt das Verhalten der

    Weibchen mancher Singvogelarten wie z. B. dem Star. Die Weibchen paaren

    sich mit polygynen Männchen, auch wenn sie dadurch weniger Nachkommen haben

    als mit einem monogamen Partner, der bei der Aufzucht hilft. Bei Vögeln

    können Weibchen prinzipiell das Geschlecht ihres Nachwuchses beeinflussen³⁴

    und gemäß der Hypothese sollten sie den Anteil ihres männlichen Nachwuchses

    erhöhen, um mit diesem einzigen Vorteil ihrer dann ebenfalls polygynen

    Söhnen ihre Gene verbreiten zu können.³⁵

    Handicap-Hypothese

    Das von Amotz Zahavi und Avishag Zahavi entwickelte Handicap-Prinzip

    erklärt die Entwicklung von Merkmalen durch Partnerwahl, die einen

    Überlebensnachteil für den Träger bringen, aber als Signal die Qualität

    seiner Gene belegen.³⁶ ³⁷ Das Handicap ist nach der Hypothese ein

    fälschungssicheres Signal von einem besonders lebensfähigen Individuum, das

    seine vorteilhaften Eigenschaften an den Nachwuchs vererben kann. Deshalb

    wird auch von „guten Genen- oder „Luxus-Merkmalen gesprochen.³⁸ Durch die

    Exponierung oder Behinderung und damit Gefährdung durch Fressfeinde oder

    Nahrungskonkurrenten durch das Handicap signalisiert ein Paarungspartner

    seine besondere Fitness. Ein Paarungspartner mit solchen Auffälligkeit wird

    danach als besonders kräftig und gesund eingeschätzt und damit als relativ

    sicherer Garant für gesunden und lebensfähigen Nachwuchs. Die intersexuelle

    und intrasexuelle Selektion sind dabei äquivalent zueinander. Ein

    kostspieliges Merkmal, das zum Anlocken eines Partners dient, entspricht

    einem kostspieligen Merkmal zum Kampf mit Geschlechtsgenossen wie z. B. dem

    Hirschgeweih.³⁹ Eine Erweiterung der Handicap-Hypothese auf den Einfluss

    der Immunabwehr stammt von Folstad und Karter.⁴⁰ Ihre Hypothese beruht auf

    der Beobachtung, dass ein höherer Spiegel des Sexualhormons Testosteron die

    Ausprägung männlicher sexualdimorpher Merkmale verstärkt und gleichzeitig

    die Immunabwehr des Körpers mindert. Nur besonders gesunde Männchen können

    daher ausgeprägte Merkmale zeigen und die damit verbundene Immunschwächung

    als Handicap in Kauf nehmen.⁴¹

    Evolutionäre Sackgasse

    Die Folgen besonders extremer Handicap-Merkmale werden als „evolutionäre

    Sackgasse" interpretiert, wenn ihre Vorteile für die reproduktive Fitness

    durch drastische Änderungen z. B. der Umwelt, Krankheiten, neue

    Konkurrenten oder veränderte Nahrung verloren gehen und damit ihren Trägern

    nur noch die Fitnessnachteile bleiben. Durch diese Nachteile reduziert sich

    dann die Population, wenn sich bei den betroffenen Arten die mit

    Extrembildungen verbundenen Spezialisierungen nicht an neue Gegebenheiten

    anpassen können. Als solche Sackgassen, die zum Aussterben geführt haben,

    werden z. B. das Geweih der eiszeitlichen Riesenhirsche, die Stoßzähne der

    Mammuts oder die Eckzähne der Säbelzahntiger gedeutet. Der Riesenhirsch

    lebte in der offenen Tundra, die sich am Ende der Eiszeit anfangs in

    Sumpfland und danach in Wald verwandelte. Nach dieser Hypothese konnte der

    Riesenhirsch mit seinem Gewicht und Geweih von über 3,6 m Spannweite weder

    auf weichem Untergrund noch im Wald leben, weshalb die Art durch die

    ökologischen Veränderungen ausstarb. Diese Hypothese ist allerdings

    schwierig zu untersuchen⁴² und im Bezug auf andere Erklärungsmodelle, wie

    die Overkill-Hypothese, umstritten.

    Evolutionary Suicide

    Wenn die Individuen einer Art stark auf Kosten der Population profitieren,

    können nach der Hypothese des „evolutionären Selbstmords" evolutionäre

    Anpassungen zum Aussterben der Art führen.⁴³ ⁴⁴ Einige Studien konnten eine

    Korrelation zwischen Merkmalen, Selektionsdruck und einem erhöhten Risiko

    auszusterben nachweisen.⁴⁵ ⁴⁶ ⁴⁷

    Physische Leistungsmerkmale

    Äußere Merkmale wie Körpergröße, Waffengröße oder Größe der primären

    Geschlechtsorgane können in direktem Zusammenhang zur Fitness der Männchen

    stehen. Bei manchen Arten prüfen die Weibchen die genetische Fitness der

    Männchen auch über deren physische Leistungsfähigkeit in Balzspielen, z. B.

    bei paarweise vollführtem Balztanz, Balzflug oder Balzkampf, oder durch

    deren erbrachte Vorleistungen zur Brutpflege. Ein Weibchen kopuliert nur

    mit Männchen, deren Fitness sie als ausreichend beurteilen.

    Beispiele:

    - Bei einigen Webervogelarten, wie z. B. Textorweber, baut das Männchen das

    Nest und das Weibchen prüft die Festigkeit. Bei einigen Arten hat sich

    dieses Verhalten ritualisiert, es wird nur noch Nistmaterial präsentiert.

    - Bei einigen Vogelarten bringt das Männchen dem Weibchen Nahrung als

      „Brautgeschenk" mit und demonstriert damit die Qualität seines Reviers

    zur Nahrungsbeschaffung.

    Eine andere Form eines physiologischen Leistungsmerkmals gibt es beim

    Feuerkäfer (Neopyrochroa flagellata). Das Männchen nimmt über die Nahrung

    das Gift Cantharidin auf, das Eier und Larven vor Fressfeinden schützt.

    Dieses Gift wird zum größten Teil in einer Drüse im Hinterleib gespeichert

    und mit den Spermien übertragen, ein kleiner Teil wird in einer Kopfdrüse

    gesammelt. Die Weibchen paaren sich nur mit Männchen, wenn sie das Gift an

    der Kopfdrüse des Männchens schmecken⁴⁸

    Soziale Signale

    Bei manchen Arten hat sich evolutionär ein Signalsystem entwickelt, das mit

    der genetischen Fitness der Männchen korreliert, das aber keinen direkten

    Zusammenhang zu deren Überlebens-, Fortpflanzungs- oder Aufzuchtsfähigkeit

    hat. Weibchen wählen Männchen anhand ihrer möglichst ausgeprägten

    Schlüsselreize, wie z. B. auffällige Farben, Rufe oder Verhaltensweisen,

    die bei der Balz von Männchen präsentiert werden. Die Auffälligkeit der

    Signale verringert die allgemeine Fitness der Männchen durch natürliche

    Selektion, die der sexuellen Selektion entgegenwirkt. Dadurch entsteht ein

    Gleichgewicht bei der Ausprägung der Merkmale und eine Hypertrophierung

    sekundärer Geschlechtsmerkmale wird verhindert. Dieser Zusammenhang wurde

    z. B. bei Poecilia reticulata nachgewiesen. Bunt gefärbte Männchen sind

    attraktiver für Weibchen, aber auch auffälliger für Prädatoren. In

    Lebensräumen ohne Prädatoren sind die Männchen bunter.⁴⁹

    Beispiele:

    - Pfau: Schmuckfedern mit vielen und großen Augen erhöhen den

    Fortpflanzungserfolg.⁵⁰

    - Bankivahuhn: Hennen bevorzugen Hähne mit hellen, „leuchtenden" Augen und

    großen, roten Kämmen und Kehllappen. Diese Merkmale korrelieren mit einem

    guten Gesundheitszustand und einer hohen Widerstandsfähigkeit gegen

    Krankheiten.⁵¹

    - Rauchschwalbe (Hirundo rustica): Rauchschwalben zeigen keinen auffälligen

    Sexualdimorphismus. Die Männchen sind nur an den verlängerten Randfedern

    des Gabelschwanzes zu erkennen. Sie sind um mehr als einen Zentimeter

    länger als die der Weibchen, die Männchen mit längeren Schwanzfedern

    bevorzugen.⁵²

    Die Schwanzfedern variieren bei den Männchen zwischen 84 und 132

    Millimetern. Ältere Männchen haben längere Schwanzfedern als jüngere, da

    bei jeder Mauser im Winterquartier diese etwas verlängert ausgebildet

    werden. Ältere Männchen kommen im Brutgebiet früher an als jüngere,

    verpaaren sich früher und haben damit die Möglichkeit einer zweiten Brut.

    Die Länge der Schwanzfedern spielt keine Rolle im Konkurrenzkampf der

    Männchen um Nistplätze, aber bei der Wahl durch die Weibchen, wie in

    Experimenten festgestellt wurde. Einer Gruppe von Männchen wurden die

    Schwanzfedern um zwei Zentimeter verkürzt und einer anderen Gruppe um

    diesen Betrag verlängert. Gegenüber einer unbehandelten Kontrollgruppe

    haben 85 % der Männchen mit den verlängerten Schwanzfedern ein zweites

    Mal gebrütet, aber nur 10 % der Männchen mit kurzen Schwanzfedern. Die

    Männchen mit langen Schwanzfedern kopulierten doppelt so oft mit dem

    Weibchen eines Männchens mit verkürzten Schwanzfedern wie die der

    Kontrollgruppe. Mit langen Schwanzfedern ist die Flugleistung beim

    Nahrungserwerb schlechter. Männchen mit langen Schwanzfedern erbeuten

    nicht mehr große, schnell fliegende, sondern nur noch kleine, langsam

    fliegende, Insekten. Da ihre Brut genauso viel Nahrung wie die der

    Männchen mit kürzeren Schwanzfedern braucht, müssen sie mehr erbeuten.

    Durch diese Anstrengung entwickeln Männchen bei der nächsten Mauser

    wieder kürzere Schwanzfedern. Dadurch ist die Federlänge begrenzt und die

    Weibchen wählen die erfahrensten und beim Nahrungserwerb erfolgreichsten

    Männchen aus.

    - Bei manchen Vogelarten wie z. B. Schnurrvögel, Leierschwanz oder

    Laubenvögel, bereiten die Männchen für ihre Balz Tanzplätze vor. Das

    Weibchen wählt das Männchen nach der Qualität des Platzes oder der

    Darbietung aus. Besonders attraktive Männchen können zahlreiche Weibchen

    begatten, während unattraktivere Männchen sich nicht fortpflanzen können.

    Männliche Laubenvögel statten ihre Tanzplätze mit Objekten auffälliger

    Farbe aus, deren Anzahl das Weibchen anlockt. Starke Männchen zerstören

    die Tanzplätze ihrer Konkurrenten und rauben das Schmuckmaterial für

    ihren eigenen Platz. Die Kopulation findet auf dem Tanzplatz statt, aber

    das von den Weibchen gebaute einfache Brutnest liegt meist weitab vom

    Tanzplatz.⁵³

    Heterozygotie-Hypothese

    Ein möglicherweise wichtiger Faktor bei der Partnerwahl ist die genetische

    Kompatibilität eines Partners. Danach bestimmt sich die Qualität eines

    Paarungspartners aufgrund der eigenen genetischen Ausstattung und variiert

    daher für verschiedene Partner. Nach dem Effekt der Heterozygotie bestimmt

    sich die „Qualität" eines bestimmten Gens (eigentlich: Allels) nicht

    absolut, sondern nur situationsabhängig im Zusammenhang mit dem Genom des

    jeweiligen Partners.⁵⁴ Damit wurde z. B. die im Tierreich weit verbreitete

    Paarung von Weibchen mit mehreren Männchen als Risikominimierung erklärt,

    um Partner mit genetisch unpassenden Elementen zu vermeiden.⁵⁵ ⁵⁶ Der

    heterozygote Nachwuchs genetisch verschiedener Eltern sollte insbesondere

    ein besonders leistungsfähiges Immunsystem besitzen.⁵⁷ Auch Forschungen zur

    menschlichen Fortpflanzungsbiologie können so gedeutet werden und eine

    Hypothese stellt z. B. einen Zusammenhang zwischen der Güte des

    Immunsystems und Pheromonen her. Je besser sich die Immunsysteme ergänzen,

    also je unterschiedlicher sie sind, umso attraktiver wird der Geruch des

    Partners empfunden.⁵⁸ ⁵⁹ Empirische Tests der Hypothese haben in einigen

    Fällen einen Vorteil von Paarungen mit genetisch kompatiblen oder

    verschiedenen Partnern erwiesen, in einigen Fällen konnte auch eine

    Partnerwahl nach entsprechenden Markern nachgewiesen werden.⁶⁰

    Erzwungene Paarung

    In Erweiterung zur intra- und intersexuellen Selektion weisen Pradhan und

    van Schaik auf die Rolle erzwungener Paarung von Weibchen durch Männchen

    hin.⁶¹ Wenn die Weibchen den Männchen nicht ausweichen können, kann deren

    Wahlmöglichkeiten durch die Männchen beschränkt werden. Die durch

    intrasexuelle Selektion entwickelten Merkmale (z. B. Körpergröße, Geweihe,

    Hörner) werden danach nicht nur in der gleichgeschlechtlichen Rivalität der

    Männchen eingesetzt, sondern als Alternativstrategie auch um Paarungen mit

    Weibchen zu erzwingen. Dadurch sollte ein selektiver Anreiz für die

    Weibchen bestehen, solche Paarungspartner zu meiden. Diese Hypothese kann

    auch erklären, warum bei den meisten Säugetieren die Männchen „Waffen"

    besitzen, während bei Vögeln Ornamente überwiegen.

    Ein weiterer bedeutsamer Faktor ist die Belästigung von Weibchen durch

    unerwünschte männliche Paarungsversuche, auch wenn es nicht zum Vollzug der

    Paarung kommt. In einer Studie an der Waldeidechse konnte gezeigt werden,

    dass bei einem experimentell erzeugten Überschuss von Männchen in der

    Population die Männchen durch ständige Belästigung und Paarungsversuche zu

    einer wesentlichen Mortalitätsursache für die Weibchen werden können.

    Dadurch fällt nicht nur, wie zu erwarten, der Populationszuwachs bei

    Männchenüberschuss ab, sondern die Populationsgröße sinkt sogar ab. Dadurch

    besteht ein erhebliches Aussterberisiko für die Population.⁶² ⁶³ Ähnliches

    wurde bei einer Reihe weiterer Arten nachgewiesen. Bei Taufliegen können

    Paarungsversuche von Männchen, die sich gezielt auf besonders fruchtbare

    Weibchen richten, diese stark benachteiligen, wodurch sich ihr Vorteil (in

    der natürlichen Selektion) abschwächt.⁶⁴

    Geschlechterverhältnis

    Bei normaler geschlechtlicher Fortpflanzung ist die Geschlechterverteilung

    im Prinzip 1:1. R. A. Fisher zeigte bereits 1930, dass in Abwesenheit

    besonderer Faktoren ein Übergewicht eines Geschlechts einen Selektionsdruck

    auf das andere Geschlecht bewirkt.⁶⁵ Das Geschlechterverhältnis unterliegt

    der sexuellen Selektion und ein ungleiches Geschlechterverhältnis wirkt

    dann stark auf die sexuelle Selektion zurück. Nach der Theorie sollte das

    Geschlechterverhältnis tendenziell in die Richtung des Geschlechts mit

    einer höheren potenziellen, d. h. unter Einbezug der Investitionen des

    jeweiligen Elternteils in den Nachwuchs bestimmte Fortpflanzungsrate

    verschoben sein. Maßgebend ist dabei das Geschlechterverhältnis der an der

    Fortpflanzung beteiligten Individuen im fortpflanzungsfähigen Alter, das z.

    B. durch eine höhere Jugendmortalität eines Geschlechts verschoben sein

    kann. Das biologisch tatsächlich wirkende Geschlechterverhältnis wird

    „operationelles Geschlechterverhältnis" (engl.: operational sex ratio, OSR)

    genannt.⁶⁶ Verborgene Faktoren können dabei einen entscheidenden Einfluss

    ausüben. Ist z. B. das Weibchen nur wenige Tage im Jahr empfängnisbereit,

    wenn das Männchen mehr oder weniger permanent zeugungsbereit ist, ist die

    Anzahl der tatsächlich paarungswilligen Weibchen zu einem gegebenen

    Zeitpunkt möglicherweise viel geringer als die der Männchen, auch wenn

    beide gleich häufig sind. Damit ist das operationelle

    Geschlechterverhältnis zugunsten der Männchen verschoben. In gleicher Weise

    wirkt es sich aus, wenn Männchen oder Weibchen früher geschlechtsreif

    werden als das andere Geschlecht.

    Ohne Elternfürsorge für den Nachwuchs kann sich die durch das

    Größenverhältnis der Geschlechtszellen (Gameten) bedingte Überlegenheit des

    männlichen Geschlechts bei der Fortpflanzungsrate häufig durchsetzen und

    das operationelle Geschlechterverhältnis kann zugunsten der Männchen

    verschoben sein. Eine exklusive Fürsorge der Weibchen für den Nachwuchs

    verstärkt dann diese Tendenz und der Männchenüberschuss führt zu einer

    stärkeren Konkurrenz der Männchen untereinander. Bei z. B. den meisten

    Vogelarten versorgen jedoch beide Geschlechter den Nachwuchs. Bei vielen

    Arten ist das Männchen Alleinversorger für den Nachwuchs und das Weibchen

    beteiligt sich über die Lieferung der Eier hinaus nicht wesentlich. Dazu

    gehören neben etlichen Insekten- und Fischarten wie etwa die Seenadeln auch

    einige Salamander⁶⁷ und Vogelarten wie z. B. Laufvögel. Das

    Geschlechterverhältnis kann dann zugunsten der Weibchen verschoben sein,

    wodurch sie dann stärker um Paarungspartner konkurrieren und stärker der

    sexuellen Selektion unterliegen.

    Das operationelle Geschlechterverhältnis kann bei Arten variabel sein, z.

    B. wenn die Mortalität eines Geschlechts stärker von Umweltfaktoren abhängt

    als die des anderen (z. B. größere Männchen, Nahrungsmangel). Bei solchen

    Arten haben Forscher das Verhältnis experimentell verändert und die

    Konsequenzen beobachtet. Bei der Fischart maulbrütenden galiläischen

    Petersfisch Sarotherodon galilaeus wurde gezeigt, dass die

    Fortpflanzungsstrategie vom Geschlechterverhältnis beeinflusst wird.⁶⁸ Bei

    dieser Art versorgen manchmal beide Geschlechter, manchmal eines allein den

    Nachwuchs. Bei einem Überschuss des einen Geschlechts verlässt das jeweils

    andere häufiger seinen Nachwuchs. Dies kann durch die höheren relativen

    Kosten erklärt werden, die ein Individuum hat, wenn ihm mehr potenzielle

    Paarungspartner zur Verfügung stehen.

    Sexuell antagonistische Selektion

    Merkmale, die zum reproduktiven Erfolg durch sexuelle Selektion führen,

    sind meist ungleich zwischen den Geschlechtern verteilt. Der

    Selektionsdruck auf das jeweilige Geschlecht kann in unterschiedliche

    Richtung wirken, s. d. es kein gemeinsames Optimum für beide Geschlechter

    gibt. Dieses Phänomen wird „sexuell antagonistische Selektion" genannt,

    führt tendenziell zu einer Erhöhung der genetischen Variabilität und ist

    dafür möglicherweise einer der wichtigsten Faktoren.⁶⁹ ⁷⁰

    Empirische Belege für das Wirken sexuell antagonistischer Selektion wurden

    bei einer Reihe von Arten festgestellt, wie z. B. bei Taufliegen⁷¹ oder

    beim Rothirsch.⁷² Beim Rothirsch wurde z. B. gezeigt, dass Töchter von

    reproduktiv besonders erfolgreichen Vätern einen geringeren

    Fortpflanzungserfolg besaßen als es dem Durchschnitt entspricht. Dieser

    Befund ist gleichzeitig ein schwerwiegendes Problem für Hypothesen, wie z.

    B. die Handicap-Hypothese, die einen größeren Erfolg für den Nachwuchs

    beider Geschlechts vorhersagt. Nach dem Modell sollten sich mutierte Allele

    mit Vorteil ausschließlich im männlichen Geschlecht auf dem X-Chromosom

    anreichern, weil sie hier beim Männchen Wirkung zeigen können, während ihre

    Wirkung beim Weibchen im heterozygoten Fall durch das Allel auf dem zweiten

    DNA-Strang gemindert sein kann. Diese Vorhersage konnte bei der Taufliege

    bestätigt werden.⁷³

    Sexuell antagonistische Selektion kann zu einem „Wettrüsten" zwischen den

    Geschlechtern führen. Diese „sexuell antagonistische Koevolution" wurde z.

    B. bei den Samenkäfern gezeigt.⁷⁴ Bei den Männchen vieler Arten weist der

    Aedeagus Dornen auf, die das Weibchen bei der Kopulation verletzen können.

    Die Weibchen reagieren mit einer Verstärkung des Genitaltrakts.

    Paarungssysteme und ökologische Zwänge

    Die Struktur und Ausbildung von Sozial- und Paarungssystemen unterliegt

    nicht der sexuellen Selektion allein. Die Wechselwirkungen zwischen

    Paarungssystemen und ökologischen Randbedingungen, d. h. durch die

    natürliche Selektion vorgegebenen Zwang, ist Gegenstand eines eigenen

    Forschungsprogramms. Die Rahmenbedingungen für die Wirkung der sexuellen

    Selektion werden demnach von Umweltfaktoren, insbesondere der Verteilung

    von Ressourcen in der Umwelt, vorgegeben (engl: ecological constraints

    model, ECM).⁷⁵

    Die beinahe unüberschaubare Vielfalt von Paarungssystemen im Tierreich (für

    Säugetiere, vgl.⁷⁶ ) lässt sich nach der Lebensweise der jeweiligen Arten

    ordnen. Ob ein Individuum einen oder mehrere potenzielle Paarungspartner

    für sich monopolisieren kann, d. h. andere Artgenossen von der Paarung

    ausschließen, hängt in vorhersagbarer Form vom Ernährungstyp und der

    Lebensweise ab. Ist für eine erfolgreiche Jungenaufzucht zwingend der

    Beitrag beider Geschlechter erforderlich, ergibt sich (obligate) Monogamie.

    Legen die Umweltfaktoren für Weibchen eine territoriale Lebensweise (d. h.

    räumliche Beschränkung auf ein „Heimatrevier") nahe, können Männchen

    Weibchen für sich monopolisieren, indem sie anderen Männchen den Zugang

    dazu verwehren. Bei weit verstreut lebenden Weibchen resultiert

    (fakultative) Monogamie – im Unterschied zur obligaten kann das Männchen

    hier zur Jungenaufzucht beitragen oder nicht beitragen. Bei in Gruppen oder

    Herden zusammenlebenden ergibt sich Polygamie. Leben Weibchen in stabilen

    Gruppen ohne Territorium zusammen, können einzelne Männchen (oder eine

    Koalition aus solchen) anderen Männchen den Zugang zu diesen Gruppen

    beschränken. Ist keine dieser Voraussetzung gegeben, ist es für Männchen

    meist vorteilhafter, individuell so viele Paarungspartner wie möglich zu

    suchen (Promiskuität). Andere Umweltfaktoren, z. B. Prädatoren, können

    vergleichbare Auswirkungen haben. Zum Beispiel leben bei Languren (einer

    Gruppe asiatischer Affen) zwei Männchen mit einer Weibchengruppe zusammen,

    wenn im Lebensraum affen-jagende Adler vorkommen. Fehlen diese, ist nur ein

    Männchen vorhanden.⁷⁷

    Die Entstehung von Familienverbänden hängt ebenfalls in vorhersagbarer Form

    von der Umwelt ab. Die Formung einer Familie aus Eltern und (halbwüchsigen)

    Nachkommen ist für den Nachwuchs mit einem Verzicht auf

    Fortpflanzungsmöglichkeiten verbunden. Dies kann vorteilhaft sein, wenn die

    Risiken und Kosten der Verteilung (Dispersion) und Reviersuche hoch sind,

    z. B. weil gute Reviere knapp sind.⁷⁸

    Artbildung

    Durch z. B. Selbstläuferprozesse können sich Arten als Folge divergierender

    sexueller Präferenzen in Tochterarten aufspalten.⁷⁹ Populationen einer Art

    entwickeln sich zu getrennten Arten weiter, wenn Isolationsmechanismen den

    Genfluss zwischen Organismen dieser Populationen verhindert. Eine

    präzygotische Isolation durch sexuelle Selektion erzeugte morphologische

    Besonderheiten oder spezielle Paarungssignale können eine Paarung

    verhindern, wenn die Signale nicht gedeutet werden können oder die Partner

    unattraktiv sind. Artbildung durch präzygotische Mechanismen scheint

    schneller abzulaufen als durch postzygotische Mechanismen (z. B. Sterilität

    oder Lebensunfähigkeit des Nachwuchses), wenn die entsprechenden

    Populationen miteinander in Kontakt stehen.⁸⁰ Da nach theoretischen

    Modellen sexuelle Selektion rascher ablaufen kann als natürliche Selektion,

    können sich isolierende Mechanismen schnell entwickeln, ohne dass stärkere

    ökologisch wirksame Adaptationen vorhanden sein müssen. Als Ausgangspunkt

    genügen kleine Unterschiede in der Präferenz der Weibchen zwischen

    verschiedenen Populationen, wie z. B. bei den Farbmustern von Guppys.⁸¹

    Nach dem Modell der Runaway-Selektion sind solche Unterschiede unabhängig

    von einem adaptiven Wert ausreichend um eine sehr rasch ablaufende

    Merkmalsverschiebung anzustoßen. Durch adaptive Radiation können sich dann

    Arten rasch in Artengruppen aufspalten. Dieses Modell wird als Erklärung

    für die Artenvielfalt der extrem rasch evolvierenden Buntbarsch-Arten in

    den ostafrikanischen Seen benutzt.⁸² Bei der Artbildung ist Assortative

    Paarung ein wichtiger Mechanismus, durch den Männchen und Weibchen mit

    ähnlichen Spezialisierungen oder Anpassungen sich bei der Paarung

    gegenseitig bevorzugen.⁸³ ⁸⁴

    Bei einer Aufspaltung sollten sich Verhaltensmerkmale vorgängig zu

    morphologischen Merkmalen ändern. Als Basis einer evolutionären Veränderung

    müssen diese Merkmale zumindest teilweise erblich sein. Zur genetischen

    Basis solcher Verhaltensmerkmale ist relativ wenig bekannt. Klassische

    Züchtungsexperimente zeigen, dass es gewöhnlich quantitative Merkmale sind,

    die von vielen Genen beeinflusst werden.⁸⁵ Die Untersuchungen werden an

    Modellorganismen, vor allem an Taufliegen mit Quantitative Trait Locus

    (QTL) erforscht.⁸⁶ Viele der wirkenden Gene haben neben ihrer Beteiligung

    am Verhaltensmerkmal oft auch grundlegende Bedeutung für andere biologische

    Prozesse (Pleiotropie).

    Sexuelle Selektion beim Menschen

    Einige der Soziobiologie nahestehende Forscher wenden die Theorie der

    sexuellen Selektion auf die Art Homo sapiens an und nennen den

    Forschungsansatz evolutionäre Psychologie. Ihre zahlreichen Gegner aus den

    Sozialwissenschaften, speziell des Sozialkonstruktivismus oder der

    feministischen Theorie, sprechen von Biologismus oder Essentialismus. Aus

    ethischen Gründen können beim Menschen nur eingeschränkt Experimente

    durchgeführt werden und die Erforschung der Ursachen menschlichen

    Sozialverhaltens wirkt sich auf unser Selbstverständnis oder die

    Legitimierung politischer und gesellschaftlicher Systeme aus. Zudem ist

    eine Anwendung psychologischer Erkenntnisse, die z. B. an akademisch

    gebildeten Erwachsenen in Industrienationen erhoben wurden, auf andere

    Kulturkreise problematisch. Für die Evolution des menschlichen

    Sozialverhaltens waren vermutlich die Beziehungen in altsteinzeitlichen

    Jäger-Sammler-Gemeinschaften maßgeblich, zu denen es keinen direkten Zugang

    gibt. Folgende Methoden werden deshalb angewendet:

    - Nutzenkalkül-Betrachtungen, z. B. auf Grundlage der Spieltheorie.

    - Interkulturelle Vergleiche des Sozialverhaltens beim Menschen, oft auf

    Basis des ethnographischen Atlas⁸⁷

    - Vergleiche mit dem Sozialverhalten nahe verwandter Arten, besonders

    Vergleiche mit den Systemen der Paarung und Jungenaufzucht bei

    Menschenaffen.

    - Ableitungen aufgrund der Anatomie. Betrachtet wird insbesondere der

    Sexualdimorphismus zwischen den menschlichen Geschlechtern.

    - Empirische Studien, die mit statistische Methoden analysiert werden.

    Zum Beispiel untersuchte David Buss mögliche evolutionäre Gründe für

    menschliche Eifersucht,⁸⁸ das weibliche Sexualverhalten⁸⁹ oder auch die

    Ursachen für mörderische Absichten.⁹⁰ Geoffrey Miller beleuchtete die

    Frage, wie sich das menschliche Gehirn entwickeln konnte⁹¹ und wie Gad

    Saad⁹² welche Rolle Konsum beim Homo Sapiens spielt.⁹³

    Paarungsstrategien und Paarungssysteme

    Als eine Besonderheit beim Menschen beteiligen sich grundsätzlich beide

    Geschlechter an der Versorgung und Aufzucht des Nachwuchses.⁹⁴ Bei keiner

    anderen Menschenaffen-Art beteiligt sich das Männchen an der Versorgung des

    Nachwuchses, weder bei den in Familienverbänden lebenden

    Schimpansenarten,⁹⁵ noch bei den Gorilla-Harems,⁹⁶ den monogam lebenden

    Gibbons⁹⁷ oder den solitären Orang-Utans. Für alleinversorgende Mütter hat

    die empirische Sozialforschung eine erheblich angestiegene

    Kindersterblichkeit in Jäger-Sammler-,⁹⁸ und Ackerbau-Kulturen und in

    gewissem Umfang auch in modernen Gesellschaften nachgewiesen, aber nicht in

    den höchstentwickelten Industrie- und Sozialstaaten.⁹⁹

    Nach den theoretischen Vorhersagen der sexuellen Selektionstheorie haben

    beide Geschlechter ein gemeinsames evolutionäres Interesse, in das

    Wohlergehen des Nachwuchses zu investieren. Für Väter ist eine „gemischte"

    Strategie einfacher als für Mütter, welche die Versorgung zumindest bei

    ihren Säuglingen weniger leicht vermindern können. Für Männer ist die

    Investition in den Nachwuchs einer Frau evolutionär vorteilhaft, wenn sie

    sich ihrer Vaterschaft und damit ihres Fortpflanzungserfolgs sicher sein

    können. Für Frauen spielen bei der Partnerwahl hingegen Nutzenabwägungen

    eine Rolle, wie sie z. B. für monogame Singvogelarten gelten. Sie können

    einen vermutlich zuverlässig helfenden „Versorger" und seine Ressourcen

    oder einen genetisch attraktiven, aber vielleicht unzuverlässigen Mann an

    sich binden, der ihrem Nachwuchs seine „guten Gene" weitergibt und dessen

    „sexy Söhne dann bessere Paarungschancen besitzen. Durch „Sittlichkeit

    gewonnene Reputation für Monogamie kann sich auch für Männer z. B. durch

    einen Ruf als „guter Versorger" auszahlen, besonders wenn fremder Nachwuchs

    großgezogen wird.¹⁰⁰

    Über das soziale Leben der unmittelbaren Vorfahren des Menschen gibt es nur

    wenige Daten und es werden stattdessen „ursprünglich" lebende

    Gesellschaften untersucht.¹⁰¹ Ein Zusammenhang zwischen Monogamie und einer

    gemeinsamen Aufzucht des Nachwuchses ist empirisch nicht belegt.¹⁰²

    Monogamie kommt bei weniger als 5 % der Säugetierarten vor.¹⁰³ Beim

    Vergleich menschlicher Kulturen finden sich monogame, polygyne und

    polyandrische Beziehungen. Menschen leben in Sozialverbänden zusammen,

    deren Größe in Jäger-Sammler-Kulturen vor allem durch natürliche Ressourcen

    begrenzt ist, so dass die Paarbildung nicht beispielsweise durch

    Territorialität gesichert werden kann. Die Größe dieser zusammenlebenden

    Gruppen liegt üblicherweise bei etwa 30 Individuen. Zum Beispiel zur

    Vermeidung von Inzucht verlässt bei sozialen Tierarten ein Teil des

    Nachwuchses das Territorium, während der andere Teil philopatrisch

    zurückbleibt. Bei den meisten Tierarten verlassen die jungen Männchen den

    Sozialverband, bei den zum Homo sapiens nächstverwandten Menschenaffen

    (Schimpansen und Gorillas) aber die jungen Weibchen. Über die Philopatrie

    in menschlichen Jäger-Sammler-Kulturen bestand über Jahrzehnte eine

    wissenschaftliche Kontroverse.¹⁰⁴ ¹⁰⁵ Diesbezüglich scheint es in den

    menschlichen Kulturen große Unterschiede zu geben und es wurde

    argumentiert, dass darin ein großer evolutionärer Vorteil für die Art

    Mensch bestanden hat.

    Ein Durchschnittsmann ist größer, um einiges schwerer und kräftiger als

    eine Durchschnittsfrau¹⁰⁶ was oft mit polygynem Verhalten korreliert,

    während bei rein monogamen Beziehungen gleich große Geschlechter zu

    erwarten sind. Im Vergleich zu der Gattung Australopithecus ist beim

    Menschen der sexuelle Größendimorphismus aber erheblich geringer.

    Verglichen mit monogam lebenden Primaten hat ein Mann größere Hoden und

    produziert „Kamikaze"-Spermien.¹⁰ Der menschliche Penis ist für Primaten

    ungewöhnlich lang, was z. B. als Ornament gegenüber Konkurrenten

    gedeutet¹⁰⁷ oder als Ergebnis einer Spermienkonkurrenz interpretiert

    wird.¹⁰⁸ Daraus wird auf ein mäßig polygames Paarungsverhalten geschlossen,

    was aber für den modernen Menschen auch bestritten wurde.¹⁰⁹ Inzwischen

    wurden weitere Argumente für Polygynie über lange Zeiträume der

    menschlichen Evolution durch genetische Untersuchungen an X-Chromosomen

    vorgebracht.¹¹⁰

    Neben der Menopause sind die Größe der weiblichen Brüste, der verborgene

    Eisprung, die starke Varianz der Länge des Menstruationszyklus mit einer

    nur 28%igen Empfängniswahrscheinlichkeit pro Zyklus und der versteckte

    Koitus einzigartig bei den Menschenaffen¹¹¹ und werden als Strategien zur

    Empfängniskontrolle¹¹² und als Schutz vor männlicher Aggressivität¹¹³

    interpretiert. Frauen stellen dabei andere Anforderungen an Langzeitpartner

    als an Männer für kurze Sexualkontakte.¹¹⁴ Studien ergaben, dass Frauen

    Zusammenkünfte mit Liebhabern auf die Zeit ihrer Ovulation legen, mehr

    Orgasmen als mit regulären Partnern haben und mehr Sperma zurückhalten

    können,¹⁰⁸ das in Krypten bis zu 7 Tage fruchtbar bleibt.¹³ Einige Forscher

    bezweifeln solche Zusammenhänge und sehen beispielsweise im weiblichen

    Orgasmus keine evolutionäre Anpassung.¹¹⁵ Untersuchungen ergaben ab den

    1940er Jahren je nach Studie und Interpretation 5 % bis 30 %

    Kuckuckskinder,¹⁰ ¹¹⁶ ¹¹⁷ die soziobiologisch als Ergebnis einer

    „kombinierten Fortpflanzungsstrategie" (KFS) gesehen werden. Dabei wurden

    in der sozialen Oberschicht 2 %, in der Mittelschicht 12 % und in der

    Unterschicht 20 % Kuckuckskinder festgestellt.¹¹⁸ Verschiedene Studien

    ergaben unterschiedliche Werte zur KFS. Danach haben in den USA 20–40 % der

    Frauen und 30–50 % der Männer mindestens eine Affäre während der Ehe.¹¹⁹

    Die Wahrscheinlichkeit von Affären lag bei attraktiven Partnern¹²⁰ ¹²¹ oder

    Persönlichkeitsmerkmalen wie die Dunkle Triade,¹²² Narzissmus oder

    Soziopathie höher¹²³ und Frauen sind dabei eher emotional und Männer eher

    visuell sexuell motiviert.¹²⁴ ¹²⁵

    Untersuchungen zum möglichen Einfluss sexueller Selektion auf die

    Entwicklung des menschlichen Körpers zeigen verschiedene Neigungen von

    Frauen und Männern auf die Körperliche Erscheinungsform beim anderen

    Geschlecht.¹²⁶ ¹²⁷ ¹²⁸ ¹²⁹

    Das kulturübergreifende Interesse von Frauen an älteren Männern besonders

    für eine langfristige Bindung wie z. B. Ehe oder Konkubinat wird durch die

    ökonomische Absicherung erklärt, die ältere Männer oft bieten können.

    Studien zeigen die Präferenz von Frauen an Männern mit sozialem Status und

    Potential sowie finanzieller Viabilität und von Männern an sexuell

    treuen¹³⁰ und jüngeren Frauen im zeugungsfähigsten Alter.¹³¹ ¹³² Um die

    Aufmerksamkeit von potentiellen Partnern zu gewinnen, demonstrieren Männer

    Besitz und Position und Frauen betonen ihr körperliches

    Erscheinungsbild.¹³³ ¹³⁴ Beide Geschlechter bevorzugen für langfristige

    Beziehungen Partner, die interessant, intelligent, humorvoll, altruistisch,

    verlässlich und familiär sind.¹³⁰ Im Umgang mit Konkurrentinnen setzen

    Frauen eine Reihe von verbalen und z. T. subtilen Techniken ein,¹³⁵ die die

    Wahrnehmung von Männern z. B. assoziativ oder ambivalent verändern.¹³⁶

    Gewalt

    Eifersucht, Stalking oder Gewalt bei Paaren wird z. B. von David Buss als

    evolutionäre Anpassung und solches Verhalten als Versuch der Abschreckung,

    Kontrolle und Erhöhung der Kosten bei Untreue oder Partnerwechsel

    interpretiert.¹³⁷ Diese kulturübergreifende¹³⁸ ¹³⁹ ¹⁴⁰ Gewalt wird nach

    kontrovers diskutierten Studien von beiden Geschlechtern gleich häufig

    eingesetzt.¹⁴¹ ¹⁴² Frauen benutzen körperliche Gewalt dabei oft nur im

    Rahmen der Selbstverteidigung, wobei 79 % der Frauen, die ihren Partner

    töten, jünger als 40 Jahre sind. Nach Untersuchungen von Tötungsdelikten

    werden Frauen dreimal häufiger von einem Partner als von einem Unbekannten

    getötet. Dabei tragen junge Frauen, Frauen mit einem erheblich älteren oder

    wenig attraktiven Partner ein höheres Risiko. Bei einer Trennung ist das

    Risiko 5- bis 7-mal höher, getötet zu werden, 78–91 % der Morde werden im

    ersten Jahr nach der Trennung verübt, wobei 81 % der Täter unter 50 Jahre

    alt sind.¹³⁷ ¹⁴³ ¹⁴⁴ ¹⁴⁵ ¹⁴⁶ Frauen mit Kindern aus früheren

    Partnerschaften haben ein 12-mal höheres Risiko, bei einer Trennung getötet

    zu werden. Junge Stiefkinder werden mit einer 40- bis 100-mal größeren

    Wahrscheinlichkeit getötet, und Stiefkinder verlassen das Elternhaus

    durchschnittlich 2 Jahre früher als leibliche Kinder.¹⁴⁷

    Stalking wird als Verhaltensweise interpretiert, um z. B. Partner zu

    halten, (zurück) zu gewinnen oder Nebenbuhler auszuschalten. In milder Form

    wird Stalking von beiden Geschlechtern, in belästigender oder gewalttätiger

    Form hauptsächlich von Männern benutzt. Nach einer Trennung dauert Stalking

    im Mittel 2 Jahre, kann aber von wenigen Tagen bis zu einem Jahrzehnt

    andauern, und 88 % der Männer, die ihre Frau getötet haben, waren zuvor

    Stalker.¹⁴⁸ ¹⁴⁹

    Erzwungene Paarung wird als Kontrolle über den reproduktiven Wert von

    Partnern¹⁵⁰ oder Spermienkonkurrenz interpretiert.¹⁵¹ Sexuell untreue

    Frauen oder Frauen mit einem eifersüchtigen Partner¹⁵² ¹⁵³ ¹⁵⁴ tragen ein

    2- bis 5-mal höheres Risiko, vergewaltigt zu werden.¹³⁷ ¹⁵⁵ Nach

    Untersuchungen werden unabhängig von der sozialen Schicht 13–25 % der

    Frauen vor ihrem 40. Lebensjahr gewalttätig sexuell bedrängt oder

    vergewaltigt.¹⁵⁶ ¹⁵⁷ Entgegen der Furcht von über 90 % der Frauen vor

    sexueller Gewalt und Vergewaltigungsmord durch Unbekannte,¹⁵⁸ werden nach

    Statistiken 80–90 % der Frauen von Bekannten¹⁵⁹ ¹⁶⁰ und 10–26 % der

    verheirateten Frauen von ihren sexuellen Partnern vergewaltigt.¹⁵⁴ ¹⁶¹ ¹⁶²

    Die Tötungsrate bei Vergewaltigungen liegt bei 0,01–2 %¹⁶³ ¹⁶⁴ und ist in

    Kriegszeiten höher.¹⁵⁰ ¹⁶⁵ ¹⁶⁶

    Geschlechterverteilung

    Beim Homo sapiens ist die Geschlechterverteilung bei Geburt normalerweise

    ca. 1,05 männlich zu 1,00 weiblich. Die Sterblichkeit von Jungen ist

    allerdings gegenüber den Mädchen etwas höher, so dass das Verhältnis beim

    Eintritt in die Pubertät nahezu ausgeglichen ist. Durch die gezielte

    Abtreibung weiblicher Föten wird seit einigen Jahrzehnten in mehreren

    Ländern Asiens, wie China,

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