Hotel Wunderbar
Von Jutta Nymphius und Stephan Pricken
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Über dieses E-Book
Im Januar 2009 strahlte das ZDF eine Reportage über den Brüsseler Hotelier Benjamin Ahmed aus, der in den Wintermonaten die leer stehenden Zimmer seines »Hotel Mozart» Obdachlosen überlässt. Diese Herzensgüte hat die
Autorin zu ihrem Roman inspiriert.
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Buchvorschau
Hotel Wunderbar - Jutta Nymphius
Über dieses Buch
Weihnachten im Hotel Wunderbar: Mika hat keine Lust zu feiern. Der Weihnachtsbaum ist mal wieder nur aus Plastik. Und sein Vater, der Hotelbesitzer, hat an Heiligabend keine Zeit für ihn. Warum also nicht einfach Freunde einladen, wie seine Mutter es immer tat? So lässt Mika heimlich den Obdachlosen Teddy im Hotel übernachten, zusammen mit seinem nicht ganz stubenreinen Hund Silvester. Als Teddy wiederum nach und nach seine Kumpels mitbringt, droht die ganze Sache aufzufliegen.
Ein warmherziges Buch über echte Freundschaft und ein ungewöhnliches Weihnachtsfest!
Die Autorin
Jutta Nymphius wurde 1966 in Bremerhaven geboren. In Köln und Florenz studierte sie italienische, deutsche und spanische Literatur und arbeitete anschließend viele Jahre als Lektorin für Kinder und Jugendbücher, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Mit ihrem Mann, ihren drei Kindern und Katze Emma lebt sie in Hamburg.
Der Illustrator
Stephan Pricken wurde 1972 in Moers geboren. Nach seinem Grafik-Design-Studium an der Fachhochschule Münster gründete er mit ein paar Kollegen die Ateliergemeinschaft Hafenstraße 64. Dort arbeitet er seit 2004 als freier Illustrator. Mit seiner Frau und seinem Sohn wohnt er in Münster, Haustiere hat er keine. (Gott sei Dank haben die Nachbarn welche.)
Heiß-kaltes Inhaltsverzeichnis
Warm ums Herz
Eiskalt und steinhart
Ein warmes Plätzchen
Kalt erwischt
Um den heißen Brei herum
Kalter Winterwind
Warm wie ein Ofen
Kalter Hund und Kaltmamsell
Warm, wärmer, heiß!
Sprung ins kalte Wasser
Warmer Lichterglanz
Heiße Eisen, kühler Kopf
Kleiner Nachtrag
Von guten Geschichten und Taten – Ein kleines Nachwort
Spielanleitung für Hase und Jäger
Impressum
Für Benjamin Ahmed, der in den kalten Wintermonaten Obdachlose kostenlos in den frei stehenden Zimmern seines »Hotel Mozart« in Brüssel wohnen lässt
Ich weiß, was Weihnachten ist.
Weihnachten ist ein Tannenbaum, aber ein echter.
So einer mit klebrigen Nadeln, die gut riechen.
Auf gar keinen Fall ist Weihnachten
ein Plastikbaum zum Aufklappen.
Warm ums Herz
»Hilfe, Hiiilfeee!«
Henry fuchtelt übertrieben wild mit den Armen und lässt sich nach hinten fallen, um sich dann im allerletzten Moment noch festzuhalten.
»Hör auf mit dem Quatsch«, schimpft Fanny, die unten steht und die Leiter festhält. »Jetzt sieh lieber zu, dass wir fertig werden. Mir ist schon ganz kalt! Außerdem musst du noch das Abendessen für die Gäste vorbereiten!«
»Ja, ja, ich mach schon«, antwortet Henry und blinzelt Mika verschwörerisch zu. »Guck doch!« Mit diesen Worten fummelt er eine Tannenzweig-Girlande von dem Hotelschild und wirft sie sich wie eine Stola schwungvoll um den Hals. Dann breitet er die Arme aus und schmettert »Tatatataaa!«.
Mika seufzt. Er weiß, dass Henry ihn zum Lachen bringen will. Das versucht er immer. Aber ihm ist gerade nun mal überhaupt nicht zum Lachen zumute. Er ist einfach nur froh, wenn endlich diese Plastikzweige verschwinden, die über dem Hoteleingang hängen und vergeblich versuchen, eine festliche Stimmung zu verbreiten. Genau wie dieser scheußliche Weihnachtsbaum in der Eingangshalle! Der ist auch aus Plastik und man kann ihn auf- und zuklappen wie einen Regenschirm.
Papa hat ihn eines Tages angeschleppt und gemeint, der sei doch schön und außerdem sehr praktisch. Dann ist er wie immer in seinem Büro verschwunden und hat die Tür fest hinter sich zugemacht.
Mika seufzt noch einmal. Papa ist doch nur erleichtert gewesen, dass er sich von nun an überhaupt nicht mehr um Weihnachten kümmern musste! Denn seitdem hängen Henry und Fanny jedes Jahr im Dezember denselben Plastikschmuck draußen über dem Hoteleingang auf und stellen denselben Regenschirmbaum in die Eingangshalle. Im Januar kommt dann alles wieder weg. Und mit dem echten Baum und den echten Tannenzweig-Girlanden sind bei Mika auch die ganzen schönen, warmen Weihnachtsgefühle verschwunden.
Henry hat sich inzwischen noch zwei rote Kugeln an die Ohren gehängt und klimpert wie eine feine Dame mit den Augenlidern. Jetzt muss Mika doch ein bisschen grinsen. Selbst Fanny schüttelt kichernd den Kopf.
Früher haben sie alle gern Weihnachten gefeiert. Es haben auch viel mehr Gäste in ihrem kleinen Hotel gewohnt. Mama und Papa hatten sogar einen Seitenflügel mit sechs neuen Zimmern anbauen lassen, um bei guter Belegung alle unterbringen zu können. Am Heiligen Abend durften dann alle Angestellten und Gäste ausnahmsweise in den großen Wohnraum neben der Küche kommen, auf dem das Schild »Privat« steht und der eigentlich nur für ihn, Mama und Papa bestimmt war. Aber an diesem Abend war er für alle geöffnet, denn, wie Mama immer sagte: Gastfreundschaft ist das Wichtigste auf der Welt. »Allah hat wohl deswegen gewollt, dass ich einen Hotelbesitzer heirate«, hat sie augenzwinkernd hinzugefügt. Damit hat sie Papa gemeint.
Obwohl Mama aus Marokko kam und Weihnachten ursprünglich gar nicht kannte, fand sie es doch immer schön. Immer wieder ist sie herumgegangen und hat geguckt, ob auch alle noch etwas in ihren Gläsern und auf ihren Tellern hatten. Mika sieht sie noch vor sich, die Salate mit einer Rose aus Tomaten, die belegten Brote mit einem Gurkenherz oder den Kaffee mit einem selbst gebackenen Keks auf den Untertassen. Immer hat Mama etwas Hübsches dazugelegt.
Aber dann ist sie krank geworden und jetzt ist sie eben nicht mehr da. Schon lange. Mika zuckt mit den Achseln.
Inzwischen hat Henry alle Zweige und Kugeln abgenommen. Auch die von seinen Ohren. Er und Fanny verstauen alles in großen Kartons. »Kommst du mit rein, Mika?«
Mika nickt. Ja, er kommt mit rein. Gleich. Noch einen kleinen Moment möchte er warten. Warten und wünschen. Vielleicht geht er ja doch noch in Erfüllung, sein einziger, wirklicher Weihnachtswunsch. Dass es wieder einmal so wird wie damals auf der gemeinsamen Feier. Schön und gut und irgendwie … warm. Er wird es sich jetzt ganz fest wünschen, auch wenn es im Januar eigentlich schon viel zu spät ist für einen Weihnachtswunsch. Aber das wäre Mama bestimmt auch egal gewesen.
Mika wartet. Fanny und Henry winken schon ganz ungeduldig zu