Die Wanderreiter-Akademie: Anekdoten, Begegnungen, Erkenntnisse und Ratschläge eines Wanderreiters
Von Herbert Fischer
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Buchvorschau
Die Wanderreiter-Akademie - Herbert Fischer
Haftungsausschluss
Der Autor, der Verlag und alle anderen an diesem Buch direkt oder indirekt beteiligten Personen lehnen für Unfälle oder Schäden jeder Art, die aus in diesem Buch dargestellten Übungen entstehen können, jegliche Haftung ab. In diesem Buch sind einige Reiter abgebildet, die ohne splittersicheren Kopfschutz reiten. Dies ist nicht zur Nachahmung zu empfehlen! Achten Sie immer auf die entsprechende Sicherheitsausrüstung für sich selbst: feste Schuhe und Handschuhe bei der Bodenarbeit sowie Reithelm, Reitstiefel/-schuhe, Reithandschuhe und gegebenenfalls Sicherheitsweste beim Reiten.
Copyright © 2015 by Cadmos Verlag, Schwarzenbek
Copyright © der Originalausgabe: diba-DRUCK Diefenbach GmbH, Abteilung Verlag
Bild-Redaktion: RossFoto Dana Krimmling
Layout: Burkhard Mahlmeister
Satz: Miriam Borgmann
Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services
Deutsche Nationalbibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet dieses
Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.ddb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten.
Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger Genehmigung durch den Verlag.
eISBN: 978-3-8404-6373-0
INHALT
01 Von der Kultur des Wanderreitens – Reisen hoch zu Ross
02 Die Deutsche Wanderreiter-Akademie (DWA) oder Reisen zu Pferd will gelernt sein
03 Im Dienste des Reisens zu Pferd – die Deutsche Wanderreiter-Akademie e.V.
04 Von der Lust und der Kunst des Reisens zu Pferd – Seminare und Kurse der Deutschen Wanderreiter-Akademie
05 Neue Wanderpferde braucht das Land
06 Der Wandersattel – das A und O einer guten Ausrüstung
07 Von Kopf bis Fuß auf Wanderreiten eingestellt
08 Perfekt geplant ist gut geritten
09 Wanderreiten à la Carte
10 Wanderreiten im Rhythmus der Pferde
11 Pferdefütterung auf dem Wanderritt oder: In der Not frisst das Pferd auch Haferflocken
12 Hilfe bei Pannen auf dem Wanderritt
13 Wanderreiten als Gruppenerlebnis
14 Wanderritt-Reportagen von Heike Gruber
15 Der längste und der kürzeste Wanderritt
16 Die DWA-Stafetten
17 Ein Wander-Rittmeister fällt nicht vom Himmel
18 Der Europa-Gipfel der Wanderreiter
ANHANG
01 Die DWA-Seminare
02 Das 50-Punkte-System der Ditzig-Fischer-Methode
03 Die Wanderreiter-Checkliste und die Tross-Material-List
04 Die Lehrjahre des Wander-Rittmeisters Herbert Fischer
05 Hoch auf dem gelben Wagen – Wandern mit Pferd und Kutsche
06 Das Fischersche Hufnutzungs-Profil
07 Mythos Cowboy – Wanderreiter der besonderen Art
Wanderritt-Erfahrungen in 53 Anekdoten
mit 10 Collagen von Claudia Wirsch über die Frühlingsfeste und die WindrosenRitte; Fotos: Manfred Riege
FotografInnen
Bildnachweis
VORWORT
Neben mir steht ein Koffer. Das gute Stück aus schönem braunem Leder hat für mich eine ganz besondere Bedeutung, denn es verkörpert meine zwei Leben. Mit dem Koffer selbst habe ich im Ersten viele Jahre lang tagtäglich Aktenberge in mein Büro in der Vorstandsetage eines Mainzer Unternehmens getragen. Der neue Griff aus reißfester Heukordel dagegen steht für mein jetziges, mein zweites Leben, in dem ich die Arbeit am Schreibtisch durch die Arbeit mit Pferden und die Geschäftsreisen mit Chauffeur oder Firmen-Jet durch Wanderritte in freier Natur getauscht habe. Ein Stück Kordel gehört dabei zu jener Grundausrüstung, die ich immer und für alle Fälle bei mir trage.
Ich habe mit meinem ersten Leben schon lange abgeschlossen, ganz bewusst und ganz radikal, weil ich mir die Chance eines zweiten, völlig anders gearteten Daseins gönnen wollte. Das Wanderreiten hat mich schon lange Zeit vorher fasziniert, und ich habe viele Stunden meiner Freizeit damit zugebracht, mich von ausgewiesenen Experten in diese Kunst der Wanderreiterei einführen zu lassen. Als sich dann die Möglichkeit bot, mich selbständig zu machen, griff ich zu! Spontan und mit dem sicheren Gefühl, dass es manch eine Chance im Leben kein zweites Mal gibt. Das war im Jahre 1981. Seit 1986 gibt es in Reckenthal im Westerwald den Fischerhof, und seit 1992 gibt es dort auch die von mir ins Leben gerufene und geleitete Wanderreiter-Akademie.
Ich war in meinem ersten Leben Generalist und beschloss, es zu bleiben. Auch im neuen Leben. Als solcher stelle ich gewisse Anforderungen an das Wanderreiten – und mehr noch an die Wanderreiter. Ich bin überzeugt, dass es nicht genügt, sich einfach aufs Pferd zu schwingen und durch die Lande zu galoppieren. Wanderreiten – richtig verstanden – beinhaltet eine Fülle von Know-how. Aber auch Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein. Das Lehrziel der Akademie ist der Kavalier DWA, rücksichtsvoll gegenüber Pferd, Mensch und Natur.
Wir erleben heute eine stürmische Entwicklung des Wanderreitens – des Reisens zu Pferd. Gerade deshalb erscheint es mir wichtig, in Deutschland wie in ganz Europa diese ebenso faszinierende wie vielseitige Freizeitbeschäftigung qualitativ zu fördern. Ich wünsche mir, dass sich möglichst viele Menschen für diese Art des Reisens und Wanderns begeistern. Ich wünsche mir aber auch, dass nur Reiter im Sinne unserer Philosophie auf den großen Treck gehen; Rücksicht nehmend auf Pferd, Mensch und Natur.
In meiner mehr als dreißigjährigen Tätigkeit als Wanderrittführer habe ich eine Menge an Erfahrungen gesammelt.
Mit meinem Buch möchte ich einen Beitrag dazu leisten, eine Wanderreit-Kultur zu begründen, die sich an verbindlichen – aber leicht nachvollziehbaren – Spielregeln orientiert. Wenn es mir damit gleichzeitig noch gelänge, etwas von der Begeisterung zu vermitteln, die bei mir über all die Jahre mit jedem neuen Wanderritt immer noch größer wird, hätte das Buch sein Ziel erreicht.
Reckenthal, im Winter 2011
Danksagung an Freunde, die mich auf meinem Weg begleitet haben und ohne deren Rat und Hilfe ich mein lustvolles und tollkühnes Wanderreiter-Leben nicht hätte gestalten können:
Gabriele Boiselle, Klaus Ditzig*, Jens Hammer, Günther Hecken, Armin Kasper, Wolf Kröber*, Volker Lapp, Jürg Löw, Herbert Meeßen, Erika E. Müller, Dieter Watrin*, Christoph und Michael Rieser, Bruno Rouan, Henri Roque*, Jutta Scheuthle, Klaus Schlappa, Robert Simon, Sadko Solinski*, Hanns Ullstein jun. und Lioba Wagner.
* Leider inzwischen verstorben.
Grußworte
Dein Buch, lieber Herbert, liegt gut und gewichtig in der Hand im Vergleich zu manch schmalbrüstigen Ausgaben zum gleichen Themenbereich. Das ansprechende Titelbild mit einem in guter Haltung gehenden Pferd bei nur leicht anstehendem, einhändig geführten Zügel unter einem fröhlichen Reiter verstärkt diesen Eindruck noch. Dieser erste Eindruck, haptisch und optisch, ist nicht zu unterschätzen. Gewogen und zu leicht befunden wird nicht gekauft.
Inhaltlich bietet das Buch in Bild und Text das, was ich zu großen Teilen schon von Dir kenne. In manchen Passagen klingt mir beim Lesen die sonore Stimme des Autors im Ohr. Im Lay-Out nicht überladen, bringst Du Deine Erke nntnisse und Ratschläge in ansprechender Weise an den Leser, ohne Geschwafel, immer auf den Punkt und nachvollziehbar. Man spürt die jahrzehntelange Erfahrung und erkennt: Der Mann weiß, wovon er spricht. Dass dabei eigene Fehler und Umwege nicht verschwiegen werden, macht die Aussage authentisch.
Ich habe nicht oft ein Buch in einem Rutsch nach einem anstrengenden Tag durchgelesen, Deines gehört dazu.
Armin Kasper
Autor des Buches HUFKURS - das Praxisbuch für Reiter, Hufpfleger und Hufschmiede. Kosmos-Verlag.
Lieber Herbert,
inzwischen habe ich ausführlich in Deinem Buch gelesen - sehr schön. Da kann jeder wirklich etwas mit anfangen - und so knapp gehalten, dabei nichts vergessen (jedenfalls ist mir nichts aufgefallen), kein Geschwafel, wie das so üblich ist.
Für Wanderreiter wirklich ein MUSS!
Anandita E. Müller
war 35 Jahre lang die Chefredakteurin der Fachzeitschrift „freizeit im Sattel".
KAPITEL
01
Von der Kultur des Wanderreitens – Reisen hoch zu Ross
Faszination des Reisens zu Pferd:
Die besondere Verbundenheit mit dem Pferd über einen vergleichsweise langen Zeitraum hinweg.
Es hat geregnet, die ganze Nacht lang. Als wir aufbrechen, früh am Morgen, ist das Tal in dichten Nebel gehüllt. Im Wald dann, wo die Nebelschwaden mit den knorrigen, dicht an dicht stehenden Bäumen ein seltsam-pittoreskes Schauspiel darstellen, fühlen wir uns wie losgelöst vom Rest der Welt, allein im Nirgendwo, allein mit unseren Pferden und mit einem unvergleichlichen Duft nach feuchter Erde, modrigem Laub und sprießenden Pilzen.
Die Sicht reicht nicht weiter als bis zum nächsten Pferd und dessen Reiter. Keine Spur vom Ende des Weges, geschweige denn vom Ziel unserer Reise. Welch ein Erlebnis: Sich einfach den Bewegungen der Tiere überlassen, Gedanken nachhängen, Tagträume in den Nebel phantasieren. Irgendwann an diesem Vormittag, vielleicht zwei, drei Stunden nach unserem Aufbruch, kommt die Sonne durch, zunächst zögernd noch, dann mit aller Kraft, und beschert uns wundervolle Ausblicke in das Tal, das wir inzwischen weit unter uns gelassen haben. Seit fünf Tagen sind wir unterwegs, haben Wind und Regen erlebt, einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachtet, äsende Rehe erspäht – und sind oft stundenlang keiner Menschenseele begegnet. Dieser Tag ist der letzte unserer Reise.
An seinem Ende wird er uns zu einer malerischen alten Mühle führen, in deren liebevoll ausgestattetem Inneren wir ein opulentes Mahl, köstlichen Wein und herzliche Gastfreundschaft genießen werden. Vier Frauen und drei Männer haben sich auf diese gemeinsame Wanderung hoch zu Ross begeben.
Befragt nach dem, was sie an dieser außergewöhnlichen Form des Reisens am meisten fasziniert, kommen viele, ganz unterschiedliche Antworten:
– die besondere Verbundenheit mit einem Pferd über einen so langen Zeitraum
– die für viele ganz neue Art, Landschaft zu erleben
– der radikale Abstand von Terminplaner, Telefon und Alltagsstress
– das Eintauchen in ein Sein, in dem nur der Augenblick zählt
– nur die Lust an diesem Jetzt und Hier
– nur das Einswerden mit dem Rhythmus der Pferde
– nur die Ruhe des Gleichklangs mit der Natur
Am frühen Morgen in den Hochvogesen
Das Wanderreiten ist, in einem unüblichen Sinne, eine Art Luxus des Herzens.
Das Wanderreiten ist, in einem unüblichen Sinne, eine Art Luxus des Herzens.
Immer mehr Freizeitreiter und Urlaubsplaner entdecken das Wanderreiten. Für die einen ist es die stressfreie Alternative zum Reitsport, für die anderen eine neue Kultur des Reisens. Für Alle aber geht es um die Abkehr vom üblichen Freizeitund Urlaubsstress, um ein „zurück zur Natur. Um die „Entdeckung der Langsamkeit
als Quelle unerschöpflicher (Selbst-) Erfahrungsmöglichkeiten.
Wandern, so hat es Altbundespräsident Theodor Heuss einmal formuliert, habe den Sinn, unterwegs zu sein. Aufzubrechen, das Vertraute hinter sich zu lassen, Neues, Fremdes zu entdecken, um so den eigenen Horizont zu erweitern: das ist von alters her das Ziel des Reisens. Monate, zuweilen Jahre waren die „klassischen" Bildungsreisenden früherer Epochen unterwegs, um andere Länder, Menschen, Sitten kennen zu lernen.
Und heute? Das Reisen – solches Reisen – ist schlichtweg aus der Mode gekommen. Man macht zwar Urlaub, so oft und soweit weg von zu Hause wie möglich. Bloß keine Zeit vergeuden mit einer mühsamen Anreise; mit Umwegen, die zwar reizvoll wären, aber auch Aufenthalt bedeuten würden; mit einer langen Bahnfahrt womöglich. Was wäre denn schon interessant daran, das Gesicht einer sich allmählich verändernden Landschaft zu studieren? Die Reiseziele werden gewählt nach dem, was gerade so „in" ist in den Programmen der Reiseveranstalter – Gran Canaria oder Kuba, Dominikanische Republik oder Hawaii. Und im Grunde fast egal, wohin die Reise führt, denn man verbringt die Tage doch meist am Pool und die Abende an der Bar!
Das Pferd hingegen ist der ideale Begleiter für eine Abenteuerreise.
Das Pferd hingegen ist der ideale Begleiter für eine Abenteuerreise, denn es führt uns, weg von Asphalt, von Zivilisation und von Fesseln, die wir uns dort anlegen lassen. Das Pferd lehrt uns eine neue Harmonie – zwischen Mensch und Tier, Mensch und Natur – letztlich Harmonie mit uns selbst.
Ob deswegen wohl immer mehr Menschen dem fragwürdigen Jetset-Tourismus den Rücken kehren? Ist es Zufall, dass viele bei der Suche nach Alternativen eine Form des Reisens wieder für sich entdecken, die einst mit besonderem Flair von Freiheit und