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1000 Mal gehört - 1000 Mal fast nix kapiert: Was Sie schon immer über englische Songtexte der 60er- und 70er-Jahre wissen wollten (aber nie zu fragen wagten).
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eBook573 Seiten5 Stunden

1000 Mal gehört - 1000 Mal fast nix kapiert: Was Sie schon immer über englische Songtexte der 60er- und 70er-Jahre wissen wollten (aber nie zu fragen wagten).

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Über dieses E-Book

Fasziniert stellen wir fest, dass die Songs unserer Jugend wie Lesezeichen und blitzende Überschriften in der Chronik unserer persönlichen Geschichte wirken. Songs, deren Stimmung und Texte unser Lebensgefühl manchmal besser ausdrückten, als wir selbst es je gekonnt hätten. Songs, von denen wir uns verstanden fühlten; Songs, die wir verstanden! Wirklich? Diese wilde Mischung aus englischen und amerikanischen Jugendslangs, anspruchsvollen Lyrikstücken, Insiderbegriffen aus der Sex- und Drogenszene, Anspielungen auf soziales, zeitgenössisches oder historisches Geschehen – war sie für uns damals überhaupt völlig zu entschlüsseln? Kaum möglich.
Dieses Buch ist eine wahre Fundgrube zum richtigen sprachlichen und inhaltlichen Verständnis von mehr als 300 legendären Pop-, Folk- und Rocksongs der 60er- und 70er Jahre. Berücksichtigt wurden sowohl Songs, die es in diesen Jahren bis weit nach oben in die Charts schafften, ebenso wie Folk- und Rocksongs, die auch ohne großen Charts-Erfolg zu Legenden ihrer Musik-Ära wurden. Wenn in diesem Buch Titel wie "Imagine" oder "Yesterday" nicht erwähnt werden, dann liegt das ausschließlich daran, dass diese wunderbaren Lieder gar keine erklärungsbedürftigen Textpassagen aufweisen.
SpracheDeutsch
HerausgeberQuinto
Erscheinungsdatum11. Apr. 2016
ISBN9783898359214
1000 Mal gehört - 1000 Mal fast nix kapiert: Was Sie schon immer über englische Songtexte der 60er- und 70er-Jahre wissen wollten (aber nie zu fragen wagten).

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    Buchvorschau

    1000 Mal gehört - 1000 Mal fast nix kapiert - Fritz Gruber

    A Boy Named Sue

    Na, das kann ja heiter werden. Da wird einem auf dem Cover dieses Buches versprochen, es ginge um Songs der verrockten 60er- und 70er-Jahre, und dann tritt einem an der Tür erst mal der Boy namens Sue aus der Country-Hütte von Johnny Cash entgegen. Nur keine falsche Aufregung! Nehmen Sie sich ein Toleranzbeispiel an meiner alten Mutter. Die liebte Roy Black und Peter Alexander, summte aber auch wohlwollend die Lieder von Johnny Cash und Leonard Cohen mit (müßig zu sagen, dass sie kein Wort Englisch verstand). Und ein großes Herz für Jimi Hendrix hatte sie zudem. Zwar war Letzterer für sie die reine Akustikhölle, aber das hielt Muttern nicht davon ab, ihn liebevoll „der Jimi zu nennen und ihn stets hingebungsvoll dafür zu bedauern, dass er „seine Gitarre so plagen musste. Ja, Eltern sind manchmal schon ein Kapitel für sich. Ein Paradebeispiel ist der Papa von „a boy named Sue", der sich frühzeitig vom Familienacker gemacht hatte.

    „My Daddy left home when I was three and he didn’t leave much to Ma and me."

    So waren die Daddys eben (siehe hierzu auch das Stichwort „Papa Was A Rolling Stone"). Dass sich der Papa dünne gemacht hatte, trug ihm sein Sohnemann nicht weiter nach. „Now I don’t blame him because he run and hid …" („to run and hide heißt „auf Nimmerwiedersehen verschwinden und „hid ist das Imperfekt zu „hide) „… but the meanest thing that he ever did was, before he left, he went and named me Sue." – Ja, dass sein Vater, ehe er die Fliege machte, noch schnell hinging und ihm den Vornamen „Sue verpasste, das war echt übel („mean) und sollte Folgen haben.

    Mädchen kicherten, wenn sie hörten, wie er hieß. Jungs machten sich darüber lustig, und Sue gab ihnen dafür kräftig eine auf die Nuss („some guy would laugh and I bust his head"). Der Knabe mit dem fatalen Mädchennamen entwickelte sich rasch zu einem ziemlich bösartigen kleinen Teufel („I grew up mean"), und er schwor sich („I made a vow"), jedes Kaff und jede schummrige Bar („honky tonk") nach jenem Typen abzusuchen, dem er diesen schrecklichen Namen verdankte („who gave me this awful name"). Schließlich, in einem Saloon in Gatlinburg, sah er dann einen verdreckten räudigen Hund („a dirty, mangy dog"), der gerade Stud-Poker-Karten ausgab („dealing stud"). Er erkannte ihn anhand eines alten verknitterten Fotos („a worn-out picture"), das ihm seine Mutter gezeigt hatte. Und nun bricht die Hölle los. Der boy named Sue hatte sich geschworen, dass er den Alten umbringen würde. Er prügelt auf ihn ein, Papa zieht ein Messer und schneidet dem Sohn das halbe Ohr ab; Sohn wiederum schnappt sich einen Stuhl und schlägt Vatern die Zähne ein. Beide balgen sich bis auf die Straße hinaus. Sue war zwar stärker, aber sein Alter trat zu wie ein Maultier und schnappte wie ein Krokodil („he kicked like a mule and he bit like a crocodile"). Er hörte ihn lachen und fluchen zugleich. Johnny Cash singt hier „I heard him cuss". Dieses „cuss heißt „fluchen und ist ein Slangausdruck für „to curse („fluchen).

    Schließlich stehen sich beide mit gezogenen Knarren gegenüber – doch plötzlich lächelt Papi und gibt folgende Erklärung ab: „Son, this world is rough, and if a man’s gonna make it, he’s gotta be tough." Ja, das hat man im Wilden Westen gelernt: In der Welt geht es rau zu, und wer es zu etwas bringen will, muss hart werden.

    Merke: Wer im Englischen hart werden will, der sei nicht „hard, sondern „tough. Und mit solch einem Namen blieb einem gar nichts anderes übrig als „you gotta get tough or die".

    Angesichts dieser und noch einiger weiterer hier nicht im Einzelnen aufgeführter Lebensweisheiten, schluckt der Sohn erst mal vor Rührung („I got all choked up"), legt die Waffe nieder und stammelt das goldene Wort „Papa!". Natürlich sieht Sue die ganze Sache jetzt völlig anders

    („I came away with a different point of view"), nimmt sich aber trotzdem vor, dass, sollte er je einen eigenen Sohn haben, er ihm jeden erdenklichen Namen geben würde – nur nicht Sue („anything but Sue")!

    Abraxas

    „Abraxas und „Santana, diese beiden Worte gehen runter wie Tequila mit Salz und Zitrone, und sie haben 1970 den Latino-Rock Marke Carlos Santana weltweit bekannt gemacht. „Abraxas" klingt nach altem Maya-­Tempel, was ja auch wunderbar zum musikalischen Kulturkreis von Santana passen würde.

    Aber – so hat man es mir schon in den 70ern beigebracht – „Abraxas, der Titel der zweiten und durchschlagenden Santana-LP, geht zurück auf einen Begriff aus Hermann Hesses Roman „Demian. Dort findet sich in der englischen Ausgabe die Stelle „We stood before it, and we called it Abraxas. Hesse, dessen „Revival als einer der Lieblingsautoren der Flower-Power-Generation anfangs der 60er-Jahre von Amerika ausging, war jedoch mitnichten der Erfinder von „Abraxas. Vielmehr kündete der ägyptische Gnostiker Basilides im 2. Jahrhundert von einem Wesen namens „Abraxas, aus dem die fünf Urkräfte Geist, Wort, Vorsehung, Weisheit und Macht hervorgehen.

    A Day In The Life

    „I read the news today, oh boy, about a lucky man who made the grade", so beginnt der Beatles-Song „A Day In The Life", und nie haben wir verstanden, was der „lucky man" nun tatsächlich gemacht hat. „the grade"? War er ein Student und hat gerade sein Zeugnis bekommen? In Amerika sind „grades ja Schulnoten. Nun haben die Beatles aber, laut eigener Aussage, die fraglichen Nachrichten nicht einer amerikanischen, sondern einer englischen Zeitung entnommen. „Grades sind auf der britischen Insel die Dienstränge der Beamtenschaft bzw. die Besoldungsstufen. War der „lucky man" vielleicht gerade in den höheren Dienst, „senior grade", aufgenommen worden?

    Nein, das trifft es alles nicht. „He made the grade" heißt einfach nur: „Er hat es geschafft, er hat es zu etwas gebracht im Leben". Und der Mann, von dessen Unfall John Lennon damals in der Zeitung gelesen hatte, hieß Tara Browne und war Erbe der berühmten Guinness-Bier-Dynastie. „He blew his mind out in a car; he didn’t notice that the lights had changed." Er war so stoned, so weggetreten („he blew his mind out"), weil voll unter Drogen, dass er nicht bemerkte, dass die Ampel auf Rot umgeschaltet hatte.

    Merke: Wenn der Zusammenhang klar ist, genügt es durchaus, die Ampel als „the lights" zu bezeichnen. Wer keinen Zweifel lassen will, um welche „lights" es sich handelt, der sage „the red-lights". Aber bitte immer schön den Plural benutzen.

    Um der Wahrheit die Ehre zu geben, hier noch eine Anmerkung für alle, die gerade mit einer Chronik der Familie Guinness beschäftigt sind: Tatsächlich hauchte der Guinness-Erbe sein Leben nicht an einer auf Rot stehenden Ampel, sondern auf einer freien Landstraße aus. Und tatsächlich stand er auch nicht unter Drogen. Das mit den Drogen bzw. mit dem „he blew his mind out" hat Paul McCartney zu einem Zeitpunkt hinzugefügt, als er noch gar nicht wusste, dass der im Großen und Ganzen von John Lennon geschriebene Text sich auf den Unfall von Tara Browne bezog.

    Die Strophe, in der es heißt: „I saw a film today, oh boy / The English Army had just won the war / A crowd of people turned away / But I just had to look / Having read the book / I’d love to turn you on", bezieht sich auf den Film „How I Won The War", in dem John Lennon die Rolle eines vertrottelten britischen Offiziers spielt, der während des 2. Weltkriegs seine Truppen von einem Missgeschick zum anderen führte – was ihn und die britische Armee aber nicht daran hinderte, den Krieg trotzdem zu gewinnen.

    Sowohl der Film wie auch der Song „A Day In The Life" erschienen 1967. Die Zeile „A crowd of people turned away" bezieht sich sicher nicht darauf, dass die Menschen der britischen Armee die kalte Schulter zeigten, weil sie den Krieg gewonnen hatte. Vielmehr dürfte es so gemeint sein, dass sich jede Menge Leute von dem Film abgewandt hatten. Er aber, sagt John Lennon, musste einfach gucken, weil er das Buch gelesen hatte. Im Übrigen wäre es ihm ein Vergnügen, Ihr Interesse dafür zu wecken: „I’d love to turn you on." – „to turn somebody on kann allerdings im Slang der Drogenszene auch heißen, dass man jemanden mit „Stoff versorgt.

    Und plötzlich, als wären die Nachricht vom Tod des Mannes an der roten Ampel und der Film über den Sieg der britischen Armee nur ein Traum gewesen, bricht die gesamte Melodieführung des Songs abrupt ab und der bislang eher langsam und unaufgeregt vorgetragene Text wandelt sich zu einem Stakkato von kurzen, hastig hingeschleuderten Sätzen: „Woke up / Fell out of bed /Dragged a comb across my head / Found my way downstairs and drank a cup / And looking up I noticed I was late / Found my coat and grabbed my hat / Made the bus in seconds flat / Found my way upstairs and had a smoke / And somebody spoke and I went into a dream."

    Er wacht auf, fällt aus dem Bett, zerrt den Kamm schnell durch das Haar, geht runter in die Küche, trinkt einen Schluck, hebt den Blick und sieht, es ist schon spät, sucht seinen Mantel, schnappt den Hut, erreicht den Bus mit Müh und Not, geht nach oben (ins obere Stockwerk des Doppeldeckers) und raucht erst mal; jemand sagt was und schon fängt er wieder an zu träumen.

    Und diesmal geht es um einen Zeitungsbericht über viertausend Löcher in einer Straße bei Blackburn, Grafschaft Lancashire. Diese Löcher wurden, obschon sie ziemlich klein waren, peinlich genau gezählt („although the holes were rather small they had to count them all"). Und seither weiß man auch, wie viele Löcher in die Royal Albert Hall hineinpassen.

    Das Löcher-Bild ist so schön skurril, dass ich fast Hemmungen habe zu erklären, wie Lennon auf diese Zeilen kam. Aber gut: Ein für den Zustand der Straßen in der Grafschaft Lancashire verantwortlicher Beamter hatte ausgerechnet, dass das Material, das für die Reparatur der viertausend Löcher benötigt wird, ausreichen würde, um die gesamte Royal Albert Hall zu füllen: „Now they know how many holes it takes to fill the Albert Hall".

    After Midnight

    Der 1938 geborene (und 2013 verstorbene) amerikanische Gitarrist und Songwriter J. J. Cale dürfte aus dem Himmel (wo er sich derzeit ganz zweifellos aufhält) noch ein ganzes ewiges Leben lang sehr wohlgefällig auf Eric Clapton blicken. Clapton machte Ende der 70er-Jahre nicht nur Cales „Cocaine weltbekannt, sondern einige Zeit davor auch sein bereits 1966 geschriebenes „After Midnight.

    In der Version von Clapton geriet „After Midnight 1970 zu einem Riesenhit, wobei Songschreiber Cale zunächst überhaupt nicht wusste, dass sich der gefeierte Ex-Cream-Gitarrist seiner Komposition angenommen hatte. In einem Interview erinnerte sich Cale, dass er die Clapton-Version zum ersten Mal im Radio hörte. Cale war damals 32 Jahre alt und arm wie eine Kirchenmaus. Durch die Tantiemen aus Eric Claptons Bearbeitung von „After Midnight kam erstmals ein bisschen Geld ins Haus Cale. Eine weitere gute Nachricht: Nun endlich wollte das Publikum auch mal J. J. Cale selbst hören. Seine Karriere als Sänger und Gitarrist (Neil Young bezeichnete Cale neben Jimi Hendrix als den besten E-Gitarristen der Welt) bekam einen richtig kräftigen Schub und so ganz allmählich konnte er es sich auch mal leisten, das zu tun, wovon er in seinem „After Midnight" nur geschrieben hatte:

    „After midnight, we’re gonna let it all hang out!"

    „Nach Mitternacht werden wir so richtig die Sau rauslassen."

    Und damit nicht genug:

    „After midnight, we’re gonna chug-a-lug and shout."

    Wonach hört sich für Sie dieses „chug-a-lug" an, wenn Sie’s ganz schnell sprechen? Sie haben’s versucht? Tschaggalagg? Gut. Hat es sich ange­hört wie das Glucksen einer im Eiltempo geleerten Flasche Bier? Sehr gut. „To chug-a-lug heißt „richtig bechern, etwas in einem Zug austrinken.

    „We’re gonna cause talk and suspicion."

    „To cause talk heißt „für Gesprächsstoff sorgen; und „to cause suspicion heißt „Verdacht oder Argwohn erregen.

    „Give an exhibition."

    „To give an exhibition kann bedeuten „etwas öffentlich zur Schau stellen, etwas ausstellen, etwas demonstrieren oder, wie hier, ganz einfach „eine Show abziehen".

    „Find out what it is all about."

    Haben Sie schon herausgefunden, was Sache ist? What it is all about? – Es geht darum, Ihnen zu zeigen, wie reich an Stolpersteinen zum rechten Verständnis der Text von „After Midnight" ist. Und wir sind mit dem eigentlich kurzen Text dieses Songs noch nicht am Ende:

    „After midnight, gonna shake your tambourine."

    Ob damit wirklich gemeint ist, dass jemand nach Mitternacht das Tamburin schlägt? Wir wissen es nicht. Alles Weitere zu den möglichen Nebenbedeutungen des Wortes „Tamburin lesen Sie unter dem Stichwort „Tambourine Man.

    „After midnight, it’s gonna be peaches and cream."

    Zum Abschluss des Abends (und praktisch auch dem des Liedtextes) wird uns nun verraten, dass Pfirsich mit Sahne („peaches and cream") angesagt ist. Wenn wir uns daran erinnern, dass vorher schon reichlich Alkohol geflossen ist (ich sage nur „chug-a-lug"!), mutet die Aussicht auf einen orgiastischen Obstgang zu später Stunde irgendwie befremdlich an. Könnte „peaches and cream" vielleicht auch noch für etwas anderes stehen? Es kann. Man benutzt das Bild nämlich auch für die rosig überhauchte, samtweiche Haut junger Damen. Im Deutschen wird hier oft von einer „Haut wie Milch und Honig" gesprochen. Sollte man also davon ausgehen, dass mit „it’s gonna be peaches and cream" eher gemeint ist, dass man sich „after midnight" auch der Gesellschaft schöner Frauen erfreuen wird? Ich glaube ja.

    Ganz allgemein gilt natürlich weiterhin: „After midnight, we’re gonna let it all hang out".

    A Hard Day’s Night

    In „A Hard Day’s Night" berichten die Beatles von einem Mann, der den ganzen Tag lang wie ein Tier – genauer gesagt, wie ein Hund – geschuftet­

    hat: „I’ve been working like a dog". Und der daher meint, „I should be sleeping like a log". Wir erraten, dass der Typ nach so einem harten Tag „wie ein Bär" schlafen müsste. Nur – andere Länder, andere Bilder: In England schläft man nicht wie ein Bär, sondern wie ein Holzklotz („log").

    A Horse With No Name

    Dieser Song der US-Folkrockgruppe America brachte der Band 1971, also schon ein Jahr nach ihrer Gründung, weltweiten Erfolg. Geschrieben wurde „A Horse With No Name" vom Sänger und Gitarristen Dewey Bunnell, und zwar, wie er selbst sagte, an einem ziemlich verregneten Tag in England. Da saß er, guckte zum nassgrau umschlierten Fenster hinaus und sehnte sich nach der trockenen Hitze einer Wüste, die er aus den Tagen seiner Jugend in Amerika noch gut in Erinnerung hatte.

    Im Refrain des Liedes („I’ve been through the desert on a horse with no name / It felt good to be out of the rain / In the desert, you can remember your name / ’Cause there ain’t no one for to give you no pain") fällt vor allem die höchst umgangssprachliche dreifache Verneinung „there ain’t no one for to give you no pain" auf. Letzten Endes bedeutet das Ganze, dass man sich in der Wüste sogar wieder erinnern kann, wie man heißt (will sagen, dass man wieder zur Besinnung kommt), weil sich dort niemand herumtreibt, der einem auf den Wecker geht. „Pain heißt wörtlich zwar „Schmerz, aber „to give someone pain dürfen Sie getrost als „jemandem auf die Nerven gehen übersetzen. „He’s a pain in the neck bedeutet so viel wie „Er ist eine Nervensäge.

    Nach einigen Tagen erreicht der nunmehr schon weitgehend tiefenentspannte Reiter auf seinem namenlosen Pferd ein ausgetrocknetes Flussbett. Es erzählt ihm von den Tagen, da hier noch Wasser floss, und der Gedanke, dass das Bett (oder das Wasser) jetzt tot sei, macht ihn traurig

    („I was looking at a river bed / And the story it told / Of a river that flowed / Made me sad to think it was dead").

    Nach neun Tagen verwandelt sich die Wüste in ein Meer, und er gibt seinem Pferd die Freiheit wieder (war ja kein Seepferd). Im Meer gab es all die Dinge, die er auch in der Wüste gesehen hatte („There were plants and birds and rocks and things / There was sand and hills and rings"): Pflanzen und Vögel und Felsen, Sand und Hügel und Klänge gab es da. Der kleine Unterschied war jedoch: Der Ozean ist eine Wüste, deren Leben sich im Untergrund abspielt. Und die Meeresoberfläche bildet oben drauf eine perfekte Vermummung („The ocean is a desert with its life underground / And a perfect disguise above"). Und unter den Großstädten schlägt noch das Herz von Mutter Erde, aber geliebt von den Menschen wird diese Mutter nicht („Under the cities lies a heart made of ground / But the humans will give no love").

    So endet das Lied, und mir bleibt nur noch übrig, einem Herzenswunsch des Textdichters Dewey Bunnell nachzukommen und Ihnen zu versichern: Nein, auch wenn das Wort „horse" mit dem gleichen Buchstaben beginnt wie das Wort „heroin, auch wenn irgendjemand irgendwo auf einem Klo in Idaho einen Junkie das Wort „horse in der Bedeutung von „heroin hat wimmern hören … nein, „A Horse With No Name hat nichts mit Drogen zu tun.

    All Along The Watchtower

    Bei Songwritern vom Schlage eines Leonard Cohen oder, wie in diesem Fall, eines Bob Dylan, muss man zum Verständnis der Texte in aller Regel mehr leisten als nur Hilfestellungen bei schwierigen Vokabeln, bei alten und zum Teil längst vergessenen Modewörtern, bei doppeldeutigen Ausdrücken oder bei ungewöhnlichen Redewendungen. Meist sind das eben nicht einfach „nur Songtexte, sondern fein gesponnene Gedichte, in deren Natur es liegt, dem Leser und / oder Hörer Freiraum für Interpretationen zu lassen; und wenn es danach geht, wie sehr eines jener kleinen Kunstwerke die Lust zur Interpretation beflügeln kann, dann sollte „All Along The Watchtower als herausragende Poesie des Rock-Zeitalters in keinem Schulbuch fehlen. Angesichts der unglaublichen Lawine von unterschiedlichsten Deutungen, die dieser Song seit seinem Erscheinen im Jahr 1967 ausgelöst hat, würde selbst Franz Kafka vor Neid erblassen.

    Im Wesentlichen gibt es weltweit vier große, in sich mehr oder wenigergut geschlossene Theorien zur tieferen Bedeutung von „All Along The Watchtower".

    Da wäre zuvörderst die große, überwiegend amerikanisch geprägte Gruppe derer, die mit wahrhaft religiösem Eifer beweisen will, dass der Text des Liedes von vorn bis hinten Anspielungen auf christliche bzw. biblische Schriften enthält. Der „joker", von dem im Lied die Rede ist, kann natürlich nur Jesus Christus in höchsteigener Person sein. Beweis: Der Joker auf den Tarot-Karten symbolisiert, wie jeder weiß, den Herrn Jesus. Bei dem „thief", dem Dieb, der zusammen mit dem Joker die Szene betritt, handelt es sich logischerweise um einen jener beiden Diebe, die zusammen mit Jesus gekreuzigt wurden; genauer gesagt, um den, der sich noch am Kreuz von Jesus zum Christentum hat bekehren lassen. In diesem Stil geht es munter weiter. Und nahezu keiner der christlich orientierten Exegeten versäumt es, darauf hinzuweisen, dass sich Bob Dylan damals schon (also Mitte der 60er-Jahre) intensiv mit den Worten der Heiligen Schrift beschäftigt hat, sonst wäre er ein paar Jahre später ja auch nicht so freudig der Gemeinde der wiedergeborenen Christen beigetreten. Irgendein Spielverderber muss dann natürlich feixend darauf hinweisen, dass Dylan – einige Jahre später – der christlichen Gemeinde wieder Lebewohl gesagt hat, weil – wie er gestand – er es satt hatte, sich ständig sündig und schlecht zu fühlen.

    Um eine etwas andere Art von „Gemeinde geht es der zweiten großen Gruppe von Text-Auslegern; nämlich um die „Gemeinde der echten und reinen Folkmusikfans. Vielleicht erinnern Sie sich noch: Mitte der 60er-Jahre begann Dylan, sich der Rockmusik zuzuwenden bzw. immer häufiger auch mal zur E-Gitarre zu greifen. Das empfand die „Gemeinde als schnöden Verrat an der guten alten Folksache. Dylan seinerseits wollte ein für alle Male der Vereinnahmung durch die Folk-Traditionalisten entkommen (siehe hierzu auch das Stichwort „Maggie’s Farm). Selbstverständlich gelingt es auch den Anhängern der Theorie, dass es bei „All Along The Watchtower" um Dylans Loslösung von der Folkszene geht, mühelos nachzuweisen, dass es dem szenemüden Bob nur darum und um nichts anderes geht. Sieht man doch gleich schon bei der ersten Zeile, wo es heißt: „There must be some kind of way out of here …". Irgendwo muss es hier doch einen Ausweg geben.

    „… said the joker to the thief." Falls Sie’s nicht gemerkt haben – Dylan führt hier ein Selbstgespräch, ist also Joker und Dieb in einer Person, so die Anhänger der Weg-vom-Folk-hin-zum-Rock-Theorie.

    Ehe ich zur dritten großen Theorie komme, möchte ich – gleichsam als erholsames Intermezzo – davon berichten, dass es 1. auch eine kleine Schar treuer Tolkien-Fans gibt, die von nahezu allem in ihrem Leben irgendwie an den Herrn der Ringe erinnert werden, also natürlich auch von „All Along The Watchtower (man denke nur an die „Türme!), und dass es 2. praktisch niemanden gibt, der hinter „All Along The Watchtower" versteckte Anspielungen auf Drogen entdeckt hat. Das ist nun wirklich schon fast eine kleine Sensation. Warten Sie mal ab, wie oft im weiteren Verlauf dieses Buches noch von solchen, teils gerechtfertigten, teils an den Haaren herbeigezogenen Drogen-Verdachtsmomenten die Rede sein wird.

    Okay. Jetzt aber zur dritten großen Theorie: „All Along The Watchtower" ist die Abrechnung Bob Dylans mit der Musikindustrie und zugleich auch mit der Folkszene. Er, Dylan, sei der Joker; der andere, der böse Manager und / oder Plattenproduzent, ist der Dieb. Und wie heißt es doch gleich im Text so völlig unmissverständlich? „Business men – they drink my wine / Plowmen dig my earth / None of them along the line / Know what any of it is worth": Geschäftsleute trinken also seinen Wein (das heißt den reinen Wein, den er durch seine Lieder einschenkt) und Pflüger (das sind die alten Folk-Traditionalisten) graben seine Erde um. Und keiner von denen bleibt ehrlich und aufrichtig, wenn ihre Karriere auf dem Spiel steht („None of them along the line"); keiner hat das, was er ihnen gab, verdient: „know what any of it is worth". „To put one’s career, or one’s job, on the line heißt so viel wie „seine Karriere oder seinen Job riskieren, und „to level with someone entspricht dem deutschen „offen, aufrichtig jemandem gegenüber sein.

    Und wenn es nun denn schon so sein soll, dass der „thief" den knallharten Geschäftsmann verkörpert, dann verstehen wir auch, wie gerissen dieser Typ agiert, als er freundlich versucht, den empörten Bob wieder ein bisschen zu beruhigen: „No reason to get excited. There are many here among us, who feel that life is but a joke". Na komm, jetzt reg’ dich doch nicht so auf. Schau, für viele von uns ist das Leben eben nur ein einziger großer Witz.

    Apropos Witz. Jetzt ist Schluss mit lustig. Wir kommen nämlich zur vierten und letzten großen Gruppe der „All Along The Watchtower-Textinterpreten. Die „Realos, wenn man so will. Leute also, die mit einer gewissen akademischen Routine und Disziplin an den Text herangehen und dabei versuchen, neben der inhaltlichen Relevanz auch seine formalen Besonderheiten herauszuarbeiten und zu deuten. So herrscht etwa allgemeine Übereinstimmung darüber, dass es bei dem aus drei Strophen bestehenden Text bemerkenswerterweise die letzte Strophe ist, die den eigentlichen Beginn der hier erzählten Geschichte bildet. Dann folgt, inhaltlicher Logik gehorchend, die erste Strophe, und den Abschluss bildet die Strophe in der Mitte.

    1. There must be some kind of way out of here / Said the joker to the thief / There’s too much confusion / I can’t get no relief / Business men – they drink my wine / Plowmen dig my earth / None of them along the line / Know what any of it is worth.

    2. No reason to get excited / The thief – he kindly spoke / There are many here among us / Who feel that life is but a joke / But you and I we’ve been through that / And this is not our fate / So let us not talk falsely now / The hour’s getting late.

    3. All along the watchtower / Princes kept the view / While all the women came and went / Bare-foot servants, too / Outside in the cold distance a wild cat did growl / Two riders were approaching / And the wind began to howl, hey.

    Folgt man der, wie ich meine, verdammt guten und einleuchtenden Idee, dass das letzte Kapitel des Songs eigentlich den inhaltlichen Beginn bildet, dann sehen wir hier zunächst die Fürsten („princes"), die auf dem Wachturm einer Festung stehen (bei alten deutschen Burgen hießen solche Türme gern „Lug-ins-Land oder „Schau-ins-Land) und Ausschau halten. Frauen und barfüßige Diener (in Amerika steht das Wort „servant auch für „Sklaven) kommen und gehen. Doch draußen, in der kalten Ferne, knurrt eine wilde Raubkatze, zwei Reiter nähern sich, begleitet von Windgeheul.

    Die Fürsten, mithin die herrschende Klasse, sehen also, dass da etwas auf sie zukommt. Das Knurren der Raubkatze ebenso wie das plötzlich einsetzende Geheul des Windes untermalen die Bedrohlichkeit, die von den sich nähernden Reitern ausgeht.

    Wer diese beiden Reiter sind, das erfährt man gleich in der ersten Strophe. Der eine ist ein Spaßmacher, ein Narr (wie man zu Zeiten der Fürsten auch sagte), der andere ein Dieb. Ein richtig kluger Kopf deutete die beiden Figuren als zwei grundverschiedene Typisierungen des gesellschaftlichen Außenseiters.

    Der Narr repräsentiert den intellektuellen, aber machtlosen Kritiker, der die Mängel und Fehler der herrschenden Gesellschaftsordnung benennen, aber nicht beheben kann. Der Narr führt sein Außenseitertum bewusst herbei oder nimmt es zumindest in Kauf.

    Der Dieb hingegen steht für den aus schierer Not in die Rolle des Außenseiters gezwungenen Menschen. Die eigene Armut bzw. die seiner Familie lassen ihn zum Dieb werden. Diese beiden herrschendes Recht und Gesetz in Frage stellenden Figuren (der eher gebildete, intellektuelle Narr und der nach Proletariat und Prekariat riechende Dieb) kommen nun also dem Zentrum der Macht, dem Wachturm der Fürsten, bedrohlich nahe.

    Wir, die wir nun gerade der ersten Strophe des Liedes lauschen, hören, wie der Narr zum Dieb sagt: „There must be some way out of here". Es muss doch irgendeinen Weg geben, wie wir aus dieser Situation herauskommen. Es ist alles viel zu verworren („there’s too much confusion"), und ich sehe nicht, wie das alles je irgendwie besser werden sollte („I can’t get no relief"). Die Geschäftsleute trinken seinen Wein, die Pflüger beackern seinen Boden, aber keiner von denen weiß die Früchte seiner Reben und seines Bodens wirklich zu würdigen.

    Auf dieses Lamento des Narren folgt nun die mittlere Strophe. Und hier geschieht etwas ganz Merkwürdiges. Der Dieb äußert nämlich eine Ansicht, die eigentlich zum Rollenverständnis des Narren gehören sollte:

    „No reason to get excited. There are many here among us who feel that life is but a joke." – Jetzt reg’ dich doch nicht auf. Es gibt so viele hier unter uns, die sagen, das Leben wäre eh nur ein Witz, ein Spaß, ein Scherz.

    Aber, so fährt der Dieb fort, wir sind damit fertig („we are through with it") und wir nehmen die Situation nicht als gottgegeben hin („it is not our fate"). Aber lass uns ehrlich sein („let us not talk falsely now"), es ist schon ziemlich spät („the hour is getting late").

    Wie vermutlich unschwer zu erkennen, neige ich eher der letzten, deutlich ausführlicher behandelten Interpretation des Textes von „All Along The Watchtower" zu. Nichtsdestotrotz finde ich es bemerkenswert und spannend, wie völlig anders gestrickte Menschen an diesen Text heran­gehen und dabei Deutungen finden, die in ihrem eigenen mentalen Kosmos durchaus schlüssig wirken.

    Merke: Auch was man vom Wachturm aus sehen kann, liegt letztlich immer im Auge des Betrachters. Amen.

    All Right Now

    Eines der großen Geheimnisse wirklich großer Rock-Hits – und „All Right Now ist ganz zweifellos ein solcher – scheint in einer gewissen heiligen sexistischen Einfalt der Texte zu liegen (siehe hierzu auch die Stichworte „Whole Lotta Love, „Natural Born Bugie oder „Centerfold). Ich möchte nicht unbedingt so weit gehen, zu sagen „dumm rockt gut, aber so ein klitzekleines Körnchen Wahrheit mag da, „whoa, deep down inside (das stammt aus „Whole Lotta Love"), schon drinstecken.

    Wenden wir unsere ungeteilte Aufmerksamkeit nun „All Right Now" von Free zu. Er sieht sie auf der Straße stehen, sie lächelt wie ein Honigkuchenpferd („smiling from her head to her feet") und er schließt messerscharf: „Hey, da könnte etwas laufen". Sofort gräbt er sie an und sagt: „Hey, what’s your name, maybe we can see things the same." Auf schlecht Deutsch: „Hallo, wie heißt du? Wollen wir vielleicht das Gleiche?" Hammerspruch! Oder? „Let’s move before they raise the parking rate." – „Lass uns gehen, ehe sie die Parkgebühren erhöhen." Der Mann weiß einfach, worauf die Mädels abfahren. Am allerallerschönsten ist aber jene Stelle, als sie (man befindet sich längst auf seiner Bude) die bange Frage an ihn richtet „Are you trying to put me in shame?" („Willst du Schande über mich bringen?"). Wer hätte gedacht, dass englische Mädchen der frühen 70er-Jahre, die vehement lächelnd auf der Straße herumstehen, einen Wortschatz pflegen, der dem aus deutschen Heimat- und Bergromanen der späten 50er-Jahre an Biederkeit in nichts nachsteht?

    Aber es ist ja dann doch alles noch ganz gut ausgegangen. Die beiden waren „so happy together" und es ist, man kann’s gar nicht oft genug wiederholen, „all right now". Whoa oh oh woah aah.

    Almost Cut My Hair

    Neulich wäre ich fast so weit gewesen, dass ich mir die Haare abgeschnitten hätte. „Almost cut my hair, it happened just the other day." Es war mittlerweile ziemlich lang geworden. Ich hätte sagen können, dass das gar nicht zu mir passt. „I coulda (bzw. I could have) said it wasn’t in my way." Hab ich aber nicht. Und ich frage mich, warum ich immer noch Lust habe, meine Freakflagge wehen zu lassen („I feel like letting my freak flag fly")?

    „Freak flag" – war das mal ein schöner Ausdruck, den David Crosby (von Crosby, Stills, Nash & Young) da für seine lange Haarmähne gefunden hatte.

    Hat er sich doch glatt die Haare nicht schneiden lassen, weil er das Gefühl nicht loswurde, dass er seine Mähne jemandem schuldig war („and I feel like I owe it to someone").

    Dass er überhaupt je daran gedacht hatte, sich die Haare abzuschneiden, muss daran gelegen haben, dass er an Weihnachten die Grippe hatte und momentan noch nicht wieder so ganz bei sich ist. „Must be because I had the flu’ for Christmas and I’m not feeling up to par".

    Das Grippefieber verstärkte seine Paranoia nur noch, ähnlich wie ein Polizeiauto, das plötzlich im Rückspiegel auftaucht: „It increases my paranoia, like looking at my mirror and seeing a police car".

    Aber er

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