Einsamer Reiter: Western
Von Alfred Bekker
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Schüsse peitschten dicht neben Kit Blane in den trockenen, aufgesprungenen Boden. Eine Fontäne aus Sand wurde empor geschleudert. Die Kugeln schlugen in den steinigen, völlig verdorrten Boden ein.
Blane griff zum Revolver.
Blitzschnell.
Er warf sich zur Seite, rollte um die eigene Achse über den Boden und riss mit einer fließenden, katzenhaften Bewegung den Revolver aus dem Holster.
Kaum einen Lidschlag brauchte er dafür.
Blane spannte den Hahn.
Hinter dem ausgetretenen Lagerfeuer hob sich eine hoch aufragende schlanke Gestalt gegen das Sonnenlicht als dunkler Schatten ab.
Alfred Bekker
Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.
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Buchvorschau
Einsamer Reiter - Alfred Bekker
Alfred Bekker: Kit Blane
Schüsse peitschten dicht neben Kit Blane in den trockenen, aufgesprungenen Boden. Eine Fontäne aus Sand wurde empor geschleudert. Die Kugeln schlugen in den steinigen, völlig verdorrten Boden ein.
Blane griff zum Revolver.
Blitzschnell.
Er warf sich zur Seite, rollte um die eigene Achse über den Boden und riss mit einer fließenden, katzenhaften Bewegung den Revolver aus dem Holster.
Kaum einen Lidschlag brauchte er dafür.
Blane spannte den Hahn.
Hinter dem ausgetretenen Lagerfeuer hob sich eine hoch aufragende schlanke Gestalt gegen das Sonnenlicht als dunkler Schatten ab.
Blauschwarzes Haar, das von einem Stirnband
zusammengehalten wurde, wehte in dem aufkommenden
brandheißen Wind, der aus Südosten über die ausgedörrte, von schroffen Felsbrocken und vertrockneten Baumgruppen unterbrochene Hochebene wehte.
Um die Hüfte trug der Indianer einen Revolvergurt, an dem sich auch eine Schlaufe befand, in der ein Tomahawk steckte sowie die Kunstvoll verzierte Lederscheide eines Bowie-Messers. Blanes Haltung entspannte sich.
Der harte, entschlossene Zug um die Mundwinkel verschwand und machte einem dünnen Lächeln Platz.
„Ach du bist es, Ribendo!", atmete er auf.
Der sippenlose Comanche hatte sich seit Blanes Aufbruch aus Magdalena an seiner Seite befunden. Gemeinsam hatten sie das nördliche Mexiko durchstreift und waren dabei so gut es ging jedem anderen ausgewichen.
Ribendo senkte den Lauf seines Sharps Gewehrs.
„Sorry, ich habe dich nicht kommen hören."
„Dann muss etwas mit deinen Ohren nicht stimmen."
„Wieso?"
„Weil ich bei meiner Rückkehr zum Lager keineswegs versucht habe, besonders leise zu sein."
Der Comanche untertrieb natürlich. Blane hatte schon mitbekommen, wie vollkommen lautlos sich der Comanche zu bewegen vermochte.
Zweifellos musste er in seiner Zeit bei der Army ein guter Scout gewesen sein.
So verschieden die beiden Männer auch sein mochten: Immerhin das hatten sie gemeinsam. Beide hatten sie während des Bürgerkrieges in der Armee der Union gedient, wofür der blaue und seiner Rangabzeichen beraubte Militärmantel, den Blane hinten auf seinem Sattel festzuschnallen pflegte, ein Zeugnis war. Blane erhob sich und steckte seinen Revolver ein.
Ribendo deutete unterdessen dort hin, wo sein Schuss den Boden aufgesprengt hatte.
Ein zusammen geringelter regloser Schlangenkörper lag dort.
„Ich rette dir das Leben und du versuchst mich zum Dank dafür umzubringen, Kit", stellte der Comanche trocken und mit regungslosem Gesicht fest.
„Soll nicht wieder vorkommen", versprach Blane grinsend. Er erhob sich und begann damit, seine Sachen
zusammenzupacken und den Lagerplatz aufzuräumen.
„Ich habe Spuren gesehen, berichtete Ribendo. „Viele Pferde, viele Reiter. Die Hufe waren beschlagen und sie ritten in Kolonne.
„Soldaten?"
„Ja."
„Franzosen?"
„Würde ich vermuten. Die Mexikanischen Kavalleristen reiten nicht so exakt in der Kolonne."
In Mexiko herrschte derzeit Krieg.
Kaiser Maximilian regierte in der Hauptstadt unter dem Schutz französischer Interventionstruppen, während sich unter Führung des früheren Präsidenten Benito Juarez eine Rebellenbewegung gebildet hatte, die durch die Vereinigten Staaten unterstützt wurde. Die Lage war entsprechend unübersichtlich. Teile des Landes waren schlicht in Anarchie versunken und es war schwer abzuschätzen, auf welcher Seite die jeweiligen lokalen Amtsträger standen.
Hinzu kam, dass manche, die sich plötzlich als Rebellen ausgaben, in Wahrheit Banditen waren, die ihren Schutzgeldern jetzt einfach nur einen anderen Namen gegeben hatten und sie als Revolutionssteuer bezeichneten.
„Ich schlage vor, den Franzosen gehen wir besser aus dem Weg, meinte Blane. „Die verdächtigen doch wahrscheinlich jeden NordAmerikaner als Unterstützer der Rebellen!
„Die Rebellen sind aber auch mit Vorsicht zu genießen, erwiderte Ribendo. „Einige dieser Banden, die sich jetzt Juaristas bestehen doch nur aus Männern, die das Chaos genutzt haben, um aus den Gefängnissen zu entfliehen.
„Sicher – es klingt viel besser, wenn man von sich sagen kann, dass man ein Revolutionär ist anstatt ein Bandit", stimmte Blane zu. Sie sattelten die Pferde. Blane steckte eine seiner beiden Winchester-Gewehre in den Scabbard genannten Sattelschuh aus Leder. Das zweite Gewehr schnallte er zusammen mit der Decke und dem Militärmantel hinten auf den Sattel.
Einen halben Tag ritten sie, bis sie eine Wasserstelle ereichten, wo sie die Flaschen auffüllen und die Tiere tränken konnten. Der Hufschlag eines Pferdes ließ die beiden Männer auffahren. Ein Reiter kam über eine Hügelkette und preschte im Galopp auf die Wasserstelle zu. Er zog eine Staubwolke hinter sich her. Dann zügelte er sein Pferd.
Er war vollkommen unpassend für das heiße Klima gekleidet. Wie ein Stutzer!, dachte Blane.
Er trug einen dreiteiligen dunklen Anzug. Um den Hals hatte er eine sorgfältig gebundene Schleife.
Auf dem Kopf saß ein melonenförmiger Bowler-Hut, der vielleicht in die schattigen Straßen von New York, Boston oder irgendeiner anderen Großstadt an der Ostküste passte. Aber nicht hier her.
Nicht in diesen Glutofen.
Jemand der so daherkam, nannte man im Westen häufig ‚Dude‘ –
einen Trottel.
Zögernd näherte sich der Anzugträger. Sein Gesicht war krebsrot verbrannt.
Der Mann war bewaffnet.
Aus dem Scabbard am Sattel ragte ein Gewehrkolben.
Außerdem beulte sich seine Jacke unter der Achsel.
Blane vermutete, dass er dort einen Revolver im Schulterholster trug.
Als der Wind die Jacke etwas zur Seite wehte, bestätigte sich dieser Verdacht.
Er legte zwei Finger an die Krempe seines Bowler-Huts und grüßte.
„Tag, Gentlemen."
„Sie haben Ihr Tier ziemlich scharf geritten."
„Sieht man das?"
„Noch ein paar Stunden länger in dem Galopp und Sie haben es zu Schanden geritten."
„Sie kennen sich aus?"
„Allerdings."
„Na dann..."
„Hören Sie besser auzf meinen Rat..."
„Leider bin ich sehr in Eile."
„Wohin wollen Sie denn?"
„Nach Nogales."
„Zur Grenze?"
„Ja."
Er stieg ab und führte seinen Gaul zum Wasser. Das Tier war so erschöpft, dass es nicht einmal angesichts des Wassers unruhig wurde, obwohl es vollkommen ausgedörrt sein musste. Der Anzugträger musterte zuerst Blane eingehend und wandte dann den Blick in Ribendos Richtung. Eine Falte erschien zwischen seinen Augen, als er den Indianer einer eingehenden Begutachtung unterzog.
„Mein Name ist Smith, sagte er. „Und wer Sind Sie?
„Nenne Sie mich Kit", sagte Blane. Smith – ein Name, so gewöhnlich, dass Blane ihn kaum für echt halten konnte. Aber im Grunde genommen interessiertes ihn auch nicht, ob sein Gegenüber unter falschem Namen reiste. Wie ein typischer Bandit sah er nicht aus. Und er wirkte auch nicht wie einer der ewig gestrigen Südstaaten-Guerillas, die das Chaos im Grenzland für ihre Zwecke nutzten. Männer, die davon träumten, den Bürgerkrieg doch noch weiterführen zu können, auch wenn es die Konföderierteten Staaten von Amerika längst nicht mehr gab.
Dieser Reiter wirkte eher wie ein Geschäftsmann, den irgendein ungnädiges Schicksal von der New Yorker Stock Exchange oder den Hafenkontoren von San Francisco in diese Wüste verschlagen hatte.
„Ich komme aus Hermosillo, sagte Smith. „Geschäfte, Sie verstehen?
„Sie sind uns keine Rechenschaft schuldig, sagte Blane. „So wie wir umgekehrt Ihnen auch nicht.
„Natürlich. Es ist nur so..."
Er brach ab.
Blane hob die Augenbrauen.
„Ja?"
Es sind unruhige Zeiten. Sie sind