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Einen Eid auf Hitler? NIE: Franz Reinisch: Ein Leben für die Menschenwürde
Einen Eid auf Hitler? NIE: Franz Reinisch: Ein Leben für die Menschenwürde
Einen Eid auf Hitler? NIE: Franz Reinisch: Ein Leben für die Menschenwürde
eBook145 Seiten1 Stunde

Einen Eid auf Hitler? NIE: Franz Reinisch: Ein Leben für die Menschenwürde

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Über dieses E-Book

Nur wenige Querköpfe waren nicht bereit, sich während der nationalsozialistischen Diktatur das selbstständige Denken austreiben und die persönliche Verantwortung abnehmen zu lassen. Gegen den übermächtigen Druck der öffentlichen Meinung, gegen den Zwang des "Man macht das jetzt eben so", gegen das ständige Trommelfeuer von guten Ratschlägen, freundlichen Ermunterungen und finsteren Drohungen von allen Seiten brachten sie es fertig, ihr Gewissen entscheiden zu lassen. Ließen sich auslachen, terrorisieren, im schlimmsten Fall einsperren und töten.

Einer von ihnen war der in Vorarlberg geborene und in Tirol aufgewachsene Priester Franz Reinisch, von der Gestapo nach regimekritischen Äußerungen mit einem Predigtverbot belegt und schließlich am 21. August 1942 enthauptet.
Diese Biographie berichtet über ihn - 70 Jahre nach seiner Hinrichtung.
SpracheDeutsch
HerausgeberPatris Verlag
Erscheinungsdatum6. Dez. 2012
ISBN9783876204017
Einen Eid auf Hitler? NIE: Franz Reinisch: Ein Leben für die Menschenwürde

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    Buchvorschau

    Einen Eid auf Hitler? NIE - Christian Feldmann

    Reinisch

    I

    Konflikte:

    „Ich zerschlage selbst, was ich aufgebaut habe"

    Von den braven Fotos aus seinen Kaplansjahren – mit der grässlichen Brille und dem akkuraten Scheitel im Haar, das fast gänzlich einem rabiaten Topfschnitt zum Opfer gefallen ist – sollte man sich ebenso wenig täuschen lassen wie vom gekünstelt-steifen Stil seiner Tagebuchblätter und Briefe: „Nur immer mutig und entschlossen vorwärts, schrieb er seinen Eltern aus dem Gefängnis, „bis das Lebenswerk vollendet ist und Ihr, geschmückt mit Garben voller Ähren, zum Throne Gottes treten könnt. Und als zweiundzwanzigjähriger Priesteramtskandidat zog er im Abschiedsbrief an seine Freundin („Hochgeschätztes Fräulein, Lebewohl!) bedächtig Bilanz wie ein Urgroßvater: „Welch herzliches Unterfangen war nicht das, als wir uns gegenseitig das trauliche ‚Du‘ sagen konnten (…)! Sich selbst gegenüber treu sein, sagt ein berühmter Jesuitenpater, ist gleichbedeutend wie keusch sein! Aus dem aufrichtigen Auge spricht Reinheit des Herzens, und ein treues Herz verleiht Anmut und Schönheit dem Charakter!

    Der junge Franz Reinisch war ein ausgesprochen hübscher Kerl – das zeigen andere Fotografien aus der Studentenzeit –, der die Nächte durchtanzte, bei den gleichaltrigen Damen als vollendeter Kavalier galt und großen Wert auf ein elegantes Äußeres legte: Manchmal zog er sich dreimal am Tag um, und seine Schwestern mussten ihm ständig die Hosen bügeln. Statt sich dafür zu bedanken, erschreckte er sie mit Spinnen und einem nassen Handtuch, das er ihnen um die Waden schlug, wenn sie nicht damit rechneten. Aber dann becircte er sie wieder mit den neuesten Schlagern am Klavier oder sang ihnen betörend den Evergreen aus „Gräfin Mariza ins Ohr: „Brüderlein, Schwesterlein, sollst mir fein glücklich sein, Sonnenschein hüll dich ein, liebes Schwesterlein!

    Keiner konnte ihm böse sein, dem quicklebendigen Charmeur: „Er lachte nur so ins Leben hinein, brachte es seine Schwester Marta auf den Punkt. Beim Festcommers nach dem Abitur trugen alle einen schwarzen Frack; „Spund, wie seine Freunde den Franz aus unerfindlichen Gründen nannten – ein Glas Bier reichte ihm in der Regel die ganze Nacht –, nahm sich am frühen Morgen eine Leiter und ein Fahrrad, heftete sich sein Abiturzeugnis auf den Rücken und radelte als Kaminfeger durch die Stadt.

    „Aus diesem Buben wird nichts werden!"

    In Feldkirch (Vorarlberg), einem Bilderbuch-Städtchen mit alten Häusern und Laubengängen, durchzogen von einem rauschenden Fluss und umgeben von hohen Bergen, kam Franz am 1. Februar 1903 zur Welt. Der Vater, ein tüchtiger Finanzbeamter mit Schalk in den Augen, brachte seinen fünf Kindern nicht nur Werte und eine aufrechte Haltung bei, sondern auch das Klavierspielen und die Liebe zur Natur. Die Mutter, still und arbeitsam, schätzte wortreiche Ermahnungen nicht sehr, lieber nahm sie die Kinder in den Gottesdienst und zur Maiandacht mit und freute sich, wenn sie über die Lichter und den Weihrauchduft staunten.

    „Ich hing in meinen Kindheitsjahren mit tiefer Verehrung und Liebe an meiner Mutter. Besonders freute ich mich, wenn Mutter mich zu den herrlichen Maiandachten in die Jesuitenkirche mitnahm. Da wuchs in mir eine ganz große Marienliebe, die mich zu stillen Betrachtungen drängte. Gern sammelte ich Heiligenbildchen. Beim Anblick des Kreuzweges konnte ich einen Zorn bekommen auf die bösen Menschen, die den lieben Heiland so grausam quälten, und konnte aus Mitleid bitterlich weinen, wenn ich Jesus und Maria auf dem Kreuzwege innerlich begleitete. Doch eines hatte ich immer an mir, meine Gefühle nicht nach außen zu zeigen."

    Natürlich spielte Franz mit seinen Geschwistern auch „Messe", wie das damals in katholischen Familien üblich war, mit gerecht verteilten Rollen und von der Mutter zurechtgeschneiderten Gewändern. Wenn die Schwestern und das Brüderchen bei seinen Predigten nicht bei der Sache waren oder gar über seine Mahnreden lachten, konnte er fuchsteufelswild werden. Einmal redete er sich so in Rage, dass ihm seine Zahnspange herausfiel, darüber musste er dann doch selbst herzlich lachen.

    Wenn die „Messe zu Ende war, verwandelte sich der Franzl ziemlich schnell wieder in einen wilden Lausbuben, der mit seinen Kameraden raufte und die Straßenbahn zum Entgleisen zu bringen suchte, indem er Steine auf die Gleise legte. Einmal erwischte ihn die Mutter, wie er auf einem Steinhaufen stehend, einem Feldherrn gleich, mit der Schultasche auf mehrere Mitschüler eindrosch. „Aus diesem Buben wird nichts werden, notierte der Lehrer in der Volksschule. „Die Eltern werden ein Kreuz mit ihm haben."

    Den Wohnort hatte die Familie mehrmals wechseln müssen, weil der Vater nach Bozen, Bruneck, schließlich Innsbruck versetzt wurde. Deshalb besuchte Franz die Volksschule in Innsbruck und das von Franziskanern geführte Gymnasium in Hall/Tirol. Als witzig und fröhlich wird er geschildert, als impulsiv und empfindsam, er konnte schallend lachen und haltlos weinen. Als er später eine Freundin hatte und deren Vater starb, ging ihm das so nahe, dass er ohnmächtig wurde, während er ihr sein Beileid aussprach.

    Intelligent und vielseitig interessiert ist er gewesen – und ganz schön faul. Die Kriegswinter waren hart, deshalb schickte man die Kinder während der Sommermonate Tannenzapfen sammeln, die gaben ein hervorragendes Brennmaterial ab. Wütend erzählt sein Bruder Andreas, wie er fleißig in den Baumwipfeln herumkroch und die Zapfen herunterwarf – und wie sich der Franzl, statt sie einzusammeln, behaglich unter einem Baum ausstreckte und den für beide bestimmten Proviant vertilgte. Abenteuerlustig war er und ständig zu riskanten Streichen aufgelegt – doch als er einmal einen fürchterlichen Durchfall hatte und sich in die Hose machte, traute er sich aus Angst vor Strafe nicht nach Hause. Ein Hüne ist er gewesen, dem kaum ein Anzug passte, augenscheinlich vor Kraft und Gesundheit strotzend – aber an Darmlähmungen, Gesichtsrose, Nierenproblemen leidend und körperlich manchmal überhaupt nicht belastbar, etwa beim Radfahren.

    Jura, Gerichtsmedizin – und eine protestantische Freundin

    Es ist nicht leicht, ein stimmiges Bild von dem jungen Mann zu gewinnen. Wenn es freilich um Überzeugungen ging, blieb er seiner Linie eisern treu. Die Innsbrucker Studentenverbindung „Leopoldina faszinierte ihn mit ihrem ziemlich pathetischen Motto „Immobiles sicut patriae montes: Unverrückbar wie die Berge der Heimat steht unser Glaube an Christus und Maria! Eine kantige Religiosität, politische Prinzipientreue, gefühlsseliger Tiroler Patriotismus und eine gute Portion Dickköpfigkeit treffen sich in so einem Leitwort. Man wird sehen, dass darin erheblich mehr steckt als oberflächliche Nostalgie: eine Kraft, die zum Widerstand ermutigt, bis hin zur Preisgabe des eigenen Lebens.

    Bei Franz Reinisch traf sich so eine aufmüpfige Parole mit einer langen Familientradition. Bis in die Anfänge des 15. Jahrhunderts lässt sich der Name „Reinisch" in Tirol zurückverfolgen: Bauern, Richter, Lehrer, Orgelbauer. Die Liebe zu Freiheit und Unabhängigkeit, Verantwortungsbewusstsein und ein fast schmerzhaftes Empfinden für Gerechtigkeit gehören zu dieser Sippe, von Anfang an. Ein bärenstarker Sensenschmied namens Anton Reinisch kämpft gegen den jungen Napoleon für die Freiheit Tirols, ein weiterer Reinisch streitet ein paar Jahre später an der Seite von Andreas Hofer gegen bayerische und französische Besatzer.

    Gerechtigkeitssinn, Mut, Geradheit sind dem Franzl sozusagen in die Wiege gelegt. Seiner Schwester Marta, sie ist Lehrerin, befiehlt die braune Schulbehörde eines Tages, das Kreuz von der Wand des Klassenzimmers zu entfernen. Trotzig weigert sie sich: „Ich hab´s nicht hinaufgehängt, ich nehm´s auch nicht runter." Dass der neunzehnjährige Franz 1922 in Innsbruck zunächst nicht Theologie, sondern Jura zu studieren begann, dass er nach ein paar Monaten an die Universität Kiel wechselte, um sich dort in Gerichtsmedizin zu spezialisieren, passt ziemlich gut zu dieser Familientradition. Die Juristerei hat hier noch etwas mit Gerechtigkeit zu tun, mit einer von Gott geordneten, menschlicheren Welt, weniger mit Tricks und Machtspielen.

    Doch das Semester in Kiel muss in Franz Reinisch einen tiefen Schock ausgelöst haben. Gerichtsmediziner haben es mit menschlichen Abgründen zu schaffen. Was Reinisch so irritiert und belastet hat, lässt sich nicht mehr klären, er spricht nur vage über das „religiös-sittliche Elend dieser Hafengroßstadt und eine plötzlich mit Macht aufgebrochene „Sehnsucht, für Christus Seelen zu gewinnen. Im Juli 1923 kehrte er in seine österreichische Heimat zurück – mit dem klaren Entschluss, Priester zu

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