Israel kontrovers: Eine theologisch-politische Standortbestimmung
Von Peter Bingel und Winfried Belz
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Buchvorschau
Israel kontrovers - Peter Bingel
Autoren
Einführung
Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag im Jahr 2003, also zu einer Zeit, in der die israelischen Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen gegenüber den Palästinensern noch nicht allen so bewusst waren wie heute, hingen im Bereich des »Marktes der Möglichkeiten« große Papierbögen, auf denen die Besucher ihre Meinungen und Gefühle eintragen konnten. Das Thema hieß: »Israel ist für mich …«
Folgendes wurde eingetragen:
… brave Nation
… ein Land mit Politikern, die nach dem Grundsatz »Auge um Auge« handeln!
… ein Land, das sehr tapfere Friedensgruppen hat, die unbedingt unterstützt werden müssen!!!
… die Hoffnung auf ein friedliches Miteinander von Israelis und Palästinensern
… der Augapfel Gottes
… voll kontrovers!!!
… das Land der Bibel
… das heilige Land, ein schönes Land, dass man verstehen kann, warum Gott dort in die Welt kommen wollte
… und nicht verstehen kann, warum Scharon immer mehr Land braucht und nichts abgeben will.
… eine Demokratie, in der die Mehrheit z. Z. leider diejenigen wählt, die die Spirale von Gewalt und Gegengewalt, Vergeltung und Gegen-Vergeltung fortsetzen wollen.
… das einzige rechtmäßige Volk im heiligen Land, und das Volk Gottes
… mein Traumland! Meine 2. Heimat!
… ein Land, welches eine friedliebende Regierung verdient hätte
… das gelobte Land
… ein wunder Punkt wegen der blutigen Konflikte
… ein Land, in das ich wieder einmal fahren möchte
… ich auch
… nicht das, was seine Regierung tut
... Sehnsucht nach und Auftrag zum FRIEDEN
... Ein Land, das im Moment voll Angst und Trauer ist und den Frieden braucht!
... Will es denn Frieden??
... ein Land, das uns vorlebt, wie man nicht mit unterschiedlichen Religionen umgehen soll. Ich verstehe nicht, wie man mit seinen Gaben derartige Taten machen kann. Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg auch keinem andern zu.
... ein Volk, das von Gott, unserm Herrn im ewigen Bund als das auserwählte genommen wurde, leider hält die derzeitige Politik sich nicht an diesen hohen Anspruch.
... Staatsterrorismus
... STOPP DER BESATZUNG, NO MORE BLOOD
... Ein Land, das Platz hat für zwei Völker, leider ein unheiliges Land
... Heimat für Juden, Christen und Moslems
... Gott sei Dank nicht Friedman
... Warum nicht?
... ein Traum, der mit Yitzhak Rabins Tod ungeträumt bleibt
... ein heiliges religiöses Land
... ein Land, das dringend Hilfe braucht
... ein Land, das andere Menschen unterdrückt!
... ein Land, das ich liebe und dem ich Segen und Frieden wünsche, Größe und Weisheit in seiner Politik
... eine Aufgabe für uns, Kampf gegen unsere Vorurteile
... Israel, das Land großer Hoffnungen und noch größerer
Enttäuschungen
... Der Staat Israel ist eine grausame Besatzungsmacht, keineswegs eine Demokratie.
Diese Sammlung von Aussagen zum Thema Israel ist nicht kennzeichnend für die gesamte Bevölkerung, weil es sich speziell um Kirchentagsbesucher handelte. Dennoch ist es erstaunlich, wie vielfältig und sich tief widersprechend die Äußerungen sind. Hier tritt »Israel kontrovers« manifest vor Augen.
Schon allein der Begriff Israel bietet ein verwirrendes, missbrauchbares und oft missbrauchtes Konglomerat von Bedeutungen: Staat, Land und Volk, Nation und Religion, hochheilig Mystisches und hart Politisches, Mythen, Fantasien und Ideologien, Vergangenes und Gegenwärtiges. Wir machen mit dieser Schrift den Versuch, in dieses unübersichtliche Feld Klärung und Orientierung zu bringen und für die Beschäftigung mit den Kontroversen mehr rationalen Grund und Boden zu bieten.
Dabei unterteilen wir die Geschichte des Volkes Israel beziehungsweise des Judentums in drei markante zeitliche Abschnitte. Wir sprechen vom ersten, zweiten und dritten Judentum. In diesen drei Zeiträumen, die sich über mehr als dreitausend Jahre erstrecken, lebte und lebt das jüdische Volk als eine Gemeinschaft, deren Strukturen im Inneren wie im Äußeren jeweils sehr unterschiedlich waren:
Die Zeit des ersten Judentums: Einheit von Volksgemeinschaft/Ethnie und Religionsgemeinschaft, Zentrum in Palästina.
Dieser Geschichtsabschnitt reicht von der Zusammenführung des israelitischen Stämmebundes bis zum Jahr 70 u. Z. Damals war das jüdische Volk zugleich eine ethnische Gemeinschaft und eine Religionsgemeinschaft. Es hatte sein politisch-kultisches oder zumindest kultisches Zentrum im geografischen Palästina. Eine Ausnahme bildeten die Jahre des babylonischen Exils 586 bis 538 v. u. Z. Von da an gab es eine bedeutende jüdische Diasporabevölkerung in Mesopotamien, später auch im gesamten Mittelmeerraum.
Die Zeit des zweiten Judentums: Einheit von Volksgemeinschaft und Religionsgemeinschaft, ohne politischen und kultischen Mittelpunkt in Palästina.
Dieser Geschichtsabschnitt reicht vom Jahr 70 bis in das 20. Jahrhundert. In dieser Zeit war das jüdische Volk zwar noch eine ethnisch-religiöse Gemeinschaft, aber es existierte ohne politischen und kultischen Mittelpunkt verstreut in vielen Ländern. Die Identität von jüdischer Volksgemeinschaft und jüdischer Religionsgemeinschaft blieb im Vergleich zu anderen Völkern ungewöhnlich lange erhalten. Erst mit Beginn der Aufklärung im späten 18. Jahrhundert löste sie sich im Westen auf: Juden wurden säkular, konvertierten oder sammelten sich in orthodoxen oder reformierten Gemeinden. Im 19. Jahrhundert erbrachte das Judentum in den westlichen Gesellschaften große kulturelle Leistungen, war aber aufgrund höchst unterschiedlicher Entwicklungen in sich selbst uneins.
Die Zeit des dritten Judentums: Trennung von Volks- und Religionsgemeinschaft, politisches, dann auch religiöses Zentrum im geografischen Palästina.
Dieser Geschichtsabschnitt umfasst die Zeit vom Beginn des Zionismus bis heute. Die zionistische Bewegung konzipierte Ende des 19. Jahrhunderts ein neues, säkulares, von der Nation/Ethnie, nicht von der Religion her begriffenes Judentum. Während die kleinen jüdischen Siedlungen jahrhundertelang problemlos in die arabisch-muslimische Welt integriert waren, baute der kolonisierende und Alleinherrschaft anstrebende Zionismus mit neuer umfangreicher Besiedlung seine Macht gegen die einheimische arabische Bevölkerung und schließlich auch gegen die Briten aus. Seit der Staatsgründung im Jahr 1948 hat das jüdische Volk wieder ein politisches Zentrum in Palästina. Es gibt weiterhin eine starke, weit verstreute jüdische Diaspora, deren Mitglieder jedoch – ebenso wie die Bevölkerung des Staates Israel – keineswegs durchgehend, auch nicht vorherrschend religiös geprägt sind. Das jüdische Volk kann also nur noch in ethnischer Hinsicht als eine Einheit verstanden werden.
Im Rahmen des dritten Geschichtsabschnitts ergaben und ergeben sich eine Vielzahl von Kontroversen, Kriegen und Konflikten. Die Behandlung dieses Bereichs beginnt mit dem Kapitel 7. Die gegenwärtigen Kämpfe und Auseinandersetzungen um die politische und moralische Existenz, um die Bedeutung, Gestalt und Politik des Staates Israel sind jedoch nicht zu verstehen ohne den ständigen Rückgriff auf die religiösen und mythologischen Vorstellungen und politischen Entwicklungen der Vergangenheit. Diese werden deshalb am Anfang, in den Kapiteln 1 bis 6, dargestellt.
I. Israel in der Antike: Die Zeit des ersten Judentums in Palästina
Kapitel 1
Das Volk Israel in säkular-historischer Sicht
Die Entstehung des aus verschiedenen semitischen Stämmen zusammengewachsenen kleinen Volkes Israel ist ein spätes Ereignis in der Geschichte des Alten Orients. Dank literarischer und archäologischer Funde unter anderem in Ägypten sind wir darüber verhältnismäßig gut unterrichtet.¹ Deshalb muss die Geschichtswissenschaft in vielfacher Hinsicht ein anderes Bild von der frühen Geschichte des Volkes Israel zeichnen, als es die Darstellungen in den Texten des Alten Testaments, auch Hebräische Bibel genannt, vermitteln.² Beim Theologen Georg Fohrer, der sich intensiv mit dem Alten Testament beschäftigte, liest sich das zum Beispiel so: »Der unbefangene Leser der erzählenden Bücher des Alten Testaments muss den Eindruck gewinnen, dass die Israeliten bis zu ihrer Wanderung nach Ägypten eine Familie bildeten, sich aber dort so stark vermehrten, dass sie bei ihrem späteren Auszug ein großes Volk waren, das sich in zwölf Stämme gliederte. Sie hätten in Palästina gemeinsam die Kanaanäer angegriffen, ihres Eigentums beraubt und [sie] teilweise ausgerottet, um dann ein gemeinsames Leben unter nationalen ›Richtern‹ bis zur Einführung des Königtums zu leben. – Eingehende Untersuchungen haben nahezu jeden einzelnen Zug dieses Eindrucks geändert.«³
Im Rahmen verschiedener semitischer Wanderungsbewegungen im Vorderen Orient des zweiten Jahrtausends vor der Zeitwende wanderten Nomadenstämme aus Mesopotamien und aus der westarabischen Steppe in das palästinensische Siedlungsgebiet der Kanaanäer ein. Archäologen haben in Urkunden aus Vorderasien Wortstämme gefunden, die auf die Wörter »Hebräer« und »Israel« hinweisen.⁴ Eine Reihe historisch zuverlässiger Erinnerungen ist zwar auch in den alttestamentlichen Erzählwerken erhalten; die Zusammenstellung einzelner Elemente zu einem Gesamtzusammenhang, zur ethnisch-religiösen Frühgeschichte des israelitischen Volkes, stammt aber etwa aus dem 6. Jahrhundert v. u. Z.⁵
Laut Altem Testament schlossen sich bei oder eher nach der Einwanderung im zweiten Jahrtausend zwölf Stämme zusammen. Was diese verband, war offensichtlich die Verehrung des Gottes Jahwe, der teils auch »El« genannt wurde, was damals allgemein die vorderorientalische Bezeichnung für »Gott« war. Frühe Schriftquellen des Alten Testaments unterscheiden sich beispielsweise dadurch, dass die einen den Gott Israels »Jahwe« nennen, die anderen von »El« oder »Elohim« sprechen.
Vor Ende des zweiten Jahrtausends entstand der Zusammenhalt dieser vor allem ins palästinensische Bergland eingewanderten hebräischen Stämme im Wesentlichen dadurch, dass bei Angriffen einfallender Feinde sogenannte Richter als Führer die gemeinsame militärische Verteidigung organisierten. Sie hatten auf dem Hintergrund des gemeinsamen Jahwe-Glaubens zugleich eine religiöse Funktion. Grundsätzlich gab es im gesamten Alten Orient die untrennbare Einheit von ethnischer Gemeinschaft und Religionsgemeinschaft. So war es auch bei allen Nachbarvölkern, zum Beispiel bei den Ammonitern, Moabitern, Edomitern, Philistern oder Phöniziern. Und es galt auch für die Großmächte, denen das Volk Israel immer wieder unterworfen war, wie etwa die Assyrer und die Babylonier. Nicht bloß Völker führten nach damaligem Bewusstsein Krieg gegeneinander, sondern zugleich – um nicht zu sagen: vor allem – ihre Götter. Hier lag auch eine wichtige Funktion des israelitischen Gottes Jahwe. Säkulare und religiöse Geschichte sind im Alten Orient also nicht strikt voneinander zu trennen.
Der Übergang zu einem den Nachbarstaaten vergleichbaren Königtum, also zu kontinuierlicher Organisation von Herrschaft, ist mit dem Namen Saul verbunden, bei dem die Funktion des »Richters« in die eines Königs überführt wurde. Seine Herrschaft währte nur kurze Zeit, von 1012 bis 1004 v. u. Z. Im Kampf mit den vordringenden Philistern, die zwischen dem südlichen palästinensischen Gebirge und dem Mittelmeer wohnten – etwa im Gebiet des heutigen Gazastreifens –, agierte er mit wenig Glück. Ganz anders war das bei seinem Nachfolger David. Er drängte sie zurück und festigte seine Herrschaft um die Stadt Hebron. Dann aber, nach dem Sieg über die dort wohnenden Jebusiter, machte er die geografisch hervorragend gelegene Stadt Jerusalem zu seiner Hauptstadt. Er holte, politisch naheliegend, auch das Heiligtum der Israeliten, das »Offenbarungszelt« mit der heiligen Bundeslade, in seine neue Hauptstadt. David führte alle israelitischen Stämme unter seiner Herrschaft zusammen. Er gilt somit als der Schöpfer eines politisch machtvollen Königreichs Israel. Nach dem Handlungsmuster anderer orientalischer Könige unterwarf er viele Nachbarstämme, jedoch nicht die im Westen wohnenden Philister.
Während der langen Regierungszeit Davids (1004–965 v. u. Z.) erreichte dieses Israel nach Aussagen der Bibel die größte Ausdehnung seiner gesamten Geschichte. Allerdings