Mit Freuden ernten: Biblisches Saatgut für Zeiten und Prozesse des Übergangs
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Über dieses E-Book
Strukturelle Veränderungsprozesse fordern heraus, einen Perspektivenwechsel zu vollziehen, denn längst ist Gott dabei, seine Kirche in eine neue Zeit "hinwegzuführen" (Jer 29,7). In dieser Zeit braucht es geistlich und fachlich erfahrene Kundschafterinnen und Kundschafter so wie einst im Volk Israel vor dem Aufbruch in das unbekannte, verheißene Land Kanaan (vgl. Num 13).
Das vorliegende Buch hilft, die Veränderungsvorgänge aus der Perspektive der Organisationsentwicklung zu verstehen und sie mit biblischen Erfahrungen geistlich zu deuten. Es ist ein Buch, das in die Hand all jener Christinnen und Christen gehört, die am visionsgeleiteten Kirchenumbau beteiligt sind und den Umbau als Herausforderung und Chance begreifen.
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Buchvorschau
Mit Freuden ernten - Paul M. Zulehner
NAVIGATION
Buch lesen
Cover
Haupttitel
Inhalt
Anmerkungen
Über die Autoren
Über das Buch
Impressum
Hinweise des Verlags
Paul M. Zulehner
Eckehard Roßberg
Anna Hennersperger
Mit Freuden ernten
Biblisches Saatgut für Zeiten und Prozesse des Übergangs
Schwabenverlag
INHALT
Vorwort
Hinführung
Wie geht Veränderung?
Bibel und Organisationsentwicklung
Die Bibeltexte
Das Beste liegt noch vor uns
Und unsere Kirchen heute?
Wegführung
Heimweh nach dem Vergangenen
Die »hinweggeführte Kirche«
An der Schwelle zum neuen Land
Knapp vor der Erfüllung der Verheißung
Eine lehrreiche Erzählung
Die zweite Chance
Schritte in ein neues Land
Vor dem Übergang – Zum Ersten
Vor dem Übergang – Zum Zweiten
Aufbruch
Im neuen Land zwischen Lust und Gefahr
Übergang
Meilenstein auf dem Weg
Widerstand
Balancen
Alte Versprechen
Ressourcen
Die Teile und das Ganze
»Genug bekommen« – Fairness und Gerechtigkeit
Keine Konfliktlösung durch Vernichtung
Territorialkonflikte
Gerechtigkeit durch faire Beteiligung
Vom Segen der Umwege
Auf schnellstem Weg ans Ziel
Lernschleifen
Sukkot und Etam
Die Zukunft nicht in der Vergangenheit suchen
Wer (nur) zurückblickt, erstarrt
Das Land des Lebens liegt immer vor uns
Interventionen
Am dritten Brunnen
Die »alten« Brunnen
Der Brunnen »Zank«
Der Brunnen »Streit«
Der dritte Brunnen »Weiter Raum«
Konsolidierung und Stabilität
Die Ressource Gottvertrauen
Gottloses Zählen
Ist der Herr in unserer Mitte oder nicht?
Gott in den Strukturplänen?
Untergang verwalten oder Übergang gestalten
Wenn Strukturreformen anstehen
Mehrere Perspektivenwechsel
Vom Schicksal zur Wahl
Kirchenberufung
Verbuntung
Schritte auf dem Weg zu einer angemessenen Kirchengestalt
Die einzelnen Kapitel haben folgende Erstautorin, folgenden Erstautor – die Texte wurden gemeinsam endredigiert:
Hennersperger, Anna: Das Beste liegt noch vor uns; Die Zukunft nicht in der Vergangenheit suchen; »Genug bekommen«– Gerechtigkeit und Fairness; Vom Segen der Umwege; Konsolidierung und Stabilität.
Roßberg, Eckehard: Die zweite Chance; Am dritten Brunnen.
Zulehner Paul M.: Wegführung; An der Schwelle zum neuen Land; Die Ressource Gottvertrauen; Wenn Strukturreformen anstehen.
Vorwort
Den christlichen Kirchen in Europa und ihren engagierten Mitgliedern und Führungskräften ist in unseren Tagen viel zugemutet. Die Zeit des durchmissionierten Europas geht zu Ende. Die Kirche wird nicht vergehen, wohl aber die uns vertraute Gestalt. Die Zeichen stehen auf Veränderung und Übergang. In wenigen Jahrzehnten wird die Gestalt der christlichen Kirchen eine andere sein, als wir sie heute kennen.
Auf zugemuteten Übergang reagieren die meisten mit Abwehr. Euphorie ist selten. Viele jammern, was den Gemeinschaften, Gemeinden und Einrichtungen viel Kraft kostet. Das macht Ermutigung so wichtig. Diese soll nicht durch frommes Zureden erfolgen, obgleich Frömmigkeit eine der wertvollsten Ressourcen in Übergangszeiten ist und bleibt. Als überaus ermutigend haben sich biblische Texte zumal aus dem Ersten Testament erwiesen. Diese atmen einen ähnlich aufbauenden Geist wie das, was Organisationsentwicklung und Gemeindeberatung in den letzten Jahrzehnten in ihrer Praxis an Wissen um Veränderung gesammelt haben.
Drei haben sich zusammengetan, um ihre Erfahrungen in der Begleitung von Gemeinschaften, (Pfarr- und Kirchen-)Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen (Krankenhäusern, Schulen, Orden) in kurzen meditativen Reflexionen/reflektierenden Meditationen für jene zusammenzustellen, die an Veränderungsprozessen beteiligt sind oder für diese Verantwortung tragen. Es sind dies die Leiterin des Instituts für Theologische und Pastorale Fortbildung der Freisinger Bischofskonferenz, Anna Hennersperger, Eckehard Roßberg, Studienleiter an der Evangelischen Gemeindeakademie in Rummelsberg, sowie Paul M. Zulehner, emeritierter Pastoraltheologe in Wien. Wir drei haben in unterschiedlichen Konstellationen an verschiedenen einschlägigen Projekten zusammengearbeitet.
In Gedanken und seiner gedenkend ist auch Horst Bracks dabei. Er hat als Freund und Kollege in der Evangelischen Gemeindeakademie Beratungen im kirchlichen Kontext als spirituellen Weg verstanden und gestaltet. Seine schwere Krankheit machte es unmöglich, in diesem Buch zu Wort zu kommen. So geben wir manchen seiner Gedanken Sprache.
Die einzelnen Texte lassen sich unabhängig voneinander gut lesen. Sie verfolgen ein gemeinsames Grundanliegen. Sie sind bunte Mosaiksteine, die sich beim Lesen mit den Erfahrungen des Lesenden verbinden können und sich so zu einem Bild zusammenfügen.
In den vorgelegten Texten schreiben wir einerseits von unseren eigenen Erfahrungen mit der gegenwärtigen kirchlichen Entwicklung, mit den biblischen Traditionen, mit dem Fachwissen aus Organisationentwicklung und Gemeindeberatung und im Hintergrund mit Exegese und Pastoraltheologie/Praktischer Theologie. Wir haben dieses Wissen in die Beratung und Fortbildung vieler Engagierter in kirchlichen Gemeinschaften, Gemeinden und Einrichtungen investiert. Eben diese Engagierten waren aber nicht nur Lernende, sondern auch uns Lehrende. Sie haben uns an ihren eigenen Erfahrungen teilhaben lassen. Das hat uns, die Lehrenden, zu Lernenden gemacht. Es war ein wechselseitiges Geben und Nehmen. Auf gleicher Augenhöhe. Wo so kommuniziert und gelernt wird, wächst das Reich Gottes und mit ihm auch die Kirche. Ihnen gilt unser Dank.
Anna Hennersperger, Freising
Eckehard Roßberg, Rummelsberg
Paul M. Zulehner, Wien
Im Juli 2013
Hinführung
Man schreibt das Jahr 2013. In katholischen Pfarrgemeinderäten und evangelischen Kirchenvorständen wird überlegt und geplant, wie es mit den Kirchengemeinden weitergehen kann. Bei vielen dominiert das Gefühl: Wir Christen werden weniger, es fehlt an Geld, wir haben zu viele Immobilien und zu wenig Personal. Die Verbindung von Ort und Pfarrei wird loser. Verbünde entstehen und Kooperation wird gefordert, wo bisher Koexistenz mit den Nachbarn der Normalfall war.
Wie geht Veränderung?
Wenn rasante gesellschaftliche Umbrüche den Takt bestimmen, wird diese Frage zentral. Gewohnheitswissen und der Rückgriff auf bewährte Vorgehensweisen reichen nicht mehr aus.
Wie erzählen wir anderen von dem, was da passiert? Ist es eine Geschichte des Verlustes und Niedergangs? Oder bewegen uns Veränderung, Neubeginn und Aufbruch? Und wer spielt in dieser Geschichte eine Rolle? Sind es Schicksal, Mächte und Gewalten, denen wir ausgeliefert sind, also die Verhältnisse und gesellschaftlichen Bedingungen, auf die wir wenig Einfluss haben und von denen wir verändert werden?
Welche Aufgaben kommen uns Menschen zu? Gestalten kann, wer versteht, was um ihn passiert, eine Aufgabe für bewältigbar hält und Sinn in dem sieht, was zu tun ist. Wenn in Veränderungsprozessen solche Haltungen bedeutsam sind, dann geht es auch um die Frage, was hält, trägt und durchträgt.
Darum: Welche Rolle spielt Gott? Kann sich das aktuelle Geschehen in die großen Geschichten mit seinem Volk einzeichnen und wo ist ER am Werk? Was hat er uns vor die Füße gelegt, um es anzunehmen, zu gestalten, zu verändern?
Wer in solchen Geschichten der Veränderung steht, dem hilft es, sich Veränderungsgeschichten des Volkes Gottes erzählen zu lassen.
Veränderung ist die Grundmelodie biblischer Erzählungen. Gott führt Menschen auf vielfältigen Wegen. Das wandernde Gottesvolk ist ein zentrales Leitmotiv biblischer Erzählung - wohin Gott führt, die wichtigste Frage.
Bibel und Organisationsentwicklung
Fragen wie die bisher genannten werden in einem intensiven Gespräch zwischen den in der Bibel erzählten Erfahrungen des Volkes Gottes und moderner Organisationsentwicklung diskutiert. Dabei vertrauen wir darauf, dass beim Lesen der Heiligen Schrift Gott uns für unsere heutige Zeit anregt. Wir werden daher die Heilige Schrift geistlich lesen. Das schließt das Wissen um Befunde aus der historisch-kritischen Exegese nicht aus, sondern ein. Wir lesen in den folgenden Meditationen/Reflexionen die biblischen Texte vorzüglich allegorisch.
Zudem werden wir Texte herausgreifen, die sich in unserer Arbeit bei der Begleitung und Beratung von Gemeinschaften und Gemeinden bewährt haben. Es sind Texte, die von Erfahrungen erzählen, die auch unsere sein könnten – oder noch mehr: Sie regen uns an, in ähnlicher Weise heute zu deuten, zu fühlen und zu handeln.
Es ist eine Zeit des Umbauens
Die in diesem Buch vorgelegten Texte haben mit Veränderung zu tun. Genau das macht sie topaktuell. Denn das Volk Gottes erlebt heute in Europa eine tiefe Umbauzeit. Veränderung steht auf dem Programm. Morgen wird vieles nicht mehr sein wie heute. Aufbruch steht auf der Agenda der christlichen Kirchen. Die Gestalt, welche die Kirche in einem durchmissionierten Europa gewonnen und die sich nach der Reformation konfessionell eingefärbt hat, ist am Vergehen.
In einer solchen Zeit ist es zu wenig, lediglich die vergehende Gestalt den verknappten Finanzen und dem weniger werdenden Personal anzupassen. Downsizing allein, so rät die Organisationsentwicklung, reicht nicht zum Meistern der andrängenden Zeit. Es gilt, von einer bewährten und liebgewonnenen Zeit Abschied zu nehmen.
Abschied nehmen
Abschied nehmen heißt es schon länger von einer Zeit, in der Religion Schicksal war und in der die zum Glauben in einer der christlichen Konfessionen genötigten Menschen von einem lückenlosen (Pfarr-)Gemeindenetz erfasst worden sind. Heute sind die Menschen frei, zu wählen; sie bestimmen selbst Nähe und Distanz, die Form der Beteiligung, das Ausmaß ihres Commitments, ihres Engagements.
Daraus folgt nicht das Ende der Pfarrgemeinden. Aber auch sie erleben einen tiefgreifenden Umbau. Sie sind dabei, aus Institutionen, welche in einem Gebiet die Leute erfassen, zu ortsgebundenen Personalgemeinden zu werden, welche eine (diakonale) Verantwortung für einen rechtlich abgesteckten Raum übernehmen.
Das Ziel erahnen
Wer aufbricht, sollte wissen, wohin die Reise geht. Es braucht ein verlockendes Ziel. Dieses gibt verlässliche Orientierung. Mit seiner Hilfe kann erkannt werden, was zur »vergehenden Gestalt« gehört und was daher getrost zurückgelassen werden kann. Ein verlockendes Ziel setzt Motivation frei und damit Phantasie und Veränderungsenergie. Wollen nicht viele in ihrem persönlichen, aber auch im gemeindlichen Leben beides: festhalten und aufbrechen? Aber kann man, so fragte einmal Meister Eckhart, ein Glas, das mit Wasser voll ist, mit Wein füllen? Kann man ohne Verlassen Neuland gewinnen?
Solches ist leicht gesagt, aber schwer getan. Dafür gibt es auch gute Gründe. Denn die Weggemeinschaft einer Kirche, einer Gemeinde beherbergt im Normalfall mehrere Gruppen. Da ist die ungeduldige Vorhut. Es