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Pollock
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eBook441 Seiten3 Stunden

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Über dieses E-Book

„Am Anfang die weiße Leinwand, leer, dann ein vorsichtiger Beginn, die Farbe ergießt sich aus dem Topf auf die weiße Fläche...“ Hans Namuth. Jackson Pollock wird 1912 in einem kleinen Dorf in Wyoming geboren. Er verkörpert alle sich um das entstehende Amerika rankenden Mythen, das sich mit der Realität des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts, dessen Modernität alle Bezugspunkte zerstört, auseinandersetzt. Wie in einem Roman erobert Pollock New York und hat, dank des Federal Art Projekt, schnell Erfolg und einen guten Ruf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird er zum ersten großen Star der amerikanischen Malerei. Hofiert und umschmeichelt, wird Pollock, wie es De Kooning ausgedrückt hat, zum Symbol des „Eisbrechers“. Für Max Ernst und Masson war er ein Weggefährte der europäischen Surrealisten, für Motherwell ein Thronanwärter für den Meister der Amerikanischen Schule. Aber in der stürmischen Zeit des New York der 1950er und 60er Jahre verliert Pollock alle seine Bezugspunkte. Durch seinen zu schnellen Erfolg verfällt er dem Alkoholismus und zerstört seine Ehe mit Lee Krasner. Um seinen Mythos vollkommen zu machen, musste er, wie der andere Star dieser Epoche, James Dean, nach einem Saufgelage mit seinem Oldtimer tödlich verunglücken. Das vorliegende Ebook betrachtet Pollocks Persönlichkeit unter einem neuen Licht, dem seines Werkes, das ihn unbestritten zu einem Meister des abstrakten amerikanischen Expressionismus macht.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Sept. 2015
ISBN9781783106431
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    Buchvorschau

    Pollock - Donald Wigal

    Vorwort

    Jeder der fünf Abschnitte dieses Buches ist einer Zeitspanne von mindestens zehn Jahren gewidmet. Jeder der Unterabschnitte nennt zu Beginn einige historische Ereignisse, die zumindest indirekt relevant für Pollock waren oder als Hintergrundinformation von Bedeutung sind. Die für das jeweilige Jahr genannten Ereignisse werden nicht unbedingt in chronologischer Reihenfolge genannt, so dass dieses Buch nicht als eine strikt chronologische Darstellung zu verstehen ist.

    Obwohl bei der Abfassung dieses Buches mehr als 20 Pollock-Biographien gesichtet wurden, ist das umfassende Werk von Naifeh und Smith gemeint, wenn von Pollocks Biographen die Rede ist. Ebenso sind mit de Koonings Biographen stets Stevens und Swan und mit Peggy Guggenheims Biographin immer Mary V. Dearborn gemeint.

    Untitled (Self-portrait) (Ohne Titel (Selbstporträt)), 1931-1935.

    Öl auf Gips und Leinwand, auf Holzfaserplatte geklebt,

    18,4 x 133 cm, The Pollock-Krasner Foundation, New York.

    Einleitung

    Vor etwa 50 Jahren starb der Künstler Jackson Pollock, doch lebt er in seinen Biographien und vor allem in seinen Werken fort. Ein Großteil seines Genies kam darin zum Ausdruck, wie er das Sichtbare verhüllte, während er das Unsichtbare enthüllte.

    Ein Überblick über die wesentlichen Ereignisse in Pollocks Leben kann seine gepeinigte Seele sowie sein außerordentliches Werk entfalten und gleichzeitig illustrieren, in welch turbulenten Zeiten er lebte. Dieser Abriss bietet aber keine endgültige Erklärung seines Verhaltens oder seines Genies, sondern soll mit dem Rest der Welt vor diesem Mann und seinem Werk stehen und von dem Negativen verwirrt, von dem Positiven beeindruckt und der Ambiguitäten bewusst sein. Dabei wird deutlich werden, dass Pollock, indem er sich und seine Kunst auf so einzigartige Weise verhüllte, in paradoxer Weise viel von seinem inneren Leben preisgab, so dass wir in der Lage sind, seine spirituelle Reise – wenn nicht gar einen Teil der universellen menschlichen Reise – besser zu verstehen. Vieles in Pollocks Leben und ein großer Teil seiner radikal neuen Kunst erweisen sich als mystisch und gleichzeitig profan, als hässlich und zugleich beeindruckend. Pollock scheint, wie seine Kunst, zuweilen unschuldig und einfühlsam. Gleichzeitig jedoch wirken sein Leben und seine Kunst rau, aggressiv und machohaft. Die Biographin Andrea Gabor nennt ihn ...brilliant und naiv, sanft und agressiv, verletzlich und zerstörerisch und kommentiert: …nur wenige Künstler… schienen den maskulinen Exzess dieser Zeit stärker zu personifizieren als Jackson Pollock, der zu einem Archetyp der ungezügelten künstlerischen Vitalität wurde. (427)

    Die Phasen in Pollocks Leben und Kunst überlappen sich und bilden häufig Gegensatzpaare wie Kind – Mann, Engel – Ungeheuer und Schöpfer – Zerstörer. Viele Menschen werden von dem, was in seiner Kunst hässlich ist, auf Distanz gehalten, während sie gleichzeitig von dem, was in Pollocks wilder Präsenz und seiner brillanten Leistung schön ist, angezogen werden. Gleichzeitig trieben Pollock – oder trieb Pollock – seine selbstzerstörerischen Neigungen und seine Isolation vor 50 Jahren ironischerweise in seinen sehr öffentlichen Tod.

    Mehrere interessante Aspekte von Pollocks Leben finden hier keine Beachtung, unter anderem seine Beziehungen mit den Familien seiner Brüder, seine Vorliebe für Hunde, seine Begeisterung für alte Autos etc. Das Ziel dieses Buches ist es, sein Werk in seinen historischen Kontext einzuordnen. Was Pollock über The She-Wolf (Die Wölfin) sagte, gilt für sein gesamtes Werk: …jeder Versuch von mir, etwas über es zu sagen, eine Erklärung des Unerklärlichen zu versuchen, könnte es nur zerstören. Aber einige Menschen benötigen sicherlich eine gewisse Hilfe, um den Punkt zu erreichen, an dem man die Kunst nur noch als Kunst erfährt.

    Einige Anhänger von Pollocks Kunst mögen es vorziehen, nichts über sein turbulentes Leben zu wissen. Der folgende biographische Abriss ist daher für jene gedacht, deren Kunstgenuss von solchem Wissen profitiert. Es gibt ferner Kunstliebhaber, die eine wissenschaftliche Analyse von Kunstwerken sinnvoll finden, während andere dies nicht tun. Für die Erstgenannten könnte Richard Taylor, ein Physikprofessor an der University of Oregon, interessant sein. Seine faszinierenden Studien beschäftigen sich mit dem fraktalen Expressionismus und den so genannten chaotischen Prozessen in der Kunst Pollocks. (107)

    Abbildungen

    Für viele Leser sind Reproduktionen nicht viel mehr als Postkarten, die sie an die Kunstwerke selbst erinnern, für die es in der Tat keinen Ersatz gibt. Jemand hat vorgeschlagen, die ersten beiden Abbildungen in Originalgröße abzubilden, da diese Werke klein sind.

    Es muss jedoch deutlich gemacht werden, dass die Abbildungen häufig nicht in einem einheitlichen Maßstab zur Größe der Originalbilder wiedergegeben sind, so dass kleine und große Werke hier etwa gleich groß erscheinen können. In einer Pollock-Biographie z.B. ist eine Reproduktion von Guernica etwa ein Drittel so hoch wie Pollocks auf der gegenüberliegenden Seite abgebildetes Birth (Geburt). Tatsächlich ist Picassos Bild aber drei Mal so hoch wie Birth.

    Die Chronologie der hier wiedergegebenen Ereignisse entspricht der in Dutzenden vorliegender Biographien, obwohl andere Fakten und vor allem die Reihenfolge, in der Pollocks Werke vollendet wurden, sich unterscheiden mögen. Die Chronologie wird in diesem Buch generell gegenüber der Entwicklung von Themen zurückgestellt.

    Gemäldetitel

    Nach den Titeln von Pollocks Gemälden gefragt, äußerte Lee Krasner, Pollock habe gewollt, dass die Menschen reine Gemälde ansehen und nicht von Titeln abgelenkt werden. In einem Interview im New Yorker vom August 1950 erklärte Pollock: Ich habe mich entschlossen, nicht weiter zu der Verwirrung [durch verbale Titel] beizutragen. In der Folgezeit erhielten manche Werke nur Nummern, andere aber durchaus verbale Titel und manche wiederum beides. Ein und dasselbe Werk konnte in unterschiedlichen Ausstellungen mit unterschiedlichen Titeln erscheinen. Die alphabetische Liste am Ende dieses Buches bezieht sich primär auf die Titel in den Ausstellungen. Vollständige Informationen zu diesem Themenkomplex finden sich im vierbändigen Catalogue Raisonné of Patintings, Drawings and Other Works, herausgegeben von Francis V. O’Connor und Eugene V. Thaw und 1978 publiziert von der Yale University Press. Ein Supplement wurde 1995 von der Pollock-Krasner Foundation herausgegeben.

    Die Worte in den Titeln von Pollocks Werken haben häufig, wenn überhaupt, nur wenig mit den Bildern zu tun. (Siehe weiter unten im Abschnitt über das Jahr 1943 die Bemerkungen zu Moby Dick). Die Galeristin Betty Parsons fügte zu manchen Titeln den Buchstaben ‘A’ hinzu, was vermutlich bedeuten soll, dass sie im genannten Jahr ausgestellt, aber nicht verkauft wurden. Sie könnten jedoch nicht einmal in dem im Titel genannten Jahr gemalt worden sein. Spätere Titel sollten Zahlen, Wörter und Kombinationen aus beiden enthalten, wobei Titel auch Daten enthielten und manche wiederum nicht. Zudem implizieren weder die Zahlen noch die Daten eine chronologische Reihenfolge. Der Anhang bietet jedoch eine Liste der in diesem Buch reproduzierten Bilder. Die Titel sind chronologisch nach – wenn dieses bekannt ist – ihrem Entstehungsjahr oder dem im Titel genannten Jahr angeordnet.

    Ebenfalls unter den hier genannten Titeln zu finden sind die beiden Serien Sounds in the Grass (Töne im Gras) und Accabonac Creek. Mehr als 50 Werke Pollocks tragen überhaupt keinen Namen, aber einige von ihnen weisen in ihrem Titel eine Jahreszahl auf, während die anderen ein Jahr zugewiesen bekommen.

    Biographien

    Im Gegensatz zu anderen Biographien verweist das vorliegende Buch gelegentlich auf fiktionale oder poetische Werke über Pollocks reales Leben. Diese fiktionalen Texte sind weniger verlässlich als die eigentlichen Biographien und zuweilen geradezu unerhört. Die einfallsreichsten dieser Werke, wie etwa das Gedicht Jackson Pollock von Frank O’Hara oder der Film aus dem Jahr 2005 PollockSquared (PollockEingefangen) von Bill Rabinovitch, können jedoch Wahrheiten zum Ausdruck bringen, wie es die reinen Tatsachen nur schwer können.

    Derartige Fiktionen können auch hilfreiche Verbindungen zwischen bekannten Fakten herstellen. Dieses Buch bemüht sich, anerkannte Tatsachen von Fiktionen zu unterscheiden. In der Bibliographie sind die benutzten echten Biographien zu finden.

    Historischer Kontext

    Einige der hier wiedergegebenen Kommentare von Zeitgenossen Pollocks wirken heute nicht besonders bemerkenswert. Man sollte sich jedoch vor Augen halten, dass sie Jahre bevor Pollocks Leistung anerkannt war, geäußert wurden.

    Der Boden von Jackson Pollocks Atelier. Der Frühling, East Hampton, Long Island, 1998.

    The She-Wolf (Die Wölfin), 1943.

    Öl, Gouache und Gips auf Leinwand, 106,4 x 170,2 cm,

    The Museum of Modern Art, New York.

    Birth (Geburt), 1938-1941.

    Öl auf Leinwand, 116,4 x 55,1 cm, Tate Gallery, London.

    Untitled, (Scent) (Ohne Titel (Duft)), 1953-1955.

    Öl auf Leinwand, 99 x 146 cm. Sammlung David Greffen, Los Angeles.

    Einige dieser Aussagen waren geradezu prophetisch, da sie aus einer Zeit stammen, in der nur ihn unterstützende Verwandte und ein kleiner Freundeskreis Pollocks Arbeiten kannten. Einige seiner Zeitgenossen erkannten nicht nur sein Potenzial, sondern riskierten, indem sie ihn unterstützen, auch ihre Reputation. Dies galt besonders für seine ebenfalls künstlerisch tätigen Brüder oder auch Thomas Hart Benton, Lee Krasner, Howard Putzel, Peggy Guggenheim, Clement Greenberg und James Johnson Sweeney. Die folgenden Seiten bieten ein kurzes Profil von jedem dieser einflussreichen und für Pollock wichtigen Menschen.

    Pollocks politische Philosophie

    Dieser Überblick weist wie frühere Biographien, Filme, Theaterstücke und Kommentare über Pollocks Leben und Werk wahrscheinlich dasselbe Muster auf, das der politische Kommentator David Walsh im Drehbuch von Ed Harris’ Film Jackson Pollock identifiziert hat. Walsh bemerkt, dass der Film …eine Reihe biographischer Details ansammelt, ohne ihnen jemals einen tiefen Sinn zu verleihen. (297) Wie die vorliegende und andere Biographien kann der genannte Film die Beurteilung jedoch dem Leser bzw. Betrachter überlassen.

    Die meisten Biographen Pollocks bemühen sich in vorhersehbarer Weise, die persönlichen psychologischen Ursachen für sein zerrüttetes Leben zu ergründen. Auch dieser Überblick befasst sich mit Pollocks Alkoholismus, bezieht die Erkenntnisse von Psychiatern ein und präsentiert die Ergebnisse von Studien wie jener des wegweisenden Pollockforschers Francis V. O’Connor. Auch Walshs folgender Kommentar findet Berücksichtigung: Ein verzweifeltes Verlangen nach Anerkennung zwingt einen gewöhnlich dazu, etwas zu tun, das auffällt… Pollocks Verlangen nach Anerkennung grenzte an das Psychopathische.

    Walsh betont jedoch, dass Pollocks Probleme und die des Abstrakten Expressionismus und der amerikanischen Nachkriegsmalerei insgesamt zu einem großen Teil mit der dramatischen politischen Situation um die Mitte des 20. Jahrhunderts zusammenhingen. Er verweist besonders auf die Entstehung des Stalinismus in der Sowjetunion und kommunistischer Parteien in der ganzen Welt, auf Trotzkis Opposition gegenüber dem Stalinismus und das tragische Schicksal der sozialistischen Revolution, wie auch auf den konservativen Charakter der amerikanischen Nachkriegsgesellschaft. (296)

    Porträts

    Kurze Profile von Schlüsselfiguren in Pollocks Leben helfen dabei, den Hintergrund und historischen Kontext von Pollocks Leben zu illustrieren. Knappe Biographien der oben genannten Personen sowie Bemerkungen über Willem de Kooning, Matta, Ruth Kligman und Frank O’Hara sind infolgedessen über das Buch verteilt.

    Künstlerische Phasen

    Pollocks stilistische Phasen überlappten sich. Wie bei vielen Künstlern üblich, wurden seine frühen Werke (d.h. bis etwa in das Jahr 1947 hinein) gelobt. Anschließend werteten die Kritiker sie wieder ab, da die folgenden Arbeiten noch besser waren. In ganz ähnlicher Weise sieht man Werke nach einer besonders erfolgreichen Periode (in Pollocks Fall etwa nach 1950) als weniger wertvoll an. Aber selbst die weniger erfolgreichen Werke in Pollocks Oeuvre hätten ihm einen wichtigen Platz in der Kunstgeschichte gesichert.

    Pepe Karmel bemerkt: …was auf Beobachter in den 1940er und 50er Jahren wie eine relativ bruchlose Entwicklung gewirkt hatte, wurde nun in drei Phasen aufgespalten: die frühen Arbeiten, die klassischen drip paintings und das Spätwerk." (Der Ausdruck drip wird hier nur in Zitaten verwendet, da Pollock oder Krasner diesen Terminus nicht mochten. Er lässt sich kaum ins Deutsche übersetzen, da er gleichzeitig die Tätigkeiten Tropfen, Gießen, Sprengen und Spachteln von Farbe bezeichnet). Dieses Buch unterteilt Pollocks Leben, angelehnt an die drei von Karmel oben angefügten Zyklen, in vier Abschnitte:

    Der Mythos des Künstler-Cowboys

    Die Kämpfe der frühen Jahre: Energie sichtbar machen

    Glänzende Jahre auf dem Gipfel: Kunst als Selbstentdeckung

    Die Gesten eines Genies: Der Einbezug der Kunst und anderer Menschen in die Selbstzerstörung

    Reflection on the Big Dipper (Widerschein des Großen Bären), 1947.

    Öl auf Leinwand, 111 x 92 cm, Stedelijk Museum, Amsterdam.

    Der Mythos des Künstler-Cowboys

    Geburt

    Im Geburtsjahr Jackson Pollocks wurde der Demokrat Woodrow Wilson (1856-1924) Präsident der Vereinigten Staaten. Aber vor allem die Politik seines ebenfalls demokratischen Nachfolgers Franklin Delano Roosevelt (1882-1945) sollte großen Einfluss auf Pollock und die Kunstwelt ausüben. Zufälligerweise waren sowohl Pollocks Geburts- als auch sein Todesjahr durch große Katastrophen der Schifffahrt gekennzeichnet. Die Titanic sank 1912 auf ihrer Jungfernfahrt, während im Jahr 1956 die Andrea Doria sank. Der Untergang der Titanic war die wichtigste Nachricht des Jahres 1912. In diesem Jahr wurden Arizona und New Mexico Bundesstaaten der USA. Die Ereignisse aus diesem Jahr, die die größten Auswirkungen auf Pollock haben sollten, waren jedoch die Veröffentlichung von C. G. Jungs Zur Psychoanalyse und die Popularität von Werken Picassos wie die des aus diesem Jahr stammenden Bildes Die Violine.

    Cody

    Jackson Pollock wurde am 28. Januar 1912 auf der Watkins Ranch in Cody, Wyoming, geboren. Cody liegt im Nordwesten dieses Bundesstaates, etwa 80 km vom Yellowstone Nationalpark entfernt. Wyoming ist als der Cowboystaat bekannt und gehörte zum legendären Wilden Westen. Als Jacksons Eltern dorthin zogen, lebten in Cody etwa 500 Menschen. (334) Pollocks früheste Erfahrungen fanden in einer Atmosphäre der Mythologisierung und Romantisierung des Alten Westens statt. Jacksons Geburtsstadt wurde nur sechs Jahre, bevor die Familie Pollock dorthin zog, von Colonel William Buffalo Bill Cody (1846-1917) gegründet, vermutlich der bekanntesten historischen Figur aus dem gesamten Bundestaat. Dutzende Orte in dieser Gegend trugen seinen Namen. Er war ein international bekannter Büffeljäger und Showman, ein Förderer – und sogar der Schöpfer – einiger der legendärsten Symbole der Wildwest-Kultur. Cody schlachtete ohne jede Not 6570 Büffel ab, in einer Zeit, in der Tier- und Umweltschutz noch keine Rolle spielten. Zurzeit von Jacksons Geburt näherte sich Buffalo Bill bereits dem Ende seines Lebens. Pollock sollte aber auf eine eigentümliche Weise den Pioniergeist und den Mythos des legendären amerikanischen Cowboys weitertragen. Obwohl Pollock nur seine ersten Lebensmonate in Cody verbrachte, ließ er manche Menschen in dem Glauben, er habe bis zu seiner Ankunft in New York in dieser Westernstadt gelebt. Die an Pollock erinnernde Figur in John Updikes von Pollock inspiriertem Roman Sucht mein Angesicht aus dem Jahr 2002 …erzählte den Leuten immer, dass er ein Cowboy gewesen sei, und es war eine Lüge, aber sein Körper sah so aus. (429)

    Willem de Koonings Biographen bemerken, dass …Pollocks Selbstzerstörung eine Art Größe hatte, die viele in der Kunstwelt respektierten. Pollock schien eine wirklich amerikanische Figur zu sein, ein authentischer Visionär, Cowboy und Alleingänger. (189)

    Fiktion

    Der Titel von Updikes Roman spielt auf den Vers in Psalm 27 an: Mein Herz denkt an dein Wort ‚Sucht mein Angesicht’. Dein Angesicht, Herr, will ich suchen. Der Psalmendichter, Updike und auch Biographen wollen das Bild ihres Gegenstands enthüllen, obwohl sie wissen, dass das Bild letzten Endes ein Geheimnis bleiben wird. Aber gleichzeitig verhüllt Updike seinen Gegenstand – Jackson Pollock – auch, allerdings recht durchsichtig. Einige der Namen im Roman etwa sind offensichtliche Anspielungen, etwa Onna de Genoog alias Willem de Kooning oder Hackmann alias Hofmann. Seamus O’Rourke ist fast ein Anagramm von Mark Rothko. Updikes Hauptfigur trägt den Namen Zack McCoy. Dieser Name kombiniert die leicht abgewandelte Kurzform von Pollocks Vornamen (Jack) mit dem Nachnamen seines Vaters (McCoy).

    The Real McCoy

    Offensichtlich wurde er nur von seiner Familie Jack genannt. (146) Er unterzeichnete aber mindestens einen Brief mit Jacks. (384) Im Jahr 1930 legte Pollock seinen ersten Namen, Paul, ab. Jahre später nannte seine Frau Lee Krasner ihn sogar in seiner Gegenwart nur Pollock. McCoy war der Geburtsname von Jacksons Vater LeRoy. Nach dem Tod seiner Eltern im Jahr 1897 nahm sich eine Familie namens Pollock des Vaters Jackson Pollocks an, die ihn zehn Tage vor seinem 21. Geburtstag adoptierten. Er nahm dann den Namen Pollock an. Er bat zwar einen Anwalt, dafür zu sorgen, dass er seinen Namen wieder in McCoy ändern konnte, aber das war zu kostspielig. (383)

    Seltsamer als Dichtung

    Während Biographien häufig keine Fiktionen berücksichtigen, gibt es Romane, Dramen und Filme über Pollock, die, mit den üblichen Vorbehalten, dabei helfen, einige Löcher in den Pollock verhüllenden Schleiern zu stopfen. Der Literaturkritiker des Time Magazine hielt Updikes Roman Sucht mein Angesicht für schön und weise. (63)

    Composition with Pouring II (Komposition mit Gießverfahren II), 1943.

    Öl auf Leinwand, 64,7 x 56,2 cm. Smithsonian Institution, Washington, DC.

    Male and Female (Mann und Frau), 1942.

    Öl auf Leinwand, 184,4 x 124,5 cm, Philadelphia Museum of Art, Philadelphia.

    Updikes Porträt Pollocks illustriert in der Tat nicht nur einige Details wesentlich plastischer als die meisten ernsthaften Biographien, sondern kombiniert auch Tatsachen mit Gerüchten aus der Sensationspresse über Pollocks Affären, Homosexualität und uneheliche Kinder. Viele Pollock-Anhänger schenken dem Roman Glauben, sie mögen die sensationellen Schlagzeilen der Regenbogenpresse und perpetuieren unnötigerweise gewisse Mythen. Andere meinen jedoch, es gebe in der Realität genug Gewalt, Schocks und Ausschweifungen, so dass Übertreibungen nicht notwendig seien.

    Es gibt einen weiteren Roman über Pollocks Leben, Top of the World, Ma! (Sieh mich an, Ma!) von Michael Guinzburg. Dieser Roman präsentiert viele auch in Updikes Buch zu findenden Episoden aus Pollocks Leben. (30) Der Titel bezieht sich auf einen Ausspruch des Schauspielers James Cagney in dem Film Maschinenpistolen aus dem Jahr 1949. Er lautet im Original Sieh mich an, Ma! Auf dem Gipfel der Welt. Dieser Ausspruch wäre für Pollock auf dem Höhepunkt seiner Karriere gegenüber seiner Mutter zweifellos angemessen gewesen.

    Die Familie Pollock

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