Erpresser frieren schneller und andere seltsame Geschichten
Von Helmut Schadt
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Über dieses E-Book
Helmut Schadt
Helmut Schadt, geboren 1948 in Blieskastel im Saarland, studierte Elektrotechnik in Saarbrücken und unterrichtete von 1975 bis 2012 an berufsbildenen Schulen und in Jugendstrafanstalten. Er schreibt Kurzgeschichten und zeichnet , vorwiegend Porträts und Karikaturen.
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Buchvorschau
Erpresser frieren schneller und andere seltsame Geschichten - Helmut Schadt
Inhaltsverzeichnis
Titelseite
Britta und Brittany
Grabschänder
Kühe sind auch nur Menschen
Erpresser frieren schneller
Die Gedanken sind frei
Impressum
Erpresser frieren schneller und andere seltsame Geschichten
Helmut Schadt
Britta und Brittany
Ein nebliger Montagmorgen. Haider fuhr mit der Bahn in den Südwesten des Landes. Das unangenehm nasskalte Wetter wurde nur noch von Haiders depressiver Stimmung übertroffen. Dem Informatiklehrer Daniel Haider war dieses kleine Bundesland früher so bekannt gewesen wie Patagonien. Vielleicht interessant für Landvermesser und Missionare. Aber nun sollte diese Region an der französischen Grenze zum Zentrum seines neuen Lebens werden. Getreu dem Motto: Nur weg von allem, wofür er sich jahrelang begeistert hatte.
Er hatte auf der Landkarte einen Kreis mit dem Radius 30 cm um seinen bisherigen Wohnort gezeichnet. Gemäß dem Maßstab eins zu einer Million wollte er also mindestens einen Sicherheitsabstand von 300 km zu seiner alten Heimat einhalten Die Richtung war ihm egal. Es hätte auch Mecklenburg-Vorpommern oder ein Dorf im Allgäu sein können. Aber im Saarland wurden Lehrer in den neuen Technologien gesucht. Das dortige Kultusministerium hatte ihm eine Stelle angeboten. Damit war seine Entscheidung gefallen. Auch sein Psychoarzt hatte ihm geraten, Altlasten endgültig zu entsorgen. Ein Wechsel in ein anderes Bundesland konnte ihm da nur dienlich sein. Die letzten 10 Lebensjahre erschienen ihm im Moment als große Zeitverschwendung. Er wollte nicht ständig daran erinnert werden. Seine alte Wohnung, Arbeit, Freunde und Bekannte, alles hakte Haider ab.
Seine Lebensgefährtin hatte ihm übel mitgespielt. Ihre gemeinsamen Bekannten hielten mehr zu ihr. Angeblich wollten sie sich nicht einmischen, wollten sich aus fremden Beziehungskrisen raushalten. Diese Ausreden hatten aber nur ihr gedient. Egal! Es war vorbei. Sein neues Leben lag vor ihm. Er war gesund, erst 30 Jahre alt und hatte keinen Grund jemandem nachzuweinen.
Als der Zug in den Bahnhof seiner künftigen Heimatstadt einfuhr, spürte Haider sofort die angenehme, warme Sonne. Der Himmel leuchtete in einem freundlichen Blau und neue Lebenskraft durchströmte ihn. Momentan bereute er seinen Entschluss noch nicht. Die Schulferien endeten erst in zwei Wochen. Genug Zeit, um sich neu zu finden und zu orientieren. Sein Apartment lag in einer verkehrsberuhigten Zone, nicht weit von der City und auch nicht weit von seiner Arbeitsstelle.
Aber was bedeutete in diesem Ländle schon verkehrsberuhigt. Hier war es überall ruhig. Für einen Menschen, der sich täglich stundenlang durch den Straßenverkehr gewühlt hatte, nur um zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen, waren das paradiesische Zustände. In früheren Zeiten hatte er aber auch über dieses Bundesland gescherzt:
„In diesem Landstrich möchte ich niemals tot über der Wäscheleine hängen."
Haider wollte zukünftig in einem anonymen Apartmenthaus wohnen. Keine Pflichten gegenüber aufdringlichen Nachbarn. Keine sonstigen Pflichten wie Schneeschaufeln oder Straßenfegen. Das wurde nun alles über die Nebenkosten geregelt. Selbst der Müll verschwand in einem Loch in der Wand, dem sogenannten Müllschlucker.
In dem Städtchen gab es keine Metro, aber eine Straßenbahn. Sie brachte ihn rasch vom Bahnhof zu seinem neuen Zuhause. Ein kleiner, gepflegter Park umrahmte das vierstöckige Gebäude.
Die Wohnungsübergabe war schnell erledigt. Der Hausmeister hörte sich gerne reden und vor allen Dingen jammern und klagen. Eines war Haider sofort klar: Dieser Hausmeister war kein Katzennarr:
„Manchmal ist der Gestank im Hausflur unerträglich", nörgelte er.
Eigentlich sei das Halten von Haustieren nur mit Zustimmung aller Parteien im Haus erlaubt.
Haider mochte Katzen. Auf der Treppe vor seiner Wohnung im zweiten Stock saß eine wunderschöne Maine Coon. Sie blinzelte ihn neugierig an. Als er sich ihr näherte, verschwand sie wie ein flüchtiger Schatten. Von störenden Gerüchen hatte Haider im Hausflur bisher nichts bemerkt.
„Eine von diesen Drecksviechern, gehört Frau Holthaus, Ihrer direkten Nachbarin."
Haider antwortete darauf nichts. Das Gemeckere ging ihm schon jetzt gehörig auf die Nerven. Aber er wollte sich den Hausmeister nicht zum Feind machen, bevor er überhaupt eingezogen war.
Der Hausmeister öffnete die Tür zu Haiders Apartment und übergab die Schlüssel. Die Wohnung war teilmöbliert, auch ein Bett war vorhanden. In den nächsten Tagen würde Haider dennoch eine Menge einkaufen müssen. Aber an diesem Abend war er von der langen Zugfahrt ermüdet und ging früh zu Bett.
Die Stille