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Juliette Fortuna: Ein Kinderroman aus den ligurischen Alpen
Juliette Fortuna: Ein Kinderroman aus den ligurischen Alpen
Juliette Fortuna: Ein Kinderroman aus den ligurischen Alpen
eBook201 Seiten2 Stunden

Juliette Fortuna: Ein Kinderroman aus den ligurischen Alpen

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Über dieses E-Book

Der elfjährige Ele aus den Bergen Norditaliens gerät auf einem Ausflug mit seinem älteren Bruder Marco in ein ungewöhnlich schweres Unwetter. Im abgeschiedenen ‚essecatoio’, einem Trockenhäuschen für Kastanien, finden sie Unterschlupf. Hier begegnen sie einer geheimnisvollen Alten, die sie durch ihre Erzählkunst verwirrt und ängstigt, aber auch in Erstaunen versetzt.

Schlagartig verändert sich Eles Leben und seltsame Dinge passieren...
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum4. Nov. 2014
ISBN9783738663235
Juliette Fortuna: Ein Kinderroman aus den ligurischen Alpen
Autor

Ingeburg Freigang

Geschichten spontan erfinden und Kindern erzählen, dass gehörte zum Berufsalltag der Autorin. Zum Schreiben kam Ingeburg Freigang erst sehr spät. Durch ihre jahrelange pädagogische Tätigkeit, mit dem Thema Sprachförderung, entstand „Quendolin der Zauberer“ und wurde 2011 veröffentlicht. Ihr zweites Buch: „Juliette Fortuna“, ein Kinderroman aus den ligurischen Alpen, wo sie seit Jahren ihre zweite Heimat gefunden hat, erzählt von den Lebensgewohnheiten der Bewohner dieser Region. Sprache, Menschen und ihre Geschichten sind ihre große Leidenschaft und bieten den Stoff für ihre Bücher, wobei es immer wieder um das Miteinander, die Achtsamkeit und um ‚grenzenlose’ Freundschaft geht.

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    Buchvorschau

    Juliette Fortuna - Ingeburg Freigang

    Für meine Töchter

    Jana Beate & Manuala

    Inhaltsverzeichnis

    Kapitel:

    1. Der rätselhafte Schatten

    2. Land und Leute

    3. Glitzern an den Hängen

    4. Wackelpudding – ‚budino’

    5. ‚Benvenuti’ Marco

    6. ‚Miele’ und das Bienenvolk

    7. Das große Staunen

    8. Gefährliche Begegnung

    9. Der Unfall – l’incidente

    10. Das Trockenhäuschen – ‚siccatoio’

    11. Die Hexen von Triora

    12. Das große Geheimnis

    13. Juliette

    14. Der ‚Hohe Rat’

    15. Eine andere Welt

    16. Erste Begegnung

    17. Das Versprechen

    18. Die Berge kochen

    19. Neuigkeiten

    20. Die Knattertour

    21. Der Abschied

    22. Pieros Träume

    23. Die Busfahrt

    24. Der Sandschlucker

    25. Chaos

    26. Schäfchen gucken

    Epilog – Geografisches, Historisches, Hintergründe

    Legende – Übersetzung

    Quellennachweis

    Der rätselhafte Schatten

    Emanuele hüpfte von einem Bein auf das andere und rieb sich die schmerzenden Finger.

    „Selber schuld!, lachte Piero. „Hättest du die ‚marroni’ liegen gelassen! Selber schuld, selber schuld!

    „Hör endlich auf mit deinem ‚selber schuld’ du ... ich bin doch nicht blöd oder denkst du ich will wieder Ärger riskieren, wie beim letzten Mal, he?!"

    „Ach was Ele, du hast immer nur Angst!"

    „Ich habe keine Angst, ich habe keine Lust auf ..."

    Piero gab nicht auf, er hänselte immer weiter und gab keine Ruhe. Doch plötzlich wurde er stiller und flüsterte nur noch: „Wir dürfen uns nur nicht erwischen lassen." Auffallend starrte er horchend in die Leere, drückte den steif erhobenen Zeigefinger auf seine spitzen Lippen und verharrte in äußerster Anspannung.

    „Ich will …", wollte Emanuele gerade erwidern, doch da bemerkte auch er den dunklen Schatten hinter dem hängenden Bettlaken. Misstrauisch blickten beide auf das Wäschestück. Der Schatten rührte sich nicht vom Fleck. Wer war das? Was sollte das? Wurden sie etwa belauscht? Hmmm, na das wäre eine schöne Bescherung, dachte Ele.

    Auch Pieros Lippen nahmen wieder normale Formen an. Dem sonst so abenteuerlustigen Piero war es nun doch etwas unheimlich! Schweigend beobachteten sie die schwarze Gestalt. Der Körper bewegte sich nicht, aber die Umrisse eines Menschen waren ohne Zweifel erkennbar. Mucksmäuschenstill standen sie wie angewurzelt vor dem Betttuch. Endlich, die mysteriöse Gestalt bewegte sich etwas zur Seite und das Abbild eines langen Zopfes wurde sichtbar.

    „Ahhhhh, das könnte ... ich glaube, ich weiß, wer das ist."

    Doch plötzlich fuhr ein heftiger Windstoß in die volle Breitseite des Lakens und die Schattengestalt verschwand in dem flatternden Tuch. Der Stoff wickelte sich um den stöhnenden Körper und das Strampeln und Kreischen sah ganz nach einem Mädchen aus. Kein Junge würde jemals so ein Gezeter veranstalten, darin waren sie sich einig!

    „Was zappelt denn hier so wild? Was haben wir denn da im Netz? Woll’n doch mal sehen – und den großen Octopus befreien!, jubilierte Piero. „Komm Ele, pack das Monster, greif es dir und dann ab mit dem Riesenkraken in die Wassertonne da drüben. Los Ele, avantiiiii!

    „Auu, verflixt, meine Hand, auuu!"

    „Mammamia ... Ele, du jammerst doch mehr als dieses Krakentier hier in der Gefangenschaft!"

    „Ach du, du hast ja keine Ahnung, wie weh das tut, seufzte Ele, „und dieser Wildfang hier, dieses Biest ... tritt und strampelt wie verrückt. Lass uns tauschen Piero, los, schnapp die Tentakel!

    Sein Freund Piero war ganz in seinem Element und krakeelte schon wieder: „Das ist ein Prachtfund, ein Exemplar der Sonderklasse, fantastico. Na klar, es will schwimmen das kleine Monstertier!"

    „Langsam Piero, auii ... hmm, Trockendeck ... ist nichts für gestrandete Meerestiere", hechelte Ele. Es war ein strapaziöser Kampf mit der rätselhaften Person, doch beide waren in Höchstform!

    „Gleich gibt’s eine Attraktion, ein Fest: daas Wassertonnenkrakenkracherfest! ‚Attenzione’, fertigmachen zum Wechseln! Und dann hinein mit dem Getier, avanti’, uno, due, tre … prustete Piero fast atemlos. Doch gerade, als der Wechsel stattfinden sollte, flog die Tür des ‚casella’, eines winzig kleinen Steinhäuschens auf und kreischend stürzte Clelia auf sie zu. „Wollt ihr wohl, ihr Lausbuben, ihr lumpiges Lumpengesindel ihr …! Ich mach euch Beine, na wartet!

    Ele und Piero ließen vor Schreck ihren Fang fallen. Wie ein Kartoffelsack plumpste der auf Clelias Radicchiobeet!

    „Ich kenne euch, alle beide, wartet nur ... ihr fagabuti ... ihr entkommt mir nicht! So eine Schweinebande.

    Ich kriege euch, iiiihr!"

    Emanuele und Piero rannten, was die Beine hergaben und erst, als sie sich sicher waren, dass Clelia sie nicht mehr sehen konnte, ließen sie sich unter einen alten Olivenbaum fallen. Die Luft war knapp, sie atmeten beide schwer und brauchten eine ganze Weile, bis sie sich von dem Schreck erholt hatten.

    „Puuuh, Glück gehabt Piero, hätte dumm ausgehen können!"

    „Für wen, für den Kraken oder was meinst du? Der, oder besser gesagt ‚sie’, hat doch Glück gehabt!"

    „Wir aber auch, keuchte Ele, „wir hätten fast mit der Bohnenstange Bekanntschaft gemacht. Glaub mir, Clelia hätte die uns mächtig um die Ohren sausen lassen! Das hätte gesessen!

    „Aber nur bei dir Ele, ich hätte sie ausgetrickst, mein Boxtraining hätte mich gerettet. Die hätte mich nicht erwischt!" Er sprang auf, trippelte auf dem bräunlich grünen Rasen herum, kickte drei kurze Boxschläge in die Luft und ließ sich der Länge nach unter den Olivenbaum fallen.

    „Wieso bist du dir immer so sicher Piero? Ich wette ..."

    „Ach, komm Ele, hör auf und sage mir lieber, wer das Krakenmonster war." Piero kniff die Augen zusammen und wartete auf eine Antwort.

    „Hmmm ... weiß nicht, aber es könnte Fulvia gewesen sein, die komische Nichte vom bärtigen Ziegenbauern, meinte Ele mit zweifelnder Gebärde. „Obwohl sie sonst nur in den Ferien hier hoch kommt ... in ihren komischen Röcken ... hi und ich habe sie noch nie reden gehört, die ist wirklich komisch ... echt zickig!

    „Na ja, als eine Verwandte vom Ziegenbart, was soll einem da schon einfallen? Der ist doch selbst so ein komischer Kauz, spricht mit niemandem, außer natürlich mit seinen Ziegen, mmääck ... mmää..."

    Ele schmunzelte über Pieros Gesichtsakrobatik. Er kannte keinen, der so verrückte Grimassen schneiden konnte und dazu die kuriosesten Töne hervorbrachte. Das war echt unglaublich!

    Lachend fügte Piero hinzu: „Der kann vielleicht nur Ziegisch!", und blitzschnell rollte er sich um die eigene Achse!

    „Was, wenn sie uns schon länger beobachtet und unseren Plan mitbekommen hat?", fragte Ele nachdenklich.

    „Nein, dann hätten wir sie doch schon längst entdeckt, antwortete Piero. „Und wo, bitteschön, sollte sie sich versteckt haben, im casella? Da war Clelia und das Wohnhaus ist viel zu weit weg, um ein Gespräch zu belauschen. Weit und breit war nichts zu sehen, no, no! Das Bettlaken war die einzige Möglichkeit. Mir ist allerdings ein Rätsel, wann und wie sie sich heranschleichen konnte und wieso wir nichts bemerkt haben.

    „Hm, das frag ich mich gerade auch. Sie ist vielleicht ein Geist, huuuuuuu," fügte er zähneklappernd hinzu.

    „Aber wahrscheinlich hast du recht Piero, sie hat nichts mitbekommen." Was Ele beruhigte.

    Er blickte auf seine Armbanduhr und erschrak. „Oh, ist das schon spät, Hilfe! Weißt du was Piero, ich muss schnellstens nach Hause. Mein Bruder kommt heute aus dem Piemont und ich darf seine Ankunft nicht verpassen. Ich freue mich schon die ganze Woche auf ihn. Also, lass uns verschwinden!"

    „Gut Ele, wann treffen wir uns wieder?", wollte sein Freund wissen.

    „Marco bleibt nur für ein paar Tage hier und ich melde mich, sobald er wieder abgereist ist. Mit unseren Klopfzeichen ... dreimal durch die Röhre ... du weißt schon. Wie immer!"

    Mit großen Sprüngen eilte Ele zur Lichtung und verschwand schließlich hinter den alten Korkeichen. Piero schlenderte langsam durch den Olivenhain. Er hielt plötzlich inne. Unterhalb des Hanges entdeckte er den Ziegenhirten mit seiner Herde. Der hockte auf einem Baumstumpf, nahe seiner Brigascaziegen, aber von seinem Feriengast war weit und breit nichts zu sehen.

    Sollte es doch nicht diese Fulvia gewesen sein? Er überlegte nicht lange und preschte den holprigen Eselspfad ins Tal hinunter.

    Land und Tradition

    Der Mittagswind trieb den Geruch des Herbstes durch das Tal. Die aromatische Mischung von typischen Düften ließ sich von ihm tragen. Die Mittagshitze heftete sich immer noch an die steilen Hänge, die erst gegen Abend von Kühle überdeckt wurden. Gut, dass die vielen Bäume Schatten spendeten und der Wind sein Spielchen mit den Blättern trieb, die ab und zu einen Lufthauch in die erhitzten Gesichter fächerte. Dies machte die heißen Tage etwas erträglicher.

    Ele dachte an Marco und seine Gedanken waren im Norden Italiens, im ‚Piemont’ - da wo sein Bruder schon seit sieben Jahren arbeitete. Die große Erntezeit war in den flachen Ebenen schon vorbei. Von da aus konnte Marco die Berge sehen. Nördlich - die hohen Riesen der Schweizer Alpen und südwestlich - die Seealpen.

    Piemont nannte man deshalb auch: „Am Fuße der Berge." Ausgebreitet lag der fruchtbare Boden zwischen großen Ortschaften, stattliche Bauerngehöfte säumten die ausgedehnte Weite. Immer wieder wechselten sich beckenförmige Wasserflächen mit bestelltem Ackerland ab. Erddämme hielten das Wasser in den Feldbecken zurück, in denen Reis wuchs. Ein Großteil der Anbauflächen war mit Flachs bestellt. Dieser wurde zu Seilen für die Bootsindustrie oder Stricke für die Landwirtschaft verarbeitet.

    Aber ganz besonders brauchte ihn die Kleidungsindustrie. Deren Produkte wurden von den nahe gelegenen Häfen des Mittelmeeres – Genua, Andorra und Imperia - auf Handelsschiffe verladen und eroberten die Welt. Die feinen Stoffe und eleganten Kleider waren weltweit begehrt und verhalfen dem Norden Italiens zu internationalem Ansehen.

    Emanuele kannte viele Geschichten über diese Schiffsreisen – von fremden Ländern und auch über die Arbeiten in den Fabriken aus dieser Region. Das fand er alles interessant.

    Er freute sich riesig auf Marco, der endlich wieder einmal für einige Tage nach Hause kam. Wenn er nur schon da wäre, dachte Ele.

    Hier oben, an den Steilhängen des Argentinatales, wo sie gemeinsam ihr Zuhause hatten, war vieles anders, als in der Poebene. Die schmalen Terrassenfelder ließen keine großen Anbauflächen zu. Auch durch die kühleren Temperaturen begannen die Haupternten erst viele Wochen später. Ende September bis Ende Dezember wurden die Kastanien geerntet.

    Früher, viele jahrhundertelang, dienten sie als Lebensgrundlage der Bergbevölkerung. Sie lieferten das Mehl zur Herstellung von Backwaren und Pasta oder sie wurden im Ganzen gekocht und in deftigen Braten mitgegart. Aber ganz besonders schmeckten sie geröstet. Um sie als Lebensmittel verwenden zu können, mussten sie einem besonderen Prozess unterzogen werden.

    Dazu legte man sie kurz nach der Ernte in Wasserbehälter, um die Schlechten von den Guten zu trennen, denn sie waren oft von Schädlingen befallen – von den Kastanienwicklern und vor allem von den Kastanienrüsselkäfern, mit ihren nadelförmigen Rüsseln, deren Larven sich in die jungen marroni bohren. Diese Löcher waren der Grund, dass sie dann im Wasser liegend, bald an die Oberfläche auftauchten. So konnten gesunde von befallenen Früchten getrennt werden.

    Die einen wurden als Tierfutter verwendet und die anderen in gut belüfteten Räumen getrocknet und danach gelagert. Dafür gab es ganz in der Nähe des Wohnhauses extra ein Trockenhäuschen. Ein essiccatore oder hier im Argentinatal, oft noch im Dialekt – essicatoio – genannt. Dies war wegen der kurzen Wege bequem, da das erforderliche Feuer für die Trocknung unter den Kastanien ständig kontrolliert werden musste.

    Aber die meisten seccatoio wurden direkt neben den Kastanienwäldern erbaut, um die Transportwege für Brennholz und Rohkastanien zu umgehen. Ganz wichtig waren auch die Baumstämme der Kastanien. Die Bäume wurden extra ganz dicht nebeneinander angepflanzt, damit sich das Astwerk nicht ausbreiten konnte.

    Dadurch entstand ein Hochwald,

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