Schriften zur Rettung des öffentlichen Diskurses
Von Michael Müller, Peter Seele, Marco Bertolaso und
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Über diese Serie
Besonders für deutsche Journalisten ist Frankreich ein Land der Widersprüche. Das Medienverständnis ist fast das Gegenteil des deutschen. Anspruch und Wirklichkeit, Theorie und Praxis klaffen auch bei den Werten, Prinzipien und Institutionen der Demokratie oft auseinander. Und vor allem: Paris ist nicht identisch mit Frankreich, einem Gebilde, dessen Komplexität nicht zuletzt die Wahlen 2022 offenbarten.
Dieses Buch ist ein Versuch, Frankreich verständlicher zu machen. Es zeigt, wie man sich einem fremden Land, von dem man meint, es zu kennen, annähern kann, und wie man die Fallstricke umgeht, die in Klischees und Idealvorstellungen lauern. Frankreich muss man lernen, zwischen den Zeilen zu lesen. Das Buch ist ein Beitrag zum öffentlichen Diskurs über die Zukunft Europas.
Titel in dieser Serie (8)
- Künstliche Intelligenz und Maschinisierung des Menschen
1
Fast jeder hat Erfahrungen mit Siri, Alexa oder anderen Chatbots. Doch was geschieht, wenn ein Mensch einen Chatbot in einen Dialog über Philosophie verwickelt? Kann man mit künstlichen Intelligenzen (KI) überhaupt über Bewusstsein, Erinnerung und philosophische Theorien der Zeit diskutieren? Ja, man kann – zumindest der Form nach. Und das gleich zweimal: Mit den beiden Loebner-Preis für KI dekorierten Chatbots Rose und Mitsuku. Ob das geistreich ist? Das muss jeder für sich entscheiden. Ob das unterhaltsam ist? Ja – allerdings eher unfreiwillig. Im systematischen Teil des Essays werden die Dialoge ausgewertet. Dabei wird der gegenwärtige Hype um KI als maßlose Übertreibung sichtbar, ein Goldrausch der KI gewissermaßen, übrigens von Menschen und ihren allzu menschlichen Interessen veranlasst. Die Begriffe rund um das Thema KI werden im Buch weggeholt von der Behauptung der Singularität, der Disruption oder der versteckten Science Fiction – zurück auf den Boden der funktionalen Tatsachen einer gleichwohl beachtlichen Innovationsspirale: Automatisierung, Standardisierung und maschinelles Verarbeiten von großen Echtzeit-Daten sind aktuell die sachgemäßen Beschreibungen des gegenwärtigen KI-Rauschs. Doch eigentlich geht es beim KI-Rausch um etwas anderes: Die Maschinisierung des Menschen durch Standardisierung, Automatisierung und verbesserte Kontrolle zur fortschreitenden Ökonomisierung aller Lebensbereiche, ermöglicht durch Algorithmen, Datafizierung und digitale Technologie in bisher ungeahnter Wirkmächtigkeit. Der Essay enthält dazu fünf Thesen: These 1: Maschinen werden immer effizienter im Automatisieren – oder: die Automatisierung der Automatisierung. These 2: Trotz Automatisierung der Automatisierung: Maschinen sind nicht geistreich intelligent. These 3: Menschen werden als Datenhaufen ausgemessen – und damit zu Datenhaufen gemacht. These 4: Datenhaufen quo vadis? Von der Präferenz-Erfassung zum "hackable animal". These 5: Synthese = Die Maschinisierung der Menschen – zur Bahnung der KI. Fazit: Mit den künstlichen Intelligenzen verhält es sich wie mit künstlichen Tränen: Sie erfüllen einen instrumentellen Zweck, der aber in keiner Weise mit jenen schillernden Gefühlen verbunden ist, die wir in Freude oder Trauer empfinden – und die uns zum Menschen machen. Alles andere ist Budenzauber oder Desinformation.
- Politisches Storytelling: Wie Politik aus Geschichten gemacht wird
2
Wer sich mit Politik und gesellschaftlicher Meinungsbildung auseinandersetzen will, muss sich auch mit dem Thema "Storytelling" beschäftigen – sonst kann er einen wesentlichen Teil der Politik weder verstehen noch beeinflussen. Denn Geschichten und Narrative sind in gesellschaftlichen und politischen Diskussionen und Prozessen allgegenwärtig – ob auf der Oberfläche sichtbar oder auf den ersten Blick unsichtbar und in den Strukturen verborgen. Geschichten in der Politik können unterschiedlich eingesetzt werden: Man kann mit ihnen den Menschen ein Sinnangebot auf Faktenbasis machen oder versuchen, sie mit Fake Storys zu manipulieren. Das Buch ist ein Plädoyer für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem politischen Storytelling.
- Streitlust und Streitkunst: Diskurs als Essenz der Demokratie
3
Aktuell die Corona-Pandemie, davor die Klimakatastrophe und die Migrationskrise – die öffentliche Diskussion polarisiert sich, sie wird schriller und der Umgangston wird rauer, ja oftmals sogar unerträglich. Auf der Strecke bleibt die Streitlust, die Streitkunst und auch der gesellschaftliche Diskurs. Aber sie sind es, die in der Tradition der Aufklärung die Suche nach tragfähigen Kompromissen und Lösungen für gesellschaftliche Probleme erst ermöglichen. Im vorliegenden Band beschreiben Experten am Beispiel verschiedener Themenfelder, ob und inwieweit die Aufmerksamkeitsökonomie, welche durch die Digitalisierung noch wirkmächtiger geworden ist, ein regelrechtes Diskursversagen ausgelöst hat. Welche Schäden entstehen dadurch dem Gemeinwesen und der Demokratie? Und was müssen wir tun, um zivilgesellschaftliche Streitkultur zurückzugewinnen und damit das Ringen um Problemlösungen wieder zu ermöglichen? Die Autoren analysieren Themen, die in jüngerer Zeit viel öffentliche Aufmerksamkeit absorbiert haben. Ferner beschäftigen sie sich mit dem von den Redaktionen eher vernachlässigten Meta-Diskurs über die Medien und den Journalismus selbst sowie mit dessen Beeinflussung durch Propaganda. Der Journalismus ist durch seine fortschreitende Unterfinanzierung, aber auch durch teilweise selbstverschuldete Glaubwürdigkeitsverluste in Not geraten. Weitere Abschnitte widmen sich den Unzulänglichkeiten der Auslandsberichterstattung sowie der Rolle der Intellektuellen in unserer Streitkultur. Dieser Reader ist als Einführungsband in die Schriften zur Rettung des öffentlichen Diskurses konzipiert.
- Deep Journalism: Domänenkompetenz als redaktioneller Erfolgsfaktor
5
Ist Deep Journalism die Antwort auf die Erosion der Qualitätsmedien? Sparrunden und Stellenabbau haben nahezu alle Medienhäuser erfasst, immer weniger Journalisten haben in kürzerer Zeit immer mehr Ausspielkanäle zu bestücken. Journalistische Generalisten kommen kaum unter die Oberfläche, und Algorithmen befeuern Zuspitzung und Emotionalität. Gibt es Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken? Deep Journalism ist der Gegenpol: Redaktionelle Experten-Teams gehen in die Tiefe, die Sach- und Domänenkompetenz der Redaktionen wird mit Vertikalisierung und neuen Produkten (Rebundling) gestärkt. Im vorliegenden Buch wird gezeigt, in welchen Bereichen das inzwischen erprobte Konzept, zahlungsbereite, hochspezialisierte Zielgruppen und Entscheider mit verlässlich recherchierten Newslettern in ihrer jeweiligen Domäne zu versorgen und gleichzeitig einen Teil der Erkenntnisse mithilfe der breitstreuenden Medien in den öffentlichen Diskurs einzubringen, Erfolg versprechend ist. Die Herausgeber und zahlreiche Medienexperten sowie Journalisten steuern hierfür ihre Erkenntnisse und Erfahrungen bei. BEITRÄGE VON UND INTERVIEWS MIT … … Sigrun Albert, Thomas Baekdal, Axel Bojanowski, Alexandra Borchardt, Stefan Braun, Christopher Buschow, Wolfgang Büchner, Rainer Esser, Benjamin Fredrich, Alfons Frese, Gerd Gigerenzer, Christoph Hardt, Doris Helmberger-Fleckl, Carl Graf Hohenthal, Stefan Hunglinger, Christoph Keese, Berthold Kohler, Irina Lock, Henriette Löwisch, Lorenz Maroldt, Annette Milz, Serafin Reiber, Stefan Reker, Andrea Römmele, Katja Schupp, Antje Sirleschtov, Markus Spillmann, Gabor Steingart, Frank Überall, Anke Vehmaier und Kurt W. Zimmermann.
- Zerreißproben: Leitmedien, Liberalismus und Liberalität
4
Erleben Liberalismus und Liberalität im 21. Jahrhundert eine neue Blüte? Oder durchleben sie eine tiefe Krise? Viele liberale Werte treffen heute auf breite Zustimmung, doch manche werden vehement bekämpft. Der öffentliche Diskurs scheint bunter denn je, gleichzeitig greifen Intoleranz und Diskursverweigerung um sich. Meinungsumfragen zeigen große Unterstützung für gesellschaftsliberale Politiken, der Wirtschaftsliberalismus bleibt dagegen ein weithin liebevoll gepflegtes Feindbild. Wie steht es also um Liberalismus und Liberalität im öffentlichen Diskurs? Sie stehen unter Druck – und sind Zerreißproben unterworfen: Neoliberalismus, Identitätspolitik, Corona-Krise. Im Mittelpunkt dieser Zerreißproben stehen immer wieder Medien und Journalismus. Was wissen wir über das Verhältnis von Leitmedien zu Liberalismus und Liberalität? Wie wird über liberale Anliegen oder Parteien berichtet? Wie sehen und empfinden Journalisten ihr Verhältnis zum Liberalismus – und die Liberalität des Berufsfelds? Kann und sollte der Journalismus für mehr Freiheit Partei ergreifen? Und warum hat der "Neoliberalismus" einen so schweren Stand in Redaktionsstuben? Wie ergeht es in diesem medialen Umfeld liberalen Parteien, aber auch der innerparteilichen Streitkultur? Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes erkunden Antworten auf diese Fragen.
- Was läuft da schief im Journalismus?: Warum es mit den Medien bergab geht und wie man ihnen aufhelfen kann
7
Was läuft da schief im Journalismus? Läuft überhaupt etwas schief? Glaubt man den Befragungen zu Medienvertrauen und -interesse, so einiges. Wer die Entwicklungen auf den Informationsmärkten betrachtet, den kann das nicht überraschen. Die Auflagen der Tageszeitungen haben sich in den letzten zwanzig Jahren halbiert, ohne dass im Digitalen ausreichend Abonnements dazukämen. Dort kriegen die Verlage nur die Krümel vom Werbekuchen ab, die Facebook und Co übriglassen. Letztere gewinnen zunehmend an Bedeutung, kennen kein publizistisches Ethos und bevorteilen aufmerksamkeitsheischende Inhalte. Reichweite erzielt bei ihnen nur, wer sich der Plattformlogik unterwirft. Zu allem Unglück baut der Staat noch seine digitalen Kanäle aus und entzieht sich so der Kontrolle durch den Journalismus. Nur: Wie soll die vierte Gewalt unter diesen Bedingungen ihre Aufgabe in der Demokratie erfüllen? Denn dass sie eine hat, ist unbestritten. Wie diese konkret aussieht, ist jedoch nach Jahrzehnten stabiler Rahmenbedingungen in Vergessenheit geraten. Sie dient der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Diese Aufgabe bzw. Funktion gewährleistet das Grundgesetz. Wer den Abwärtstrend im Journalismus umkehren will, kommt nicht umhin die Medienwirklichkeit mit der verfassungsrechtlichen Aufgabe von Presse und Rundfunk abzugleichen. Das eröffnet Perspektiven auf eine Zukunft, in der die Menschen wieder zufriedener mit ihren Medien sind. Wer wissen will, wie diese Perspektiven aussehen, wird hier fündig.
- Rettet die Nachrichten!: Was wir tun müssen, um besser informiert zu sein
6
Wir müssen uns dringend um die Nachrichten kümmern. Demokratie, Rechtsstaat und individuelle Freiheiten wird es ohne verlässliche Information nicht mehr geben. Sie vertragen kein "postfaktisches" Verschwimmen von Wahr und Falsch. Der westliche Nachrichtenjournalismus steckt in der Krise, auch wegen eigener Fehler. Wenige Großkonzerne beherrschen die neue digitale Informationslandschaft. Ihre Algorithmen sind an Umsatz und Ertrag ausgerichtet. Sie begünstigen Konflikt und Krawall, nicht Austausch und Achtung. Autoritäre Staaten operieren erfolgreich mit den neuen Kommunikations- und Kontrollmöglichkeiten. Die Corona-Krise hat all dies deutlich ans Licht gebracht und sie hat gezeigt, dass der Nachrichtenjournalismus einen Neuanfang braucht. Redaktionen müssen sich in Frage, aus Fehlern lernen und ihre Arbeit öffentlich zur Diskussion stellen. Gefordert sind aber genauso Politik, Wirtschaft, Verbände und die gesamte Gesellschaft. Wir alle sind in der Verantwortung, wenn wir die Nachrichten retten wollen.
- Frankreich entschlüsseln: Missverständnisse und Widersprüche im medialen Diskurs
9
Für die Zukunft der EU ist die intime Kenntnis der Funktionsweise des jeweiligen Partners heute notwendiger denn je. Doch Deutschland und Frankreich sind sich trotz der engen Bande, die sie seit Kriegsende geknüpft haben, weitgehend fremd geblieben. Weil es sich um zwei Gesellschaftsmodelle handelt, die gegensätzlicher nicht sein können. Weil wie immer Klischees das tiefere Verständnis und somit die konstruktive Auseinandersetzung mit dem Anderssein behindern. Weil schließlich Frankreich wegen seiner besonderen Geschichte für Deutsche eine Projektionsfläche eigener Wunschvorstellungen ist. Und nicht zuletzt, weil viele Begriffe zur Kategorie der "falschen Freunde" gehören: Sie scheinen in beiden Sprachen identisch, bedeuten aber etwas ganz anderes. Besonders für deutsche Journalisten ist Frankreich ein Land der Widersprüche. Das Medienverständnis ist fast das Gegenteil des deutschen. Anspruch und Wirklichkeit, Theorie und Praxis klaffen auch bei den Werten, Prinzipien und Institutionen der Demokratie oft auseinander. Und vor allem: Paris ist nicht identisch mit Frankreich, einem Gebilde, dessen Komplexität nicht zuletzt die Wahlen 2022 offenbarten. Dieses Buch ist ein Versuch, Frankreich verständlicher zu machen. Es zeigt, wie man sich einem fremden Land, von dem man meint, es zu kennen, annähern kann, und wie man die Fallstricke umgeht, die in Klischees und Idealvorstellungen lauern. Frankreich muss man lernen, zwischen den Zeilen zu lesen. Das Buch ist ein Beitrag zum öffentlichen Diskurs über die Zukunft Europas.
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