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Praxiskommentar: D&O-Versicherung und Managerhaftung: Haftpflichtversicherung der Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte und ihre Haftung
Praxiskommentar: D&O-Versicherung und Managerhaftung: Haftpflichtversicherung der Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte und ihre Haftung
Praxiskommentar: D&O-Versicherung und Managerhaftung: Haftpflichtversicherung der Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte und ihre Haftung
eBook1.156 Seiten11 Stunden

Praxiskommentar: D&O-Versicherung und Managerhaftung: Haftpflichtversicherung der Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte und ihre Haftung

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Über dieses E-Book

Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte legen wegen ihres hohen Haftungsrisikos Wert auf D&O-Versicherungsschutz. In Deutschland üblich ist die gesellschaftsfinanzierte D&O-Versicherung, die das Unternehmen für die Mitglieder ihrer Leitungs- und Aufsichtsorgane abschließt. D&O steht für "Directors and Officers Liability Insurance". Es handelt sich um die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für aufsichtsführende und geschäftsführende Organe bzw. die Haftpflichtversicherung für Aufsichtsräte, Vorstände und Geschäftsführer, wobei in der Praxis auch häufig leitende Angestellte, also Manager unterhalb der Organebene mitversichert werden.

Die Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte erwarten in der Praxis maßgeschneiderten Versicherungsschutz. Tritt ein Haftungsfall ein, zeigt sich indes, dass bei der Frage, ob und in welchem Umfang Versicherungsschutz gewährt wird, zahlreiche Unsicherheiten und Fallstricke bestehen.

Zunächst muss geprüft werden, ob Deckung für den geltend gemachten Schadensfall unter der D&O-Police besteht. Dann entscheidet der Versicherer, ob er Rechtsschutz gewährt und die Forderung abwehrt, weil er sie für unbegründet hält oder ob er sie am Ende befriedigt, indem er den Manager freistellt.

Die Freistellung der versicherten Person von der Haftungsschuld erfolgt in der Praxis nur selten. Insbesondere eine vollständige Freistellung stellt die Ausnahme dar. Kommt es zu einer Schadenszahlung des Versicherers, dann häufig indem ein Vergleich geschlossen wird.

Insbesondere der Ausschluss der wissentlichen Pflichtverletzung hat in der Praxis eine große Bedeutung. Er führt häufig zur Versagung der Deckung.

Der Kommentar unterstützt die Parteien, die beteiligten Anwälte, Berater, Mitarbeiter der Versicherer und Vermittler und schließlich die Gerichte bei der Beurteilung der jeweiligen Deckungs- und Haftungsfragen. Hierbei wird die Praxistauglichkeit durch zahlreiche Beispielsfälle sichergestellt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum6. Feb. 2023
ISBN9783347489455
Praxiskommentar: D&O-Versicherung und Managerhaftung: Haftpflichtversicherung der Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte und ihre Haftung
Autor

Rocco Jula

Dr. iur. Rocco Jula ist Rechtsanwalt und Partner der 1996 von ihm gegründeten Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Jula & Partner mbB in Berlin. Er ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und für Versicherungsrecht. Seine Spezialgebiete sind das GmbH-Recht, vor allem der Bereich der Geschäftsführerhaftung sowie die D&O-Versicherung. Daneben ist er auf gewerbliche Sachversicherung und die Unterbrechungsversicherung spezialisiert. Dort begleitet er bei großen Schadensfällen sowohl Versicherungsnehmer als auch Versicherer. Herr Jula ist u.a. Autor von drei Handbüchern zum GmbH-Recht. Hervorzuheben ist „Der GmbH-Geschäftsführer“, 5. Aufl. 2019. Dr. Jula ist Verfasser des ersten eigenständigen Kommentars zur Unterbrechungsversicherung und eines Lehrbuchs zum Sachversicherungsrecht. Er kommentiert im Großkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz die Hausrat-, Leitungswasser- und Einbruchdiebstahlversicherung. In seinen Fachgebieten ist Dr. Rocco Jula auch als Dozent tätig, u.a. im Masterstudiengang „Versicherungsrecht (Insurance Law)“ an der Universität Hamburg.

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    Buchvorschau

    Praxiskommentar - Rocco Jula

    KOMMENTIERUNG

    A. EINLEITUNG

    1

    I. ÜBERBLICK/GRUNDLAGEN

    D&O steht für „Directors and Officers Liability Insurance. Es handelt sich um die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für aufsichtsführende und geschäftsführende Organe bzw. die Haftpflichtversicherung für Aufsichtsräte, Vorstände und Geschäftsführer, wobei in der Praxis auch häufig leitende Angestellte, also Manager unterhalb der Organebene mitversichert werden. Hierbei hat sich die Abkürzung D&O für die „Directors and Officers Liability Insurance, also das Versicherungsprodukt durchgesetzt. Auch die Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) verwenden seit 2020 den Begriff der D&O und werden mit AVB D&O abgekürzt. In der Fassung bis August 2018 hieß das Bedingungswerk noch „Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-AVG)." AVG stand für Aufsichtsräte, Vorstände und Geschäftsführer. Der vollständige Titel blieb allerdings identisch. Auch die aktuellen Bedingungen heißen weiterhin „Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB D&O)".

    2

    In Deutschland wurde das Produkt der D&O-Versicherung 1986 von zwei Tochtergesellschaften von Versicherern aus den USA eingeführt.¹ D&O-Versicherungen werden – nachdem auch deutsche Versicherer in das Geschäft eingestiegen sind - seit Mitte der 90er Jahre verstärkt angeboten. Sie haben mittlerweile in Deutschland eine starke Verbreitung gefunden, weil gerade auch kleinere und mittelständische Unternehmen, ja selbst gemeinnützige Vereine ihre Organpersonen versichern wollen. Vielfach sind Manager in der Praxis nicht mehr bereit, ohne eine D&O-Versicherung das Amt zu übernehmen.

    3

    Dieses Werk erläutert den Umfang des Versicherungsschutzes anhand der Bedingungen zur versicherungsrechtlichen Deckung, aber auch die Haftungsgrundlagen, die Gegenstand des Versicherungsschutzes sein können. Es ist daher ein Kommentar, der für die Haftungsfragen als auch für die Deckungsfragen zu Rate gezogen werden kann. Die Haftungstatbestände werden hierbei immer im Hinblick auf eine etwaige bestehende Deckung aus der D&O-Versicherung betrachtet bzw. erfolgen bei der Erläuterung der haftungsrechtlichen Voraussetzungen immer auch Hinweise zur versicherungsrechtlichen Deckung. Dem Anspruch eines Praxiskommentars wird durch zahlreiche Beispiele Rechnung getragen. Als Vorbild dienten hierbei u.a. Entscheidungen aus der Rechtsprechung, aber auch Fälle aus der Beratungspraxis.

    4

    Dieser Kommentar erörtert die Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Der Verband hat im Jahre 1997 erstmals Musterbedingungen veröffentlicht, die sog. Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-AVG), die mehrmals zuletzt aber im Mai 2020 aktualisiert wurden. Diese dienen der Bedingungspraxis der Versicherer als Diskussionsgrundlage,² allerdings hat kein Versicherer das GDV-Modell komplett übernommen. Dieses Bedingungswerk enthält zahlreiche Einschränkungen und Ausschlüsse und wäre ohne Anpassungen nicht wettbewerbsfähig.

    5

    Im Mai 2020 legte der GDV eine neue Fassung seiner Musterbedingungen vor, die:

    Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB D&O).

    6

    Diese Fassung wird hier kommentiert. Ergänzend dazu werden die in der Praxis verbreiteten Klauseln berücksichtigt und innerhalb der Kommentierung der AVB D&O an den entsprechend systematisch passenden Stellen erläutert.

    7

    Die am Markt verwendeten Versicherungsbedingungen enthalten häufig einzelne Klauseln des GDV-Modells, sind aber in der Regel kürzer gefasst und enthalten weniger Ausschlüsse. Das GDV-Modell bietet im Verhältnis zu denen in der Praxis verwendeten Deckungskonzepten einen nur eingeschränkten Versicherungsschutz. Damit dieser Kommentar praxistauglich ist, werden daher neben dem GDV-Modell auch die in der Praxis verbreiteten Klauseln kommentiert. Die Praxis nennt das „Schriftstück" bzw. die Bedingungen, die die Versicherung der Organhaftung betreffen bzw. enthalten, Teils Side A bzw. regelt diese im Side A. Verbreitet wird sodann im sog. Side B eine Ergänzung vorgenommen, die in Fällen, in denen die Gesellschaft ihr Organmitglied von der Haftung freistellt, der Gesellschaft einen eigenen vertraglichen Anspruch gegen den D&O-Versicherer auf Erstattung des Betrags einräumt (sog. Eigenschadenklauseln, siehe dazu die Kommentierung bei A-3 AVB D&O).

    8

    Ferner werden die wichtigsten Anspruchsgrundlagen der Manager- und Aufsichtsratshaftung zusammengefasst und erläutert, da eine Beurteilung der versicherungsrechtlichen Deckung ohne vertiefte Kenntnisse der wichtigsten Haftungsnormen nicht vorgenommen werden kann.

    9

    Da Versicherungsnehmer meist Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind, wird im Folgenden von der „Versicherungsnehmerin gesprochen. Damit ist die AG oder die GmbH, aber auch die Genossenschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) oder die GmbH & Co. KG gemeint. Auch Vereine können für ihre Organmitglieder D&O – Versicherungsschutz beziehen. „Der Verein wird durch die Bezeichnung als „die Versicherungsnehmerin" hier ebenfalls erfasst. Ebenso sollen, wenn im Folgenden allgemein vom Geschäftsführer gesprochen wird, auch die Geschäftsführerin umfasst sein.

    10

    II. WIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG

    In den letzten Jahrzehnten ist eine Verschärfung der Managerhaftung zu beobachten, insbesondere bei Unternehmen, die in die Krise geraten. So werden bei Aktiengesellschaften in Deutschland in zweithöchste Zahl nach den USA Organhaftungsansprüche geltend gemacht, obwohl Deutschland bei Zahl der börsennotierten Gesellschafter erst auf Platz 17 liegt.³ Teils wird die Existenz oder der Neuabschluss einer D&O-Versicherung zur Bedingung gemacht, bevor ein Aufsichtsratsmandat bzw. Vorstands- oder Geschäftsführeramt überhaupt übernommen wird. Auch die Deckungssummen und damit das Prämienvolumen steigen kontinuierlich. Angeboten werden sowohl kleine Deckungssummen, z.B. von nur 250.000 € als auch, z.B. bei DAXUnternehmen Deckungssummen von bis zu 250 Mio. € bzw. bis zu 350 Mio. €, letztere allerdings dann in Mitversicherung unter Beteiligung mehrerer Versicherer bzw. durch sog. Layerdeckungen. Die Grundversicherungssumme, das heißt den Betrag, den der erste Versicherer ggf. gemeinsam mit einem oder mehreren anderen Versicherern zeichnet, beträgt 15 bis 25 Mio. €. Durch sog. Exzedenten bei weiteren Versicherern lassen sich Deckungen bis zu 250 bis 350 Mio. € versichern.⁴

    11

    Bei einem harten Markt, von dem man bei einem unausgeglichenen Versicherungsmarkt im Sinne eines Unterangebots und ansteigenden Prämien spricht, das heißt bei sinkenden Kapazitäten und entsprechender Zurückhaltung der Versicherer, ist aber auch wieder ein Absenken der Versicherungssummen und eine Verschlechterung der Deckungskonzepte möglich. Dies ist eine Entwicklung, die sich im D&O-Markt ab 2020 abzeichnet. Nach der GDV-Statistik für 2020 wurden Prämien in Höhe von 335 Mio. € (nach 262 Mio. € in 2019) eingenommen und Leistungen in Höhe von 281 Mio. € erbracht, die Schadenquote betrug 110 %.⁵ Der Großteil der Leistungen, nach Schätzungen über 90 % fließen in die Abwehrdeckung, werden also dafür aufgewandt, um die Ansprüche gegen die versicherten Personen abzuwehren, was in der Praxis häufig mit Erfolg geschieht. Andere schätzen die Prämieneinnahmen der Versicherer auf ca. 400 bis 500 Mio. €. Durch die Prämiensteigerungen seit 2020 dürfte das Volumen in 2021 deutlich höher gelegen haben. Vergegenwärtigt man sich allerdings, große Schadensfälle ggf. ab 5 Mio. € bis zu 500 Mio. €, fragt man sich, wie aus diesem geringen Prämienaufkommen Schadensfälle überhaupt gedeckt werden können. Dies spricht entweder für einen defizitären Betrieb der D&O-Sparte, wie bereits die Schadenquote für 2020 zeigt und/oder dafür, dass tatsächlich fast ausschließlich Abwehrkosten gezahlt werden und eine Freistellung häufig nicht oder nur auf der Basis moderater Vergleiche erfolgt.

    12

    III. PRAKTISCHE BEDEUTUNG FÜR DIE VERSICHERUNGSNEHMERIN UND DIE VERSICHERTEN PERSONEN

    In erster Linie schützt die D&O-Versicherung die versicherten Personen, also die Geschäftsführer, Vorstände, Aufsichtsratsmitglieder und ggf. in den Versicherungsschutz einbezogenen leitenden Angestellten. Für die Gesellschaften wird die praktische Bedeutung der D&O-Versicherung häufig überschätzt. Denn sie führt nur in seltenen Fällen dazu, dass der durch die Organhaftung verursachte Schaden tatsächlich ausgeglichen wird. Dass Schadensfälle, so wie sie geltend gemacht werden, reguliert werden, kommt in der Praxis kaum vor. Im Gegenteil erschwert der D&O-Versicherungsschutz für die Gesellschaften die Durchsetzung der Haftungsansprüche, da der D&O-Versicherer die Abwehr als Versicherungsleistung finanzkräftig unterstützt. Der Versicherer prüft zunächst die Haftungsfrage – dies ist Bestandteil des Versicherungsschutzes. Selbst wenn ein Haftungsfall nach überschlägiger Prüfung in Betracht kommt, wird der Versicherer – wenn nicht ein ganz eindeutiger Fall vorliegt, was in der Praxis selten der Fall ist, zunächst Abwehrdeckung gewähren bzw. wird er die Prüfung und Entscheidung zur Haftpflichtfrage aufschieben, bis er alle Informationen erhalten hat, um diese zuverlässig beurteilen zu können. Dazu gehören auch alle Angaben und Unterlagen zur Höhe des Schadens, der oft noch gar nicht abschließend feststeht bzw. endgültig beziffert werden kann. Kommt es zur Abwehrdeckung, weil der Versicherer den Haftungsanspruch für unbegründet hält oder zumindest Chancen sieht, dass dieser abgewehrt werden kann, muss die Versicherungsnehmerin ihr Organmitglied auf Schadensersatz vor Gericht verklagen. Die Kosten hierfür muss die Versicherungsnehmerin selbst aufbringen. Eine Rechtsschutzversicherung hierfür wir auf dem deutschen Markt soweit ersichtlich nicht angeboten. Die Kosten auf Seiten des verklagten Managers oder Aufsichtsratsmitglieds trägt der D&O-Versicherer. Am Ende des Prozesses steht dann entweder oft eine Klageabweisung oder ein Vergleich.

    13

    Selbst wenn es zu einem stattgebenden Urteil kommt, weil der Anspruch auf Schadensersatz bejaht wird, kann es dann noch immer zur Versagung des Versicherungsschutzes kommen, weil der Versicherer nach Auswertung des Urteils zu dem Schluss gekommen ist, dass z.B. ein Ausschluss von der Versicherungsdeckung gegeben ist, wie eine wissentliche Pflichtverletzung des Geschäftsführers. Häufig tritt ein solcher Sachverhalt, der einen Ausschluss begründet, auch erst im Laufe eines Prozesses spätestens in der Urteilsbegründung zu Tage. Lässt sich jedoch über den Ausschluss streiten, kann es hinsichtlich der Deckung des Versicherers ebenfalls zu einem Vergleich kommen, so dass die versicherte Person Einbußen beim Versicherungsschutz erleidet. Bei der Innenhaftung kann dann die Versicherungsnehmerin – sofern Einbußen verbleiben - sich mit dem Aufsichtsratsmitglied bzw. Leitungsorgan gesondert über eine Teilung des nicht versicherten Schadens einigen.

    14

    Da die Durchsetzung des Versicherungsschutzes langwierig sein kann, bietet die D&O-Versicherung für die versicherten Personen nur einen unzureichenden Insolvenzschutz. Dies gilt erst recht mittelbar für die Gesellschaft, die sich mit einer D&O-Versicherung wegen der Innenhaftung und der Schädigung ihres Gesellschaftsvermögens durch pflichtwidrig handelnde Manager und Aufsichtsräte absichern will. Da schnelle Zahlungen vom D&O-Versicherer nicht zu erwarten sind, lässt sich eine Insolvenz nicht immer vermeiden.

    15

    In der Praxis klagen zudem nach Eröffnung der Insolvenzverfahren über das Vermögen der Versicherungsnehmerin bzw. einer ihrer Tochtergesellschaften hingegen viele Insolvenzverwalter gegen ehemalige Organe gerade wegen der bestehenden D&O-Versicherung, um die Insolvenzmasse zu erhöhen.

    16

    Für die geschädigte Versicherungsnehmerin bzw. Tochtergesellschaft ist besonders belastend, dass sie die in der Praxis wichtigen Ansprüche aus der Organhaftung, wie die Ansprüche aus den § 43 GmbHG bzw. § 93 oder § 116 AktG auf eigene Kosten verfolgen müssen. Der D&O-Versicherer übernimmt die Kosten auf Seiten der versicherten Personen, also die Kosten für die Prüfung der Rechtsfrage, die etwaigen Kosten der Abwehrdeckung und am Ende, wenn der Versicherer den Schadensersatzanspruch für begründet hält, die Freistellung der versicherten Personen von dem Haftungsanspruch durch Ausgleich desselben. Ob es am Ende zu einer Regulierung des Schadens kommt ist in der Praxis jedoch lange Zeit ungewiss. Bis dahin verstreicht meist viel Zeit und es ist ein langer Weg zurückzulegen. Dies liegt auch häufig daran, dass der Schadensfall komplex und auch ungewiss ist, welcher Schaden auf den Pflichtverletzungen der versicherten Person beruht bzw. wie dieser zu beziffern ist.

    17

    Die Gesellschaft, die Versicherungsnehmerin ist und die Prämien entrichtet hat, muss also die Geltendmachung und Durchsetzung der Organhaftungsansprüche selbst finanzieren. Hierfür könnte theoretisch eine zusätzliche Rechtschutzversicherung abgeschlossen werden (= D&O-Vertrags-Rechtsschutzversicherung), die aber der Markt nicht anbietet. Das heißt die Versicherungsnehmerin muss auf eigene Kosten den Haftungsanspruch gegen ihr Organmitglied außergerichtlich und gerichtlich geltend machen. Die Versicherungsnehmerin finanziert mit ihrer Prämie für die D&O-Versicherung die Abwehrkosten auf Seiten des versicherten Geschäftsführers, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieds und erschwert dadurch, da die Organpersonen sich auf Kosten des D&O-Versicherers professionell verteidigen können, die Durchsetzung ihrer eigenen Organhaftungsansprüche. Allerdings hat sie im Fall des Obsiegens dann einen solventen Versicherer, der dann auch in der Lage ist, den Schaden auszugleichen. Gleichwohl muss sich die Gesellschaft vergegenwärtigen, dass für die Durchsetzung der Organhaftungsansprüche erhebliche nicht versicherte Kosten auf sie zukommen können, die sie ggf. erst einmal vorfinanzieren muss. Letztlich schließt die Gesellschaft in der Praxis gleichwohl eine D&O-Versicherung ab, weil die betroffenen Organpersonen darauf bestehen und ohne eine solche das Amt nicht übernehmen würden.

    18

    Eine weitere Deckungslücke entsteht, wenn der D&O-Versicherer seine Eintrittspflicht ablehnt. Der Geschäftsführer, Vorstand oder das Aufsichtsratsmitglied müssen dann befürchten, dass sie auf Haftung verklagt werden und ohne Versicherungsschutz dastehen. Erfolgt die Deckungsablehnung zu Unrecht bzw. bestehen Chancen, dass sie unberechtigt erfolgt ist, kann das Bedürfnis entstehen, den D&O-Versicherer auf Gewährung des Versicherungsschutzes zu verklagen. Hierfür entstehen Kosten. Klagen müsste die jeweils versicherte Person, die einen Direktanspruch gegen den D&O-Versicherer auf den Versicherungsschutz erhebt. Hierfür kann eine sog. D&O-Deckungsklage-Rechtsschutzversicherung abgeschlossen werden.⁶ Diese Policen werden nur in einem sehr engen Markt angeboten, ggf. als Ergänzung zu einer Strafrechtsschutz-Versicherung der Gesellschaft. Wie bei jeder Rechtsschutzversicherung wird die Erteilung der Deckungszusage davon abhängig gemacht, dass hinreichende Erfolgsaussichten bestehen. Hierfür muss häufig bereits die Klageschrift erstellt werden, auf deren Grundlage der Rechtsschutzversicherer dann die Erfolgsaussichten prüft. Da Deckungsklagen gegen D&O-Versicherer in der Praxis meist abgewiesen werden, kann bereits die Erlangung einer Deckungszusage vom Rechtsschutzversicherer zum Problem werden. Eine Deckungsklage-Rechtsschutzversicherung wird in der Praxis soweit bekannt nur für die Gesellschaft als Versicherungsnehmerin angeboten. Versicherte sind hierbei sowohl die Gesellschaft als auch die Organe, so dass auch die betroffenen Organe Ansprüche aus dieser Police ggf. unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 44 VVG geltend machen können. Die Police sieht als Rechtsschutzfall u.a. vor, dass der D&O-Versicherer vertragswidrig seine Eintrittspflicht abgelehnt hat. Besteht Versicherungsschutz für eine Deckungsklage gegen den Versicherer aus einer Deckungsklage-Rechtsschutzversicherung gegen einen D&O-Versicherer nicht zur Verfügung, sollte erwogen werden, den Fall einem Prozessfinanzierer vorzulegen. Dies kommt in Betracht, wenn es bereits ein obsiegendes Urteil im Haftungsprozess gegen die Organperson gibt, der D&O-Versicherer sich aber auf eine Leistungsfreiheit beruft. Der Prozessfinanzierer prüft erneut die Erfolgsaussichten. Übernimmt dieser die Finanzierung, wären alle Prozesskosten abgedeckt. Der Prozessfinanzierer erhält im Erfolgsfall seine von ihm aufgewandten Kosten erstattet sowie eine Erfolgsbeteiligung von 20 bis 30 % des Streitwertes

    19

    Das Kostenrisiko, das der Geschäftsführer, das Vorstands- oder das Aufsichtsratsmitglied hat, wenn gegen ihn Haftungsansprüche aus der Innen- oder Außenhaftung geltend gemacht werden, kann dieser mit einer Vermögensschaden-Rechtsschutzversicherung absichern. Diese bietet sich an, wenn es gar keine D&O-Versicherung gibt. Dann übernimmt der Rechtsschutzversicherer wenigstens die Kosten für die Abwehr der Ansprüche, allerdings stellt der Rechtsschutzversicherer das Organmitglied bei einer Verurteilung nicht frei, das heißt auf den eigentlichen Schaden bliebe dieser „sitzen". Eine solche Rechtsschutzversicherung kann auch bei bestehender D&O-Versicherung übernommen werden, sie schützt das Organmitglied zumindest wegen des Kostenrisikos, wenn der D&O-Versicherer sich auf Leistungsfreiheit beruft. So bedeutet der Ausschluss der wissentlichen Pflichtverletzung bei der D&O-Versicherung, der häufig vorliegt, nicht automatisch, dass auch der Rechtsschutzversicherer nicht leisten muss. Je nach den vereinbarten Bedingungen wird zumindest solange Deckung gewährt, wie eine vorsätzliche Pflichtverletzung bei der Organhaftungsklage nicht rechtskräftig festgestellt wird. Dann aber fordert der Versicherer die von ihm geleisteten Kosten ggf. zurück. Günstiger sind Klauseln in der Rechtsschutzversicherung, die nur dann die Deckung versagen, wenn der Schaden vorsätzlich herbeigeführt wurde, was in der Praxis die Ausnahme darstellen dürfte. Der Geschäftsführer verletzt ggf. wissentlich seine Pflicht, er tätigt z.B. ein Geschäft ohne die erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung, will aber keinen Schaden anrichten.

    20

    Anderseits kann eine Vermögensschaden-Rechtsschutzversicherung eingreifen, wenn die D&O-Versicherungssumme erschöpft ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein sog. Totalschaden eintritt, also der geltend gemachte Schaden die Versicherungssumme erreicht oder übersteigt. Dann bleibt für die Kosten ggf. von Seiten des D &O-Versicherers nichts übrig bzw. am Ende fehlt der Betrag für die Freistellung vom Schaden, wenn der D&O-Versicherer bereits seine Leistung durch Aufbringung von Kosten erbracht hat. Nach den in der Praxis verbreiteten Deckungskonzepten werden die Abwehrkosten auf die Versicherungssumme angerechnet. Daher lassen sich über eine Vermögensschaden-Rechtsschutzversicherung die Kosten zusätzlich versichern.

    21

    Auch für die Organmitglieder ist der Versicherungsschutz nicht immer positiv. Das Bestehen einer D&O-Versicherung ermuntert häufig sogar Gläubiger und gerade Insolvenzverwalter insolventer Versicherungsnehmer, Organhaftungsansprüche durchzusetzen, die sie sonst gar nicht weiterverfolgt wären. Der Insolvenzverwalter, der über das Vermögen der Versicherungsnehmerin eingesetzt wird, erlangt auch regelmäßig Kenntnis von der Existenz der D&O-Versicherung. Dies ist allerdings nicht zwingend der Fall, wenn es sich bei der insolventen Gesellschaft um eine Tochtergesellschaft handelt, die selbst nicht Versicherungsnehmerin ist. Sofern der Insolvenzverwalter aber Kenntnis von einer D&O-Versicherung erlangt, wird er eher Ansprüche geltend machen. Gerade gegen leistungsschwache Organmitglieder, die häufig wegen der Insolvenz ohnehin auch persönlich in der Krise sind, z.B. weil sie sich für Verbindlichkeiten der Gesellschaft noch verbürgt haben oder ihrerseits bereits Gehaltsrückstände hinnehmen mussten, hätte der Insolvenzverwalter mangels Solvenz und Leistungsfähigkeit der Organpersonen sonst gar keine Ansprüche geltend gemacht. Der in der Praxis verwendete Ausschluss der wissentlichen Pflichtverletzung führt dazu, dass eine Freistellung von berechtigten Haftungsansprüchen in der Praxis die Ausnahme bildet. Plädiert wird für eine D&O-Police mit einer Grunddeckung mit Einschluss der wissentlichen Pflichtverletzung. Höhere Deckungssummen könnten den Ausschluss dann enthalten. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, der die D&O-Versicherung als Pflichtversicherung ausgestalten sollte. Der aktuell verwendete Ausschluss der wissentlichen Pflichtverletzung hält einer Inhaltskontrolle nicht stand und ist unwirksam. Eine Zukunft des D&O-Versicherungsvertrags kann es nur mit dem Einschluss und mit deutlich höheren Prämien geben. Allerdings werden sich dann nicht mehr alle Branchen und Risiken über eine gesetzlich vorzuschreibende Mindestdeckungssumme hinaus versichern lassen.

    22

    IV. HISTORISCHE ENTWICKLUNG

    In Deutschland wurde im Vergleich zu anderen Industriestaaten erst recht spät im Jahr 1986 die D&O-Versicherung eingeführt. Vorbild waren Policen aus den USA⁷, wobei zunächst nur zwei Versicherer aus den USA über Tochtergesellschaften in Deutschland den Versicherungsschutz platzierten. Erst seit 1995 stiegen auch deutsche Versicherer in den Markt ein. 1996 standen bereits zwölf Versicherer am deutschen Markt im Wettbewerb.⁸ Heute ist der D&O-Versicherungsschutz auch für kleinere Gesellschaften weit verbreitet. Allein von denen im Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) organisierten Versicherungsunternehmern dürfen 50 Mitgliedsunternehmen D&O-Versicherungen anbieten, was nicht heißt, dass sie dies auch praktizieren.⁹ Geschätzt bieten ca. 25 bis 35 Unternehmen für den deutschen Markt D&O-Policen an.

    23

    In den USA werden D&O-Versicherungen bereits seit den 30er-Jahren vertrieben, nachdem im Anschluss an den Börsencrash vom 25.10.1929 und die sich anschließende Weltwirtschaftskrise die Managerhaftung verschärft wurde.¹⁰ Die D&O-Police verbreiteten sich indes erst in den 70er und 80er-Jahren im großen Stil. So sollen bereits Ende der 80er Jahre 96,8 % aller an der New Yorker Börse (NYSE) notierten Unternehmen über eine D&O-Police verfügen.¹¹ In Deutschland wurden im Anschluss an die Reichsgründung Ende des 19. Jahrhundert Versuche unternommen, einen derartigen Versicherungsschutz zu platzieren, dies wurde jedoch nicht genehmigt.

    24

    Als 1986 die beiden ersten D&O-Versicherer auf den Markt gingen, mussten sie noch vom Bundesaufsichtsamt genehmigte Bedingungen verwenden, diese waren die AVBU 86, die nach Vorgabe des Aufsichtsamtes noch einen Ausschluss von Schadenersatzansprüchen im Zusammenhang mit unternehmerischen Fehlentscheidungen enthielten (§ 4 Nr. 2d AVBU).¹²

    25

    V. LITERATURHINWEISE

    1. Kommentierungen

    Jeweils ausführliche und grundlegende Kommentierungen der GDV-Musterbedingungen erfolgten im Großkommentar von Bruck/Möller zum VVG, 10. Aufl. 2022 von Christian Armbrüster (in der 9. Aufl. 2013 von Horst Baumann) und Thomas Gädtke sowie Jörg Henzler (Organhaftung), von Horst Ihlas im Münchener Kommentar zum VVG, Band 3, 2. Aufl. 2017 sowie von Wolfgang Voit in Prölss/Martin, 30. Aufl. 2018, AVB-AVG 2018. Der erste eigenständige Kommentar zur D&O-Versicherung wurde 2016 von Björn Seitz, Bastian Finkel und Dominik Klimke vorgelegt. Auch hier erfolgt wie im Großkommentar von Bruck/Möller neben der Kommentierung der GDV-Musterbedingungen in der Fassung AVB-AVG 2013 eine Erläuterung der Haftungstatbestände von Dominik Klimke. Eine Neuauflage ist für 2022 angekündigt. Ebenfalls für 2023 ist eine weitere eigenständige Kommentierung der AVB D&O herausgegeben von Fabian Herdter geplant.

    26

    Während Finkel und Seitz im Kommentar Seitz/Finkel/Klimke die AVB gemeinsam kommentierten, teilen sich im Bruck/Möller, 10. Aufl. Armbrüster und Gädtke (9. Aufl., Baumann und Gädtke) die zu kommentierenden Passagen. Die Kommentierung wird im Anhang zu Ziff. 1 zu den AVB um einen Überblick zu der Haftung der Organmitgliedern von Henzler ergänzt.

    27

    Eine gewisse Anzahl von Kommentaren ist unerlässlich, damit die konträren in der Praxis auftretenden Fragen, von verschiedenen Seiten beleuchtet werden und eine gewisse Gewähr besteht, dass der Rechtsanwender zu einer ausgewogenen Lösung gelangt.

    28

    2. Handbücher/Einzeldarstellungen

    Das Werk von Horst Ihlas, D&O, Directors & Officers Liability, 2. Aufl. 2009 ist besonders hervorzuheben. Es war die erste systematische Darstellung zur D&O-Versicherung bis zum Erscheinen des Handbuchs von Oliver Lange, D&O-Versicherung und Managerhaftung, 2014 hatte das Werk von Ihlas ein Alleinstellungsmerkmal. Das Werk von Lange wurde 2022 neu aufgelegt und umfasst jetzt mehr als 2.300 Seiten. In keinem Werk zur D&O-Versicherung wird mehr Literatur und Rechtsprechung verarbeitet und umfassender aufbereitet.

    28

    Daneben sind die Abschnitte in den Anwaltshandbüchern zur D&O-Versicherung bzw. im Handbuch zum Versicherungsprozess hervorzuheben, im Einzelnen von:

    Lange in Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess, 4. Aufl. 2020, § 21;

    von Beckmann in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 28, 3. Aufl. 2015;

    von Held im Halm/Engelbrecht/Krahe, Handbuch des Fachanwalt Versicherungsrecht, 6. Aufl. 2018, 33. Kapitel; von Lenz in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, § 25, 7. Aufl. 2017 und

    von Sieg in: Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, § 17, 5. Auflage 2022.

    Zahlreiche weitere Einzeldarstellungen, zumeist Dissertationen bereichern die Diskussion und führen dazu, dass zunehmend auch Einzelfragen einer kritischen Diskussion zugänglich gemacht werden. Hervorzuheben sind das bereits 2019 in zweiter Auflage erschienene Werk von Mitterlechner/Wax/Witsch, D&O-Versicherung mit internationalen Bezügen und aus letzter Zeit die Abhandlung von Scholl, D&O-Versicherung mit dienstvertrags- und arbeitsrechtlichen Bezügen, 2022.

    29

    VI. KONSTRUKTION DER D&O-VERSICHERUNG, DIREKTANSPRUCH, SCHUTZZWECK UND EIGENSCHADENVERSICHERUNG

    Die D&O-Versicherung schützt die versicherten Organmitglieder (Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte) vor einer Inanspruchnahme wegen Schäden, die sie durch ihre Amtstätigkeit verursacht haben. Die Organpersonen sind die versicherten Personen, die Gesellschaft ist die Versicherungsnehmerin und Prämienzahlerin. Man spricht hier auch von einer gesellschaftsfinanzierten D&O. Sie wird als Gruppenversicherung eingeordnet.¹³ Daneben gibt es – allerdings mit einer nur geringen Verbreitung – auch die Möglichkeit, dass sich das Organmitglied mit einer Einzelpolice für sein Mandat bzw. seine Mandate (z.B. mehrere Aufsichtsratsmandate) absichert.

    30

    Die D&O-Versicherung wird so vereinbart, dass die jeweilige Organperson (Geschäftsführer/Vorstand/Aufsichtsratsmitglied) als versicherte Person vertraglich ausdrücklich einen Direktanspruch gegen den D&O-Versicherer auf Versicherungsschutz erhält, während die Gesellschaft grundsätzlich – obwohl sie Vertragspartnerin und Versicherungsnehmerin ist – keinen eigenen Anspruch gegenüber dem D&O-Versicherer hat. Daher kann die Gesellschaft vom D&O-Versicherer grundsätzlich vertraglich nicht verlangen, dass dieser die Organperson freistellt indem sie an den geschädigten Dritten oder bei der Innenhaftung an sie zahlt. Dies ändert sich, wenn die Organperson seinen Freistellungsanspruch an die Gesellschaft abtritt, dann kann die Gesellschaft direkt gegen den Versicherer vorgehen, muss auch nicht vorgeschaltet einen Haftungsprozess führen. Ebenfalls erhält die Gesellschaft einen eigenen Anspruch, wenn eine entsprechende Klausel vereinbart ist (sog. Company Reimbursement bzw. Side B -Deckung, siehe z.B. A-3 AVB D&O oder auch eine sog. Eigenschadenklausel). Dies betrifft einerseits Konstellationen, in denen die Gesellschaft die Organperson von seiner Haftung freistellt und nunmehr von dem D&O-Versicherer, der sonst die Organperson hätte freistellen müssen, Zahlung des Schadensersatzbetrag begehrt, aber auch Fälle, in denen aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen erst gar keine Organhaftung entsteht, sondern sogleich ein Eigenschaden bei der Gesellschaft eintritt, den der D&O-Versicherer aufgrund eine entsprechenden Vereinbarung erstatten soll (siehe ausführlich die Kommentierung bei A-3 AVB D&O).

    31

    Ansonsten kann ein Recht der Gesellschaft aus gewillkürter Prozessstandschaft in Betracht kommen, um im eigenen Namen den Anspruch der versicherten Person durchzusetzen. Dies erfordert ein eigenes schutzwürdiges Interesse der Gesellschaft und die Zustimmung der versicherten Person.¹⁴ Die Zustimmung der versicherten Person kann ggf. entbehrlich sein, wenn diese ihren Versicherungsschutz nachhaltig nicht in Anspruch nimmt, etwa weil „ihr alles egal ist bzw. sie „nichts mehr zu verlieren hat.¹⁵

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    Eine Diskussion wird zu der Frage geführt, inwieweit die gesellschaftsfinanzierte D&O-Versicherung auch eine Eigenschadenversicherung ist bzw. ihr Zweck auch die Interessen der Gesellschaft einbezieht, sie insbesondere eine Bilanzschutzfunktion hat.¹⁶ Unbestreitbar schützt die Versicherungsnehmerin mit der D&O-Versicherung ihre Organe vor einer Inanspruchnahme, um mittelbar auch ihr eigenes Vermögen zu schützen. Dieser Zweck ist häufig wichtiger als der Umstand, dass das Bestehen einer D&O-Versicherung häufig von Organmitgliedern zur Bedingung ihrer Mitarbeit erhoben wird. Dies zeigt sich auch daran, dass in der Praxis die D&O-Versicherung nicht selten auch völlig unabhängig von Forderungen der Manager installiert wird. Die Gesellschaft legt hierauf wert, damit im Haftungsfall werthaltige Haftungsansprüche wegen der dahinterstehenden D&O-Versicherer bestehen. Die Versicherungsnehmerin bzw. ihre Tochtergesellschaft schützt sich damit vor dem Insolvenzrisiko der Organperson, sichert sich aber auch die weitere Mitarbeit derselben, auf die sie kaum zählen könnte, wenn sie ihr Organmitglied mit einer Haftungsklage überziehen würde, dessen Kosten der Abwehr und im Falle des Unterliegens den Schadensersatzbetrag das Organmitglied aus seinem eigenen Vermögen zahlen müsste. Das Interesse der Gesellschaft wegen pflichtwidriger Organtätigkeit, einen werthaltigen Ersatzanspruch zu haben und damit keinen Vermögensschaden zu erleiden, ist daher von der D&O-Versicherung bezweckt.¹⁷

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    Die Frage ist jedoch, was hieraus folgt bzw. wie weit diese Einbeziehung des Interesses geht. In jedem Fall ist dieses Interesse stets nur nachrangig nach dem Interesse der jeweiligen versicherten Person auf Freistellung zu berücksichtigen. Nach zutreffender Auffassung scheidet – auch ohne Vereinbarung eines expliziten Regressverzichts, der ohne weiteres möglich wäre - aufgrund der Einbeziehung des Interesses der Versicherungsnehmerin ein Rückgriff des D&O-Versicherer gegen die Gesellschaft aus, wenn die GmbH neben dem Vorstand oder Geschäftsführer gegenüber einem Dritten für einen Schaden haftet.¹⁸ Dies ergibt sich ggf. auch aus einer ergänzenden Auslegung des Versicherungsvertrags (siehe dazu auch die Ausführungen unter A-8 AVB D&O unter V). Verstärkt wird dies durch die Company ReimburseKlausel in A-3 AVB D&O, wonach die GmbH einen Direktanspruch gegenüber dem D&O-Versicherer erwirbt soweit sie ihren Geschäftsführer von einer Inanspruchnahme durch den geschädigten Dritten freistellt. Dass mittelbar auch gewisse Eigenschäden der GmbH versichert sind, zeigt sich schon dadurch, dass überhaupt Ansprüche aus der Innenhaftung versichert sind. Das Interesse der GmbH an dem vertraglichen Anspruch kann jenes der Organperson überwiegen. Hat diese Organperson einen Schaden in Millionenhöhe am Gesellschaftsvermögen verursacht, den sie aus eigenen Mitteln nicht erstatten können wird, wird sie ohne das Bestehen einer D&O-Versicherung versucht sein, sich in die Verbraucherinsolvenz zu „flüchten", um sich am Ende über eine Restschuldbefreiung der Verbindlichkeit zu entledigen. Dies gilt aber ggf. auch dann, wenn die Deckungssumme nicht ausreicht. Die versicherte Person könnte sich fragen, warum sie eine langwierigen Haftungsprozess durchstehen soll, wenn bei einer Verurteilung die Deckungssumme nicht ausreicht. Diese Überlegung wird dann umso eher greifen, wie mit einem Unterliegen im Prozess gerechnet werden muss. Seit dem 01.10.2020 geltenden Recht, vorerst bis zum 30.6.2024 befristet, kann eine Restschuldbefreiung schon nach 36 Monaten erlangt werden (§ 300 I 1 InsO)¹⁹. Insofern kann das Interesse der GmbH an einer Regulierung höher sein als das beim Organmitglied ebenfalls bestehende Interesse. Der Organhaftungsprozess kann indes länger dauern, als das Durchlaufen eines Insolvenzverfahrens mit Wohlverhaltensperiode und einer anschließenden Restschuldbefreiung. Die Restschuldbefreiung wird nach 36 Monaten nach Stellung des Insolvenzantrags erteilt, ohne dass es auf die Erfüllung besonderer Voraussetzungen wie die Deckung der Verfahrenskosten oder die Erfüllung von Mindestbefriedigungsanforderungen ankommt.

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    VII. VORAUSSETZUNGEN FÜR DEN ABSCHLUSS DER D&O-VERSICHERUNG BEI DEN EINZELNEN RECHTSFORMEN UND ANSPRUCH DER ORGANPERSONEN

    1. Einleitung

    Dass eine AG, GmbH oder Genossenschaft oder auch ein Verein eine D&O-Versicherung unterhalten darf, wird heute nicht mehr in Frage gestellt.²⁰ Dies gilt auch für Gesellschaften, die sich im Besitz der öffentlichen Hand befinden. Aus § 93 II 3 AktG, wo geregelt ist, dass dann, wenn die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft abschließt, ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen ist, kann geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit einer D&O-Versicherung grundsätzlich bejaht. Er sieht insofern keine Unvereinbarkeit mit den Grundsätzen der strengen Organhaftung. Dem Organmitglied darf grundsätzlich eine Entlastung durch Versicherungsschutz zugesagt werden.

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    2. GmbH

    a. Überblick

    Die Rechtsform der GmbH ist weit verbreitet. Es existieren in Deutschland über eine Mio. Gesellschaften in dieser Rechtsform.²¹ Die Struktur und Organisation der GmbH ist einfach.

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    Es existieren im Normalfall nur zwei Organe in einer GmbH, die Gesellschafterversammlung und die Geschäftsführung. Die Gesellschafterversammlung bestellt die Geschäftsführer, beruft sie ab, schließt mit ihnen namens der GmbH den Anstellungsvertag und beendet denselben ggf. auch wieder. Sie überwacht die Geschäftsführer und ist - ein wichtiger Unterschied zur AG - berechtigt, diesen Weisungen zu erteilen. Ein Aufsichtsrat kann bei der GmbH auf freiwilliger Basis eingerichtet werden. Diesem können Befugnisse übertragen werden, die sonst der Gesellschafterversammlung zustehen. Nur in Ausnahmefällen besteht bei der GmbH die Verpflichtung einen Aufsichtsrat einzurichten, so wenn es aufgrund der Anzahl der Arbeitnehmer die Arbeitnehmermitbestimmung erfordert oder wenn dies z.B. im Bereich kommunaler Gesellschaften erforderlich ist, um den Einfluss der Gemeinde zu sichern. Der Abschluss einer D&O-Versicherung kann dazu dienen die Haftungsrisken aus der Leitungs- und der Aufsichtsratstätigkeit abzusichern.

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    b. Anspruch des Geschäftsführers auf Abschluss eines D&O-Versicherungsvertrags

    aa. Bei Fehlen einer D&O-Verschaffungsklausel

    Der GmbH-Geschäftsführer hat aufgrund seiner Organstellung bzw. seines Anstellungsvertrags keinen Anspruch auf Abschluss einer D&O-Versicherung.²² So weit gehen die Treuepflicht oder die Fürsorgepflicht der Gesellschaft nicht.²³ Dem Geschäftsführer bleibt die Möglichkeit sich eine persönliche D&O-Versicherung zu beschaffen. Zu Recht wird geltend gemacht²⁴, ein Anspruch auf Bereitstellung von D&O-Versicherungsschutz scheitere schon daran, dass es keine vom Gesetz angeordnete Mindestversicherungssumme gibt bzw. kein Deckungskonzept am Markt, das man als Grundlage der Verschaffungspflicht zugrunde legen könnte. Auch ist nicht sichergestellt, ob die konkrete GmbH bzw. der GmbH-Konzern für ihre Branche und ihr Organhaftungsrisiko überhaupt Versicherungsschutz am Markt erhält. Insofern kann der GmbH nicht eine Pflicht auferlegt werden, bei der ungewiss ist, ob sie diese erfüllen kann. Dies betrifft auch die Aufbringung der Prämie, die erheblich sein kann. Umgekehrt gibt es auch keine Verpflichtung des Geschäftsführers für eine D&O-Versicherungsschutz zu sorgen, zumal dies ohnehin der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Bei besonders haftungsträchtigen Situationen kann es zur pflichtgemäßen Unternehmensführung gehören, die Gesellschafterversammlung auf diese Deckungslücke hinzuweisen.²⁵ Auch kann eine Haftung des Geschäftsführers entstehen, wenn die Absicherung der D&O-Versicherung „zu üppig" erfolgt, z.B. eine sehr hohe Deckungssumme gewählt wird, die eine exorbitant hohe Prämie nach sich zieht, die sich die Gesellschaft kaum leisten kann.²⁶ Der Versicherer im Außenverhältnis muss sich an den Versicherungsschutz festhalten lassen. Er kann nicht einwenden, der Vertrag sei nichtig oder es müsste auf das noch tolerable Maß angepasst werden.²⁷ Dies gilt auch, wenn ein gesellschaftsrechtlich erforderlicher Beschluss der Gesellschafterversammlung fehlt (siehe unter c.).

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    Der Geschäftsführer muss das mit der Organstellung verbundene Haftungsrisiko akzeptieren. Will er dies nicht, darf er das Amt gar nicht erst annehmen. Eine Möglichkeit der Absicherung besteht darin, dass der Geschäftsführer seine Tätigkeit vertraglich von der Stellung eines D&O-Versicherungsschutzes abhängig macht. Ein Anspruch des Geschäftsführers auf Abschluss einer D&O-Versicherung lässt sich insbesondere auch nicht aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht herleiten. Enthält die Satzung eine Regelung oder existiert ein Gesellschafterbeschluss, der die Installation einer D&O-Versicherung vorsieht, ist fraglich, ob sich der Geschäftsführer darauf zu seinen Gunsten berufen kann. Rechte aus der Satzung bzw. einem Gesellschafterbeschluss kann eher ein Gesellschafter-Geschäftsführer als ein Fremdgeschäftsführer herleiten. Allerdings wird man durchaus vertreten können, dass ein Beschluss der Gesellschafter, der z.B. einseitig ohne Zustimmung des betreffenden Organs dieses entlasten kann oder der ihre Haftungsinanspruchnahme beschließen kann – jeweils mit materiell-rechtlicher Wirkung gegenüber der Organperson – den Geschäftsführern auch ein Recht auf Verschaffung von Versicherungsschutz vermitteln kann. Die Geschäftsführer sind als Organ an die Gesellschafterbeschlüsse gebunden, enthalten diese für sie Leistungen, erwachsen ihnen hieraus eigene subjektive Rechte gegenüber der Gesellschaft.

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    Hat aber die GmbH, ohne dass sie dazu verpflichtet wäre, eine D&O-Versicherung beschafft, folgen daraus dennoch Nebenpflichten und Auskunftspflichten gegenüber dem versicherten Organmitglied.²⁸ Bei einer Tochtergesellschaft, die die D&O-Versicherung nicht selbst abgeschlossen hat, können diese Pflichten indes nur soweit gehen, wie der Tochtergesellschaft ihrerseits Auskünfte und Informationen vorliegen bzw., wie sie sich dieselben beschaffen kann. Ein unmittelbarer Anspruch des Geschäftsführers gegen die Muttergesellschaft, sofern nicht mir dieser der Anstellungsvertrag besteht (sog. Drittanstellung), kann sich aber aus dem Versicherungsverhältnis auf fremde Rechnung ergeben. Bei der GmbH folgen solche Nebenpflichten aus dem Anstellungsverhältnis, ihrer Fürsorgepflicht, aber auch - sofern sie Versicherungsnehmerin ist - aus dem Rechtsverhältnis zwischen ihr als Versicherungsnehmerin und dem Geschäftsführer als versicherter Person. Durch die Versicherung auf fremde Rechnung kann ein treuhänderisches Rechtsverhältnis begründet werden (siehe dazu A-8 unter I). Zwar bedarf es dieser Treuhand nicht mehr, sobald dem Versicherten der Direktanspruch im Haftungsfall erwächst. Doch spricht erst recht gerade dieser Direktanspruch dafür, dass daneben und vorher ein solches Treueverhältnis besteht,²⁹ das letztlich Ausfluss der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ist. Das gesetzliche Treuhandverhältnis bei der Versicherung auf fremde Rechnung wird durch das gesellschaftsrechtliche Treuverhältnis ausgefüllt. Danach hat die GmbH den Geschäftsführer über alles zu informieren, was den Versicherungsschutz des Geschäftsführers beeinträchtigen oder vernichten könnte. Eine Beendigung des D&O-Versicherungsvertrags durch die Gesellschaft, die darauf abzielt, danach ohne Nachmeldefrist gegen den Geschäftsführer vorzugehen, kann einen Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht bzw. gegen die Pflicht aus dem Treuhandverhältnis beinhalten, so dass die GmbH den Geschäftsführer so stellen müsste, wie dieser bei fortgesetztem Versicherungsschutz stünde (siehe unten unter A-8 AVB D&O I).

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    Wurde dem Geschäftsführer bei seiner Anstellung mitgeteilt, es gäbe eine D&O-Versicherung, erweist sich dies jedoch als unzutreffend, kann ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen bestehen.³⁰ Dieser erstreckt sich auf das sog. negative Interesse. Das heißt, das Organmitglied kann beanspruchen so gestellt zu werden wie es stünde, wenn es wüsste, dass keine D&O-Versicherung besteht. Denn dann hätte das Organmitglied ggf. die Stellung gar nicht angetreten oder sich eine persönliche D&O-Versicherung beschafft.³¹

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    bb. Bei Vereinbarung einer D&O-Verschaffungsklausel

    Der sicherste Weg, dem Geschäftsführer ein Recht auf Verschaffung einer D&O-Versicherung einzuräumen, ist die Vereinbarung des Abschlusses einer D&O-Versicherung im Anstellungsvertrag mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung (sog. Verschaffungsklausel). Dann folgt aus dieser Vereinbarung ein Anspruch des Geschäftsführers. Beispiel:³²

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    Formulierungsvorschlag

    Der Geschäftsführer hat Anspruch auf den Abschluss einer D&O-Versicherung mit einer Deckungssumme von mindestens 5 Mio. Euro je Versicherungsfall mit einer Selbstbeteiligung von max. 5.000 Euro pro Versicherungsfall. Zu versichern ist das Risiko der Haftung des Geschäftsführers gegenüber Ansprüchen, die der Gesellschaft oder Dritten gegen den Geschäftsführer in Zusammenhang mit seiner Geschäftsführertätigkeit zustehen können. Besteht der Versicherungsschutz nicht, so kann der Geschäftsführer im Innenverhältnis beanspruchen, haftungsrechtlich so gestellt zu werden, als bestünde ein Versicherungsvertrag auf der Grundlage der Versicherungsbedingungen, die als Anlage diesem Vertrag beigefügt sind (oder: auf der Grundlage des Maklerwordings der ________________ Stand: ______). Dies gilt auch dann, wenn die Deckungssumme wegen Ausschöpfung der Jahreshöchstleistung zu Gunsten anderer Versicherter bzw. anderer Versicherungsfälle nicht zur Verfügung steht, der D&O-Versicherer gekündigt hat oder einen Rücktritt oder eine Anfechtung erfolgt, jedoch nicht dann, wenn der Geschäftsführer durch sein arglistiges Verhalten die Beendigung des Versicherungsvertrags bzw. die Leistungsfreiheit verursacht hat. Der Anspruch des Geschäftsführers umfasst bei Ansprüchen aus der Außenhaftung einen Freistellungsanspruch gegenüber der GmbH, wenn der Anspruch im Rahmen der D&O-Versicherung versichert gewesen wäre. Der Versicherungsschutz ist solange, ggf. durch Vereinbarung einer Nachmeldefrist aufrechtzuerhalten, wie mögliche Ansprüche gegen den (ausgeschiedenen) Geschäftsführer noch nicht verjährt sind.

    Sollte ein Versicherungsschutz gegen einen D&O-Versicherer auf Freistellung bzw. Befriedigung nicht oder nicht im vollen Umfang bestehen – unabhängig davon, ob der Versicherungsvertrag besteht oder nicht (mehr) besteht oder die Police den Schadensfall nicht – z.B. wegen eines Ausschlusses - abdeckt -, so hat der Geschäftsführer Pflichtverletzungen, die nur auf einfacher Fahrlässigkeit beruhen, nicht zu vertreten. Sofern der Versicherer auf einer Vertragsänderung besteht (z.B. im Rahmen des jährlichen Renewals) wird die Gesellschaft den Geschäftsführer darüber informieren. Die hier vereinbarte Verschaffungsklausel passt sich an die neue Deckung an.

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    Aus einer solchen Klausel folgt allerdings kein einklagbarer Anspruch auf Abschluss einer D&O-Versicherung bzw. beinhaltet diese nicht, dass der Geschäftsführer auf Grundlage dieser Klausel bereits eigenständig einen D&O-Versicherungsvertrag abschließen darf, es sei denn, die Klausel räumt ihm dieses Recht bereits ein.³³ Eine Regelung in der Satzung ist bei der GmbH nicht erforderlich, um dem Geschäftsführer auf der Grundlage der Verschaffungsklausel einen Anspruch zu begründen.³⁴ Der Anstellungsvertrag als Anspruchsgrundlage ist ausreichend, denn der Abschluss desselben fällt in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung. Wird trotz der Klausel im Anstellungsvertrag eine D&O-Versicherung nicht abgeschlossen, z.B. weil der hierfür zuständige weitere Geschäftsführer dies verschleppt oder verweigert, hat der Geschäftsführer, der einen Haftungsfall verursacht und deswegen in die Haftung genommen wird, grundsätzlich einen Anspruch darauf so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn D&O-Versicherungsschutz bestünde. Dieser Anspruch folgt aus § 280 I BGB.³⁵ Ansprüche gegen den (potentiellen) Versicherer lassen sich aus der Verschaffungsklausel oder bei Verstößen gegen diese nicht herleiten. Der Versicherer ist nur an den Versicherungsvertrag gebunden. Absprachen zwischen dem Versicherten und dem Versicherungsnehmer wirken sich grundsätzlich nicht zu seinen Lasten aus.³⁶

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    Problematisch ist, welches Deckungskonzept zugrunde zu legen ist, wenn nicht wie in der obigen Klausel ein solches angegeben ist, ggf. das, zu dessen Abschluss der die GmbH betreuende Versicherungsmakler bei entsprechender Beauftragung geraten hätte. Zutreffend ist, dass das Organmitglied die Beweislast hat, darzulegen welche Deckung für die Gesellschaft bzw. bei Weigerung der GmbH für das konkret betroffene Organmitglied am Markt zu vertretbaren Konditionen verfügbar gewesen wäre.³⁷ Die Deckungssumme sollte in der Verschaffungsklausel verankert werden, eine Jahreshöchstleistung nicht unbedingt.³⁸ Die Jahreshöchstleistung begrenzt die Eintrittspflicht des Versicherers für alle Versicherungsfälle innerhalb der Versicherungsperiode. Nur bis zu diesem Betrag muss der Versicherer leisten. Im ungünstigsten Fall entspricht die Versicherungssumme der Jahreshöchstleistung (so auch A-6 Nr. 4 AVB D&O.). Dadurch könnte der Fall eintreten, dass durch andere Versicherte bzw. andere Versicherungsfälle der maximale Entschädigungsbetrag bereits ausgeschöpft wurde. Die hier vorgeschlagene Klausel sieht vor, dass der Geschäftsführer beanspruchen kann so gestellt zu werden, als bestünde noch Versicherungsschutz. Die GmbH bleibt damit im Ergebnis bei Deckungslücken auf dem Schaden sitzen. Allerdings kann vom Geschäftsführer noch weniger erwartet werden, dass er bei einer sonst versicherten Situation, den Schaden selbst tragen muss, nur weil z.B. die Jahreshöchstleistung von einem anderen Organmitglied ausgeschöpft wurde bzw. der D&O-Versicherer gekündigt hat und am Markt kein Versicherungsschutz mehr beschaffbar ist, jedenfalls nicht zu einer auskömmlichen Prämie.

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    Hat sich die Gesellschaft im Anstellungsvertrag gegenüber dem Geschäftsführer verpflichtet D&O-Versicherungsschutz zu beschaffen und aufrecht zu erhalten, muss sie den Geschäftsführer bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht gemäß § 280 I BGB so stellen, wie dieser stünde, wenn der vereinbarte Versicherungsschutz bestünde. Soweit die Verschaffungsklausel einen D&O-Versicherungsvertrag mit einer Eigenschadenklausel vorsieht, die zu einer Enthaftung des Geschäftsführers führt (siehe dazu die Kommentierung bei A-3 AVB D&O), könnte gefolgert werden, dass damit konkludent auch ein Ausschluss für Pflichtverletzungen, die auf einfacher Fahrlässigkeit beruhen, vereinbart ist, getroffen wurde. Bei diesem bleibt es auch, wenn der D&O-Versicherer am Ende nicht leistet.

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    Allerdings trägt der Geschäftsführer bei Außenhaftungsfällen damit das Insolvenzrisiko der Gesellschaft. Er könnte auf dem Schaden sitzen bleiben. Bei einem Innenhaftungsfall kann der Geschäftsführer mit seinem Schadenersatzanspruch gegen den Innenhaftungsanspruch auch gegenüber dem Insolvenzverwalter aufrechnen. Dies gilt auch in der Insolvenz. Der Insolvenzverwalter muss im Verhältnis zu den versicherten Personen den Versicherungsvertrag nicht aufrechterhalten und hierfür Prämien aus der Masse entrichten – ggf. trifft ihn eine solche Verpflichtung im Verhältnis zu den Gläubigern.³⁹ Siehe zur Insolvenz und den Auswirkungen die Ausführungen unter A-5.5 AVB D&O.

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    Beispiel: Versäumung der Nachmeldefrist durch den Insolvenzverwalter

    Die GmbH befindet sich im Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter macht einen Innenhaftungsanspruch aus § 43 II GmbHG geltend. Allerdings ist der D&O-Versicherungsvertrag seit drei Jahren beendet und die Nachmeldefrist zum Zeitpunkt der Geltendmachung bereits verstrichen. Es existiert daher kein Versicherungsschutz mehr. Der Insolvenzverwalter hätte aber ohne weiteres die Nachmeldefrist einhalten können. Im Anstellungsvertrag wurde eine Verschaffungsklausel vereinbart. Daher hat der Geschäftsführer wegen schuldhafter Versäumung der Nachmeldefrist einen Schadensersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter bzw. die Insolvenzmasse, mit dem er gegen den Organhaftungsanspruch aufrechnen kann. Dies nützt dem Geschäftsführer indes nur dann etwas, wenn der Haftungsfall versichert gewesen wäre.

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    c. Zuständigkeit für den Abschluss des D&O-Versicherungsvertrags

    Gegenüber dem D&O-Versicherer ist die Geschäftsführung in vertretungsberechtigter Zahl für den Abschluss der D&O-Versicherung zuständig. Dessen Vertretungsmacht ist im Außenverhältnis unbeschränkt und unbeschränkbar (§ 37 II GmbHG). Der Versicherer kann grundsätzlich auf diese Vertretungsmacht vertrauen und muss sich nicht vergewissern, ob der Geschäftsführer im Innenverhältnis eine D&O-Versicherung abschließen durfte. Im Innenverhältnis, das heißt im Verhältnis zur GmbH, benötigt der Geschäftsführer nach zutreffender Ansicht für den Abschluss einen zustimmenden Beschluss der Gesellschafterversammlung.⁴⁰ Dies gilt erst recht dann, wenn die Satzung, eine Geschäftsordnung oder sonst ein Gesellschafterbeschluss dieses Erfordernis aufstellen. Eine D&O-Versicherung betrifft den organschaftlichen und persönlichen Status des Geschäftsführers, denn die Versicherung sichert diesen auf Kosten der GmbH vor Risiken aus seiner Geschäftsführertätigkeit ab. Für den Abschluss eines solchen Vertrags ist im Innenverhältnis das Organ zuständig, das die Organstellung des Geschäftsführers begründet, ändert, beendet bzw. mit diesem für die GmbH den Geschäftsführerdienstvertrag schließt. Als Annexkompetenz folgt daraus, dass Modifikationen der Organstellung und dazu gehört eine Haftungsentlastung durch Versicherungsschutz einer Mitwirkung bzw. Zustimmung des zuständigen Organs bedarf. Zudem stellt der Versicherungsschutz eine Zusatzleistung an den Geschäftsführer dar und erweitert somit seine Rechtsstellung aus dem Anstellungsverhältnis. Schließt der Geschäftsführer einen D&O-Versicherungsvertrag ohne Zustimmung ab, verletzt er seine Pflichten. Er wäre damit gemäß § 43 GmbHG der GmbH zum Schadensersatz verpflichtet. Der Schaden besteht regelmäßig in den aufgewandten Versicherungsprämien. Tritt ein Haftungsfall ein und leistet der Versicherer zu Gunsten des Geschäftsführers eine Entschädigung, stellt sie also den Geschäftsführer frei, ist fraglich ob die Ersatzleistung des Versicherers in Abzug von den Versicherungsprämien zu bringen ist. Dies scheidet ggf. dann aus, wenn der Geschäftsführer auch ohne Unterstützung des D&O-Versicherers die Schadensersatzforderung erfüllen kann. Allerdings ist es vorzugswürdig, den Geschäftsführer, der die D&O-Versicherungsprämie vollständig erstattet, so zu stellen, wie er stünde, wenn der Vertrag mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung geschlossen worden wäre. Dann kommt ihm der Anspruch gegen den Versicherer auf Freistellung zu Gute ohne dass er sein Privatvermögen einsetzen müsste. Gleiches gilt für Leistungen des D&O-Versicherers durch die andere versicherte Organpersonen freigestellt werden.

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    d. Haftungsbeschränkungen und Versicherungsschutz

    Versicherungsschutz kann Haftungsbeschränkungen, die die jeweils betroffenen Personen aushandeln, ersetzen oder ergänzen. In der Praxis kommt die Vereinbarung von Haftungsbeschränkungen mit der GmbH durch entsprechende Klauseln im Anstellungsvertrag in Betracht. So könnte z.B. eine Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden. Die Zulässigkeit von Beschränkungen dieser Art der Organhaftung ist umstritten. Der Ausschluss von einfacher Fahrlässigkeit wird überwiegend für zulässig erachtet. Der Ausschluss von grober Fahrlässigkeit für Vermögensschäden, die der Geschäftsführer am Gesellschaftsvermögen verursacht hat, wird hingegen überwiegend für nicht statthaft erachtet. Dem ist soweit zuzustimmen wie der Anspruch zur Gläubigerbefriedigung benötigt wird (siehe dazu im Einzelnen die Ausführungen bei § 43 GmbHG). Für die Frage der Zulässigkeit eines D&O-Versicherungsschutzes könnte argumentiert werden, dass sich dieser verbiete, wo die Organhaftung nicht eingeschränkt werden könne, da der Versicherungsschutz aus Sicht des Geschäftsführers denselben haftungsentlastenden Effekt haben könnte, wie eine Haftungsbeschränkung. Heute wird indes der Abschluss einer D&O-Versicherung bei der GmbH für zulässig erachtet.⁴¹ Der Versicherungsschutz hat auch eine Bilanzschutzfunktion, schützt also das Gesellschaftsvermögen und die Gläubiger. Soweit die Gläubiger vom Versicherer befriedigt werden, wird dadurch das Gesellschaftsvermögen geschont. Soweit durch eine haftungsbeschränkende Klausel die Organhaftung z.B. für einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen wird, käme dies auch dem D&O-Versicherer zu Gute, da es mangels Haftung keines Versicherungsschutzes bedarf – allenfalls für Abwehrkosten, wenn der Verschuldensmaßstab im Streit ist. Allerdings ist regelmäßig eine Eigenschadenklausel vereinbart, die der Gesellschaft einen Direktanspruch gegen den Versicherer verschafft, wenn sie ihr Organ ggf. auch im Rahmen einer vorherigen haftungsbeschränkenden Vereinbarung von der Haftung freistellt (siehe A-3 AVB D&O).

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    2. AG

    a. Zuständigkeit für den Abschluss des D&O-Versicherungsvertrags

    Bei der AG sind die Zuständigkeiten umstritten.⁴² Dies betrifft sowohl die externe als auch die interne Zuständigkeitsverteilung. Die herrschende Ansicht hält den Vorstand beim Abschluss der D&O-Versicherung und damit auch für Änderungen und die Beendigung des Versicherungsvertrags für zuständig.⁴³

    Der BGH⁴⁴ hat in einer Entscheidung ausgeführt: Zweifelhaft ist schon, ob der Vorstand für den Abschluss einer D&O-Versicherung zu Gunsten der Aufsichtsratsmitglieder zuständig ist oder ob die Prämienzahlung einen Vergütungsbestandteil darstellt, was gem. § 113 I 2 AktG – bei Fehlen einer satzungsmäßigen Regelung – die Zuständigkeit der Hauptversammlung begründen würde (so Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 113 Rdnr. 2a; a.A. Kort, DStR 2006, 799, 802). Jedenfalls ist die Gesellschaft aber ihren Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber nicht verpflichtet, für diese – ohne eine Regelung in der Satzung – eine Haftpflichtversicherung abzuschließen (Henssler, in: Henze/Hoffmann-Becking, GesellschaftR, 2001, S. 131 [146]; Fleischer, WM 2005, 909, 919; Spindler, in: MünchKomm-AktG, 3. Aufl., § 84 Rdnr. 90).

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    Die externe Zuständigkeit hat der BGH damit offengelassen. Die herrschende Ansicht hält allein den Vorstand für zuständig, da der Abschluss der D&O-Versicherung auch im Interesse der AG sei und insoweit kein Interessengegensatz bestünde, so dass es bei der Zuständigkeit gemäß § 78 AktG bleibe.⁴⁵ Für eine Zuständigkeit des Aufsichtsrats spricht die Einordnung des D&O-Versicherungsschutzes als Vergütungsbestandteil des Vorstands gemäß §§ 84, 87 AktG.⁴⁶ Da aber auch der Aufsichtsrat mitversichert wird, läge auch eine Zuständigkeit der Hauptversammlung nahe, zumindest bei einer D&O-Versicherung mit der separat nur der Aufsichtsrat versichert wird. Vorzugswürdig ist eine alleinige Zuständigkeit des Vorstands im Außenverhältnis. Damit kann der Versicherungsschutz durch den Vorstand zügig beschafft und ggf. auch angepasst werden. Im Innenverhältnis ist aber eine Ermächtigung der Hauptversammlung erforderlich, die in einem Beschluss erfolgen kann oder auch in der Satzung vorgehen werden kann, wobei nur die Eckdaten (Deckungssummen, Maximierung) vorgesehen werden müssen.⁴⁷ Die D&O-Versicherung versichert die Organmitglieder, die schon deshalb wegen des Interessenkonflikts nicht allein und abschließend zuständig sein dürfen. Der Vorstand könnte sonst geneigt sein, eine möglichst hohe Deckungssumme unabhängig von der Prämienhöhe zu wählen. Da die Eigenschadenklausel (siehe dazu Kommentierung bei A-3 AVB D&O) kaum praktische Bedeutung hat und auch diese eine Freistellung des Organmitglieds voraussetzt, steht der Versicherungsschutz der Organmitglieder und nicht der Versicherungsschutz der GmbH im Zentrum. Der Versicherungsschutz gehört zur Ausstattung des Vorstands und ist daher durchaus ein Vergütungsbestandteil. Der Vorstand und auch die Aufsichtsratsmitglieder müssten sich sonst durch eigene Prämien mit Singular-Policen eindecken, um ihr Privatvermögen vor einer Inanspruchnahme zu schützen. Hat die Hauptversammlung den Vorstand ermächtigt, liegt in dem Abschluss einer D&O-Police mit Bedingungen, die zum Standard gehören und die mittelbar auch die AG schützt, keine Pflichtverletzung. Diese kann aber vorliegen, wenn trotz Ermächtigung die Deckungssummen im Verhältnis zur Prämie zu hoch angesetzt werden oder wenn Deckungskonzepte mit vermeidbaren Deckungslücken vereinbart werden. Der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung können den konkreten Abschluss des D&O-Versicherungsvertrags als zustimmungspflichtiges Geschäft festlegen, so dass es im Innenverhältnis dann der Zustimmung des betreffenden Organs vor dem Abschluss des Vertrages bedarf.

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    b. Haftungsbeschränkungen und Anspruch auf Versicherungsschutz

    Die Haftung der Organe kann bei der AG nach der ganz herrschenden Auffassung nicht abgeschwächt werden. Dies folgt bei der AG aus der sog. formellen Satzungsstrenge gemäß § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG, wonach die Satzung von den Vorschriften des Gesetzes nur abweichen kann, wenn dies gesetzlich zu gelassen ist.⁴⁸ Gegen jedwede Abschwächung bzw. gegen einen Haftungsausschluss oder Haftungsmilderung spricht auch das Verfolgungsrecht der Gläubiger gemäß § 93 Abs. 5 Satz 1 AktG, die den Ersatzanspruch geltend machen können, sofern sie keine Befriedigung erlangen. Auch ein Vergleich oder Verzicht über den Organhaftungsanspruch zu Lasten der Gläubiger scheidet grundsätzlich aus bzw. erfordert bestimmte Voraussetzungen (§ 93 Abs. 5 Satz 3 AktG, siehe bei § 93 AktG V). Dies gilt auch für den Anspruch gegen das Aufsichtsratsmitglied gemäß § 116 Satz 1 AktG.

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    Ein Anspruch auf Abschluss einer D&O-Versicherung hat der Vorstand nur, wenn dies in seinem Anstellungsvertrag vereinbart ist,⁴⁹ wobei strittig ist, ob zusätzlich eine Satzungsregelung dies zulassen muss (zur sog. Verschaffungsklausel siehe bereits die Ausführungen oben bei VII 2 b.). Der Aufsichtsrat kann nur dann auf den Abschluss einer D&O-Versicherung bestehen, wenn eine Regelung in der Satzung existiert.⁵⁰ Dafür spricht, dass der Aufsichtsrat typischerweise über kein Vertragsverhältnis zur AG verfügt, in dem seine Rechte und Pflichten niedergelegt werden. Der Abschluss eines solchen Vertrags mit einer Verschaffungsklausel bezüglich einer D&O-Versicherung stößt auch deshalb auf Schwierigkeiten, weil der Vorstand, den der Aufsichtsrat gerade überwachen muss, dafür nicht geeignet ist und die Hauptversammlung ggf. zu schwerfällig ist. Gleichwohl ist ein Vertrag mit Zustimmung der Hauptversammlung denkbar, in dem auch ein Anspruch auf Abschluss einer D&O-Versicherung vereinbart werden kann. Beim Vorstand reicht eine Regelung im Anstellungsvertrag aus, um einen Anspruch zu begründen. Der Abschluss es D&O-Versicherungsvertrags setzt aber gleichwohl den zustimmenden Hauptversammlungsbeschluss bzw. die Ermächtigung in der Satzung voraus.

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    3. KG a.A.

    Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) ist eine Kapitalgesellschaft, die eng mit der AG verwandt ist. Sie ist ebenfalls im Aktiengesetz geregelt (§§ 278 bis 290 AktG). Beteiligt sind jedoch nicht nur Aktionäre, die bei der KGaA Kommanditaktionäre genannt werden, sondern mindestens auch ein persönlich haftender Gesellschafter, der sog. Komplementär. Dieser haftet für alle Verbindlichkeiten der KGaA unmittelbar und unbeschränkt gegenüber den Gläubigern. Für den Komplementär verweist das AktG auf die Vorschriften für die Kommanditgesellschaft (§ 278 Abs. 2 AktG). Es liegt auf der Hand, dass dieser Komplementär nicht in der D&O-Versicherung versichert werden kann. Die Bedeutung und Verbreitung der KGaA steigen, seitdem der BGH entschieden hat, dass auch eine GmbH bzw. eine juristische Person persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA sein kann.⁵¹ Ein Mensch muss damit nicht persönlich unbeschränkt mit seinem Privatvermögen haften. Dies bedeutet, dass die KGaA Vorteile der AG sowie der KG in sich vereinigt, weshalb für diese Rechtsform durchaus ein Bedarf besteht. Der Initiator kann durch eine Gesellschafter– und Geschäftsführerstellung bei der Komplementär-GmbH alle Fäden in der Hand halten, ohne eine persönliche Haftung befürchten zu müssen. Über die Kommanditaktionäre ist dann vergleichbar wie bei der AG eine Kapitalbeschaffung auch über die Kapitalmärkte möglich.

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    Der Aufsichtsrat hat ebenfalls wie bei der AG die Aufgabe die Geschäftsführung zu überwachen. Anders als bei der AG den Vorstand bestellt der Aufsichtsrat den Komplementär jedoch nicht. Sie hat auf diese Position keinen Einfluss. Der Komplementär ist als Gründer oder durch seinen späteren Beitritt als persönlich haftender Gesellschafter in dieser Rolle. Handelt es sich hierbei um eine juristische Person, bestimmt das dort zuständige Organ ihr Leitungsorgan, also bei einer Komplementär-GmbH die Gesellschafterversammlung. Dann wäre die GmbH-Gesellschafterversammlung auch intern zuständig für den Abschluss einer D&O-Versicherung. Nach außen schließt die KGaA vertreten durch ihre Komplementärin – ggf. die Komplementär-GmbH- die D&O-Versicherung ab, wobei wegen der Einbeziehung des Aufsichtsrates ein ermächtigender Beschluss der Hauptversammlung benötigt ist, der für die persönliche Ausstattung des Aufsichtsrats wie dessen Vergütung, aber auch den Versicherungsschutz zuständig ist.

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    Beispiel: Borussia Dortmund GmbH & Co. KG"

    Komplementärin der an der Börse notierten Borussia Dortmund GmbH & Co. KG ist die Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH, wobei das Kapital der Komplementärin und damit die Stimmrechte von der Borussia Dortmund e.V. gehalten werden. Soll nun der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH D&O-versichert werden, schließt diesen Vertrag entweder der Verein ab, dann versichert er auch seine Konzernbeteiligungen und aufgrund der 50 + 1 Regelung wäre auch die KGaA einbezogen. Versicherte wäre aber nicht die Komplementärin, da diese unbeschränkt persönlich haftet, sondern nur ihr Geschäftsführer sowie die Aufsichtsräte der KGaA. Daneben wären dann aber auch der Vorstand und etwaige Aufsichtstäte bei dem e.V., eingeschlossen. Damit stellt sich die Frage, ob beim Verein, der Vorstand eigenständig über den Abschluss entscheidet. Damit der D&O-Versicherung über ihre Organhaftung entschieden wird, sollte ein Beschluss der Mitgliederversammlung eingeholt werden. Dies dürfte entbehrlich sein, wenn die Satzung bereits eine Ermächtigungsklausel für den Abschluss eine D&O-Versicherung enthält (siehe zum Verein, die Ausführungen unter 5.)

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    4. eG

    Die eingetragene Genossenschaft (e.G. Oder eG) ist von ihrer Struktur der Aktiengesellschaft bzw. dem eingetragenen Verein vergleichbar. Der Zweck einer Genossenschaft ist zumindest nicht primär darauf gerichtet, Gewinn zu erzielen. Vielmehr ist deren Zweck die Verfolgung eines Genossenschaftsgedankens für die Mitglieder. Dieser Zweck ist darauf gerichtet, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Große Verbreitung und praktische Bedeutung haben z.B. Einkaufsgenossenschaften bzw. Genossenschaften im Bereich des Lebensmittelhandels (z.B. der Edeka-Verbund oder Teile der REWE-Gruppe), Agrar- und Winzergenossenschaften, Kreditgenossenschaften, wie die Volks- und Raiffeisenbanken oder Wohnungsbaugenossenschaften. Einzelne Genossenschaften wie die DATEV eG für Steuerberater oder die DENIC als Registrierungsstellen für Domains haben einen hohen Bekanntheitsgrad.

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    Die eingetragene Genossenschaft ist im Genossenschaftsgesetz von 1889 geregelt (GenG). Die Mitglieder (Genossen) üben ihre Rechte durch die Generalversammlung aus (§ 43 GenG), wo alle Genossen teilnahme- und stimmberechtigt sind. Bei Genossenschaften mit mehr als 1.500 Mitgliedern kann eine Vertreterversammlung gebildet werden, in der die Mitglieder aus ihrem Kreis Vertreter wählen, die dann die Funktion der Generalversammlung ausüben, wobei bestimmte Funktionen der Generalversammlung verbleiben bzw. dieser vorbehalten werden können. Die Genossenschaft wird vom Vorstand geleitet. Die Aufsichtsratsmitglieder ihrerseits wählen die General-bzw. Vertreterversammlung. Bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern kann auf einen Aufsichtsrat verzichtet werden. Die Generalversammlung hat zwar nur wenige Zuständigkeiten, sie stellt den Jahresabschluss fest, beschließt über die Verwendung des Ergebnisses und ist für Satzungsänderungen zuständig. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zur AG. Bei der Genossenschaft wird der Vorstand nicht vom Aufsichtsrat, sondern von der Generalversammlung gewählt und abberufen (§ 24 Abs. 2 GenG). Als Annexkompetenz folgt daraus auch die Zuständigkeit der Generalversammlung für den Abschluss, die Änderung und Beendigung der mit den Vorstandsmitgliedern zu schließenden Anstellungsverträge. Der Aufsichtsrat, der aus mindestens drei Mitgliedern besteht, wird ebenfalls von der Generalversammlung gewählt (§ 36 Abs. 1 GenG). Die Generalversammlung legt in Annexkompetenz auch die Vergütung des Aufsichtsrats fest.

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    Aufgrund der vorgenannten Kompetenzverteilung liegt es nahe, dass der Abschluss eines D&O-Versicherungsvertrags nach außen in die Zuständigkeit des Vorstands fällt, dieser jedoch im Innenverhältnis eines ermächtigenden Beschlusses der Generalversammlung benötigt. Hierfür ist es nicht zwingend, dass der D&O-Versicherungsschutz als Vergütungsbestandteil eingeordnet wird, auch wenn dieser bei einer klassisch ausgestalten D&O-Versicherung mit Direktanspruch durchaus Vergütungscharakter hat. Es genügt für die Begründung der Zuständigkeit bereits, dass durch den Versicherungsschutz das organschaftliche Verhältnis von Aufsichtsrat und Vorstand und damit seine Haftung betroffen ist, die letztlich durch den Versicherungsschutz modifiziert wird, was zwingend in die Zuständigkeit der Generalversammlung fällt. Da bei der Genossenschaft Abweichungen von den Vorschriften des GenG und damit auch von den §§ 34, 41 GenG nur statthaft sind, wenn das Genossenschaftsgesetz diese zulässt (§ 18 Satz 2 GenG), kann die strenge Organhaftung für den Vorstand und Aufsichtsrat, die bei der Genossenschaft auch einfache Fahrlässigkeit umfasst, nicht abgeschwächt werden. Bei unentgeltlich tätigen Vorstandsmitgliedern soll dieser Umstand bei der Haftung berücksichtigt werden, was regelmäßig dazu führen dürfte, dass eine Haftung wegen einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist (siehe dazu die Ausführungen unten bei § 34 GenG).

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    5. e.V.

    D&O-Versicherungen erfreuen sich bei Vereinen auch im gemeinnützigen, kirchlichen Bereich einer hohen Beliebtheit.⁵² Vereine können großen Betrieben, wie z.B. Sportbetrieben, Krankenhäusern, Gästehäusern, Schulen, Kindertagesstätten, Alten- oder Pflegeheimen vorstehen. Gleiches gilt z.B. auch für selbständige Stiftungen. In der Praxis ist der D&O-Versicherungsschutz in sog. erweiterten VermögensschadenHaftpflichtversicherungen enthalten. Die Bedingungen sind im Kern häufig mit der „klassischen D&O-Versicherung vergleichbar. Bei besonders „guten Kunden kommt es auch zum Einschluss von wissentlichen Pflichtverletzungen in den Versicherungsschutz (siehe dazu unten die Ausführungen bei A-7 AVB D&O V 2 ff.).

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    Bei einem Verein kann ein Aufsichtsrat gebildet werden. Dies ist aber nicht zwingend. Der Abschluss der D&O-Versicherung erfolgt durch den Vorstand. Da ihr organschaftlicher Status im Hinblick auf die Haftung betroffen ist, bedarf es im Innenverhältnis einer Ermächtigung durch die Mitgliederversammlung oder einer entsprechenden Ermächtigungsklausel in der Vereinssatzung. Nach außen hat das Fehlen einer Zustimmung der Mitgliederversammlung oder einer Satzungsregelung keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des abgeschlossenen D&O-Versicherungsvertrags. Im Innenverhältnis liegt aber ein pflichtwidriges Handeln des Vorstands vor. Dies kann eine Haftung für die aus dem Vereinsvermögen gezahlten Versicherungsprämien auslösen.

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    Beim Vorstand im Vereinsrecht, das im BGB in den §§ 21 ff. geregelt ist, fehlte lange eine Haftungsvorschrift zur Organhaftung des Vorstands bzw. eines etwaigen Aufsichtsrats bzw. Kontrollorgans gegenüber dem Verein vergleichbar den Vorschriften bei der AG (§ 93 Abs. 2 1 AktG) der GmbH, (§ 43 Abs. 2 GmbHG) oder der Genossenschaft (§ 34 Abs. 2 Satz 1 GenG). In § 27 Abs. 3 BGB heißt es jedoch, dass für die Geschäftsführung des Vorstands die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 BGB entsprechende Anwendung finden. Zusätzlich hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 29.3.2013 § 31a BGB durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts eingeführt. Dort ist geregelt, dass dann, wenn Organmitglieder oder besondere Vertreter unentgeltlich tätig werden oder sie für ihre Tätigkeit eine Vergütung, die 840 € jährlich nicht übersteigt (Stand 12/2022), erhalten, sie dem Verein bzw. den Vereinsmitgliedern für einen bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten verursachten Schaden nur beim Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit haften. Wichtig: Diese Haftungsbegrenzung gilt nicht für Ansprüche Dritter, insbesondere auch nicht für die Haftung gegenüber dem Finanzamt gemäß § 69 AO.⁵³

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    Nicht deutlich ist, ob die § 31a BGB die Haftung unterstellt und für die vorgenannten Fälle die einfache Fahrlässigkeit ausschließt oder ob die Norm für die Fälle der groben Fahrlässigkeit und des Vorsatzes die Haftung begründet. Einigkeit besteht darüber, dass über § 27 III BGB und den Verweis auf das Auftragsrecht eine Haftung bei der Verletzung der Pflichten aus dem organschaftlichen Rechtsverhältnis für hierdurch verursachte Schäden besteht (§§ 27 Abs. 3, 664 ff., 280 Abs. 1 BGB).⁵⁴.Besteht ein Anstellungsverhältnis mit dem Vorstand, kommt zudem eine Verantwortlichkeit des Vorstandsmitglieds aus § 280 BGB in Betracht.⁵⁵

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    VIII. PRÜFUNG DER AVB D&O ALS AGB

    Die AVB D&O bzw. Versicherungsbedingungen für eine D&O-Versicherung unterliegen grundsätzlich einer AGB-Kontrolle oder einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 134, 138 BGB. Dies gilt auch sofern ein Großrisiko vorliegt.⁵⁶ Da dem Versicherten ein Direktanspruch eingeräumt ist und dieser regelmäßig Verbraucher ist, könnte erwogen werden, dass die AGB-Kontrolle ohne die Einschränkungen, die gemäß § 310 I 1 BGB für die Verwendung gegenüber Unternehmern gelten, vorgenommen wird. Dann würden auch die strenge Einbeziehungskontrolle gemäß § 305 II BGB und die Klauselverbote in den §§ 308 309 BGB gelten. Dem ist zu folgen, da die vertraglichen Rechte der Versicherten, wenn sie gerade keine Unternehmer sind, uneingeschränkt der AGB-Kontrolle unterliegen müssen, wobei es keinen Unterschied macht, dass die Versicherten grundsätzlich ihre Stellung aus dem Versicherungsvertrag ableiten, den eine Unternehmerin (z.B. eine AG oder GmbH) für sie geschlossen hat und man argumentieren könnte, ihre Rechte reichen nicht weiter als jene der Versicherungsnehmerin.⁵⁷ Die D&O-Versicherung ist jedoch eine Versicherung zu Gunsten Dritter und die Rechte der Versicherten sind weiter als jene der Versicherungsnehmerin , nur sie genießen grundsätzlich Versicherungsschutz und nur ihnen steht der Direktanspruch zu.

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    Da jedoch Vertragspartnerin die Gesellschaft als Unternehmerin wird, gilt die strenge Einbeziehungskontrolle nicht, weil die Gesellschaft als Unternehmerin den Vertrag schließt. Es gelten aber bei der Einbeziehung die Unklarheitenregel und die Überraschungsklausel.

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    Maßstab der Inhaltskontrolle ist nicht die durchschnittlich verständige Versicherungsnehmerin, dies wäre die Gesellschaft, die den Versicherungsschutz vereinbart, sondern die durchschnittlich verständige versicherte Person, also der Geschäftsleiter bzw. das Kontrollorganmitglied, dass Versicherungsschutz erlangen möchte. Das OLG München⁵⁸ hat dies wie folgt formuliert:

    „Daher kann im vorliegenden Fall nicht auf den Erwartungshorizont einer durchschnittlichen Versicherungsnehmerin abgestellt werden, der eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen will. Vielmehr ist auf den Erwartungshorizont einer typischen versicherten Person abzustellen, der im speziellen Segment der Berufshaftpflichtversicherung für Unternehmensleiter Versicherungsschutz erlangen will."

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    Bei der Frage, ob es sich um eine unangemessene Benachteiligung handelt, ist daher grundsätzlich auf die Situation der versicherten Organmitglieder abzustellen. An diesem Maßstab ist z.B. zu prüfen, ob das Anspruchserhebungsprinzip (siehe dazu die Ausführungen bei A-2 AVB D&O) oder die Kostenanrechnungsklausel (siehe die Ausführungen unter A-6 AVB D&O V 2) einer Inhaltskontrolle standhält. Hierbei ist bei der Auslegung der jeweiligen, so der BGH, soweit verschiedene Bedeutungen in Betracht kämen, das Prinzip der kundenfeindlichsten Auslegung zu berücksichtigen.⁵⁹ Für die Inhaltskontrolle gilt – auch bei Unternehmern - die Generalklausel in § 307 BGB einschließlich des Transparenzgebots. Es gelten wegen der Einräumung des Direktanspruchs aber auch die Klauselverbote in den §§ 308 und 309 BGB.

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    Nach der Generalklausel sind nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB-Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Im Zweifel ist, so § 307 Abs 2 BGB, eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Die Variante, die auf den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abstellt, zielt auf das Leitbild der jeweiligen Norm ab, von der abgewichen wird. Die Inhaltskontrolle der AVB D&O kann sich hierbei – sofern es um spezifische Regelung der D&O-Versicherung geht, nicht an einem gesetzlichen Leitbild orientieren, da Bestimmungen im Gesetz zur D&O-Versicherung nicht existieren. In Betracht kommt aber das gesetzliche Leitbild, soweit es um allgemeine Vorschriften, insbesondere der Haftpflichtversicherung oder der sonstigen Schadensversicherung bzw. des allgemeinen Versicherungsvertragsrechts geht (siehe z.B. zur Kostenanrechnungsklausel in der D&O-Versicherung, die vom Leitbild in § 101 Abs. 2 Satz 1 VVG abweicht, die Ausführungen unter A-6 AVB D&O V 2). Eine Gefährdung des Vertragszwecks nach § 307

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