Gambio - Der perfekte Tausch: Vinylschuppen - Ein Schallplattenladen voller Tauschgeschichten
Von Sina Land
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Über dieses E-Book
Wenn Rentner Hubertus Tonlage die Pforten zu seinem ehemaligen Plattenladen für gute Freunde erneut öffnet, werden nicht nur Erinnerungen lebendig, und musikalische Klassiker erneut gefeiert, sondern es gibt auch jede Menge Tauschgeschichten zum Schmunzeln, Mitfiebern und Verlieben.
Nehmt neben Hubertus Platz auf dem Sofa, lauscht mit ihm der schönen Musik und lasst euch mit vielen passenden Kurzgeschichten zum Träumen entführen.
Ein Buch vom Team Gambio voller kurzer Tauschgeschichten.
Für Leser:innen, die gerne eine Gesamtgeschichte lesen, als auch für Buchliebhaber:innen, die
Kurzgeschichten lieben.
Autor:innen:
Donata Schäfer, Ingo M. Ebert, Anja Ziegler, Guido Ewert, Marco Plate, Steffi Lofeldt, Maria Jimenez, Petra Baar, Annika Steinke und die Ideengeberin Sina Land
Zum Hintergrund der Entstehung:
Dieser Roman besteht nicht nur aus einer Gesamtgeschichte, sondern ebenso aus vielen zusammengefügten kurzen Tauschgeschichten, die im Projekt "GAMBIO - Der perfekte Tausch" von Sina Land, entstanden sind. Somit haben an diesem Buch mehrere Autor:innen aus dem Team geschrieben. Die Geschichten sind nicht nur selbst langsam über die Zeit der bei uns vorgeschlagenen Tauschgegenstände gewachsen, sondern haben sich zusätzlich zu einer einzigen zusammengeflochten. Obendrein beinhaltet das Librophon Gastbeiträge, die wir bei einem unserer Schreibwettbewerbe ausgewählt haben.
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Buchvorschau
Gambio - Der perfekte Tausch - Sina Land
Zum Hintergrund der Entstehung
Dieser Roman besteht nicht nur aus einer Gesamtgeschichte, sondern ebenso aus vielen zusammengefügten kurzen Tauschgeschichten, die im Projekt „GAMBIO – Der perfekte Tausch" von Sina Land entstanden sind. Somit haben an diesem Buch mehrere Autor:innen aus dem Team geschrieben. Die Geschichten haben sich über die Zeit der bei uns vorgeschlagenen Tauschgegenstände entwickelt. Durch die Rahmengeschichte sind sie nun zusätzlich zu einem einzigen Roman zusammengeflochten. Obendrein beinhaltet der Vinylschuppen einen Gastbeitrag, den wir bei einem unserer Schreibwettbewerbe ausgewählt haben.
Widmung
Für alle, die noch Stunden in Plattenläden
verbracht, Vinylscheiben liebevoll in Schutzhüllen
verpackt und das leise Knistern des Tonabnehmers
geliebt haben.
Für alle, die sich auch heute noch gerne
beim Lesen Musik anhören.
Mögen ihnen unsere Tauschstorys angenehme
Stunden bescheren.
Inhaltsverzeichnis
„Der Vinylschuppen" von Sina Land
„Tick-Tack-Star" von Ingo M. Ebert
„Anwandlungen" von Sina Land
„Schokopudding" von Anja Ziegler
„Ford Capri V6" von Sina Land
„Suzi und die alten Männer" von Guido Ewert
„Eingeschworene Truppe" von Sina Land
„Wikingerboot" von Steffi Lofeldt
„Bruderrivalität" von Sina Land
„Dystopie" von Guido Ewert
„Baguette" von Sina Land
„Abschied von Elfi" von Steffi Lofeldt
„Hochzeitswalzer" von Sina Land
„Zeichnung" von Anja Ziegler
„Herr Pfarrer" von Sina Land
„Beichte zum Frühstück" von Sina Land
„Hervorpreschen" von Sina Land
„Wecker" von Marco Plate
„Der schönste Tag" von Sina Land
„Pasta surprise" von Annika Steinke
„Gartentratsch" von Sina Land
„Mähroboter" von Steffi Lofeldt
„Gedächtnislücke" von Sina Land
„Dürfen Osterhasen Kopfhörer tragen?" von Petra Baar
„Beschwerde" von Sina Land
„Katze am Morgen" von Guido Ewert
„Dichtkunst" von Sina Land
„Zauberei" von Steffi Lofeldt
„Feuerwehr im Ruhestand" von Sina Land
„Dr. Gamber" von Anja Ziegler
„Nachtrauerfieber" von Sina Land
„Tausche Sicherheit gegen Freiheit" von Maria Jimenez
„Kopfschmerzen" von Sina Land
„Magische Kerze" von Steffi Lofeldt
„Zwetschgenwasser" von Sina Land
„Arbeitsstelle" von Anja Ziegler
„Geschlossen" von Sina Land
„Unterschätzt" von Guido Ewert
„Seiltänzer" von Sina Land
„Herzogin von Herzenstein" von Steffi Lofeldt
„Außenseiter" von Sina Land
„Eine feurige Angelegenheit"von Maria Jimenez
„Urlaub" von Sina Land
„Zugfahrt ohne Ticket" von Maria Jimenez
„Tierpark" von Sina Land
„Arbeitseifer" von Marco Plate
„Ausstellungsstück" von Sina Land
„Beobachtet" von Steffi Lofeldt
„Virus" von Sina Land
„Klassentreffen" von Petra Baar
„Vögel im Kopf" von Sina Land
„Tafelgeschirr" von Steffi Lofeldt
„Helgas Steppeinlage" von Sina Land
„Irgendwann" von Petra Baar
„Roter Schopf" von Sina Land
„Krone gegen Liebe" von Maria Jimenez
„Auf der Lauer" von Sina Land
„Moor" von Donata Schäfer
„Nickerchen" von Sina Land
„Nebel" von Petra Baar
„Riemenschneider" von Sina Land
„Das vertauschte Erbe" von Maria Jimenez
„Streunende Hunde" von Sina Land
„Intergalaktischer Hangover" von Guido Ewert
„Marienkäferregenschirm" von Sina Land
„Schuld" von Petra Baar
„Morgengedanken" von Sina Land
„Wunscherfüller" von Petra Baar
„Marianne Huckenberger" von Sina Land
„Herztausch" von Steffi Lofeldt
„Geständnis" von Sina Land
Der Vinylschuppen
„Ach", seufzt Hubertus Tonlage
und zieht eine Elvis-Schallplatte aus dem Regal. Das waren noch Zeiten, als hier die Leute in seinem Laden ein- und ausgegangen sind. Er schlurft zur Musikanlage und zupft vorsichtig die Platte aus dem Umschlag, befreit sie vom Schutzpapier mit dem Loch in der Mitte und legt sie gekonnt auf den Plattenteller. In der Schublade vom Ladentisch kramt er nach dem Plattenreiniger, einem Plastikteil mit einem flexiblen Schwämmchen daran. In gewohnter Manier stellt er die Anlage an und lässt den Reiniger vorsichtig über die sich drehende Platte laufen. Ein paar Staubfussel sammeln sich unter dem Schwamm, die er fachmännisch vom Vinyl zieht. Dann setzt er mit zittrigen Händen den Tonabnehmer auf die erste Rille und horcht. Das typische Knacken ertönt und kurz darauf trällert Elvis „Love me tender". Sein Gesicht entspannt sich sofort und ein Lächeln erscheint. Vorwitzig reibt er sich die Hände und lässt sich auf dem Sofa nieder, auf dem seine Kunden stets Platz genommen haben, wenn sie in eine Schallplatte reinhören wollten, bevor sie eine kauften. Wer heute vorbeischauen wird? Ein ehemaliger Käufer? Oder jemand aus der Familie? Seit er seinen Vinylschuppen geschlossen hat, um seinen wohlverdienten Ruhestand zu genießen, kommen gerne hier Leute vorbei, um sich mit ihm zusammen an vergangene Zeiten zu erinnern. Meistens haben sie eine Geschichte im Gepäck und die richtige Schallplatte hat er dazu bisher immer in seinen alten Beständen gefunden.
„Love me tender, love me tender, love me tender ..., tönt es von der Anlage, wobei der Sänger das „tender
extrem betont. Elvis hängt wieder Mal in einer Rille fest. So galant es seine alten Beine zulassen, schiebt er sich vom Sofa hoch und verpasst dem Tonabnehmer einen sanften, aber dennoch beherzten Schubs. Dabei verschluckt Elvis ein paar Sätze und singt dann in der Strophe weiter, als wäre es das Normalste der Welt.
Kaffee könnte er noch aufsetzen, bis um zwei der Erste hier hereinschneit. Schon verschwindet er in der Ecke mit der einzelnen Herdplatte und den Kochutensilien neben dem Spülbecken. Er holt die Kaffeekanne und den Filter aus Porzellan aus dem Regal und stellt sie aufeinander. Dann schnappt er sich die alte Kaffeemühle, schüttet ein paar frische Kaffeebohnen in den Trichter und setzt sich mit ihr auf das Sofa. Im Takt von „Love me tender" dreht er am Griff und die Mühle mahlt an den Bohnen die Untermalung dazu. Da bimmelt die kleine Glöckchenkette an der Tür und ein Kopf erscheint im aufgehenden Türspalt.
„Ist der Schuppen schon für ehemalige Besucher geöffnet?", fragt ein Herr mit Filzhut und gestricktem Trachtenjanker.
Hubertus stoppt sein Drehen. „Ja der Hannes. Komm rein, alter Haudegen. Der Kaffee ist schon in Arbeit. Was macht die Gemeinde, hast du sie noch fest im Griff, deine Schäfchen?"
„Ach ... die machen doch, was sie wollen. Frag mich, warum die mich überhaupt zum Bürgermeister gewählt haben, wenn sie doch alles besser wissen. Schwamm drüber. Wo gehobelt wird, da fallen Späne."
„Hast eine Geschichte mitgebracht? Dann bekommst einen frisch aufgebrühten Kaffee."
„Klar doch. Ich hab sogar einen Kuchen dabei. Schließlich soll die Pause ja versüßt werden, wenn ich mich danach wieder mit dem Kämmerer herumschlagen muss. Der hat ständig was zu meckern. Irgendwo ist immer das Geld knapp."
„Was soll ich denn für eine Platte auflegen? Was passt zu deiner Geschichte? Kuschelrock? Oder besser Rock ’n’ Roll?"
Hannes gibt ein paar Töne von sich, die sich entfernt wie Singen anhören. „Weißt schon, das kennst du doch. Ist, glaube ich, von Whitney Houston. So ein Liebeslied. Aus dem Film Bodyguard."
Hubertus zieht die Augenbrauen hoch. Die Melodie war für ihn mit dem besten Willen nicht zu erkennen, aber beim Filmnamen hatte er sofort das passende Lied im Sinn.
Kurze Zeit später sitzen sie bei Kaffee und Kuchen auf dem Sofa und im Hintergrund trällert Whitney „I will always love you."
„Jetzt rück schon raus mit deiner Liebesgeschichte", spornt er den Bürgermeister an.
Der winkt mit seiner Gabel ab. „Josef liebt zwar Oma Käthe, aber so eine richtige Liebesgeschichte ist es trotzdem nicht."
„Jetzt schwafle nicht lang. Erzähl!"
Von Sina Land
Tick-Tack-Star
Josef steht in
der Küche und schneidet geschälte Kartoffeln in Scheiben. Ab und zu schaut er aus dem Fenster, ob Maria mit dem Auto auf den Hof fährt.
Gestern hat sie ihn aufgeregt angerufen, eine gewisse Jenny koche auf Instagram Rezepte aus dem gemeinsamen Oma Käthe Kochbuch nach, filmt dabei und stellt anschließend die Reels ins Netz.
Er hat nicht alles verstanden, nur so viel: Ab sofort kocht Maria selbst und er hat den Auftrag, sie zu filmen, damit man sich die Videos auf „Tick-Tack" anschauen kann, schließlich seien sie ja die Herausgeber des Kochbuchs.
Nachdenklich schaut er aus dem Fenster. Der rote Kleinwagen fährt soeben in den Hof und kommt in einer Staubwolke zum Stehen. Maria springt heraus, läuft um das Auto und räumt Stangen und Kisten aus dem Kofferraum.
Josef legt die Kartoffel und das Messer langsam auf das hölzerne Schneidebrett, wischt sich die Hände am karierten Handtuch trocken und schlurft zur Tür.
Da hämmert es schon an der Haustür.
„I komm scho!", ruft Josef im Flur und legt einen Schritt zu.
„Na endlich, sprudelt Maria hervor, „wir haben ja nicht den ganzen Tag Zeit!
Und schwups, steht sein Gang mit den Gerätschaften aus dem Auto voll.
„Brauch ma des alles?", fragt Josef ungläubig und kratzt sich am Kinn.
„Sicher!", antwortet Maria nachdrücklich und baut die Stative in der Küche auf. Er eilt ihr zur Hilfe, kommt aber nicht dazu, denn sie wirbelt wie ein Tornado um den Herd herum.
Endlich steht alles, das Kochfeld ist ausgeleuchtet und Maria wischt sich den Schweiß von der Stirn.
„Es ist ganz einfach. Du schaust hier durch den Sucher und führst ganz langsam die Kamera einmal um den Herd und dann zum Topf!"
„I weiß ned, meinst des is a guade Idee?, zweifelt Josef. Mit solch einer teuren Filmkamera in der Hand zittern sofort seine Finger. „Lass uns doch tauschen, I nehm den Kochlöffel und du nimmst die Kamera, I kenn mi damit ned aus
, sagt er hoffnungsvoll zu Maria.
„Das ist ein fairer Handel", erwidert sie und zwinkert ihm zu.
Sofort schiebt sie ihn ins Schlafzimmer und verdonnert ihn dazu, ein weißes Hemd anzuziehen. Danach pudert sie ihm die Stirn. Was macht man nicht alles für die Kinder?
Mit dem Rezeptbuch von Oma Käthe neben sich bereitet Josef Schritt für Schritt den Kartoffelauflauf zu. In bayrischer Mundart kommentiert er seine Handbewegungen. „Schneidn, umrühn, featig!"
Maria ist hochkonzentriert und achtet auf jede Kleinigkeit.
„Josef, deine Hand wirft schon wieder Schatten!", ruft sie ihm wiederholt zu.
Dennoch lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen. Gedanklich ist er bei seiner verstorbenen Käthe, die so oft für ihn gekocht hat. Jetzt kocht er für die Enkeltochter. Er streckt seinen Oberkörper durch. Oma Käthe kann stolz auf ihn sein.
Zwei Stunden später ist alles im Kasten. Gemeinsam lassen sie sich den Auflauf schmecken und reden erst von früher und dann von dem Erfolg mit dem Rezeptbuch.
Zwei Wochen später bekommt er einen Anruf von Maria. Der Film würde durch die Decke gehen, sagt sie. Schon mehr als einhunderttausend Aufrufe in der kurzen Zeit. Er wäre nun ein ‚Tick-Tack-Star‘.
„Herrschaftszeiten!", murmelt er.
Ach ja, morgen kommt sie zum Haferkekse backen, natürlich mit Kamera.
Von Ingo M. Ebert
Anwandlungen
„Haferkekse", schwärmt
Hubertus. „Die erinnern mich an meine Kindheit."
„Beim nächsten Besuch bringe ich dir welche mit, sagt der Bürgermeister. „Aber jetzt muss ich los. Meine Parteigegner warten nur darauf, dass ich irgendwo eine Minute länger bin als bei einem Termin mit ihren Anliegen.
Seufzend steht er auf, verabschiedet sich und lässt Hubertus mit seinen Schallplatten alleine zurück. Doch er kommt nicht dazu, sich einsam zu fühlen, geschweige denn die Überreste des Kaffeekränzchens aufzuräumen.