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ChatGPT, Generative KI - und wir!: Technik von gestern, Herausforderung für heute, Chance für morgen
ChatGPT, Generative KI - und wir!: Technik von gestern, Herausforderung für heute, Chance für morgen
ChatGPT, Generative KI - und wir!: Technik von gestern, Herausforderung für heute, Chance für morgen
eBook406 Seiten4 Stunden

ChatGPT, Generative KI - und wir!: Technik von gestern, Herausforderung für heute, Chance für morgen

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Über dieses E-Book

Technik von gestern - Herausforderung für heute - Chance für morgen! Wie eine Welle ist eine neue Generation von KI-Tools über uns hereingebrochen. Text- und Bildgeneratoren wie ChatGPT, Gemini oder Midjourney können viele Tätigkeiten effizienter und darüber hinaus ziemlich viel Spaß machen. Doch noch sind viele Fragen offen: Was bedeutet es, dass Computer nun unsere Sprache sprechen? Welche Folgen hat KI für Bildung und Beruf? Wie verändert sich das Internet? Welche Auswirkungen hat die Technologie auf unseren Alltag, unseren Glauben, die Gesellschaft und die Politik? Dieses Buch erklärt in gut verständlicher Sprache, was
Generative KI ist, warum die Welt noch nicht bereit dafür ist – und wie eine verantwortungsvolle Nutzung dennoch möglich ist.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum6. Feb. 2024
ISBN9783384139535
ChatGPT, Generative KI - und wir!: Technik von gestern, Herausforderung für heute, Chance für morgen
Autor

Michael Brendel

Michael Brendel, Jg. 1977, ist Musikwissenschaftler, Theologe und Journalist. Seit 2012 arbeitet er als Studienleiter im Ludwig-Windthorst-Haus in Lingen in den Bereichen Digitale Transformation und Medienpädagogik. Er ist Gründer und Autor des Blogs spaehgypten.de und des Podcasts Das glaub‘ ich gern. Als Taschenbuch/Ebook sind von ihm erschienen: Die Mensch-App – Wie Internet und Smartphone unsere Wirklichkeit verändern (2018) und Künftige Intelligenz – Menschsein im KI-Zeitalter (2019). Michael Brendel lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Lingen.

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    Buchvorschau

    ChatGPT, Generative KI - und wir! - Michael Brendel

    Vielleicht hast du da, wo KI dir helfen kann,

    gar kein Problem.

    Alberto Romero

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

    © 2023 Michael Brendel

    Verlagslabel: Edition Wortverein

    Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

    tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5,

    22926 Ahrensburg, Germany

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig.

    Die Publikation und Verbreitung erfolgen

    im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: Michael Brendel, Kornblumenweg 8, 49808 Lingen

    Inhalt

    Cover

    Urheberrechte

    VORWORT

    TEIL I: TECHNIK VON GESTERN

    KI-Geschichte 1956–2022

    Generative KI

    TEIL II: HERAUSFORDERUNG VON HEUTE

    Versuch einer Einordnung

    These 1: Das wirklich Neue ist die Sprache.

    These 2: Wir sind noch nicht bereit.

    These 3: Die Gesellschaft ist noch nicht bereit.

    These 4: Die Entwicklung ist noch nicht bereit.

    These 5: Unsere Institutionen sind noch nicht bereit.

    These 6: Niemand weiß, wohin die Reise geht.

    These 7: Wir haben es in der Hand.

    TEIL III: CHANCE FÜR MORGEN

    1. Generative KI verantwortungsvoll nutzen

    2. Assistent im Alltag

    3. Ein Spiegel unserer Sprache

    4. Eine Chance für die Bildung

    5. Eine Chance für die Teilhabe

    6. Eine Chance für die Menschlichkeit

    7. Generative KI und Kirche: Eine Herausforderung, die zur Chance werden kann

    8. Aufruf zur Gestaltung

    GLOSSAR

    QUELLEN UND ANMERKUNGEN

    Abbildungen

    Quellenverzeichnis

    VORWORT

    Game-Changer oder Hype?

    Dieses Buch kommt zu spät. Ebenso wie die gesellschaftliche Debatte über die Chancen und Risiken sogenannter Künstlicher Intelligenz, die hinter dem Wust aus Schlagzeilen, Werbeslogans und Schreckensvisionen so langsam zum Vorschein kommt. Eigentlich hätten wir uns schon vor fünf Jahren zusammensetzen müssen, um ein Gespräch zur Zukunft mit KI zu führen. Wir hätten die Entwicklung der Technologie in den vergangenen 20 Jahren analysieren und die Frage diskutieren müssen, was wir eigentlich von der smarten Technik wollen. Wir hätten für uns persönlich und im Austausch miteinander eine Haltung zu den Fragen finden sollen, wo der Nutzen der Technologie die Risiken übersteigt und welcher aktuelle oder künftige Anwendungszweck unsere Zustimmung an ihre Grenzen bringt. Wir – damit meine ich uns alle, jede*n Bürger*in dieses Landes, jeden Menschen in Europa und der Welt, die*der Verantwortung für die heutige Gesellschaft und das selbstbestimmte Leben kommender Generationen empfindet. Vor fünf Jahren wäre diese Debatte zur rechten Zeit gekommen, als die von der Asilomar Conference on Beneficial AI erarbeiteten 23 Prinzipien für eine gemeinwohlorientierte KI auf dem Tisch lagen. Anfang 2017 hatten 100 internationale Forscher*innen und Unternehmer*innen vereinbart, wie KI-Systeme aussehen sollten, damit alle Menschen davon profitieren. Wichtig waren ihnen die technische Sicherheit, die Orientierung an universalen Werten, der Vorzug gemeinwohldienlicher KI-Projekte bei der Vergabe von Fördergeldern und die Beteiligung aller Menschen am durch die Technologie entstehenden wirtschaftlichem Wohlstand.¹

    Die Asilomar-Prinzipien wurden unter anderem von Facebooks KI-Chef Yann LeCun, dem britischen Astrophysiker Stephen Hawking (†2018), dem Techunternehmer Elon Musk, dem Mitgründer des US-KI-Unternehmens OpenAI Sam Altman und 5725 weiteren Expert*innen auf dem Gebiet unterschrieben. Auch einige Vertreter*innen der EU-Organe hatten mit Ihrer Unterschrift ihre Zustimmung zu den Regeln für gemeinnützige Künstliche Intelligenz erklärt.

    Doch in der Fläche war KI damals noch kein Thema. So forderte der europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss im Mai 2017 in einer Stellungnahme einen Verhaltenskodex für die Entwicklung, den Einsatz und die Nutzung von KI-Anwendungen, wobei vier Monate vorher 100 internationale Forscher*innen und Unternehmer*innen schon genau solch einen Kodex entwickelt hatten!² (Die Unterschrift der für die Stellungnahme verantwortlichen EU-Parlamentarierin findet sich übrigens auch unter dem Asilomar-Papier.) In der EU wurde also 2017 zum ersten Mal auf politischer Ebene über Künstliche Intelligenz diskutiert. Während die Parlamentarier*innen in Brüssel und Straßburg also erst mal Artificial Intelligence googelten, verkündete der chinesische Staatsrat einige Wochen später, bis 2030 Weltmarktführer im Bereich KI werden zu wollen. Nach der Hälfte der Zeit ist China auf einem guten Weg dahin.

    Und doch kommt dieses Buch zur rechten Zeit. Denn der neueste KI-Trend Generative KI wirft Fragen auf, die unser menschliches Selbstverständnis nicht unberührt lassen. Er wird nicht nur verändern, wie wir mit Computern, Smartphones und Onlinediensten umgehen, sondern er wird den ohnehin nicht zu unterschätzenden Einfluss technischer Systeme auf unser Leben nochmals verstärken. Trotz der beeindruckenden Anwendungen, die in den vergangenen Monaten für Schlagzeilen (und bei vielen auch für Sorgenfalten) gesorgt haben, steht diese Technologie noch ziemlich am Anfang. Noch haben wir die Gelegenheit, eine Position zu beziehen, von der aus wir die neue Generation Künstlicher Intelligenz begutachten, hinterfragen, aber auch: verantwortlich nutzen können

    Dazu rufe ich in diesem Buch auf. Denken Sie mit, liebe*r Leser*in, prüfen Sie meine Argumentationslinien auf Schlüssigkeit und Sachlichkeit, nehmen Sie Ihre Emotionen wahr und bilden Sie sich eine Meinung zur Künstlichen Intelligenz 2.0. Denn denken, beurteilen und fühlen können nur wir Menschen.

    Ich möchte, dass das so bleibt.³

    Technophil oder technophob?

    Was ich nicht möchte, ist, dass dieses Buch als Beleg für meine Fortschrittsskepsis oder meinen Fortschrittsglauben betrachtet wird. Beide Sichtweisen wurden mir bereits in Seminaren, auf Podien oder nach meinen Vorträgen vorgeworfen. Eine solche Zuschreibung ließ und lässt mich hinterfragen, ob ich meinen Punkt möglicherweise nicht verständlich genug erklärt habe oder ob meine Eigenwahrnehmung hier deutlich von der Fremdwahrnehmung abweicht. (Paradoxerweise haben das fehlende Bekenntnis zu der einen oder anderen Position und mein Aufruf zur autonomen Urteilsbildung die Verlagsverhandlungen bei meinen vorherigen Büchern mitunter etwas schwierig gemacht.) Deshalb vorweg: Grundsätzlich betrachte ich mich als Optimisten, der Technologie zunächst einmal positiv, wenn auch nicht unkritisch gegenübersteht. In den Industriestaaten gemachte Erfindungen haben einen elementaren Anteil am Leid vieler Menschen auf dieser Welt, ebenso an der Zerstörung von Lebensräumen von Pflanzen und Tieren, dem Auseinanderbrechen von Nahrungsketten, dem Rückgang der Artenvielfalt und der Störung des klimatischen Gleichgewichts dieses Planeten. Gleichwohl haben die menschliche Neugier, unser Entdeckerdrang und ja: auch kommerzielle Motive sehr viel Gutes hervorgebracht. Technologie hat die Erkennung und Behandlung von Krankheiten revolutioniert, den Menschen Wege zur Kommunikation und zum Ideenaustausch eröffnet und dem größten Teil der Menschheit auch Wohlstand gebracht. Letztlich haben wir dank (auch elektronischer) technologischer Erfindungen die Mittel in der Hand, die Probleme dieser Welt zu lösen. Wer in dieser Zeit lebt, gehört zu den ersten Menschen, die die von Menschen gemachten Probleme dieser Welt lösen können! Dieser Aspekt kommt meines Erachtens auch in der Diskussion um Künstlichen Intelligenz zu kurz.

    Einen weiten Blickwinkel, der die Möglichkeiten der Technologie ebenso ernst nimmt wie die damit verbundenen Ängste und Sorgen, erhoffe ich mich auch für die Debatte um die neuen, generativen KI-Formen, zu der dieses Buch einen Beitrag leisten soll. Es soll helfen, die Chancen richtig einzuschätzen, negative Folgen zu erkennen, mindern oder gar verhindern zu können. Ich bin davon überzeugt, dass viele der aktuellen und künftigen Anwendungsgebiete Generativer KI in diesem Sinne verantwortungs- und sinnvoll eingesetzt werden können, andere aber begründet abgelehnt werden müssen.

    Voraussetzung für diese Beurteilung ist freilich, dass wir überhaupt sprachfähig für die Pros und Kontras sind und den Austausch dazu suchen. Lassen Sie uns hier starten. Holen wir das Beste aus der neuen Technologie heraus!

    Sprache und Begrifflichkeiten

    An dieser Stelle ein paar Bemerkungen zur Sprache: Dieses Buch benutzt Begriffe, die allesamt hinterfragbar sind. Intelligenz, Kreativität, Sprache, Verstehen und Lernen, die für gewöhnlich Menschen zugesprochen werden, werden in dieser Abhandlung auch auf maschinelle Prozesse angewendet. Obwohl ich davon überzeugt bin, dass Sprache Realitäten schafft und wir kritisch mit ihr umgehen müssen, werde ich die infrage stehenden Begriffe der Lesbarkeit halber nicht in Anführungszeichen oder kursiv setzen, wie ich es sonst bei Hervorhebungen machen werde.

    Weil Sprache nicht nur Realitäten schafft, sondern sie auch abbildet, bemühe ich mich in diesem Buch um eine geschlechtergerechte Sprache. Die Nutzung hoch gestellter Sternchen zwischen traditionell Frauen und Männern zugesprochenen Personalpronomen und Wortendungen soll der Vielfalt von Geschlechtern in unserer Gesellschaft Rechnung tragen. Das ist mir besonders wichtig, weil die Technologie, von der dieses Buch handelt, die Reproduktion von Stereotypen verstärkt. In Teil II gehen wir auf dieses Problem ein.

    Die Gegner und Gegnerinnen geschlechtergerechter verbaler und schriftlicher Sprache bitte ich um Verständnis für meine Entscheidung, so wie ich mich um Verständnis für ihre Ansichten bemühe. Sprache ist ein Aushandlungsprozess, der in anderen Schriften leidenschaftlich und kontrovers abgebildet wird. Dieses Buch verfolgt jedoch ein anderes Ziel.

    KI-Werkzeuge in diesem Buch

    Je weiter Computer in ehemals genuin menschliche Tätigkeitsfelder vordringen, desto wichtiger ist eine eindeutige Kennzeichnung ihres jeweiligen Einsatzes. Doch, und hier nehmen eines der Hauptprobleme dieser Abhandlung vorweg: Oft bemerken wir Nutzer*innen die Technologie im Alltag gar nicht! Ein Buch völlig ohne KI zu schreiben etwa ist heute fast unmöglich, zumindest dann, wenn die*der Autor*in einen Computer nutzt. So findet sich die Technologie unter anderem in Suchmaschinen und Antivirensoftware. Auch Generative KI hat schon Eingang in diverse Apps und Programme gehalten, beispielsweise ins Bildbearbeitungsprogramm Adobe Photoshop. Künftig werden auch das Windows-Betriebssystem sowie viele Anwendungen von Google von der Technologie Gebrauch machen.⁴ Die Officeanwendung LibreOffice, mit der ich das Manuskript zu diesem Buch verfasst habe, ist zwar weitgehend KI-frei. Doch in der Recherche sowie der Korrektur haben mir verschiedene Programme und Onlinedienste geholfen, die mit Generativer KI arbeiten. Auf die meisten werden wir im Laufe dieses Buches zurückkommen.

    Recherche

    • Zur Übersetzung längerer englischer Textpassagen habe ich den Onlineübersetzer DeepL benutzt.

    • Bei der Transkription von Podcasts kamen die MacOS App JoJo und der Assistent für Sprache der Onlineplattform Fobizz zum Einsatz. Beide nutzen das KI-Modell Whisper von OpenAI.

    • Die KI-Suchmaschine Perplexity.ai habe ich zur ersten Sichtung wissenschaftlicher Forschungsarbeiten eingesetzt. Ich habe es als enorm hilfreich empfunden, dass die Anwendung lange und mit Fachtermini gespickte Abhandlungen zunächst daraufhin durchgesehen hat, ob sie meiner aktuellen Fragestellung neue Aspekte hinzufügen oder nicht. Auch mit dem Vergleich von Dokumenten sowie der Zusammenfassung langer Onlineartikel habe ich Perplexity gelegentlich beauftragt, bevor ich bei entsprechender Eignung selbst in die Texte eingestiegen bin.

    Korrektur

    • Claude.ai habe ich als hilfreichen Gutachter für von mir verfasste Textpassagen empfunden. Im Fokus stand die Prüfung der logischen Schlüssigkeit sowie der Wortwahl bei komplexen Sachverhalten.

    • Mit Perplexity.ai habe ich eine Anweisungskette erstellt, die mir aus Onlineseiten und -dokumenten automatisch eine Quellenangabe im von mir vorgegebenen Endnotenformat generiert.

    • Vor dem Buchsatz habe ich Rechtschreibung und Grammatik mithilfe des KI-Dienstes LanguageTool überprüft.

    Darüber hinaus gehende Einsätze Künstlicher Intelligenz mache ich durch einen Hinweis in den Fußnoten kenntlich, direkten Output von Textgeneratoren zusätzlich durch eine andere Schriftart. Hinweise zu den Abbildungen in diesem Buch finden sich auf der letzten Seite.

    Mit dieser Aufstellung möchte ich meinem eigenen Anspruch an journalistische Transparenz gerecht werden. Ich hoffe, dass dieses Buch ein Beispiel für eine verantwortungsvolle Nutzung von KI-Werkzeugen ist. Der kreative Prozess des Denkens, Formulierens, Schreibens sowie des Buchsatzes und der grafischen Gestaltung liegt in diesem Buch jedoch beim Autor, das sei an dieser Stelle bekräftigt.

    Aktualitätshinweis

    Dieses Buch kommt zur rechten Zeit. Ob es aber noch aktuell ist, wenn Sie das Taschenbuch oder Ihren E-Book-Reader in den Händen halten und anfangen zu lesen, vermag ich nicht zu sagen. Bei meinen vorherigen Büchern war ich zuversichtlich, dass die Halbwertzeit meiner Thesen einige Jahre betragen würde. Bei der Generativen KI, von deren Möglichkeiten die meisten Menschen vor zwei Jahren noch nichts gehört hatten, bin ich da weniger sicher. Worüber werden wir zwei Jahre nach Drucklegung des Buches sprechen?

    Die Namen der hier diskutierten Tools werden dann möglicherweise anders lauten, und vielleicht (hoffentlich!) ist das eine oder andere hier angerissene Problem dann gelöst. Vielleicht hat auch eine der in diesem Buch erwähnten wissenschaftlichen Arbeiten ihren Anteil daran. Doch andere Ansätze, die hier geschildert werden, werden dann widerlegt sein. Es ist dem enormen Tempo der Entwicklung geschuldet, dass viele der vor allem in Kapitel I.2 zitierten Papers Erstveröffentlichungen sind, deren Begutachtung durch andere Wissenschaftler*innen noch nicht stattgefunden hat. Um den einem Druckprodukt innewohnenden Mangel an Aktualität ein wenig zu kompensieren, habe ich auf meiner Homepage einige Initiativen und Dossiers verlinkt, die auch nach der Veröffentlichung dieses Buches aktuelle Informationen zu den hier behandelten Themen bereithalten.

    An Teil II und III wird der Zahn der Zeit nicht so schnell nagen. Dort geht es um grundsätzliche Fragen zu den Auswirkungen Generativer Künstlicher Intelligenz. Und es geht um unsere Antworten, die wir darauf finden müssen. Auch in den kommenden Jahren müssen wir diese immer wieder reflektieren, justieren und diskutieren – möglicherweise gerade dann, weil wir uns in dieser Zeit so schnell an so viel gewöhnen.

    Ich hoffe also, dass wir in zwei oder drei Jahren überhaupt noch über die Folgen der Generativen KI für uns, die Gesellschaft und eine für alle Menschen lebenswerte Zukunft sprechen. Wenn die hier niedergeschriebenen Denkimpulse, Fragen und Lösungsansätze einen bescheidenen Beitrag zu einer nachhaltigen Debatte über den guten Umgang mit der Schlüsseltechnologie KI leisten, ist das Ziel dieses Buches erreicht.

    Datum der Drucklegung dieses Buches ist der 15. Februar 2024.

    Dank

    Ich danke meinen wunderbaren Kindern Henri, Helene und Eva und meiner geliebten Frau Verena für das große Verständnis, das sie mir in den vergangenen Monaten entgegengebracht haben. Es waren doch einige Hundert Stunden, die ich zwischen Mai 2023 und Februar 2024 mit dem Recherchieren, Formulieren und Redigieren verbracht habe. Während dieser Zeit war ich häufig – und in Gedanken sogar noch häufiger – bei meinem Buch statt bei meiner Familie. Dass ich neben meinem Hauptberuf und meinen Vorträgen solch ein Vorhaben umsetzen konnte, war nur durch die emotionale Rückendeckung zu Hause möglich.

    Liebe Familie, ich bin unendlich dankbar, euch zu haben!

    Ein weiterer großer Dank geht an meine Mutter für die mühevolle Korrekturarbeit und die wertvollen Anregungen, die sie ins Manuskript geschrieben hat. Der professionelle Blick einer erfahrenen Germanistin auf Ausdruck und Verständlichkeit sowie ihr Außenblick auf das Thema haben in diesem Buch viele positive Spuren hinterlassen.

    TEIL I: TECHNIK VON GESTERN

    KI-Geschichte 1956–2022

    Backe-Backe-KI-Kuchen

    Klassische Computerprogramme funktionieren wie ein Kuchenrezept: Befolge die Anweisungen des Rezepts der Reihe nach, und du bekommst einen Kuchen. So wie meine Mutter einen Sandkuchen stets nach dem Rezept ihrer eigenen Mutter backt (mit zerlassener Butter und etwas Speisestärke) und er dementsprechend immer gleich lecker schmeckt, gewährleistet die Programmierung von Apps und Programmen bei derselben Datenlage (Zutaten) und denselben Verarbeitungsschritten (Rezept) dasselbe Ergebnis (Omas Sandkuchen). Diese Handlungsabfolge nennt man Algorithmus.

    KIs beruhen auch auf Algorithmen, allerdings auf speziellen, nämlich lernenden Algorithmen. Wenn wir von KI sprechen, meinen wir fast immer die Machine Learning-Technologie (ML). Im Gegensatz zur exakten Handlungsvorschrift des Kuchenrezeptes, das handschriftlich notiert auf der letzten Seite des dicken roten Backbuches meiner Mutter steht, erarbeitet der KI-Algorithmus sich den Weg zum Kuchen selbst. Dazu nutzt er heute meist das Prinzip Künstlicher Neuronaler Netze (KNNs). Diese Programmiertechnik ist an die Struktur unseres Gehirns angelehnt. So wie dort ein dichtes Geflecht von Neuronen Informationen aus dem Körper verarbeitet, setzt ein Künstliches Neuronales Netz auf digitale Knotenpunkte. Die vorliegenden Daten – in unserem Falle alle Zutaten, die im Backbuch genannt werden – durchlaufen beim Anlernen des KI-Algorithmus nun dieses Netz. Dabei lernt das Netz, welche Mengen welcher Zutaten in welchem Arbeitsschritt und unter welchen Bedingungen zu einem guten Backergebnis führen und welche nicht.

    Im konkreten Anwendungsfall Sandkuchen weiß das Netz also grob, wo es ansetzen muss. Dann probiert es wiederum verschiedene Wege aus, die zum vorgegebenen Ergebnis führen. Zum Sandkuchen-Erfolg führt beispielsweise, wenn der Kuchen bei 180 Grad im Ofen backt. Weniger erfolgreich ist, wenn die KI harte Butter statt zerlassener verwendet. Das alles lernt die KI, und je mehr Daten vorliegen – also Informationen über den gewünschten Kuchen und die zur Verfügung stehende Zutaten und Verarbeitungsschritte, desto schneller kommt der KI-Algorithmus ans Ziel. Wobei schnell nicht heißt, dass er mit seinem Können schnurstracks in Richtung Kaffeetafel marschiert. Tatsächlich verläuft der Lernprozess alles andere als geradlinig. Könnten wir in das KNN hineinschauen, würden wir Mehl, Butter und Eier sehen, wie sie durch ein dichtes Netz künstlicher Neuronen flitzen und versuchen, den besten Pfad zum Ziel zu finden. Und je komplexer das Netzwerk ist – wir sprechen von tiefem, Deep Learning – desto verzweigter ist der Weg zum Ziel. Es müssen also Umwege verhindert werden, an Gabelungen die richtige Richtung gewählt und Sackgassen gemieden werden.

    Die KI realisiert diesen Lernprozess durch die Teilung der Gesamtaufgabe in verschiedene Teilschritte, für die sie jeweils ein bestimmtes Ergebnis vorhersagt. Wenn dieses nicht eintritt, korrigiert sie die Gewichte der Verbindungen, der Verarbeitungspfad ändert sich und sie versucht es erneut – immer wieder, Trial-and-Error – bis schlussendlich ein Ergebnis erreicht ist, das mit hoher Wahrscheinlichkeit dem gewünschten Ergebnis entspricht.

    Wenn meine Oma auf diese Weise Backen gelernt hätte, hätte das eine ungeheure Lebensmittelverschwendung bedeutet. Im algorithmischen Netz bedeutet sie nur einen kräftigen Stromverbrauch. Hierzu später mehr.a

    Prompt: Bleistift-Skizze mit abstrakten Formen zum Thema: Mehl, Butter und Eier flitzen durch ein dichtes Netz künstlicher Neuronen und versuchen, den besten Pfad zum Ziel zu finden. Bleistift, Skizze, Graustufen, feine Linien, Schraffuren, abstrakt, heller Hintergrund (DALL-E 3/Firefly)

    Legen wir das Backbuch zur Seite. Denn auch wenn das obige Beispiel die Funktionsweise Künstlicher Neuronaler Netze recht anschaulich zeigt, dürfte die algorithmische Kuchenproduktion eher ein Randthema in der Forschung sein. Andere Anwendungsbereiche sind da viel präsenter: Die KI-Systeme des Jahres 2023/24 können Gedichte schreiben, Bilder malen, Autos steuern, Apps programmieren, Produktionsprozesse optimieren und Ärzten in der Diagnostik helfen. Das, was die Technologie heute alles kann, wirkt manchmal surreal. Wir verstehen nicht wirklich, was genau da geschieht, wenn der Bildgenerator aus einem Pixelchaos ein ansehnliches Bild erstellt. Auch auf mich, der sich seit einigen Jahren intensiv mit Künstlicher Intelligenz beschäftigt, wirkt es noch immer etwas befremdlich, wenn der Chatbot aus einem Textbefehl plötzlich ein Gedicht oder eine rhetorisch beeindruckende Rede macht. Doch mit Magie hat das alles nichts zu tun. Wie wir gesehen haben, verbergen sich hinter den schillernden Begriffen Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen lediglich Codezeilen, Wahrscheinlichkeitsrechnung und jede Menge Daten, die von kräftigen Prozessoren durch wilde Programmstrukturen gejagt werden. Und die allesamt nicht perfekt sind, sondern manchmal Fehler machen oder unerwartete Ergebnisse liefern.

    In unserer KI-Küche lief aber alles glatt. Dank des Maschinellen Lernens kann der KI-Algorithmus nun Sandkuchen backen wie meine Mutter. Auch wenn ich sicher bin, dass ich den Unterschied schmecken werde.

    Die Geburtsstunde der KI

    Wenn man sich die Schlagzeilen der letzten Monate anschaut, scheint KI der neueste Hit im Technikbereich zu sein. Dabei gibt es den Begriff und die dahinterstehende Idee bereits seit fast 70 Jahren! In den Sommerferien des Jahres 1956 hat der US-amerikanische Mathematiker John McCarthy gemeinsam mit einigen Fachkollegen im Dartmouth College in New Hampshire ein Studienprojekt durchgeführt, in dessen Projektantrag er den Begriff Künstliche Intelligenz zum ersten Mal verwendete. Das Ziel des Dartmouth Summer Research Project on Artificial Intelligence war, herauszufinden, wie Maschinen dazu gebracht werden können, Sprache zu benutzen, Abstraktionen vorzunehmen und Konzepte zu entwickeln, Probleme zu lösen, die zurzeit dem Menschen vorbehalten sind, und sich selbst weiter zu verbessern.

    Wann immer ich den Text lese, überkommt mich ein leichter Schauer ungläubigen Staunens. Bereits vor 68 Jahren wurden Fragen gestellt, die im Blick auf die neueste Generation lernender Systeme mehr als aktuell erscheinen: Können Maschinen denken? Können Computer wie ein Mensch abstrahieren und Probleme lösen? Und was bedeutet es, wenn sich solche Systeme selbst weiterentwickeln?

    Die Fragen der KI-Gründerväter zielten sogar über den aktuellen Forschungshorizont hinaus. Während die meisten zeitgenössischen Entwickler*innen sich damit zufriedengeben, kognitive Intelligenz in Computersystemen abzubilden – denn dass KIs mittelfristig emotionale oder soziale Intelligenz erlangen, halte zumindest ich weder für wahrscheinlich noch für wünschenswert – starteten die Mathematiker in Dartmouth mit der Annahme in ihre Beratungen,

    dass prinzipiell jeder Aspekt des Lernens – oder jede andere Eigenschaft der Intelligenz – so genau beschrieben werden kann, dass eine Maschine sie simulieren kann.

    Das Seminar in Dartmouth wird heute als Geburtsstunde der KI-Forschung bezeichnet, obwohl es dort nicht den einen großen Durchbruch gab. Wie es einer der Teilnehmer beschrieb, war die Zusammenkunft eher eine achtwöchige Konferenzparty, bei der jeder vor Ideen sprudelte.⁸ Neben vorhersage- und regelbasierten Ansätzen zur Künstlichen Intelligenz (die es auch heute noch gibt und vor allem in Spezialanwendungen ihre Stärken ausspielen) wurden auch KNNs als Möglichkeit diskutiert, Intelligenz in Computern abzubilden.

    Das theoretische Fundament für die heutige KI war also 1956 schon vorhanden. Dass es ungefähr bis zur Jahrtausendwende dauerte, bis die Ideen der Gründerväter Realität wurden, liegt zum einen daran, dass einer der Erfolgsfaktoren heutiger KI erst 1986 erfunden wurde. Das Konzept der Backpropagation führte Feedbackschleifen in die KI-Netze ein. Wir können sie uns als Nachhilfelehrerin vorstellen, die dem Neuronalen Netz hilft, aus seinen Fehlberechnungen zu lernen.

    Künstliche Intelligenz dümpelte aber vor allem deshalb so lange in der Theorie herum, weil es in den ersten Jahrzehnten nach Dartmouth an den Hauptzutaten für eine effiziente KI mangelte. Es fehlten genügend Daten und ausreichend Rechenpower.

    Frust, Frost und Fortschritt

    Zu Zeiten der Dartmouth-Konferenz waren Computer groß wie Einfamilienhäuser (der erste wissenschaftliche Großrechner IBM 701 brachte es auf bis zu 12×8 Meter), hungrig wie Löwen (er benötigte bis zu 93 Kilowatt Strom), langsam wie Schildkröten (sein Prozessor war ca. 41.000 Mal langsamer als Intels heutige Einsteiger-CPU i3-13100) und teuer wie Diamanten (die Recheneinheit kostete bis zu 15.000 USD Miete/Monat).¹⁰ Dementsprechend wenige Exemplare gab es, und diese produzierten folglich auch nur wenig Daten. Der KI-Motor war also nicht nur leistungsschwach, sondern ihm fehlte auch der Treibstoff.

    So folgte dem heißen KI-Sommer in Dartmouth zunächst ein erster Hype (der Nobelpreisträger Herbert A. Simon behauptete 1960, in 20 Jahren könnten Maschinen allemenschlichen Arbeiten erledigen¹¹), dann aber schnell ein ziemlich kalter und ziemlich langer KI-Winter. Frustriert von den unerfüllten Erwartungen stoppten Unternehmen und öffentliche Geldgeber in den 1970ern diverse Projekte, strichen Forschungsgelder zusammen und legten Studien auf Eis.¹²

    Der Schlüssel zum Tauwetter waren Mikroprozessoren. Die Ende der Sechzigerjahre vom US-Chiphersteller Intel erfundene Technologie machte in den drei darauffolgenden Jahrzehnten große Schritte und bringt bis heute immer kleinere und schnellere Recheneinheiten hervor. Statt mit Vakuumröhren wie anno 1956 arbeiten Computersysteme heute mit Transistoren, die im Falle des erwähnten Intel-i3-Prozessors nur noch 0,00001 mm groß sind und deren Menge schon lange jenseits der 1 Mrd. pro Prozessor liegt.¹³ Auch das Lesen und Schreiben digitaler Daten funktioniert heute völlig anders. Bits und Bytes werden heute meist auf Festplatten oder Flashspeichern gesichert.

    Diese sind viel schneller als die Magnet- oder Lochkartenbänder der 1950er, weil sie nicht erst das ganze Band nach einer Datei absuchen müssen, sondern direkt darauf zugreifen können. Wer auf einer Musik- oder Videokassette schon einmal nach einer bestimmten Stelle gesucht hat, wird diese kleine Revolution nachvollziehen können.

    Die Entwicklung kleinerer Recheneinheiten ermöglichte also immer kleinere und preiswertere Computer, die zunächst als Industrierechner und Büroserver, später als Heim-PCs und noch später als Laptops, Notebooks, Tablets, Handys und Smartphones immer mehr Aufgaben erledigen konnten. Vor allem der Einzug von Computern in Privathaushalte, der in den 1980ern begann, beschleunigte die IT-Entwicklung enorm. Auch die in elektronischen Geräten verbauten Sensoren, die physikalische Reize wie Temperatur, Erschütterung oder Helligkeit in

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