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Malerei Von der Antike bis zur Gegenwart
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eBook1.219 Seiten5 Stunden

Malerei Von der Antike bis zur Gegenwart

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Über dieses E-Book

Von den Höhlenmalereien von Lascaux bis zu den Madonnen der italienischen Renaissance, von den revolutionären Impressionisten bis zu den provokativen Gemälden der Pop Art – Malerei von der Antike bis zur Gegenwart vereint 1000 der großartigsten Meisterwerke der Malerei. Sie werden hier in ihren historischen Kontext gestellt. Kurzbiografien und Kommentare regen den Leser zum Nachdenken über das Verhältnis von Kunst und Geschichte, den Einfluss, den Künstler über die Jahrhunderte aufeinander ausgeübt haben, sowie die Zukunft des Faches an. Als eine wahre Reise durch Zeit und Raum liefert dieser Führer einen umfassenden Überblick über die Entwicklungsgeschichte der Malerei.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum2. Dez. 2016
ISBN9781683253600
Malerei Von der Antike bis zur Gegenwart

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    Buchvorschau

    Malerei Von der Antike bis zur Gegenwart - Carl H. Klaus

    Einleitung

    In der Geschichte der Menschheit gehen die ersten Spuren der Malerei bis auf die Frühzeit zurück. Bereits im Laufe der Altsteinzeit, des Jungpaläolithikums (35000-10000 v.Chr.), entdeckten die Menschen ihre malerischen Talente und entwickelten ihre kreative Ader. Die Parietalkunst schenkte den malerischen Ursprüngen der Kunstgeschichte das Leben. Sehr bald schon wurde die Malerei als ein Ausdrucksmittel eingesetzt.

    Die prähistorischen Menschen schmückten ihre Höhlen mit farbigen Malereien. Im Laufe der menschlichen Entwicklung kamen immer vielschichtigere und verschiedenartigere wilde Tiere hinzu. Die Urmenschen verzierten ihre Grotten mit bunten Werken, die im Laufe der Evolution immer komplexer und variantenreicher wurden. Die wilden Tiere, Zeichen oder menschliche Körperteile ersetzten bald die Haustiere. Im Laufe der Jungsteinzeit (9000-3300 v.Chr.) entwickelte sich mit den auf den unterirdischen Höhlenwänden realisierten Malereien die Kunst der dem Tageslicht ausgesetzten Felsmalerei.

    In der gleichen Epoche entdeckten die Menschen dank der natürlichen Farbstoffe aus Mineralien wie etwa dem Ocker neue Farbnuancen und innovative Maltechniken wie etwa die Wischtechnik. Allerdings waren die Farben Blau, Grün und Weiß noch unbekannt. Parallel dazu wurden auf raffinierte Art die natürlichen Krümmungen der felsigen Wände benutzt, um Tiere zu präsentieren – die ersten Formen einer „dreidimensionalen" Malerei erscheinen. Dann, etwa 3000 v.Chr., entwickeln sich in Mesopotamien die ersten Schriftzeichen und markieren damit das Ende der Frühzeit.

    Das Altertum erstreckt sich über mehr als drei Jahrtausende, im Laufe derer gleichzeitig und nebeneinander drei wichtige Zivilisationen existierten: die römische, die ägyptische und die griechische Zivilisation. Die Ägypter waren dank ihres System der Hieroglyphen unter den Ersten, die eine Schrift entwickelten und auf dem Gebiet der Kunst eine Wegbereiterrolle spielten. Die ägyptische Kunst des Altertums liefert wertvolle Informationen über die Lebensweise jener Epoche und wesentliche Aussagen über den privaten Kult, den dieses Volk den Verstorbenen widmete.

    Die die Gräber und die Sarkophage der Pharaonen schmückende farbige und detailreiche Malerei spiegelt darüber hinaus die Bedeutung des Zeremoniells, das wie die Morgendämmerung eines neuen Lebens betrachtet wurde.

    Der Einfluss Ägyptens hält bis in das erste vorchristliche Jahrtausend an, es ist eine Epoche, in der sich die Zivilisationen auf Kreta und in Griechenland gegenüber anderen Zivilisationen festigen. Auf künstlerischem Gebiet übt die Malerei als wichtigste Form der Kunst einen entscheidenden Einfluss auf die der Römer und der Etrusker aus. Aus dieser Zeit sind allein die bemalten Keramiken überliefert, ihr delikater und recht unterschiedlicher Stil erlaubt aber einen wunderbaren Einblick in die griechische Malerei.

    Ab dem 3. vorchristlichen Jahrhundert übernahm die römische Zivilisation in Europa einen dominierenden Platz und entwickelte weitgehend von der hellenistischen Kunst inspirierte Kunstformen; die Fresken der bürgerlichen Villen von Pompeji und Herculaneum gehen darauf zurück. Dank der Launen der Natur gut konserviert, illustrieren sie den Höhepunkt der römischen Malerei. Aber nach einer Periode der Vorherrschaft geht das Römische Reich ab dem 4. Jahrhundert unerbittlich seinem Untergang entgegen. Die im Jahr 313 durch Kaiser Konstantin (272/285-337) verkündete Freiheit der Kunst führte zu einem frühchristlichen Stil mit vereinfachten Darstellungen und damit zur Entwicklung der religiösen Bilddarstellung.

    Aus diesen Anfängen entwickelt sich die romanische Kunst, die erste größere Strömung des Mittelalters. Bis zum 13. Jahrhundert ist diese Kunst ein Spiegel der Kraft und der Stabilität des Christentums. Die Künstler waren in allen Bereichen fromme Illustratoren ihrer Religion und gefielen mit der Nüchternheit ihrer Werke. Dann, zurückzuführen auf die Entwicklung der Gesellschaft und ihrer Gewohnheiten, weicht die nüchterne romanische Kunst der raffinierteren gotischen Kunst. Durch den auf den englisch-französischen Konflikt und den französischen Bürgerkrieg zurückzuführenden Hundertjährigen Krieg (1337-1453) ist das 14. Jahrhundert besonders auf religiösem Gebiet durch eine große Instabilität gekennzeichnet, die letztendlich zu einer vollkommenen Erneuerung der Kunst führt.

    Die Malerei entwickelt eine lebendige, erzählende Abbildung. Die Personen werden immer realistischer und die Darstellung des Raumes immer überzeugender. Es sind Umbrüche, die Veränderungen in der europäischen Kultur, hauptsächlich der italienischen, widerspiegeln. Konfrontiert mit einer neuen Gesellschaft, in der die Bankiers, Kaufleute und Unternehmer an Bedeutung gewinnen, müssen die Maler auf eine steigende Nachfrage nach expliziter und naturalistischer Kunst antworten. Die großartigen Werke des Florentiners Giotto di Bondone (1266-1337) sowie der elegante Naturalismus und die fein ausgeführten Malereien des Sieners Duccio di Buoninsegna (1255-1319) sind nur eine Facette der größten kulturellen Bewegung. Sie umfasst auch die mundartlichen Schriften Dante Alighieris (1265-1321), Francesco Petracas (1304-1374) und Giovanni Boccaccios (1313-1375), die fesselnden Abenteuer des Kaufmanns Marco Polo (1254-1324), den wachsenden Einfluss der ein wirkliches und fassbares Wissen favorisierenden Philosophie oder auch die Hingabe eines Franz von Assisi (1181/1182-1226).

    Das, was einige Vorgänger in der Bildkunst des 14. Jahrhunderts bereits eingeleitet hatten, reichte mit einem historischen Bewusstsein in das 15. Jahrhundert hinein, das sie zwang, sich wegen deren Weisheit, Gewissen und künstlerischen sowie intellektuellen Realisierungen den klassischen Zivilisationen zuzuwenden. Es ist also eine neue Art an humanistischen Gelehrten, die die kulturelle Revolution des 15. Jahrhunderts entfacht. Ein Humanist ist ein Experte für die antiken Schriften, und der Humanismus beschreibt die Haltung, die er kultiviert: den Glauben an die Natur, den Glauben an das Potential der Menschheit und das Gefühl, dass laizistische Moralvorstellungen notwendig sind, um die begrenzte Doktrin des Christentums zu ersetzen.

    Vor allem unterstützen die Humanisten die Idee, dass die antiken Zivilisationen den Höhepunkt der Kultur bildeten. Dies alles gipfelt in der Renaissance der griechisch-römischen Kultur. Den Malereien auf Holz von Tommaso di Masaccio (1401-1428) und von Piero della Francesca (um 1420-1492) gelingt es, die moralische Festigkeit der alten römischen Skulpturen wiederzugeben. Diese Künstler bemühen sich, ihre Protagonisten in unsere Welt zu integrieren: die Perspektive der Renaissance beruht auf einem einzigen Fluchtpunkt und auf sorgfältig berechneten transversalen Linien, die eine seit der Antike unbekannte räumliche Kohärenz produziert.

    Aber vor allem sind es die Malereien eines Andrea Mantegna (1431-1506), das Wunder Norditaliens, die der Antike Dankbarkeit schulden. Seine Recherchen zu den Materialien der Kostüme, der Architektur, der Posen und der antiken Inschriften führten zu dem bis dahin jemals von einem Maler realisierten methodischen Versuch, der untergegangenen griechisch-römischen Zivilisation wieder Leben einzuhauchen. Alessandro (Sandro) Botticelli (1445-1510), dessen Kunst als Überbleibsel einer verspäteten Gotik einen träumerischen Geist hervorbringt, gestaltet mit Venus, Nymphen und Cupido geschmückte Malereien, die an antike Themen erinnern und den Betrachtern seiner Zeit gefallen.

    Es wäre deshalb eigentlich angezeigt, mehr von „Erneuerung als von „Renaissance zu sprechen. Dies lässt sich durch das Studium der Werke der wichtigsten Meister der Hochrenaissance leicht beweisen. Der Architekt, Hofmaler und Biograf Giorgio Vasari (1511-1574) nahm bei den Meistern den Wunsch wahr, eine Kunst zu schaffen, die „größer ist als die Natur"; er sah sie als Idealisten, die versuchten, die Realität zu verbessern, anstatt sie zu imitieren, und mit dem Wunsch, sie mit Empfindsamkeit zu suggerieren, anstatt sie in Details zu beschreiben. Unter den Malern dieser Epoche kann man diverse Verkörperungen der kulturellen Bestrebungen erkennen.

    Der als Maler ausgebildete Leonardo da Vinci (1452-1519) ist zugleich auch Wissenschaftler, und in seine Kunst integriert er die Erforschung des menschlichen Körpers, die Form der Pflanzen, die Geologie und die Psychologie. Der als Bildhauer ausgebildete Michelangelo Buonarroti (1475-1564) wendet sich der Malerei zu, dank der er seine tiefen philosophischen und theologischen Überzeugungen und vor allem den Idealismus des Neuplatonismus ausdrücken kann. Raffaelo Sanzio da Urbino (1483-1520) ist ein exzellenter Hofmaler, seine Gemälde verkörpern die Anmut, die Bildung und den Charme des höfischen Lebens während der Renaissance. Dank der Reichhaltigkeit ihrer Farbpaletten und der Freiheit ihrer Pinsel drücken die beiden venezianischen Meister Giorgione da Castelfranco (1478-1510) und Tiziano Vecellio (um 1477/1490-1576) eine genussfreudige Ansicht des Lebens aus, eine Spitzenleistung in der Wiedergabe prächtiger Landschaften und nackter, sinnlicher Frauen.

    Alle Maler des 16. Jahrhunderts versuchen so, die Natur zu verbessern, und die Devise Tizians „Natura potentior ars („Die Kunst ist mächtiger als die Natur) könnte ihre Vision zusammenfassen. Eine der größten Errungenschaften der Maler der italienischen Renaissance ist ihre intellektuelle Glaubwürdigkeit. Mehr als nur auf den Rang einfacher Künstler herabgesetzt zu sein, wollen die Künstler mit den anderen Denkern ihrer Zeit ebenbürtig sein. Im Gegensatz zum Mittelalter sind die Künstler nun nicht mehr anonym, sie genießen ein hohes Ansehen und um die Wichtigsten entwickelt sich eine Art Kult; so erhält Michelangelo zum Beispiel den Beinamen „il Divino" – der Göttliche.

    Seit 1435 forderte der Humanist Leon Battista Alberti (1404-1472) die Maler auf, sich mit den Schriftstellern und Mathematikern zusammenzuschließen, was durchaus positive Folgen zeitigt. Im 16. Jahrhundert beschränken sich die Kunstmäzene nicht mehr darauf, bestimmte Werke in Auftrag zu geben, sondern gehen auf der Suche nach einem Produkt eines großartigen Künstlers einen Umweg: „einen Raffael, „einen Michelangelo oder „einen Tizian" zu erhalten, ist ein Ziel an sich geworden. Während sich die Italiener der Renaissance der räumlichen Illusion und den idealisierten Personen zuwenden, konzentrieren sich parallel dazu die Nordeuropäer auf die tägliche Realität.

    Die wissenschaftliche Betrachtung stellte eine der Formen des Realismus dar, die andere beruhte auf dem intensiven Interesse für die Körper der Heiligen und die anatomischen Details der Leiden Christi. Dies ist die Epoche des religiösen Theaters mit der Verwandlung der Akteure in biblische Figuren, um sie in den Kirchen und Straßen mit Details des Leidens und Sterbens Christi zum Leben zu erwecken. Dies ist auch genau die Periode, in der die Meister wie der Niederländer Rogier van der Weyden (1399/1400-1464) oder der Deutsche Matthias Grünewald (um 1475/1480-1528) den gekreuzigten Christus mit aufwühlender Präzision abbilden. Die nordischen Meister vertiefen ihre bildlichen Recherchen mit einer technisch geschickten und versierten Benutzung von Ölfarbe, einem Medium, das sie lange an die Spitze der europäischen Kunst setzen wird, bevor sie von den italienischen Malern am Ende des 15. Jahrhunderts erreicht werden wird.

    In dieser Periode der Renaissance ist es das Werk Albrecht Dürers (1471-1528), das zwischen Nord- und Südeuropa eine Brücke baut. Er respektiert den Hang der Italiener zu den kanonischen Maßstäben des menschlichen Körpers und der Perspektive, indem er seine eigene, detailreiche und von Gefühlen durchdrungene Form des Ausdrucks beibehält. Während er den künstlerischen Optimismus der italienischen Idealisten teilt, zeigen andere Maler des Nordens gegenüber den menschlichen Lebensbedingungen einen gewissen Pessimismus. In seinem Aufsatz Von der Würde des Menschen (1486) kündet der Humanist und Philosoph Jean Pic de la Mirandole (1463-1494) den Glauben Michelangelos in die Vervollkommnungsfähigkeit und die innere Schönheit der Seele und des menschlichen Körpers auf. Der humanistische Gelehrte Erasmus von Rotterdam (1469-1536) und seine Eloge auf die Narrheit oder der Jurist Sebastian Brant (1457/1458-1521) und sein satirisches Gedicht Das Narrenschiff gehören zum selben europäischen Milieu.

    Dieser Wirkungskreis hat fantastische Verirrungen der Menschheit hervorgebracht, die man im Triptychon Garten der Lüste von Hieronymus Bosch (um 1450-1516) oder in den Szenen der bäuerlichen Raufbolde von Pieter Brügel (um 1525/1530-1569) bestaunen kann. Der Mensch kann vom Paradies nur träumen, und was diejenigen, die sich von ihren Neigungen und Leidenschaften oder vom Teufelskreis der Lust haben verzehren lassen, auf Erden befinden, ist nur ein schwacher Trost.

    Die Humanisten des Nordens ermutigten genau wie auch die Italiener zu gemeinsamen Tugenden der Harmonie, der Mäßigung und der Zurückhaltung, und Brügels Bilder stellen genau die Laster dar, vor denen die Humanisten die Menschen gewarnt haben. Im Gegensatz zu einigen von Flandern nach Italien gereisten Zeitgenossen, die sich von Michelangelo und anderen Künstlern seiner Epoche inspirieren ließen, blieb Brügel deren Kunst gegenüber verschlossen. Als ein Herold des Realismus und der Herbheit des Barock sucht er seine Inspirationen in seiner bäuerlichen Heimat und lässt seine Szenen in bescheidenen Dekors spielen, die ihm den unverdienten Namen „Bauern-Brügel" einbringen.

    Die durch die Theologen Martin Luther (1483-1546) und Johannes Calvin (1509-1564) im 16. Jahrhundert ausgelöste große intellektuelle Revolution zwang die katholische Kirche, die Herausforderung des Protestantismus anzunehmen. Mehrere Kirchenkonzile verlangten eine Reform der römischen Institution. Hinsichtlich der Kunst erklärten die Teilnehmer des Konzils von Trient (1545-1563), dass sie einfach und für alle zugänglich sein müsse. Allerdings hatten bis dahin einige als Manieristen bekannte italienische Maler eine in ihrem Stil wie auch in ihren Themen komplexe Kunstform praktiziert. Diese Maler reagierten schließlich auf die Forderungen des Klerus und auf die durch den manieristischen Stil aufgekommene Langeweile.

    Diese neue, durch Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571-1610) initiierte Ära wird als das Zeitalter des Barock bezeichnet. Weil er das malte, was er sah, hatte Caravaggio unter dem Volk und auch unter den religiösen Kennern viele Anhänger, die zunächst angesichts der Behandlung biblischer Stoffe zu Unrecht skeptisch gewesen waren.

    Der Caravaggismus fegte zunächst über ganz Italien, dann auch über den Rest Europas hinweg, und viele Maler übernahmen seinen Chiaroscuro-Stil und das Fehlen greller Farben und passten sich ihm an; seine aufrichtigen und prosaischen Fürsprecher berührten bei den Betrachtern auf dem ganzen Kontinent, die einer dem 16. Jahrhundert eigenen bestimmten Beschäftigung müde waren, eine empfindsame Seite. Zu Beginn des Barock (1600-1630) kam parallel zum Caravaggismus bald eine andere Form der Malerei auf: Das, was man später als „Hochbarock" bezeichnen sollte, ist die dramatischste, dynamischste und am meisten pittoreske aller bis dahin entwickelten Stilarten. Zahlreiche Maler erarbeiteten ihre Kunst auf den von den Venezianern im 16. Jahrhundert gelegten Grundlagen.

    Peter Paul Rubens (1577-1640), ein Bewunderer Tizians, malte riesige Landschaften mit fülligen Figuren, Ausbrüche flimmernden Lichts und von Dunkelheit. Seine bildlichen Erfahrungen waren Grundlagen für seine niederländischen Zeitgenossen Jacob Jordaens (1593-1678) und Anthonis van Dyck (1599-1641), der vor allem unter der von der Noblesse seiner Porträts angetanen europäischen Elite zahlreiche Anhänger hatte. Rubens brachte die Antike zurück, indem er seine Gemälde mit antiken Göttern und Göttinnen und mit Meerestieren füllte; trotzdem ist sein Stil alles andere als klassisch. Er hatte unter den europäischen Aristokraten und unter den katholischen Mäzenen der religiösen Kunst, die in den extrovertierten Heiligenszenen eine zusätzliche Waffe für die Ideologie der Gegenreform sahen, einen ersprießlichen Markt gefunden.

    Gian Lorenzo Bernini (1598-1680) ist als Bildhauer das römische Pendant zu Rubens, und tatsächlich besitzen die Katholiken dadurch zwei Könner im Glauben und damit auch ein Mittel, um die Macht und die Majestät der Kirche und des Papsttums zu demonstrieren.

    Die Maler des italienischen Barocks bedecken in Rom und in anderen Städten die Wände und Decken der Kirchen mit Heiligenbildern, auf denen sich Gott, der Himmel und das Paradies offenbaren. Die spanischen Maler Diego Velázquez (1599-1660), Bartolomé Esteban Murillo (1618-1682) und Francisco de Zurbarán (1598-1664) adaptieren diesen Stil in ihrem eigenen Land, unterscheiden sich aber von den Italienern durch ruhigere Körperbewegungen und einen schmaleren Pinselstrich, sie teilen aber mit ihnen eine mystische Sensibilität für das Licht und die katholische Ikonografie.

    Es ist frappierend, festzustellen, wie unterschiedlich dazu die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts ist. Nachdem sie sich 1580 vom spanischen Joch der Habsburger, des Casa de Austria, befreit hatten, praktizierten die Niederländer eine tolerante Form des religiöse Abbildungen verbietenden Calvinismus. Eine wachsende Mittelschicht und eine immer wohlhabender werdende Oberschicht nahmen die wunderbare Vielfalt der von einer großen Anzahl talentierter Maler produzierten profanen Malereien auf, von denen jeder seine ureigensten Besonderheiten besaß.

    Diese Künstler unterscheiden sich durch mehrere Schulen. Jacob van Ruysdael (1628/1629-1682) etwa ist der Strömung des niederländischen Hochbarocks mit seinen düsteren und oft aufwühlenden Landschaften sehr nah. Die Malerei eines Frans Hals (1580/1585-1666) mit seinen schnellen und extravaganten Pinselstrichen und seinen unerhörten Farben für Haut und Stoffe nähert sich wie die Ruysdaels einer paneuropäischen Sensibilität des Hochbarocks. Im Gegensatz dazu verkörpert Jan Havickszoon Steen (um 1626-1679) einen verbreiteten Realismus und den der holländischen Kunst des goldenen Zeitalters eigenen lokalen Touch, der einen moralischen Blick auf das Leben der Bauern in Chaos und Ausschweifung wirft.

    Schließlich noch Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606-1669) mit seinen selbst unter seinen Zeitgenossen einzigartigen Gemälden. Erzogen im protestantischen Glauben, geprägt durch eine heitere Introspektion, stellen seine Malereien ein perfektes protestantisches Pendant zu den üppigen und dynamischen Gemälden des Katholiken Rubens dar. Beeinflusst durch die „raffinierten holländischen Maler, beherrscht Rembrandt sehr früh die strengen Regeln seiner Kunst, indem er sich eine dunklere, durch Caravaggio inspirierte Art mit noch größerer Bildkomplexität erarbeitet. Dieser Stil fällt jedoch bei den Niederländern in Ungnade. Rembrandt hält zwar durch, endet aber im Ruin und hinterlässt ein Erbe, das die Romantiker und etliche Moderne später bewundern sollten. Rembrandt unterscheidet sich von allen anderen durch die Universalität seiner Kunst. Er besaß eine perfekte Kenntnis der anderen Stile und der Literatur. Er war nie in Italien, er war ein wahrer künstlerischer „Schwamm. Rembrandt integrierte Elemente in seine Werke, die durch einige Künstler der Spätgotik, etwa Antonio Pisanello (1395-1455) oder die Meister der Renaissance wie Mantegna, Raffael oder Dürer inspiriert waren. Er war in ständiger Entwicklung, besaß einen offenen künstlerischen Geist und eine tiefe Kenntnis der menschlichen Seele.

    So wie es mehrere Renaissancen gibt, kennt auch das Barock verschiedene Epochen. Der Hochbarock wird durch das klassische Barock in Frage gestellt, der seine philosophischen Wurzeln in der antiken Denkweise und seine stilistischen Fundamente in den Werken Raffaels und anderer Klassiker der Hochrenaissance sieht. Annibale Carracci (1560-1609) hatte einen klassischen Ansatz gewählt, und Künstler wie etwa Andrea Sacchi (1599-1661) in Rom trotzten der Vorherrschaft der Maler des Hochbarock, so wie der Baumeister und Maler Pietro da Cortona (1596-1669).

    Der überzeugendste Klassiker des 17. Jahrhunderts ist der Franzose Nicolas Poussin (1594-1665), der mit der Entwicklung der stoischen Philosophie in Frankreich, Italien und andernorts einen Stil perfekter Harmonie erarbeitet hat. Seine massiven und idealisierten Personen verkörpern die verschiedensten Geschichten, profan wie sakral.

    Ein anderer Franzose entwickelte eine andersgeartete Form des Klassizismus: dem Anschein nach sind die epikureischen Malereien eines Claude Lorrain (1600-1682) weit entfernt von denen Poussins, denn bei Lorrain verwischen sich die Grenzen, die Wasser wogen subtil und der unendliche Horizont verschwindet hinter Nebelschleiern. Trotzdem versuchen beide, ein Gefühl des Gleichgewichts und der Mäßigung zu erreichen, sie gefallen beide derselben Art Mäzen.

    Alle Maler des 17. Jahrhunderts, gleichgültig, ob sie klassischer Ausrichtung sind oder nicht, nehmen an der Explosion der von ihrer Epoche angeschnittenen Themen teil; seit der Antike hat die Kunst in ihrer profanen oder sakralen Ikonografie nie wieder eine solche Vielfalt erfahren.

    Mit der Erforschung neuer Kontinente, den Kontakten mit unterschiedlichen Völkern rund um den Globus und die von Teleskopen und Mikroskopen angebotenen neuen Sichtweisen ist die Welt in Bewegung geraten, und die Unterschiedlichkeit der künstlerischen Stile und Bildthemen reflektiert diese Dynamik. Ludwig XIV. (1638-1715), selbsternannter Sonnenkönig, der sein Bild nach dem Apolls und Alexander dem Großen (356-323 v.Chr.) entwarf, ermutigte zur klassischen Mode Poussins und der verschiedenen Hofmaler wie etwa Charles Le Brun (1619-1690). Dieser zeigt ihm im Gegenzug seine Dankbarkeit mit einigen obskuren Gemälden, die die königliche Herrschaft glorifizieren. Dies löst genau am Ende des 17. Jahrhunderts und zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine Stilkontroverse aus, die die Maler zwingt, Partei für das Lager der Anhänger Poussins oder Rubens’ zu ergreifen. Die ersteren ziehen den Klassizismus vor, die Mäßigung und Linearität, während die zweite Gruppe die natürliche Regel der Farbfreiheit mit der kraftvollen Bewegung und Dynamik in der Komposition bestätigt. Der Tod Ludwig XIV. überlässt das freie Feld den Anhängern Peter Paul Rubens’, die einen „Rokoko" genannten Stil schaffen, eine Wortzusammensetzung aus rocaille, „Stein" und coquilles, „Muscheln", eine dekorative Form des Barocks in der Malerei.

    Ohne eine wirkliche Kontinuität mit dem Stil Rubens’ zu sichern, projiziert die Kunst Antoine Watteaus (1684-1721), François Bouchers (1703-1770) und Jean-Honoré Fragonards (1732-1806) eine leichtere, sich in samtigen Pinselstrichen ausdrückende Erscheinung, eine hellere Palette und kleinere Formate. Im Allgemeinen dominieren diesen Stil die frivolen und erotischen Themen, die unter den sinnesfreudigen französischen Aristokraten und deren Standesgenossen quer durch Kontinentaleuropa besonderen Gefallen finden.

    Die Maler des Rokoko verfolgen die in der Praxis und der Theorie des 16. Jahrhunderts entstandenen Debatten zwischen Farbe und Linie: die intensiven Meinungsverschiedenheiten zwischen Tizian und Michelangelo, dann zwischen Rubens und Poussin. Sie waren kaum zu beenden und sollten im 19. Jahrhundert und danach wieder neu beginnen. Aber nicht alle Künstler folgten dem Rokoko. Denn das 18. Jahrhundert hatte – im Gegensatz zu dem hedonistischen Stil und den Themen des Rokoko – den Akzent auf bestimmte soziale Tugenden gelegt: auf die Mäßigung, den Patriotismus und die Notwendigkeit, sich dem Kult der Vernunft zu verschreiben.

    Im Bereich der Kunstkritik und der Theorie verschmähen sie Denis Diderot (1713-1784) und Voltaire (1694-1778) gleichermaßen, tatsächlich sind ihre Tage gezählt. Der schlichte Naturalismus eines Jean-Baptiste Siméon Chardin (1699-1779) ist von den Stillleben des vergangenen Jahrhunderts inspiriert, und auch die amerikanischen und englischen Maler wie John Singleton Copley (1738-1815) in Boston, Joseph Wright (1734-1797) in Derby oder auch William Thomas Hogarth (1697-1764) greifen diesen Stil auf, der in perfekter Abstimmung mit dem Geist der Epoche auf unterschiedliche Weise eine Art tiefgründigen Naturalismus verkörpert.

    Mehrere Künstler, etwa Élisabeth Vigée-Le Brun (1755-1842) oder auch Thomas Gainsborough (1727-1788) verleihen ihren Gemälden einen Hauch der Leichtigkeit des Rokoko, dabei vermeiden sie aber das Ausschweifende sowie einige seiner künstlichen und oberflächlichen Aspekte.

    Eines der Leitmotive der westlichen Malerei ist die Fortdauer des Klassizismus, und genau darin findet das Rokoko seine heftigsten Gegner. Die Grundlagen des klassischen Stils – dynamisches Gleichgewicht, naturalisierter Naturalismus, maßvolle Harmonie, Strenge der Farbe und Dominanz der Linie – sind alle von den antiken griechischen und römischen Modellen inspiriert und sollten sich im 18. Jahrhundert als Reaktion auf das Rokoko erneut etablieren. Als Jacques-Louis David (1748-1825) seinen Schwur der Horatier (1785) ausstellt, sind die Betrachter elektrisiert. Ihm wird von den Franzosen, einschließlich des Königs, und einem internationalen Publikum zugejubelt. Thomas Jefferson (1743-1826) befindet sich zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gemäldes gerade in Paris und ist tief beeindruckt.

    Der Klassizismus erfreute sich bereits vor der französischen Revolution einiger Popularität, danach wird er zum offiziellen Stil des neuen tugendhaften Regimes. Das Rokoko wird mit der Dekadenz des Ancien Régime gleichgesetzt, die oppositionellen Maler mussten das Land verlassen oder versuchen, ihren Stil zu ändern. In Frankreich blieb während der Herrschaft Napoleon Bonapartes eine spätere Form des Klassizismus und die elegante Linearität sowie der Exotismus Jean-Auguste Dominique Ingres’ (1780-1867), der Jaques-Louis David folgen sollte, modern. Er sollte, um eine dekorative und opulentere Form des Klassizismus zu schaffen, seinen Stil später angleichen und damit einen dem Kaiserreich gemäßen Stil erreichen.

    Das 18. Jahrhundert war zwar das Zeitalter der Vernunft und der Erkenntnis, aber gleichzeitig entwickelte sich eine intellektuelle, vom Irrationalen und dem Gefühl beherrschte Strömung. Am Ende des 18. Jahrhunderts wuchs eine Malergeneration heran, die sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als romantisch herausstellen sollte. Viele waren noch Zeitgenossen der Klassizisten, was zu Rivalitäten führen musste. Einige europäische Maler jener Epoche haben sich explizit für das Dämonische oder das Irrationale interessiert, etwa Henry Fuseli (Johann Heinrich Füssli; 1741-1825) in seinem Albtraum (1790/1791) oder Francisco de Goya (1746-1828) in seinen finstersten Gemälden.

    Théodore Géricault (1791-1824) behandelte in seinem derben und pathetischen Floß der Medusa (1818/1819) die Themen des Todes, des Kannibalismus und der politischen Korruption. Aber mit viel mehr Subtilität erforschten die Maler dieser Periode die emotionalen Effekte der Landschaft. John Constable (1776-1837) etwa unterscheidet sich durch sein funkelndes Licht, sorgfältige Studien der Wolken und die Wirkung des Lichts auf die Bäume in der englischen Landschaft und erzielt damit eine aufwühlende Wirkung. Der Deutsche Caspar David Friedrich (1774-1840) versuchte, die religiöse Mystik der Landschaften auszudrücken, während die Maler der amerikanischen Hudson River School, etwa Thomas Cole (1801-1848), die warmen herbstlichen Farben und die Trauer über das immer schnellere Verschwinden der wilden Natur schildern. Für seine Zeitgenossen sind die Seegemälde, die Landschaften oder auch die historischen Szenen von Joseph Mallord William Turner (1775-1851) aus „buntem Dampf" gemacht, sie drücken ihm durch seine Abstraktion den Stempel der Moderne auf.

    Der einflussreichste und mit höchstem Lob versehene romantische französische Maler ist Eugène Delacroix (1798-1863). Er suchte seine Inspiration bei Rubens und im Hochbarock, indem er Gemälde für Gemälde mit der Tigerjagd, dem Leiden Christi und, um dem Geschmack der Epoche zu genügen, der Welt der Krieger und der arabischen Jäger in Nordafrika füllt. Wie die Meister des Barock vor ihm geht er mit großer Wirkung zurück auf Konstruktionen in der Diagonalen, Kompositionen mit isolierten Elementen und wagemutigen Farben. Dies bringt Delacroix die künstlerische und zugleich persönliche Feindschaft Ingres’ ein. Ihre Zeitgenossen erkennen in ihrer Kunst den fortdauernden Konflikt zwischen der Farbe und der Linie. Der in Gustav Flauberts (1821-1880) Madame de Bovary anzutreffende anti-romantische Realismus findet seinen Ausdruck auch in der Kunst.

    In seinen schmucklosen Abbildungen der Natur und des dörflichen Lebens versucht Gustave Courbet (1819-1877), die Welt unter dem einfachsten Aspekt zu zeigen. Seine Äußerung „zeigt mir einen Engel und ich werde ihn malen" drückt das Gefühl aus, das ihn zu seinem Gemälde Beerdigung in Ornans (1849/1850) veranlasste, ein sorgfältig ausgearbeitetes Werk, das die Kritiker der Epoche überzeugte, obwohl es sich um mehr handelt als raue Realität. Die Gemälde Jean-François Millets (1814-1875) aus der Schule von Barbizon und deren Führer Théodore Rousseau (1812-1867) sind zwar traditioneller, beruhen aber ebenfalls auf einer akribischen Betrachtung der Natur. Zu den Realisten zählt man auch Honoré Daumier (1808-1879), der seine Bemühungen auf das zeitgenössische Leben in der Stadt konzentrierte, indem er die Absurdität der Verwaltung und der Advokaten beschreibt, die natürliche Arglosigkeit der Arbeiter und das Grau in Grau der Armen.

    Die Präraffaeliten als Zeitgenossen der französischen Realisten wandten sich vom künstlichen Idealismus ab, den sie mit der Royal Academy verbanden, und fanden ihre Inspiration in den Anforderungen zum Detail und der „Ehrlichkeit" der italienischen Malerei vor Raffaello Sanzio (1483-1520) und der Hochrenaissance. Dante Gabriel Rossetti (1828-1882) und Edward Burne-Jones (1833-1898) trösteten sich mit den exotischen Geschichten des Mittelalters und den sich um die Entstehung Englands rankenden Legenden sowie sämtlichen Erzählungen und moralisierenden Gleichnissen. Sie malten in Öl, aber in der Art des Tempera oder des keine Korrekturen erlaubenden Freskos.

    Parallel zur wachsenden Verstädterung und der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts quer durch Europa nimmt die Malerei mit dem Auftreten des Impressionismus eine neue und unerwartete Entwicklung. Claude Monet (1840-1926), Pierre-Auguste Renoir (1841-1919), Camille Pissarro (1830-1903) und andere Gleichgesinnte malten mit schnellem Pinselstrich und einer unvergleichlichen Leichtigkeit. Mal idyllische Feldlandschaften, mal das Licht, den Rauch, die Farbe und die Abläufe städtischer Szenen darstellend, wandten sie sich von der Geschichte ab, um sich auf den Ausdruck der Vergänglichkeit des Augenblicks zu konzentrieren. Von den Kritikern und der Öffentlichkeit ignoriert, weil sie den akademischen Kanon bewusst verlassen hatten, nahmen die Impressionisten doch einen bleibenden Einfluss auf die Kunst.

    Noch während sich ihre Stile entwickeln, wird die Modernität ihrer Kunst immer deutlicher. Die Gemälde Monets werden außergewöhnlich abstrakt, und er ergänzte sie oft nicht an der Quelle seiner visuellen Inspiration, sondern in seinem Atelier, manchmal sehr lang, nachdem er sein Modell zum letzten Mal gesehen hatte. Renoir schließlich versuchte, die starke, in der italienischen Kunst entdeckte Linearität darzustellen, seine Werke sind in ihrer Konzeption immer streng organisiert, die Personen präzise angeordnet und mit süßlichen Farben verziert.

    Die lange als „Feuerwehrleute" bezeichneten Maler wie Jean-Léon Gérôme (1824-1904) und William Adolphe Bouguereau (1825-1905) in Frankreich und Ilja Jefimowitsch Repin (1844-1930) in Russland erreichten zwar dank ihrer akademischeren und konservativeren Annäherungen einen Welterfolg, aber es sind die Impressionisten, die den bedeutendsten Einfluss auf die Entwicklung der Moderne geschafft haben, ihre Kunst sollte dann bald neue Zweige der Malerei beeinflussen.

    Die Post-Impressionisten übernahmen die Technik und die Vision der Impressionisten. Paul Cézanne (1839-1906) war entschlossen, aus der flüchtigen und poetischen Impression „etwas Dauerhaftes zu machen, indem er seinen Gemälden eine kompositionelle Solidität verlieh, die dem Klassizismus zu eigen ist. Er will „Poussin nach der Natur neu erschaffen und erarbeitet einen ein wenig herben Stil, indem er die Gegenstände und Silhouetten reduziert, um sie vom Raum zu befreien und sie wie Statuen aussehen zu lassen. Vincent van Gogh (1853-1890) bediente sich des Impressionismus, indem er die mystische Dimension aufhob. Paul Gauguin (1848-1903) suchte seine Themen in den ursprünglichen Regionen Frankreichs und des Südpazifiks und malte mit manchmal kaum geschmolzenen Farbflecken. In seiner Kunsttheorie näherte sich Georges Seurat (1859-1891) einigen Elementen der ersten Impressionisten an, indem er dank einer originellen Technik versuchte, durch das Nebeneinander von Farbpunkten – einen Stil, den er selbst „Divisionismus" nannte – einen Eindruck von der Realität zu schaffen, deren optische Mischung dieses Gefühl hervorruft. Wie Cézanne verleiht er seinen Figuren in einer fast neoklassischen Art Ruhe, Präsenz und Schwere.

    Die Zunahme an Stilen am Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich im 20. Jahrhundert fort. Die Freiheit und der Individualismus der Moderne finden ihren Ausdruck in einer Fülle von Bildstilen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckten die Denker aller Richtungen die konstitutive Instabilität der Form und der Existenz, den Atonalismus in der Musik, die Relativitätstheorie in der Physik, die destabilisierenden Tendenzen in der Psychoanalyse – alles dies verrät eine Welt voller Subjektivität und bewegender Perspektiven. Die Kubisten, an ihrer Spitze Pablo Picasso (1881-1973) und Georges Braque (1882-1963), dekonstruieren systematisch, „analysieren" die Realität ihres analytischen Kubismus und gehen fast so weit, die Farbe, das gerichtete Licht, die Textur und die Einzigartigkeit des Blickwinkels abzuschaffen, und während eines gewissen Zeitraums wenden sie sich zugunsten der unbeweglichen Objekte, den Stillleben und Porträts vollständig von der Erzählung ab.

    Wenn man die unterschiedlichen Stilarten über die Geschichte hinweg betrachtet, stellt man fest, dass die Kubisten das Projekt der Renaissance beschädigt haben – das durch die akademischen Maler des 19. Jahrhunderts für verbindlich erklärte Projekt, einen zweidimensionalen „Rahmen" zu konstruieren, in dem sich die durch Organisation, Farben und ein überzeugendes Licht bedeutsam gewordenen Ereignisse abspielen. Weil sie, um den Erfolg ihrer Kunst zu sichern, niemals auf eine völlig abstrakte oder nichtfigürliche Art malten, haben sich die Kubisten auf die Spannung zwischen dem, was man sieht und dem, was man zu sehen erwartet, konzentriert.

    Picasso, der in seiner Jugend in einer akademischen und erzählenden Weise malte, durchquerte poetisch und eher figurativ die Blaue und die Rosa Periode, er experimentierte später bis ins Unendliche, manchmal am Rand des Primitivismus, des Neo-Klassizismus oder auch des Surrealismus. Seit Giotto di Bondone (1266-1337) hat nicht ein einziger Maler so viel unternommen, um seine Kunst zu verändern. Die Werke von François Fernand Léger (1881-1955) und Akt, eine Treppe hinabsteigend von Marcel Duchamp (1887-1968; Abb. 821) sind vom Stil Braques und Picassos inspiriert, es ist die Erweiterung einer Idee zu einer Aneinanderreihung dynamischer Figuren mitten in einer architektonischen Umgebung. Die Kunst Picassos zeigt sich oft witzig und ironisch. Trotzdem beschäftigen sich, wie sein Gemälde Guernica (1937; Abb. 905) zeigt, viele seiner Werke mit den Schrecken des Krieges.

    Die surrealistische Kunst, wie etwa die traumhafte Malerei Salvador Dalís (1904-1989) oder die finsteren Werke Giorgio de Chiricos (1888-1978), greift die Verfremdung und die psychologische Intensität des modernen Lebens auf. Die Futuristen, italienische Nachfolger der Kubisten, entschieden sich für eine dynamischere Form der Bewegung, sie sind heftig in ihren Werken, ihre Kunst lässt eine Mischung des Modernen, des Urbanen und eine Aggressivität erahnen, die dem faschistischen Regime Benito Mussolinis (1883-1945) helfen sollte.

    Ganz im Gegensatz zu der extrovertierten Intensität der Futuristen bildeten gewisse Modernisten am Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Gruppe, die die innere Subjektivität erforschen wollte. Das Jahrhundert von Sigmund Freud (1856-1939) und Carl Gustav Jung (1875-1961) brachte Künstler hervor, die bereit waren, die menschliche Psyche zu zerpflücken. Die expressionistischen Gemälde von Edvard Munch (1863-1944), bei denen der ganze psychologische Schmerz seines Urhebers durchscheint, besitzen eine Intensität, die ihresgleichen nur in den Gemälden der beiden Deutschen Ludwig Kirchner (1880-1938) und Emil Nolde (1867-1956) findet. Zur gleichen Zeit tritt in der abstrakten Kunst des Katholiken Georges Rouault (1871-1958) und des Juden Marc Chagall (1887-1985) ein religiöses, fast ergreifendes Gefühl auf.

    Die Modernen lehnen die Traditionen in der Musik, der Malerei, der Architektur und in der Literatur ab. Einige sehen die Entwicklung der Abstraktion voraus, andere diskutieren sie noch. Die abstrakten und geometrischen Malereien von Kasimir Malewitsch (1879-1935) enthalten ontologische und göttliche Konnotationen, während die Werke Wassily Kandinskys (1866-1944) aus mystischen Anspielungen und geheimen Botschaften gewebt sind. Der abstrakte Expressionist Jackson Pollock (1912-1956) suggeriert durch seine Drippings eine starke menschliche Präsenz, die er mit eloquenten Titeln wie Lavendelnebel (Abb. 939) oder Luzifer (San Francisco Museum of Modern Art, San Francisco) versieht. Die Gemälde Willem de Koonings (1904-1997) sind mit Farben bedeckt, die in leidenschaftlicher Art aufgebracht sind und häufig mit brisanten Themen aufwarten. Die Farbflächen von Mark Rothko (1903-1970) lassen sich von den philosophischen Konzeptionen des Künstlers herleiten, der seine Betrachter tief zu berühren versucht.

    Die Technik der Ölmalerei wird sich im 20. Jahrhundert durch neue Substanzen oder durch solche ergänzen, die einfach wieder aktuell geworden sind: der Lack, das Wachs, das Acryl, die Aluminiummalerei oder mit Bindemitteln. Gelegentlich werden Alltagsgegenstände hinzugefügt, und, um eine gute Haltbarkeit zu erreichen, entweder gemischt oder auf die Oberfläche geklebt. Die psychologische Intensität des Abstrakten Expressionismus löste eine unvermeidbare Reaktion aus, die zwei Richtungen nahm: Die erste ist eine von Bildhauern wie Donald Judd (1928-1994) und David Smith (1906-1965) repräsentierte neue Objektivität und ein Minimalismus, die aber auch von Malern wie Ellsworth Kelly (*1923) und Frank Stella (*1936) übernommen wurden. Sie versuchten, die Malerei von menschlichen Emotionen und dem Mystizismus mit seiner moralischen Subjektivität zu befreien. Die Dosen Andy Warhols (1928-1987), die Collagen Richard Hamiltons (*1922) und der Pop Art-Stil Roy Lichtensteins (1923-1997) – alle diese Werke sind oft großformatig konzipiert und verfolgen ernsthafte Absichten.

    Die kommerziellen Produkte der modernen Gesellschaft breiten sich auf den Gemälden der Pop Art-Künstler aus und veranlassen uns, über die Natur des Konsums und der Massenproduktion genauso nachzudenken wie über die durch die künstlerische Darstellung aufgeworfenen Probleme. Im Verlauf der Geschichte triumphierte die Malerei über eine große Anzahl Kritiker.

    Während der Renaissance tobte die das Konzept der Paragone (Wettstreit der visuellen Künste) beherrschende Debatte, die Michelangelo und sein Umfeld bestätigen ließ, dass die Bildhauerei reeller und förmlich greifbarer und weniger täuschend als die Malerei sei. Leonardo da Vinci und die anderen reagierten mit Worten und Handlungen, und heute kann man feststellen, dass die Malerei bis ins 20. Jahrhundert hinein die dominante Kunst geblieben ist. Ein durchschnittlicher Betrachter wird übrigens Schwierigkeiten haben, einige berühmte Bildhauer der Renaissance aufzuzählen, aber er wird recht leicht eine größere Anzahl Maler derselben Periode benennen können. Dies gilt auch für das 19. Jahrhundert, denn auch in Frankreich bleibt, abgesehen von Antoine-Louis Barye (1795-1875), Jean-Baptiste Carpeaux (1827-1875) und Auguste Rodin (1840-1917), die Bildhauerei im Schatten der Malerei.

    Tatsächlich hat sich die Malerei durch den die Märkte seit Beginn des 15. Jahrhunderts überflutenden Strom von Reproduktionen niemals irritieren lassen, weder durch die Versuche einiger Barockkünstler, die Malerei mit anderen visuellen Künsten zu verschmelzen, noch durch die Versprechungen eines im 19. Jahrhundert durch die Fotografie angebotenen noch größeren Realismus’, und auch nicht durch die Konkurrenz des Kinos im 20. Jahrhundert.

    Zu Beginn des 21. Jahrhunderts stellen die digitalen Medien eine neue Herausforderung dar. Aber die Malerei ist mit all ihrer Macht gegenwärtig, zu

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