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CONAN UND DIE STRASSE DER KÖNIGE
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eBook280 Seiten3 Stunden

CONAN UND DIE STRASSE DER KÖNIGE

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Über dieses E-Book

Viele Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung bildeten Europa, Asien und Afrika noch eine zusammenhängende Landmasse: den hyborischen Kontinent.

Es ist die Welt und die Zeit von Conan, dem Abenteurer aus dem düsteren nördlichen Grenzland Cimmerien, der die Steppen und Dschungel, die Gebirge und Ebenen auf der Jagd nach Beute durchstreift.

Sein Weg führt ihn in märchenhafte und sagenumwobene Länder, in prächtige Städte und an glanzvolle Höfe, an denen Könige oder mächtige Zauberer herrschen.

Immer wieder versucht man ihn, den einfältigen Barbaren, zu übertölpeln und zu versklaven. Doch mit seinen gewaltigen Körperkräften und der unglaublichen Schnelligkeit seiner Waffen sprengt er alle Ketten und lehrt seine Gegner das Fürchten...

Mit knapper Not entkommt Conan dem Zugriff des Henkers von Kordava. Er schließt sich den Partisanen der Weißen Rose an und legt dem verbrecherischen Rimanendo das Handwerk. Doch des Königs Nachfolger erweist sich als ebenso feige und heimtückisch. Um der Freiheit willen greift Conan erneut zu seinem Schwert...

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum21. März 2021
ISBN9783743879393
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    Buchvorschau

    CONAN UND DIE STRASSE DER KÖNIGE - Karl Edward Wagner

    Das Buch

    Viele Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung bildeten Europa, Asien und Afrika noch eine zusammenhängende Landmasse: den hyborischen Kontinent.

    Es ist die Welt und die Zeit von Conan, dem Abenteurer aus dem düsteren nördlichen Grenzland Cimmerien, der die Steppen und Dschungel, die Gebirge und Ebenen auf der Jagd nach Beute durchstreift.

    Sein Weg führt ihn in märchenhafte und sagenumwobene Länder, in prächtige Städte und an glanzvolle Höfe, an denen Könige oder mächtige Zauberer herrschen.

    Immer wieder versucht man ihn, den einfältigen Barbaren, zu übertölpeln und zu versklaven. Doch mit seinen gewaltigen Körperkräften und der unglaublichen Schnelligkeit seiner Waffen sprengt er alle Ketten und lehrt seine Gegner das Fürchten...

    Mit knapper Not entkommt Conan dem Zugriff des Henkers von Kordava. Er schließt sich den Partisanen der Weißen Rose an und legt dem verbrecherischen Rimanendo das Handwerk. Doch des Königs Nachfolger erweist sich als ebenso feige und heimtückisch. Um der Freiheit willen greift Conan erneut zu seinem Schwert...

    CONAN UND DIE STRASSE DER KÖNIGE

    Prolog

    Erstarrte Stille, brillantheller Stahl.

    Zwei Klingen schimmerten im rauchigen Licht, umgeben von einem gesichtslosen Augenkreis, nicht weniger mitleidlos und glänzend. Ein Hauch von Bewegung, und die Waffen stießen gegeneinander - zerschmetterten die Stille mit dem Klirren ergrimmten Stahles. Heftiger, krächzender Atem entrang sich der Kehle der beiden Kämpfer. Heiseres Stöhnen und unterdrücktes Gemurmel kamen aus dem Kreis der Zuschauer; gesichtslose Augen glitzerten vor Aufregung. Wieder stellte Klinge sich Klinge; der Tod balancierte auf schwingendem Stahl, geduldig, erbarmungslos.

    Die beiden Gegner hatten wenig gemeinsam, außer der tödlichen Geschicklichkeit, mit der jeder seinen Degen führte.

    Der eine, den zunehmender Zorn antrieb, war offensichtlich der Ältere, und seine Fechtkunst verriet, dass die lange gerade zingaranische Klinge seiner Hand wohlvertraut war. Vereinzelte graue Strähnen durchzogen das glatte schwarze Haar und den kurzgestutzten Bart, die genau wie seine gutgeschnittenen Züge von ein paar geraden Duellnarben durchzogen waren. Die Narben waren schmal und verblasst, denn es war schon viele Jahre her, dass die Klinge eines Gegners sein Gesicht getroffen hatte. Ein weinrotes enges Beinkleid und ein Wams aus Samt bester Qualität unterstrichen seine schlanke, muskulöse Figur und seine selbstbewusste Haltung. Auf seinem rechten Ärmel war ein schwarzer Adler eingestickt, das Wappen von Korsts Streitern, dem Eliteregiment der zingaranischen Armee - und darunter der goldene Doppelstern eines Hauptmanns.

    Der andere war ein jüngerer Mann - vermutlich nicht viel älter als die Hälfte der etwa vierzig Jahre des Offiziers. Aber er parierte die Klinge seines Gegners mit der Gewandtheit eines Veteranen, nicht mit der unüberlegten Tollkühnheit der Jugend. Er war ein wenig größer als die sechs Fuß des Hauptmanns, und von bedeutend schwererem Körperbau. Der Jüngere hatte seinen Oberkörper entblößt. Die breiten Schultern und die mächtige Brust waren von tiefem Sonnenbraun, von mehreren Narben unterbrochen. Sie stammten aus Kämpfen und Schlachten, die seinen Schwertarm geschult hatten. Eine schweißverklebte Mähne flatterte im Kampf um sein glattgeschabtes Gesicht. Blaue Augen schwelten grimmig aus den grobgeschnittenen Zügen. Er trug das Lederbeinkleid eines Barbaren aus dem Norden, und in seine prankengleiche Hand hätte ein schweres Breitschwert besser gepasst als das dünne doppelschneidige zingaranische Rapier.

    Die beiden kämpften in einem dichten Kreis von Soldaten, die sich hier zusammengefunden hatten, um bei diesem Duell zuzuschauen. Die meisten von ihnen trugen das Weinrot und Gold der Königlich Zingaranischen Armee, genau wie das Adlerwappen von Korsts Streitern. Schulter an Schulter mit ihnen standen Männer anderer Regimenter, zusammen mit einigen Kriegern in einfacher, gemischter Kleidung - Angehörige der zingaranischen Söldnerarmee, zu denen auch der jüngere Kämpfer gehörte. Um sie erhoben sich die im Schatten liegenden Wände eines Kasernenschlafraums - Pritschen und Ausrüstungsgegenstände waren dicht an die Wände gerückt worden, um Platz für den Zweikampf zu schaffen.

    Mit angespannten Gesichtern beobachteten sie das Duell. Nicht die geringste Einzelheit des Fechtkampfes entging ihnen. Anfangs hatte fast die ganze Kaserne unter ihrem Begeisterungsgebrüll und bei ihrem hastigen Austausch von Wetten widergehallt. Doch das war gewesen, ehe die beiden Gegner mit ihrem unbeschreiblich flinken Spiel von Hieb und Stich, Angriff und Gegenangriff begonnen hatten. Jetzt war die Aufregung zu groß, um ihr Stimme zu verleihen. Die Luft knisterte schier vor Spannung. Die Blicke der Zuschauer hingen an jeder Bewegung der Kämpfenden, und sie warteten mit angehaltenem Atem - genau wie die beiden Gegner, die ihre ganze Geschicklichkeit einsetzten -, dass einer den tödlichen Fehler beginge.

    Beide Duellklingen hatten gerade Blut geleckt. Aus einer oberflächlichen Schnittwunde am Unterarm des Älteren sickerte Blut. Die Klinge des anderen war bei einem Hieb, der dem Hauptmann fast das Rapier aus der Hand gerissen hätte, vom Stichblatt abgeglitten. Der Jüngere blutete aus zwei unbedeutenden Wunden an der linken Seite und einer tieferen Verletzung unterhalb der Schulter, die offenbar seinen linken Arm zeitweilig gelähmt hatte - es waren die Zeichen dreier tödlicher Hiebe, die ins Herz eingedrungen wären, hätte seine blitzschnelle Reaktion sich nicht bewährt. Vielleicht rief das fließende Blut das dünne Lächeln des Älteren hervor, als er selbstbewusst auf den Todesstoß hinarbeitete. Der Jüngere lächelte nicht. Seine eisblauen Augen funkelten grimmig, ohne die geringsten Zeichen von Schmerz oder Erschöpfung zu verraten, die ihm doch zweifellos zu schaffen machen musste.

    Wieder zuckten die Klingen vor, trafen und trennten sich. Der Hauptmann ließ nicht locker. Noch während die Waffen sich trennten, schlug er erneut zu, so dass die Wucht des Klingenwechsels sein Rapier unterhalb und um das Stichblatt des anderen stieß und es tief in die festen Muskeln seines Oberschenkels drang.

    Der Jüngere knurrte kurz vor Schmerz. Er wich zurück. Sein verwundetes Bein knickte unter ihm zusammen. Er taumelte und konnte sich nur mit Mühe aufrecht halten. Sein verzweifelter Gegenschlag war unbeholfen und kraftlos.

    Das war der endgültige Moment des langen Duells. Die Augen der Zuschauer brannten vor atemloser Aufregung. Der Offizier genoß einen Herzschlag lang ihre absolute Aufmerksamkeit, ehe er sich daran machte, seinen verwundeten Gegner mit einem blitzschnellen Stich ins Herz - seine Spezialität - zu erledigen.

    Der Jüngere verschwendete in seiner Verzweiflung keinen Gedanken an Ritterlichkeit im Kampf. Aus seiner halbsitzenden Haltung auf dem Boden umklammerte er den langen Griff des Rapiers zusätzlich mit den Fingern seiner verwundeten Linken und hieb es mit aller Kraft nach oben. Das Ende der Klinge drang dem Älteren zwischen den gespreizten Beinen in den Leib und glitt hoch. Dabei, seinen Coup de maître auszuführen, stürzte der Hauptmann tödlich getroffen rückwärts.

    Einem gedehnten, ungläubigen Keuchen folgte das Durcheinander verwirrter Stimmen.

    Ein Mann mit glasig werdenden Augen starrte vom Boden herauf.

    Ein junger Söldner funkelte die Zuschauer mit schwelenden Augen an, als seine Wunden ihn zu Boden zwangen.

    Der Hauptmann wand sich in letzten Todeszuckungen. Sein Röcheln verlor sich in den aufgeregten Rufen und Verwünschungen derer, die ihre Wette verloren hatten, im Scharren von Füßen im Gedränge und im Klimpern von Münzen. Der Verwundete drückte die Spitze seines blutigen Rapiers auf den Boden und stützte sich auf seinen Griff. Warmes Blut spritzte aus seinem Oberschenkel, aber er schluckte nur, ohne einen Schmerzenslaut von sich zu geben.

    Er schwankte auf den Füßen. Die Fingerknöchel hoben sich weiß auf dem Rapiergriff ab, als die Kraft ihn verließ. Zwei seiner Söldnerkameraden - ihre Beutel prall voll Münzen, die sie gerade dank seines Sieges gewonnen hatten - eilten zu ihm, um ihn zu stützen. Die Augen des jungen Kriegers blitzten wild - immer noch brannte die Kampfeslust in seinem Herzen -, doch dann erkannte er seine Kameraden. Er sackte gegen sie, als ein dritter herbeieilte, um mit einem Stoffstreifen, den er hastig um den Oberschenkel schnürte, das Blut zu stillen.

    Das Stimmengewirr verstummte plötzlich. Die Soldaten kassierten eilig ihren Wettgewinn und zogen sich schnellstmöglich zurück. Ein Murmeln verbreitete sich.

    »General Korst!«

    Der junge Söldner hob den Kopf und schaute sich finster um, als die meisten fluchtartig den Raum verließen.

    Von seinen Stabsoffizieren begleitet, betrat der Oberkommandierende der Königlich Zingaranischen Armee, General Korst, höchstpersönlich den Schlafsaal. Seine gedrungene Gestalt, sein blauschwarzes Haar und seine dunkle Haut deuteten auf eine Mischung von shemitischem Blut mit dem seines zingaranischen Vaters hin. Dass der Sohn einer Marketenderin und eines unbekannten zingaranischen Soldaten es zum Generalsrang der klassenbewussten zingaranischen Armee gebracht hatte, war ein Beweis seiner ungewöhnlichen Fähigkeiten.

    Die Augen des Generals weiteten sich, ehe sie sich zu schmalen Schlitzen verengten, als er den durchspießten Toten betrachtete. Nachdenklich strich er über seinen gepflegten Bart.

    »Ah,    Hauptmann  Rinnova! Dann seid Ihr also schließlich doch auf einen gestoßen, der Euch überlegen war! Sein Stich drang zwar nicht ins Herz, wie Ihr es immer vorgezogen habt, das stimmt, aber nichtsdestoweniger seid Ihr tot.«

    Er wandte sich dem Verwundeten zu. Seine ihn stützenden Kameraden versuchten dem unbewegten Blick des Generals auszuweichen. Sie ließen ihren Freund los, der sich schwankend bemühte, aufrecht stehenzubleiben. Ohne mit der Wimper zu zucken, erwiderte er den harten Blick.

    »Es war also deine Klinge, die Hauptmann Rinnova aufspießte?«

    »Ich tötete ihn, das ist richtig«, knurrte der andere. »In einem fairen Zweikampf. Ihr könnt jeden hier fragen.«

    General Korst nickte. »Es fällt mir schwer zu glauben, dass jemand die Klinge mit Hauptmann Rinnova wechseln konnte und es überlebte - und ein barbarischer Söldner noch dazu. Aber es ist ja klar zu sehen, der Beweis liegt vor uns. Wie heißt du?«

    »Conan.«

    »Aus dem barbarischen Nordland, nehme ich an?«

    »Ich bin Cimmerier.«

    »Wie steht es mit seinen Verletzungen?« wandte er sich an Conans Kameraden, die sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen hätten.

    »Die Hiebwunden sind nicht sehr tief, sein Arm ist sauber durchstochen. Die Oberschenkelwunde ist die schlimmste, glücklicherweise ist die Schlagader nicht getroffen, aber er hat trotzdem viel Blut verloren.«

    »Gut.« General Korst nickte seinen Begleitern zu. »Dann wird er also am Leben bleiben, und wir können ihn hängen. Was immer auch dein Streit war, Conan von Cimmerien, ein Söldner darf keinesfalls einen Offizier der Königlich Zingaranischen Armee niedermetzeln!«

    Conan brüllte wie ein Löwe und taumelte auf Korst zu. Doch sofort warfen sich dessen Streiter dazwischen.

    Es gelang ihm, zwei davon zu töten, ehe der Rest ihn bewusstlos schlug.

    »Es ist schade um einen so guten Mann«, brummte Korst, als sie Conan davonzerrten. »Aber man muss diesen Barbaren Disziplin beibringen.«

      Erstes Kapitel: Der Tanzboden

    Die Morgensonne schien hell - zu hell für Augen, die seit unzähligen Tagen kein Licht außer dem der Fackeln im Kerker gesehen hatten, wenn die Wärter nach dem Rechten sahen. Ein grauer Morgen wäre gnädiger gewesen, aber es war kein Morgen für Erbarmen oder Güte. Die Reihe der zum Tode Verurteilten schloss die Lider im blendenden Sonnenschein und stolperten blindlings vorwärts zum Galgen. Als sie den Gefängnishof überquert hatten, konnten sie die baumelnden Schlingen und den erwartungsvollen Pöbel sehen.

    Conan riskierte einen blinzelnden Blick zum Galgen. Er hob sich als schwarzer Strich gegen die Sonne ab. Sieben Henkerseile hingen wie rußige Spinnweben von dem schweren Balken herunter. In seine Nase drang die ätzende Süße von Aas. Sie kam von den verwesenden Leichen der in der vergangenen Woche Gehenkten. Die Hingerichteten ließ man gewöhnlich am Galgen hängen, bis die Schlingen für die nächsten Verurteilten gebraucht wurden. Dieser ekelerregende Geruch vermischte sich mit dem vom Schweiß der dichtgedrängten Menge.

    Eine Hellebardenspitze stupste Conan in den Rücken.

    »Weiter, Raben-Aas!«, knurrte einer der Wächter.

    Conan fluchte und schlurfte vorwärts. Trotz der schweren Ketten um Hand- und Fußgelenke hinkte der Cimmerier nicht. Er warf das strähnige, verfilzte Haar aus dem stoppelbärtigen Gesicht zurück. Während des einen Monats in Kordavas Kerker waren seine Wunden allmählich verheilt, doch das war seiner ungebändigten Lebenskraft zu verdanken, nicht der Pflege seiner Wärter. Diese gleiche unverwüstliche Natur hatte seinen Geist ungebrochen, sein Haupt ungebeugt, alle Erniedrigungen seiner Gefangenschaft überstehen lassen.

    Wie ein Raubtier im Käfig hatte Conan sich die Wunden geleckt und auf eine Chance gewartet, sich zu befreien. Leise, damit das Feilen seine Wärter nicht weckte, hatte er viele Nachtstunden hindurch die Glieder seiner Ketten aneinander und gegen den rauen Stein der Wand gerieben. War er erst einmal frei davon, blieben noch die eisernen Gitterstäbe seines Kerkers und die Wachen im Korridor. Doch damit würde er sich beschäftigen, wenn es soweit war. Conan kannte keinen anderen Gedanken als freizukommen und sich an denen zu rächen, die ihn hierhergebracht und ihn gequält hatten. Die geringste Chance würde ihm schon genügen - doch sie kam nicht. Selbst jetzt noch, während er und seine Mitgefangenen sich zum Galgen schleppten, flog des Cimmeriers grimmiger Blick über den Platz, auf dem die Neugierigen sich dicht an dicht drängten, während er sich verzweifelt den Kopf zerbrach, wie er doch noch im letzten Moment dem Strick entgehen konnte.

    Der Gefängnisplatz - den Tanzboden nannte man ihn hier in Kordava - hätte gar nicht überfüllter sein können, denn abgesehen von den Hinrichtungen, die heute stattfanden, war auch noch Markttag, und am Markttag strömte von nah und fern alles zur zingaranischen Hauptstadt, um ländliche Produkte feilzubieten, und dafür Fische und exotische Waren, die mit Schiffen über den Westlichen Ozean gekommen waren, sowie handwerkliche Gegenstände der städtischen Gilden zu erstehen. Gab es eine aufregendere Art und Weise, einen solchen Markttag zu beginnen, als mit dem kostenlosen Schauspiel einer Hinrichtung auf dem Tanzboden?

    Eine wogende See dicht gedrängter Leiber und erwartungsvoller Gesichter wandte sich den sieben Verurteilten zu, die durch die Gasse in ihrer Mitte zum Galgen schlurften. Sieben Männer, die sich, außer durch ihre Ketten und schmutzigen Lumpen, nicht von den Hunderten von Menschen unterschieden, die gekommen waren, um sich an ihrem Tod zu ergötzen - sieben, die für sie tanzen würden! Die Menge war ihnen nicht feindlich gesinnt, empfand jedoch auch kein Mitleid mit ihnen. Im Augenblick erfüllte sie nur Erwartung und Ungeduld - das Spektakel sollte endlich beginnen. Das tausendköpfige Ungeheuer Mensch würde keinen Finger rühren, um die Verurteilten vor ihrem Geschick zu bewahren; im Gegenteil, es würde vermutlich wütend aufbegehren, verwehrte man ihm sein voll Spannung erwartetes Vergnügen.

    Durch das Gedränge bahnten sich Händler und Marktschreier einen Weg und priesen ihre Waren an.

    Weniger offen gingen Taschendiebe ihrem Handwerk nach. Von Rostgittern über tragbaren Feuerbecken stieg der köstliche Duft von gegrilltem Fleisch und Gemüse auf. Conans Magen erinnerte sich knurrend daran, dass er schon seit mehr als einem Tag nichts mehr bekommen hatte.

    »Wir vergeuden gutes Essen nicht an Galgenvögel!«, hatte der Wärter ihm höhnisch erklärt, der im Morgengrauen in seine Zelle gekommen war. Allerdings hatte das dem herzlosen Burschen einen Zahn gekostet, als er Conans Ketten an der Wandhalterung löste.

    Daraufhin hatten Hellebardenschäfte den Barbaren schnell bewusstlos geschlagen. »Dafür«, hatte der Wärter ihm grimmig versprochen und blutigen Schaum in sein zerschundenes Gesicht gespuckt, »wirst du als letzter drankommen! Du sollst zusehen, wie jede dieser anderen Ratten am Seil baumelt, dann erst ziehen wir dich hoch, damit du uns die neuen Tanzschritte zeigen kannst, die du inzwischen von deinen Kameraden gelernt hast.«

    Das war, auf gewisse Weise, schon ein kleiner Sieg für den Cimmerier. Den anderen Gefangenen nahm man die eisernen Handschellen ab und band ihre Hände mit Hanfstricken auf den Rücken. Vor Conans Berserkerhaftigkeit fürchteten die Wärter sich jedoch, deshalb ließ man ihn in Ketten zur Hinrichtung gehen.

    Mit dem Gleichmut des Barbaren fand Conan sich ab, mit Würde zu sterben - wenn es sein musste. Er würde festen Schrittes zum Galgen marschieren, falls ihm sonst nur die Wahl blieb, dorthin gezerrt zu werden. Sein leerer Magen knurrte als letzte Demütigung nach so vielen vorhergehenden, dass der Cimmerier Rache schwor zu einer Stunde, da die meisten an seiner Stelle um Vergebung und Erbarmen zu ihren Göttern gefleht hätten.

    Der Verwesungsgeruch wurde jetzt stärker. Steif nebeneinander aufgereiht starrten sieben Leichen durch leere Augenhöhlen himmelwärts. Krähen hatten sich an ihren Gesichtern gütlich getan und sie zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Der einwöchige Anschauungsunterricht, der andere davor zurückschrecken sollte, sich in eine gleiche Lage zu bringen, war für sie als Anschauungsobjekt zu Ende. Man hatte die Gehenkten aus ihren Schlingen befreit und sie zu einem letzten Lebewohl durch den Pöbel unter den Galgen gelegt. Jetzt wurden sie, einer nach dem anderen, zu einem kleinen Amboss gezerrt, wo man sie von den Fußketten befreite. Die Toten brauchten sie nicht mehr, während es andere gab, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden sollten. Mit königlicher Erlaubnis boten Händler Talismane und Andenken von den Gehenkten feil. Eine Schar Kinder drängte sich lachend um den Galgen, um sich nichts entgehen zu lassen.

    »Eine Locke von einem Gehenkten für euch, Mädchen?«, fragte ein Händler grinsend. Er riss einem der Toten eine Strähne aus und streckte sie den Kindern entgegen. »Wenn ihr erst größer seid und sie über eurem Herzen tragt, werden die Burschen euch nachlaufen!«

    Kichernd spielten die Kinder Fangen um die Galgenplattform

    »Eine Totenhand! Wer bietet am meisten?« Ein Axtstreich, und die Trophäe wurde hochgehalten. »Die Hand eines gehenkten Mörders!«, rief der Marktschreier und hielt die verrottete Faust höher.

    Ein anderer brüllte: »Leichenfett für Kerzen! Wer sucht verborgene Schätze? Hier ist der Glücksbringer, der euch helfen wird, sie zu finden! Wer zahlt mir Silber, um zu Gold zu kommen?«

    »Der Samen eines Toten!«, rief ein dritter und schwenkte eine winzige Flasche. »Die Hinterlassenschaft Vulosis' des berüchtigten Mörders und Frauenschänders! Männer, die Liebeskraft eines Zuchthengsts ist euer! Meine Damen, schenkt euren Gatten die Leidenschaftlichkeit eines jungen Stieres! Der Samen eines Gehenkten! Wer ersteht ihn?«

    Durch dieses Geschrei und Gedränge schlurften die Hauptdarsteller dieses Morgens. Die Hellebarden der Wächter bahnten ihnen eine Gasse. Tausend Hälse verrenkten sich, Augen traten schier aus den Höhlen, um besser zu sehen, und betrachteten die sieben Verurteilten in ihren Lumpenkostümen. Eltern hoben ihre Kinder auf die Schultern, damit ihnen nichts entginge. Mit Schultern, Ellbogen und Knien kämpften sich Neuankömmlinge einen Weg durch das Gedränge. Viele Wartende kauten an gegrillten Fleischstücken, Brot und Früchten. Andere drückten ihre auf dem Markt gekaufte Ware fest an sich und umklammerten ihre Marktkörbe. Als die Verurteilten den Galgen erreichten, hüpften die jubelnden Kinder im Ringelreigen um sie herum. Die Marktschreier unterbrachen ihr Gebrüll, um sich nur ja das bevorstehende Schauspiel nicht entgehen zu lassen, das, so oft sie es auch sahen, immer wieder spannend war.

    Auf die Galgenplattform zu steigen, war mit den Ketten zwischen den Fußgelenken nicht so einfach, aber die Hellebarden trugen eifrig das Ihre dazu bei, dass es schnell ging. Der Mann vor Conan stolperte und konnte, da seine Hände auf dem Rücken gebunden waren, sein Gleichgewicht nicht zurückgewinnen. Eine Hellebardenspitze stieß schmerzhaft in sein Fleisch, als er sich wieder aufzurichten versuchte. Conan, dessen Hände vorne gekettet waren, streckte die Arme aus, soweit es ging, packte

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