The Eminence in Shadow (Deutsche Light Novel): Band 1
Von Daisuke Aizawa und Touzai
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Über dieses E-Book
„Mein Name ist Shadow. Jener, der im Schatten lauert und die Schatten jagt.“
Die Geschichte eines Jungen, dessen größter Traum es schon immer war, eine Eminenz im Schatten zu sein. Nicht der Held der Geschichte will er sein, sondern der geheime Drahtzieher hinter den Kulissen, der sich tagsüber als ganz normaler Nebencharakter ausgibt. In seiner Welt kommt er trotz endlosen Trainings, Ritualen und Gebeten einfach nicht weiter. Irgendwann steht er jedoch am Rande des Wahnsinns, wird in einen schrecklichen Unfall verwickelt ... und als Cid Kagenou in einer Fantasywelt voller Magie, Verschwörungen und Intrigen wiedergeboren. Hier hat er nun die Chance, sein Ziel zu verfolgen. So nutzt er das Wissen und das Training aus seiner früheren Welt, um endlich seinen Traum zu verwirklichen und zur Eminenz im Schatten zu werden – zu Shadow. Dabei gründet er sogar ungewollt eine Schattenorganisation, die versucht, die Wahrheit über den Dämon Diabolos herauszufinden, und widersetzt sich dem mächtigen Diaboloskult. Aber den gibt es ja sowieso nicht, oder etwa doch?
Ähnlich wie The Eminence in Shadow (Deutsche Light Novel)
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Buchvorschau
The Eminence in Shadow (Deutsche Light Novel) - Daisuke Aizawa
Inhaltsverzeichnis
Cover
Farbseiten
Prolog: Lasst uns die beste aller Bühnen zaubern!
Kapitel 1: Eminenz im Schatten Tutorial – Start!
Kapitel 2: Lernen wir, ein Nebencharakter zu sein!
Kapitel 3: Der Vorhang hebt sich!
Kapitel 4: Die vielen Seiten von Shadow Garden?!
Kapitel 5: Der friedliche Alltag eines Nebencharakters
Kapitel 6: Der Traum eines jeden Jungen
Epilog
Charaktere
Legenden von Lord Shadow
Nachwort
Über JNC Nina
Impressum
Prolog: Lasst uns die beste aller Bühnen zaubern!
Ich erinnere mich nicht mehr, wie alles anfing. Ich weiß nur, dass ich schon immer eine Eminenz im Schatten werden wollte.
Vielleicht durch Anime, Manga oder Filme? Egal, es machte keinen Unterschied. Solang es eine Eminenz im Schatten gab, war ich zufrieden.
Nicht der Protagonist, nicht der Endboss, sondern jemand, der aus den Schatten heraus das Geschehen kontrollierte und auch nur dann seine wahre Kraft zur Schau stellen würde. Ich bewunderte diese Eminenzen und wollte so sein wie sie. So wie manche Kinder Helden werden wollten, wollte ich eine Eminenz im Schatten werden, nicht mehr und nicht weniger.
Aber anders als bei diesen Kindern war meine Bewunderung nicht nur ein vorübergehendes Fieber. Es war ein Feuer. Ein Feuer, das tief in meinem Herzen loderte, das mich motivierte und das niemals erlöschen würde.
Karate, Boxen, Kendo, Mixed Martial Arts ... Ich lernte alles, was ich brauchte, um stärker zu werden, und verbarg meine wahren Fähigkeiten. Denn eines Tages würde der richtige Augenblick kommen.
In der Schule führte ich ein ganz normales Leben. Ich fiel nie auf und war ein harmloser Nebencharakter A. Die andere Seite meines Alltags drehte sich ausschließlich darum zu trainieren. Das war meine Jugend, mein Leben als Schüler.
Doch mit der Zeit breitete sich in mir ein Gefühl der Unsicherheit aus. Es war an der Zeit, sich der Realität zu stellen.
Sosehr ich mich auch bemühte, es war zwecklos.
Ganz gleich, wie viele Kampfsportarten ich auch meisterte, ich würde nie so überwältigend stark sein wie die Eminenzen aus den Geschichten. Ich könnte höchstens eine Gruppe Halbstarker verprügeln. Gegen Schusswaffen war ich machtlos und wenn mich ein Trupp voll bewaffneter Soldaten umzingelte, wäre ich erledigt.
Welche Eminenz im Schatten würde sich schon von Soldaten besiegen lassen ... Einfach lächerlich.
Sogar wenn ich noch Jahrzehnte trainieren und der stärkste Kampfsportler der Welt würde – falls sie mich umzingelten, würde ich trotzdem verlieren. Nein ... Vielleicht hätte ich zumindest eine Chance. Ein Mensch in Topform würde die Soldaten vielleicht besiegen können, und wenn sie ihn dreimal umzingelten.
Aber selbst wenn ich alle Soldaten besiegen würde – sobald sie eine Atombombe auf mich warfen, würde ich mich zweifellos in Luft auflösen. Hier gerät ein Mensch an seine Grenzen. Doch eines konnte ich mit Sicherheit sagen: Eine Eminenz im Schatten würde niemals gegen eine Atombombe verlieren. Deshalb musste ich ein Mensch werden, der sich nicht atomisieren ließ.
Doch was benötigte ich, um dieses Level zu erreichen?
Starke Schläge?
Einen stählernen Körper?
Unendliche Ausdauer?
Das reichte nicht. Ich brauchte eine andere, übernatürliche Art Kraft.
Magie, Mana, Ki, Aura – mir war egal, was. Ich musste eine übernatürliche Kraft in die Hände bekommen. Zu diesem Schluss kam ich, als ich mich der Realität gestellt hatte.
Angenommen, jemand sucht nach Magie. Jeder würde denken, dass diese Person nicht mehr ganz richtig im Kopf ist, oder? Bei mir war es nicht anders.
Aber stimmte das wirklich?
Niemand konnte bisher beweisen, dass in dieser Welt Magie existiert. Aber es konnte auch keiner beweisen, dass sie nicht existiert.
Die Art Kraft, die ich suchte, ließ sich nicht mit Vernunft erlangen. Es musste eine Kraft jenseits des Wahnsinns sein.
Von diesem Punkt an wurde mein Training viel härter.
Magie, Mana, Ki, Aura ... Niemand konnte mir diese Dinge beibringen. Ich versuchte es mit Zenmeditation, saß unter Wasserfällen, meditierte mit geschlossenen Augen, fastete, wurde Yogameister, konvertierte, suchte Geister, betete und nagelte mich an ein Kreuz. Doch ich fand keine Antwort. Ich konnte nichts anderes tun, als weiter dem Weg zu folgen, an den ich glaubte – ganz allein in der Dunkelheit.
Die Zeit verging und der letzte Sommer meiner Highschool-Zeit brach an. Noch immer hatte ich keine Spur von Magie, Mana, Aura oder Ki entdeckt ...
***
Als ich mein übliches Training beendet hatte, war es bereits stockfinster.
Ich zog meine Unterhose an, die ich einfach von mir geworfen hatte, und schlüpfte wieder in meine Uniform. Ich besaß zwar noch keine übernatürlichen Kräfte, aber mein neuestes Training gab mir ein gutes Gefühl.
So wie in jenem Augenblick.
Nach dem Training sah ich in meinem Kopf flimmernde Lichter und konnte nicht mehr klar sehen.
Ich konnte sie deutlich spüren ... Die Magie ... Die Aura.
Das heutige Training hatte sich auf jeden Fall gelohnt.
Ich lief splitterfasernackt durch den Wald und wurde so eins mit dem Kosmos. Ich schlug meinen Kopf immer und immer wieder gegen einen Baum und entledigte mich so meiner körperlichen Begierden. Dadurch stimulierte ich mein Gehirn, übernatürliche Kräfte zu erwecken. Die Theorie meines Trainings war perfekt.
Ahh ... Meine Sicht verschwimmt wieder.
Fast als hätte ich eine Gehirnerschütterung.
Mit leichten Schritten, beinahe schwebend, stieg ich aus dem Wald herab.
Doch plötzlich entdeckte ich zwei schimmernde, geheimnisvolle Lichter.
Als würden sie durch die Luft segeln, überkreuzten sie sich. Sie leiteten mir den Weg, sie riefen nach mir.
„Ist das ... Magie ...?"
Vorsichtig näherte ich mich.
Das muss einfach Magie sein!
Endlich habe ich eine übernatürliche Kraft gefunden!
Ohne es zu bemerken, hatte sich mein schleichender Gang in einen Laufschritt verwandelt. Und obwohl ich mich in Baumwurzeln verfing, rannte ich wie ein wildes Tier auf der Jagd weiter.
„Magie! Magie! Magie! MagieMagieMagieMagieMagie!!!!"
Ich stürzte auf die Lichter zu und ergriff sie ...
„Oh ...?"
Scheinwerferlicht färbte die Welt weiß. Das ohrenbetäubende Quietschen einer Bremse hallte in meinem Kopf wider.
Die Wucht des Aufpralls durchdrang meinen ganzen Körper. Meine ... Magie ...
***
Summa summarum hatte ich mein Ziel erreicht.
Als ich meine Augen öffnete, war ich von Magie umgeben. Ich glaube, sie war zwar etwas anders als die beiden Lichter, die ich gesehen hatte, doch die Details interessierten mich nicht.
Ach ja, noch ein weiteres unbedeutendes Detail: Anscheinend war ich wiedergeboren worden. Ich hatte wahrscheinlich die magische Kraft entdeckt, das Tor der Wiedergeburt zu öffnen oder so etwas. Das war mir aber auch egal.
In diesem Moment fühlte ich mich wie ein wenige Monate altes Baby, da ich erst vor Kurzem mein Bewusstsein erlangt hatte. Mein Zeitgefühl war nach wie vor nur vage, sodass ich nicht genau wusste, was um mich herum passierte. Vor allem aber verstand ich die Sprache noch nicht. Doch für den Augenblick genügte es mir zu wissen, dass diese Zivilisation der des mittelalterlichen Europas sehr ähnelte.
Wichtig war, dass ich endlich Magie erlangt hatte. Mehr interessierte mich nicht; wie es dazu gekommen war und im Detail aussah, war mir schnurz.
Als ich mein Bewusstsein erlangt hatte, hatte ich sofort die Magie gespürt. Der Anblick dieser schwebenden Partikel erinnerte mich an ein Training aus meiner alten Welt, bei dem ich nackt durch ein Blumenbeet lief, um nach Geistern zu suchen.
Das Training war nicht umsonst gewesen. Wie konnte ich mir da so sicher sein? Tja, ich konnte die Magie sofort wahrnehmen und manipulieren, als wäre sie ein Teil meines Körpers. Dieses Gefühl erinnerte mich an das Training, bei dem ich mich nach dem Vorbild von Jesus Christus gekreuzigt hatte ... Nein, wohl eher an das Training, bei dem ich immer wieder konvertierte und beim Beten nackt tanzte. Ich bin mir sicher, dass sich mein gesamtes Training endlich auszahlte. Eine Sache hatte ich bereits herausgefunden, nämlich dass ich mich physisch stärken konnte.
Ich werde die Babyzeit nutzen, um zu trainieren und endlich eine Eminenz im Schatten zu werden ... Oh, ich muss aufs Klo.
Ich hatte einmal gelernt, dass Vögel inkontinent sind, aber bei Menschenbabys ist es ähnlich. Egal wie sehr ich mich dagegen sträubte und meinen Verstand einschaltete, meine Instinkte siegten. Doch ich, der ich Tag und Nacht trainiert und seinen Körper bis ans Äußerste gestärkt hatte, konnte immerhin meinen Schließmuskel anspannen und in der Zwischenzeit ...
„Wähhhhhhhhhh!!"
... um Hilfe rufen.
***
Vermutlich waren etwa zehn Jahre vergangen.
Magie ist unglaublich. Mit ihrer Hilfe konnte ich mich über menschliche Grenzen hinausbewegen. Ich konnte mühelos Felsen heben, schneller rennen als ein Pferd und über Häuser springen. Aber davon, eine Atombombe zu überleben, war ich noch weit entfernt. Ich konnte meine Verteidigung zwar mit Magie verstärken, aber die Feuerkraft der Erde war gewaltig. Zuerst hatte ich gedacht: Wenn es hier keine Atomwaffen gibt, ist das schon nicht so schlimm, aber eine wahre Eminenz in den Schatten geht keine Kompromisse ein.
Nein, niemals.
Mein Ziel lautete nach wie vor, stärker als eine Atombombe zu werden.
Mit diesem Entschluss im Hinterkopf hatte ich tagtäglich trainiert und Recherchen angestellt, bis ich irgendwann auf etwas gestoßen war – eine Möglichkeit. Deshalb hatte ich in letzter Zeit ein paar Tests durchgeführt.
Anscheinend war ich in eine Adelsfamilie geboren worden. Eine Familie, die in jeder Generation Ritter hervorbrachte, die ihren Körper mithilfe von Magie verstärken konnten, sogenannte Magieritter. Und ich war der hochgepriesene Sohn solcher Adligen mit unglaublichen Erwartungen ... Oder auch nicht. Ich war als ganz gewöhnlicher Magieritter-Knappe aufgewachsen. Eine Eminenz im Schatten wählt nämlich selbst, wem und wo sie seine wahre Macht offenbart. Bis dahin wartete ich ...
Wenngleich ich mich zurückhielt, war das Training recht nützlich. Ich lernte, wie man die Magie dieser Welt im Kampf einsetzte, und verbesserte im gleichen Zug stetig meine Fähigkeiten.
Ehrlich gesagt waren die Kampftechniken, die ich in meiner letzten Welt erlernt hatte, viel ausgereifter und praktischer als jene dieser Welt gewesen. Das kann man in jedem beliebigen Kampfsport sehen. Nutzlose Techniken und überflüssige Bewegungen werden aussortiert und nur die besten bleiben, um mit anderen kombiniert zu werden. Es war die Perfektion des Kampfes. Natürlich nur im Rahmen der jeweiligen Regeln, doch im Zuge der Verfeinerung wurden aus vielen verschiedenen Techniken nur die optimalen ausgewählt.
Obendrein fand in dieser Welt kein Austausch zwischen Ländern statt, geschweige denn zwischen Schulen. Manche Techniken waren der Öffentlichkeit nicht zugänglich, doch selbst wenn, hätten die Medien gefehlt, um sie zu verbreiten. Mit anderen Worten: Es gab keine Kombination, keine Selektion und keine Verfeinerung. Die Techniken hier waren einfach grob.
Es gab jedoch einen grundlegenden Unterschied zwischen den Techniken meiner und dieser Welt. Genau, ich meine die Magie. Dank der Magie waren die grundlegenden physischen Fähigkeiten hier nicht mit denen unserer Welt zu vergleichen.
Nehmen wir zum Beispiel Muskelkraft. In dieser Welt konnte man jemanden mit nur einer Hand hochheben. Damit wurden alle Arten von Griff- oder Wurftechniken auf der Stelle nutzlos. Selbst wenn man jemanden in den Schwitzkasten nahm, müsste er nur seine Bauchmuskeln anspannen und könnte sofort emporfliegen. Dein Gegner brauchte nur ein einzelnes Bein, um einen in die Luft zu befördern. Also ja, so etwas wie Ringen gab es hier gar nicht.
Menschen kämpfen eben wie Menschen und Gorillas wie Gorillas, will ich damit sagen.
Ein anderes Beispiel waren die unterschiedlichen Schrittgeschwindigkeiten, die unterschiedlichen Schrittabstände und damit auch die Kampfabstände. Tatsächlich sind das die wichtigsten Unterschiede. Letztendlich dreht sich im Kampfsport nämlich alles um Abstände. Um zu gewinnen, sind Abstand, Winkel und Positionierung entscheidend.
Ich brauchte sehr lange, um die Abstände in dieser Welt zu begreifen. Im Vergleich zu unserer Welt nahm man hier sehr große Abstände ein. Man stand sich etwa fünf Meter entfernt gegenüber. Ich verstand das schon. In dieser Welt war man viel schneller und auch die Schritte lagen viel weiter auseinander. Zuerst dachte ich: Wow, das ist also der Kampfstil einer anderen Welt, aber das war es nicht, die hatten einfach keine guten Verteidigungstechniken.
Solche Leute gibt es in jedem Kampfsport. Leute, die keine Ahnung von Verteidigung haben und deshalb absurd viel Abstand nehmen.
Man will ja schließlich nicht getroffen werden, oder? Und wenn man weit weg ist, fühlt man sich gleich viel sicherer. Also wird es einfach zu einem großen Hin und Her. Hit and Run heißt das doch, stimmt’s? Tut mir leid, aber solche sinnlosen und banalen Bewegungen würde ich nicht einmal als Hit and Away bezeichnen.
Für mich machte es keinen Unterschied, ob es fünf oder hundert Meter waren, beides war sinnlos. Man konnte aus beiden Entfernungen keinen vernünftigen Angriff starten. Sechs Meter, sieben Meter, zehn Meter – das war alles dasselbe. Konnten wir nicht einfach ein bisschen laufen und uns richtig gegenüberstehen?
Aber ab einer gewissen Entfernung ist jeder Millimeter entscheidend. Die Entfernung, aus der mein Angriff treffen kann, die Entfernung, aus der ich auf den Angriff meines Gegners reagieren kann, der Winkel, aus dem ich angreifen kann, und so weiter. Ein halber Schritt kann über Sieg und Niederlage entscheiden. So wichtig ist der Abstand in einem Kampf. Es geht nicht nur darum, fünf Meter zu rennen, anzugreifen und sechs Meter zurückzulaufen.
Mit all meinen Erwartungen an andere Welten und meiner Unwissenheit über Magie war es wirklich nicht einfach, aber ich freute mich, endlich meinen perfekten Abstand gefunden zu haben.
Na ja, so in etwa sah mein alltägliches Training aus. Nur meine große Schwester und ich, die von unserem Vater unterrichtet wurden und gegeneinander kämpften. Sie war zwei Jahre älter als ich und unglaublich stark. Wenn sie so weitermachte, würde bestimmt sie das nächste Familienoberhaupt werden. Mithilfe von Magie konnten auch Frauen in dieser Welt stark sein und es war nicht ungewöhnlich, eine Frau an der Spitze einer Familie zu sehen.
So wurde ich jeden Tag von meiner Schwester verprügelt und sagte Sachen wie: „Wow, Schwester, du bist ja stark!"
Ich durfte nicht gegen sie gewinnen. Um eine Eminenz im Schatten zu werden, musste ich ein ganz harmloser Nebencharakter A sein.
***
So verlief also mein Alltag. Ich hatte nicht viel Freizeit, da ich als Aristokrat viel lernen musste und auch sonst noch einiges zu tun hatte, um meine Rolle als Nebencharakter A zu erfüllen.
Mein wahres Training fand deshalb ausschließlich nachts statt, wenn alle anderen bereits im Bett lagen. Das bedeutete natürlich, dass ich weniger Schlaf bekam, aber durch eine Kombination aus Magie und Meditation hatte ich eine Schlaftechnik entwickelt, die mich zum effektivsten Kurzschläfer aller Zeiten machte.
Nun denn, an diesem Tag würde ich wieder mein Bestes geben. Nach einem kurzen Aufwärmprogramm im Wald ging es zum heutigen Spezialtraining.
In einem verlassenen Dorf in der Nähe hatte sich angeblich eine Bande von Schurken eingenistet. Ich hatte nachgeforscht und es gab sie wirklich. Die kamen mir gerade recht. Ich hatte schon ab und zu ein paar Banditen umgebracht, aber noch nie eine ganze Bande. Das könnte das größte Ereignis des Jahres werden; ich war vielleicht aufgeregt! Ich war schon das ganze Jahr lang so von meinen Trainingspartnern gelangweilt, da kamen mir so ein paar Bösewichte sehr gelegen.
Hach, wenn doch nur das Sicherheitssystem zusammenbrechen würde.
In den ländlichen Gegenden dieser Welt konnte man Kriminelle ohne Konsequenzen durch Selbstjustiz bestrafen. Richter gab es sowieso nur in Städten, also würde einfach ich über sie das Urteil fällen.
Außerdem fand heute der lang ersehnte Feldtest für eine neue Waffe statt, die ich entwickelt hatte: den Schleim-Bodysuit.
Lasst mich erklären, wie er funktionierte.
In dieser Welt gab es Magie. Und mithilfe dieser Magie stärkte man seinen Körper oder seine Waffen und kämpfte. Doch der Einsatz von Magie ging immer mit einem gewissen Verlust einher. Wenn man zum Beispiel ein normales Eisenschwert mit Magie verstärkte, kamen nur etwa zehn Prozent davon an. Also gingen neunzig Prozent der Magie verloren. Selbst ein Schwert aus Mithril, einem Material, das Magie angeblich sehr gut zu leiten vermochte, konnte maximal fünfzig Prozent aufnehmen und galt dann schon als hochwertig. Der Verlust war also immer hoch.
Und hier kamen die Schleime ins Spiel. Wie der Begriff nahelegt, waren Schleime magische Wesen aus Schleim. Sie benutzten Magie, um ihre Form zu verändern und sich zu bewegen. Ich hatte herausgefunden, dass die magische Leitfähigkeit von Schleimen erstaunliche neunundneunzig Prozent betrug. Darüber hinaus waren Schleime flüssig und konnten ihre Form beliebig verändern. Also machte ich Jagd auf sie, zerstörte ihre Kerne und experimentierte mit dem verbliebenen Gelee herum. Ich vernichtete bestimmt mehr als tausend Kerne und musste meinen Jagdkreis immer weiter ausdehnen, weil die lokale Schleimpopulation so stark schrumpfte, dass sie schon fast vom Aussterben bedroht war.
Nach einer Weile gelang es mir, ein leicht zu verarbeitendes und verstärkbares Schleimgelee zu kreieren und zu einem Bodysuit zu formen. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Rüstung war er federleicht, lautlos, bequem und unterstützte sogar die Körperbewegungen. Die Verteidigung gewährleistete er natürlich auch.
Derzeit trug ich einen Bodysuit aus dem Gelee von schwarzen Schleimen. Er war nicht unnötig verschnörkelt, passte sich perfekt an meinen Körper an und ermöglichte mir zu sehen und zu atmen. Man könnte mich fast mit den Bösewichten aus diesem Detektiv-Manga verwechseln. Für meinen großen Auftritt als Eminenz im Schatten musste ich mir aber noch ein passendes Design ausdenken.
Und damit kam ich in dem verlassenen Dorf an. Obwohl es mitten in der Nacht war, konnte man überall Lichter sehen. Es sah aus, als würden die Leute hier einen erfolgreichen Überfall auf eine Gruppe Händler feiern. Ich hatte wirklich großes Glück. Banditen und dergleichen hatten keinen Sinn für Zukunftsplanung, also verschwendeten sie sofort alles, was sie stahlen. Das bedeutete aber auch, dass sie kurz nach dem Überfall noch ein paar
