e-Justice - Praxishandbuch: 8. Auflage
Von Henning Müller
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Über dieses E-Book
Dieses Handbuch aus der Praxis für die Praxis soll die Anwaltschaft und andere Prozessvertreter, Behörden und Gerichte auf Fallstricke bei Form- und Fristfragen im eJustice- und eGovernment-Prozess hinweisen, praktische Beispiele, Tipps und Checklisten liefern, um die veränderte Kommunikation fehler- und haftungsfrei zu meistern und den Blick schärfen, um die Grundlagen der neuen Techniken zu verstehen - ohne dabei ein Techniker sein zu müssen - das neue Prozessrecht zu beherrschen und die eigene Organisation hierauf anzupassen.
Pressestimmen zu Vorauflagen:
"In seiner umfassenden Darstellung der rechtlichen und organisatorischen Fragen des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte ist das Werk einzigartig. Alle, die sich mit beiden Themen befassen, werden auf das Handbuch von Müller gerne als Ratgeber zurückgreifen." (NZA 2019, 1123)
"(...) Er beschreibt detailliert die Funktionsweisen der verschiedenen Dienste und beantwortet zugleich rechtliche Fragestellungen in deren Zusammenhang. Es handelt sich also um eine Handreichung von einem Praktiker für Praktiker. (...)" (www.edvgt.de, Februar 2019)
Aus dem Inhalt:
- sichere Übermittlungswege (insb. beA, beSt, beBPo, eBO und MJP),
- Fristenlauf und elektronische Zustellungen,
- Formfragen,
- Transfervermerk, Prüfprotokolle und Prüfvermerk,
- qualifizierte elektronische Signaturen und VHN,
- das elektronische Empfangsbekenntnis (eEB),
- Anwaltshaftung,
- das elektronische Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren
- Digitalisierung in Kanzlei und Behörden,
- Organisation von Scanprozessen (TR RESISCAN),
- Beweiswerterhaltung mit elektronischen Dokumenten,
- Ergonomie der eAkte,
- Changemanagement.
Henning Müller
Prof. Dr. Henning Müller ist Direktor des Sozialgerichts Darmstadt und war Präsidialrichter der hessischen Sozial- und Arbeitsgerichtsbarkeit für IT und Organisation zuständig. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt in den Bereichen eJustice, elektronischer Rechtsverkehr, SGB V und KSVG. Er ist Mitherausgaber u.a. des beckOGK-SGG, des jurisPK-ERV und der Zeitschrift "Recht Digital". Im Nebenamt ist Herr Dr. Müller Lehrbeauftragter für Sozialrecht und für Mediation an der Philipps-Universität Marburg, sowie Honorarprofessor der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen im Fachbereich Soziale Arbeit. Er ist regelmäßiger Referent, unter anderem bei der Deutschen Richterakademie, der Deutschen Anwaltakademie, kommunalen Fortbildungseinrichtungen und mehrerer Justizakademien der Länder, sowie Prüfer in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung. Prof. Dr. Henning Müller betreibt einen Blog zum Elektronischen Rechtsverkehr unter www.ervjustiz.de.
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Buchvorschau
e-Justice - Praxishandbuch - Henning Müller
Inhaltsübersicht
A. VORWORT
B. SYSTEMATISCHE ÜBERSICHT
I. EJUSTICE
II. EGOVERNMENT
III. DER ELEKTRONISCHE RECHTSVERKEHR MIT DER JUSTIZ IM ÜBERBLICK
C. GESETZGEBUNGSGESCHICHTE
I. DAS GESETZ ZUR FÖRDERUNG DES ELEKTRONISCHEN RECHTSVERKEHRS („EJUSTICE-GESETZ")
II. DAS GESETZ ZUR EINFÜHRUNG DER ELEKTRONISCHEN AKTE IN STRAFSACHEN
III. DAS GESETZ ZUR NEUREGELUNG DES BERUFSRECHTS DER ANWALTLICHEN UND STEUERBERATENDEN BERUFE
IV. DAS ERV-AUSBAU - GESETZ
V. AKTUELLE GESETZGEBUNGSVORHABEN
VI. ÜBERSICHT ÜBER DIE MEILENSTEINE DES EJUSTICE-PROZESSES
D. EJUSTICE
I. DER ELEKTRONISCHE POSTEINGANG DER GERICHTE
II. DER ELEKTRONISCHE POSTAUSGANG DER GERICHTE
III. ELEKTRONISCHE GERICHTSAKTEN
E. EGOVERNMENT
I. ELEKTRONISCHER POSTEINGANG DER BEHÖRDE
II. ELEKTRONISCHER POSTAUSGANG DER BEHÖRDE
III. ELEKTRONISCHE BEHÖRDENAKTEN
F. SCANNING UND BEWEISWERTERHALTUNG
I. SCANNING
II. BEWEISFÜHRUNG MIT ELEKTRONISCHEN DOKUMENTEN
G. EJUSTICE UND IT-SICHERHEIT
I. DATENSCHUTZ UND IT-SICHERHEIT IM ELEKTRONISCHEN RECHTSVERKEHR
II. SICHERE DATENHALTUNG UND NUTZUNG
III. DIE ELEKTRONISCHE MANDANTENKOMMUNIKATION
IV. E-MAIL ALS KOMFORT-HINTERTÜR
H. ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR MIT DER RECHTSANWALTSCHAFT
I. ORGANISATORISCHE VORÜBERLEGUNGEN
II. BESONDERHEITEN DES BEA
III. ZUSAMMENFASSUNG DER ANWALTLICHEN SORGFALTSPFLICHTEN
I. DIE SICHT DES RICHTERS AUF DAS ELEKTRONISCHE DOKUMENT
I. DER AKTENBOCK ALS AUSGANGSPUNKT
II. STREITLISTE: DAS DEZERNAT AUS DER VOGELPERSPEKTIVE
III. DIE ANSICHT AUF DIE AKTE
IV. DER „AKTENVIEWER"
V. STIMMUNGSBILD
VI. GRUNDLAGEN DER EINFÜHRUNG ELEKTRONISCHER GESCHÄFTSPROZESSE
VII. ERGONOMIE DES BILDSCHIRMARBEITSPLATZES
J. CHECKLISTEN ZUM ELEKTRONISCHEN RECHTSVERKEHR
SCHEMATISCHE DARSTELLUNG DER EGVP-INFRASTRUKTUR
EGVP: ERREICHBARKEITSÜBERSICHT
CHECKLISTE ZUM UMGANG MIT EINGEHENDEN ELEKTRONISCHEN DOKUMENTEN
SCHLAGWORTREGISTER
Inhaltsverzeichnis
A. VORWORT
B. SYSTEMATISCHE ÜBERSICHT
I. EJUSTICE
1. LEGAL TECH
a. Legal Tech in der Rechtsanwaltschaft
b. Legal Tech in der Justiz
c. Strukturierte Parteivortrag
d. Teilautomatisierte Aktenstrukturierung
e. Erste KI-Anwendungen in der Justiz
f. KI-Anwendungen bei der Generierung von Texten
2. ARBEITSGRUPPE MODERNISIERUNG DES ZIVILPROZESS
3. KIELER REFORMVORSCHLÄGE FÜR EINEN BESSEREN ZUGANG ZUR ARBEITSGERICHTSBARKEIT
4. PRAKTISCHE UMSETZUNG IN DER JUSTIZ
II. EGOVERNMENT
1. ELEKTRONISCHE IDENTIFIZIERUNG
2. FREIWILLIGKEITSPRINZIP DES ERV IN DER EXEKUTIVE
3. ELEKTRONISCHE BEHÖRDENAKTEN
4. DAS ONLINE-ZUGANGSGESETZ
5. REFORM DES OZG / OZG 2.0
III. DER ELEKTRONISCHE RECHTSVERKEHR MIT DER JUSTIZ IM ÜBERBLICK
1. SICHERE ÜBERMITTLUNGSWEGE, § 130A ABS. 4 ZPO
2. DIE SICHEREN ÜBERMITTLUNGSWEGE NACH DEM EJUSTICE-GESETZ SEIT 1.1.2018
3. DIE SICHEREN ÜBERMITTLUNGSWEGE NACH DEM GESETZ ZUR NEUREGELUNG DES BERUFSRECHTS VOM 7. JULI 2021
a. besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach
bb. Besonderheiten des beSt
bb. Aktive und passive Nutzungspflicht des beSt
b. Kanzleipostfach für Rechtsanwaltsgesellschaften
4 DIE SICHEREN ÜBERMITTLUNGSWEGE NACH DEM ERV-AUSBAUG
a. das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO)
b. OZG-Nutzerkonten / „Mein Justizpostfach"
5. ZUSAMMENFASSUNG: ÜBERSICHT ÜBER DIE SICHEREN ÜBERMITTLUNGSWEGE
6. DAS ELEKTRONISCHE GERICHTS- UND VERWALTUNGSPOSTFACH (EGVP)
a. EGVP als Infrastrukturkomponente
aa. Prinzip des doppelten Briefumschlags
bb. Intermediär
cc. Verzeichnisdienst
b. EGVP als Kommunikationsweg im ERV
c. (Rechtswidrige) Nutzung von EGVP im gerichtlichen Postausgang
C. GESETZGEBUNGSGESCHICHTE
I. DAS GESETZ ZUR FÖRDERUNG DES ELEKTRONISCHEN RECHTSVERKEHRS („EJUSTICE-GESETZ")
II. DAS GESETZ ZUR EINFÜHRUNG DER ELEKTRONISCHEN AKTE IN STRAFSACHEN
III. DAS GESETZ ZUR NEUREGELUNG DES BERUFSRECHTS DER ANWALTLICHEN UND STEUERBERATENDEN BERUFE
IV. DAS ERV-AUSBAU - GESETZ
V. AKTUELLE GESETZGEBUNGSVORHABEN
VI. ÜBERSICHT ÜBER DIE MEILENSTEINE DES EJUSTICE-PROZESSES
D. EJUSTICE
I. DER ELEKTRONISCHE POSTEINGANG DER GERICHTE
1. ANWENDUNGSBEREICH
a. Elektronische Dokumente
b. Anwendbarkeit auf bestimmende Schriftsätze
c. Anwendbarkeit auf Anlagen zu Schriftsätzen
aa. Teleologische Reduktion hinsichtlich bestimmter Anlagen
bb. Unanwendbarkeit auf Beweismittel
cc. Erklärungen der Partei (Prozesskostenhilfe, Vollmacht, eidesstattliche Versicherungen)
2. PRÜFUNG DER FORM
a. Systematik des § 130a Abs. 2, 3 ZPO
aa. Bearbeitbarkeit, § 130a Abs. 2 ZPO
bb. Authentizität, § 130a Abs. 3 ZPO
cc. Ablauf der Formprüfung im gerichtlichen Posteingang
b. Formprüfung in der gerichtlichen Praxis
c. Prüfungsschema: Elektronischer Posteingang
aa. Der Prüfvermerk
(1). Aufbau des Prüfvermerks
(2). Informationen zur Übermittlung
(3). Informationen zum Absender und zum Empfänger
(4). Informationen zur EGVP-Nachricht
(5). Informationen zu den Anlage(n) der elektronischen Nachricht
bb. Der Transfervermerk
cc. Beweiswert des Prüfvermerkss
d. Authentizitätsprüfung
aa. Verhältnis der Alternativen des § 130a Abs. 3 ZPO untereinander
bb. keine Ausnahmen bei der Authentizitätsprüfung
cc. Zugelassene elektronische Übermittlungswege
(1). Übersicht über die zugelassenen elektronischen Übermittlungswege
(a). Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP)
(b). Die sicheren Übermittlungswege
(aa). Die absenderauthentifizierte De-Mail, § 130a Abs. 4 Nr. 1 ZPO
(bb). Das besondere elektronische Anwaltspostfach – beA, § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO, § 31a BRAO
(cc). Das Rechtsanwaltsgesellschaftspostfach, § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO, § 31b BRAO
(dd). Das besondere elektronische Notarpostfach – beN, § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO i.V.m § 78n Abs. 1 BNotO
(ee). Das besondere elektronische Steuerberaterpostfach – beSt, § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO, §§ 86d, 86e StBerG
(ff). Das besondere elektronische Behördenpostfach – beBPo, § 130a Abs. 4 Nr. 3 ZPO
(gg). Das elektronische Bürger- und Organisationspostfach (eBO), § 130a Abs. 4 Nr. 4 ZPO
(hh). OZG – Nutzerkonten, § 130a Abs. 4 Nr. 5 ZPO
(ii). Weitere sichere Übermittlungswege kraft Gesetzes, § 130a Abs. 4 Nr. 2 2. Hs. ZPO
(jj). Weitere sichere Übermittlungswege kraft Rechtsverordnung, § 130a Abs. 4 Nr. 6 ZPO
(2). Umgang mit verfahrensbezogenen E-Mails
(a). E-Mails und IT-Sicherheit
(b). Kein „ERV light"
(3). Umgang mit nicht-absenderauthentifizierten De-Mails
(4). Abgrenzung zum Telefax
(a). Telefax ist kein elektronisches Dokument
(b). Computerfax
(c). Telefax benötigt keine qeS
(d). E-Mail – to – Fax – Dienste
(e). Datenschutzrechtliche Bedenken gegen Telefaxnutzung
dd. Prüfung sicherer Übermittlungswege, § 130a Abs. 4 ZPO
(1). Der vertrauenswürdige Herkunftsnachweis (VHN)
(a). VHN/VHN 2 als einziges Unterscheidungsmerkmal
(b). Technische Ausgestaltung des VHN 2
(2). Prüfung des VHN
(3). Einfache Signatur
(a). Formanforderungen an die einfache Signatur
(b). Besonderheit bei einer eingescannten Unterschrift
(c). Anforderungen hinsichtlich des maschinenschriftlichen Namens
(d). andere Signaturarten
(e). Einfache Signatur in Vertretungssituationen
(4). Versendung durch die verantwortende Person
(5). Besonderheiten der einfachen Signatur beim beBPo und beim eBO
(a). Nachweis durch VHN
(b). Organisationsverschulden bei beBPo-Organisation
(c). Übertragung der Grundsätze auf das eBO
(6). Ungültige qualifizierte elektronische Signatur bei sicheren Übermittlungswegen
ee. Prüfung anderer zugelassener Übermittlungswege
(1). Die qualifizierte elektronische Signatur (qeS)
(a). Weitere Anwendungsfälle für qualifizierte elektronische Signaturen
(b). Anbringung einer qualifizierten elektronischen Signatur
(c). Rechtsgrundlage der qualifizierten elektronischen Signatur
(2). Technische Varianten der qualifizierten elektronischen Signatur
(a). Container-Signatur
(b). PDF-Inline - Signatur
(c). detached Signatur
(3). Rechtsfolgen bei Verwendung unzulässiger Signaturen
(4). Prüfergebnisse der Prüfprotokolle
(a). Ampellogik der Prüfprotokolle
(b). Detailinformationen im Prüfprotokoll
(c). Weitere Informationen zum Versandweg im Prüfprotokoll
e. Prüfung der Bearbeitbarkeit
aa. Regelung zur Bearbeitbarkeit in der bis 31.12.2021 gültigen Fassung
bb. Einzelaspekte der Bearbeitbarkeitsprüfung
(1). Inhalt der Verordnungsermächtigung
(2). „Muss-Bestimmung": Dateiformat PDF
(a). Rechtsprechungsübersicht zu abweichenden Dateiformaten
(b). Großzügigkeit als IT-Sicherheitsrisiko
(3). „Soll-Vorgaben"
(4). Die „Soll"-Vorschriften im Einzelnen
(5). Erstellung ERVB-konformer Schriftsätze durch Nutzung von PDF/A
(6). Konventionen für Dateinamen
(7). Erzeugung eines XML-Datensatz, § 2 Abs. 3 ERVV
dd. Nicht-Bearbeitbarkeit durch das Gericht
ee. Zusammenfassung der Dateiformatvorgaben (Stand ab 1.1.2022)
ff. Rechtsfolgen fehlender Bearbeitbarkeit
(1). Historische Entwicklung
(2). Schriftformwahrung
(3). Keine Anwendbarkeit auf Beweismittel
(4). (Keine) Heilung von Formfehlern durch Ausdruck
(5). (Keine) Heilung von Formfehlern durch fehlende Rüge
(6). Zusammenfassung: Rechtsfolgen betreffend die Dateiformatvorgaben
gg. Eingangsfiktion des § 130a Abs. 6 ZPO
(1). Verfahren
(2). Zur Bearbeitung geeignet
(3). Unverzüglich
(4). Hinweispflicht
(5). Nachreichung
(6). Glaubhaftmachung
(7). Beispiel für einen gerichtlichen Hinweis gem. § 130a Abs. 6 ZPO
f. Erklärungen der Partei (Prozesskostenhilfe, Vollmacht, eidesstattliche Versicherungen)
aa. Besonderheit bei der Beantragung von Prozesskostenhilfe
(1). Elektronische Übermittlung
(2). Trennungsgebot
bb. Besonderheiten bei der Einreichung der Vollmacht
g. Besonderheiten des elektronischen Schutzschriftenregisters (ZSSR)
aa. Einreichung über EGVP/beA
bb. Einreichung über ein Online-Formular
h. (Online-)Mahnverfahren
i. Elektronischer Rechtsverkehr mit Sachverständigen
aa. Das elektronische Gutachten
(1). Formvoraussetzungen
(a). Die Formvoraussetzungen des elektronischen Rechtsverkehrs, § 130a ZPO
(b). Ausschließliche elektronische Einreichung oder Einreichung als elektronisches Doppel
(c). Dateiformat
(d). Qualifizierte elektronische Signatur
(2). (Keine) Folgen bei Formverstoß
bb. Die elektronische Schweigepflichtsentbindung
3. PRÜFUNG DER FRISTWAHRUNG IM KLAGEVERFAHREN
a. Grundlagen der Fristprüfung im elektronischen Rechtsverkehr
b. Prüfung der Fristwahrung in der EGVP-Infrastruktur
c. Prüfung der Fristwahrung bei De-Mail – Diensten
d. Nachweis der fristwahrenden Einreichung
aa. Ausgestaltung der „automatisierten Empfangsbestätigung"
bb. Beweiswert der x_export.html
4. DIE AKTIVE NUTZUNGSPFLICHT
a. Anwendungsbereich der aktiven Nutzungspflicht
aa. persönlicher Anwendungsbereich
(1). Aktive und passive Nutzungspflicht von Verbänden, Gewerkschaften und Syndikusrechtsanwälten
(2). Nutzungspflicht des Gerichts
bb. persönlicher Anwendungsbereich nach dem ERV-AusbauG zum 1.1.2026
cc. Überreichung von Schriftstücken im Sitzungssaal
b. Ersatzeinreichung bei Störungen
aa. vorübergehende Störung
bb. technische Störung
cc. Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung
dd. Glaubhaftmachung
ee. Maßgeblicher Zeitpunkt
II. DER ELEKTRONISCHE POSTAUSGANG DER GERICHTE
1. NORMSTRUKTUR DES § 173 ZPO
2. RECHTSGRUNDLAGEN DES ELEKTRONISCHEN POSTAUSGANGS
3. INITIATIVER ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR
a. Muss-Verpflichtete
b. Soll-Verpflichtete
c. Zustimmungsberechtigte Teilnehmer
e. „passive Nutzungspflicht" von beA und beSt
f. „passive Nutzungspflicht" bei Ausfall des beA und des beSt
aa. Ausfall des beA/beSt auf Seiten des Betreibers
bb. Anwaltliche Pflichten hinsichtlich des Vorhaltens des beA/beSt
4. BESONDERHEITEN BEI ELEKTRONISCHEN ZUSTELLUNGEN, § 169 ZPO
a. beglaubige elektronische Abschriften
b. Verstoß gegen Zustellungsvorschriften, Heilung von Zustellungsmängeln
5. ZUSTELLUNG GEGEN EMPFANGSBEKENNTNIS, § 173 ABS. 3 ZPO
a. Technische Grundlagen des elektronischen Empfangsbekenntnisses
b. Rückmeldung fehlerhafter Zustellungen
c. Rücksendung des EB bei Zustellungen per Post oder Telefax
6. ZUSTELLUNGEN GEGEN ZUSTELLUNGSFIKTION, § 173 ABS. 4 ZPO
7. BEDEUTUNG DES FAKTISCHEN ZUGANGS, § 189 ZPO
8. RECHTSBEHELFSBELEHRUNGEN
a. Unterschiede der Gerichtsbarkeiten
b. Muster-Rechtsmittelbelehrung
9. ELEKTRONISCHE ZUSTELLUNGEN AN SOZIETÄTEN UND SCHEINSOZIETÄTEN
10. AUSWIRKUNG EINES KANZLEIWECHSELS AUF DAS BEA
a. Kanzleiwechsler nimmt das Mandat mit
b. Das Mandat bleibt in der bisherigen Kanzlei
11. DATEIFORMATE IM ELEKTRONISCHEN POSTAUSGANG DER GERICHTE
a. Keine Pflicht zur qeS bei förmlichen Zustellungen
b. Wer signiert im Gericht?
c. Fehler der Signatur im Gericht
d. Unbestimmte gerichtliche Signatur („Gelb-Status")
III. ELEKTRONISCHE GERICHTSAKTEN
1. RECHTSGRUNDLAGEN
a. Rechtsverordnungen und Dienstanweisungen
b. Das Repräsentat
c. Akteninhalt der Gerichtsakte
d. Protokollierung der Aktenbearbeitung
e. Weitere Regelungen über die elektronische Aktenführung
2. BESONDERHEITEN BEIM MEDIENTRANSFER
3. ELEKTRONISCHE BERICHTIGUNGSBESCHLÜSSE
a. Keine Rückforderung elektronischer Dateien
b. Untrennbare Verbindung des Berichtigungsbeschlusses
aa. Berichtigung bei der Inline-PDF-Signatur
bb. Untrennbare Verbindung in einem Container
bb. Untrennbare Verbindung durch Beglaubigung des Urkundsbeamten
E. EGOVERNMENT
I. ELEKTRONISCHER POSTEINGANG DER BEHÖRDE
1. ELEKTRONISCHE ÜBERMITTLUNGSWEGE DER BEHÖRDE
2. FAKTISCHE BEREITSTELLUNG EINES ELEKTRONISCHEN ZUGANGS
3. WIDMUNG DES ZUGANGS
a. Explizite Eröffnung des Zugangs
b. Konkludente Eröffnung des Zugangs
aa. Angaben im Briefkopf
bb. Vorbehaltose Nutzung oder Eintragung
c. Beschränkung des Zugangs
d. Besonderheiten des Widerspruchsverfahrens
4. DATEIFORMATE
5. SCHRIFTFORMWAHRUNG
a. Schriftformersetzung mit qualifizierter elektronischer Signatur, § 3a Abs. 2 Satz 1 VwVfG
b. Voraussetzungen der Schriftformwahrung durch qualifizierte elektronische Signatur
c. Schriftformersetzung durch elektronische Formulare, § 3a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VwVfG
d. Schriftformersetzung mittels De-Mail, § 3a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, 3 VwVfG
e. Schriftformersetzung durch sichere Übermittlungswege, § 3a Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 VwVfG
f. Keine Schriftformersetzung durch Nutzung des beA ohne qualifizierte elektronische Signatur
6. HINWEISPFLICHT IM FALL FEHLENDER BEARBEITBARKEIT
a. Zur Bearbeitung geeignet
b. Unverzüglich
c. Hinweispflicht
d. Mitteilung der technischen Rahmenbedingungen
7. ZEITPUNKT DES ZUGANGS BEI DER BEHÖRDE
II. ELEKTRONISCHER POSTAUSGANG DER BEHÖRDE
1. GRUNDLAGEN DER ELEKTRONISCHEN ERREICHBARKEIT DES BÜRGERS
a. Voraussetzungen der Eröffnung eines Zugangs durch den Bürger
b. elektronische Übermittlungswege der Verwaltung
c. Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs
d. Zugangsfiktion bei einfacher Bekanntgabe
e. förmliche elektronische Zustellung
aa. Elektronische Zustellung gegen Empfangsbekenntnis
bb. Förmliche Zustellung gegen Abholbestätigung über De-Mail-Dienste
f. Formfreiheit des Verwaltungshandelns
g. schriftliche Bestätigung elektronischer Verwaltungsakte
2. RECHTSBEHELFSBELEHRUNGEN DER VERWALTUNG
a. Unterschiede der Gerichtsbarkeiten
d. Inhalt der Rechtsmittelbelehrung
e. Beispiel einer Rechtsbehelfsbelehrung für Behörden
3. WEITERE FORMVORAUSSETZUNGEN IM ELEKTRONISCHEN POSTAUSGANG
a. schriftlicher Bescheid
b. Abgrenzung von formloser elektronischer Kommunikation
III. ELEKTRONISCHE BEHÖRDENAKTEN
1. AUTHENTIZITÄT DER EAKTE
2. INTEGRITÄT UND STABILITÄT DER EAKTE
3. VOLLSTÄNDIGKEIT DER EAKTE
4. ALLGEMEINES ZUM „E-AKTEN"BEGRIFF
a. materieller und formeller Aktenbegriff
b. Besonderheiten der elektronischen Bearbeitung
c. Daten, Metadaten und Vorbereitungshandlungen
d. Original, Kopie und „Abschrift"
e. elektronische oder hybride Aktenführung
f. Geltung der ERVV für Behördenakten
aa. Formale Vorgaben für die Übermittlung/Vorlage
bb. Vorkehrungen der Justiz zur Annahme elektronischer Behördenakten
g. Praxis der Vorlage elektronischer Behördenakten
aa. Aktenübermittlung als (Gesamt-)PDF
bb. xJustiz-Akten
(1). Aktenübermittlung trotz Größen- und Mengenbegrenzung
(2). Darstellung der xJustiz-Akten als technische Herausforderung
(a). xJustiz-Viewer von ervjustiz.de
F. SCANNING UND BEWEISWERTERHALTUNG
I. SCANNING
1. RECHTLICHE GRUNDLAGEN
a. Zweck des rechtssicheren Scannens
b. Verfahrensdokumentation
aa. Strukturanalyse
bb. Schutzbedarfsanalyse
cc. Posteingangserhebung
c. Qualitätskontrolle im Scanverfahren
2. BILDLICHE UND INHALTLICHE ÜBEREINSTIMMUNG
a. Der Transfervermerk im Scanverfahren
b. Integritätssicherung und TR-ESOR
3. ZUSAMMENFASSUNG DER RECHTLICHEN ANFORDERUNGEN
4. RECHTSSICHERES SCANNEN ODER HYBRIDE AKTENFÜHRUNG
II. BEWEISFÜHRUNG MIT ELEKTRONISCHEN DOKUMENTEN
1. DER BEWEISWERT DES AUGENSCHEINSBEWEISES
2. ELEKTRONISCHE DATEIEN
a. Abgrenzung zur Urkunde
b. Daten- und Metadaten
c. Begriff des „Originals" und Formatwandlung
d. Kasuistik zu elektronischen Dateien
aa. Zustell- und Fristennachweise
bb. Screenshots
cc. digitale Verträge
dd. Scan eines Papierdokuments
2. VERFAHRENSRECHTLICHE GRUNDLAGEN
a. Vorlage
b. Elektronische Übermittlung
c. Netzinhalte als Beweismittel
d. Verwertung rechtswidrig erlangter Augenscheinsobjekte
e. Besonderheiten bei datenschutzrechtlich sensiblen Dateien
3. PRIVATE ELEKTRONISCHE DOKUMENTE, § 371A ABS. 1, 2 ZPO
4. ÖFFENTLICHE ELEKTRONISCHE DOKUMENTE, § 371A ABS. 3 ZPO
G. EJUSTICE UND IT-SICHERHEIT
I. DATENSCHUTZ UND IT-SICHERHEIT IM ELEKTRONISCHEN RECHTSVERKEHR
II. SICHERE DATENHALTUNG UND NUTZUNG
III. DIE ELEKTRONISCHE MANDANTENKOMMUNIKATION
IV. E-MAIL ALS KOMFORT-HINTERTÜR
H. ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR MIT DER RECHTSANWALTSCHAFT
I. ORGANISATORISCHE VORÜBERLEGUNGEN
1. POSTAUSGANG DER KANZLEI: WER SOLL VERSENDEN?
2. POSTEINGANG DER KANZLEI: WER PRÜFT DAS BEA?
3. PAPIERLOSES ANWALTSBÜRO
4. KANZLEIADRESSE PRÜFEN
5. STÖRUNGSKONTROLLE
6. MANDANTENKOMMUNIKATION
II. BESONDERHEITEN DES BEA
1. BINDUNG DES BEA AN DIE PERSON DES RECHTSANWALTS
a. Besonderheiten bei Rechtsanwaltsgesellschaften
b. Bestehen des Postfachs
c. „passive Nutzungspflicht"
aa. „passive Nutzungspflicht" des beA
bb. „passive Nutzungspflicht" bei Ausfall des beA
(1). Ausfall des beA auf Seiten des Betreibers
(2). Ausfall des beA auf Seiten des Nutzers
d. beA und ein Kanzleiwechsel
aa. Kanzleiwechsler nimmt das Mandat mit
bb. Das Mandat bleibt in der bisherigen Kanzlei
2. BEA UND DIE ANWALTSHAFTUNG
a. beA und die qualifizierte elektronische Signatur
b. Versand unzulässiger Dateiformate / Eingangsfiktion gem. § 130a Abs. 6 ZPO
c. Nachweis der erfolgreichen Versendung
aa. Rechtlicher Hintergrund
bb. Beweiswert des x_export.html
3. KEINE ÜBERSENDUNG VON ABSCHRIFTEN
4. VOLLZIEHUNG EINSTWEILIGER VERFÜGUNGEN
III. ZUSAMMENFASSUNG DER ANWALTLICHEN SORGFALTSPFLICHTEN
1. ANWEISUNG EINER KANZLEIORGANISATION
2. KONKRETE PRÜFPFLICHTEN
3. NACHBEARBEITUNG
4. WIEDEREINSETZUNG IN DEN VORIGEN STAND
I. DIE SICHT DES RICHTERS AUF DAS ELEKTRONISCHE DOKUMENT
I. DER AKTENBOCK ALS AUSGANGSPUNKT
II. STREITLISTE: DAS DEZERNAT AUS DER VOGELPERSPEKTIVE
III. DIE ANSICHT AUF DIE AKTE
IV. DER „AKTENVIEWER"
V. STIMMUNGSBILD
1. AKTUELLE EAKTEN-PROJEKTE IN DER JUSTIZ
2. HERAUSFORDERUNGEN DER EAKTEN-PROJEKTE
3. VORGEHEN BEI DER EINFÜHRUNG
4. ERFAHRUNGEN IN DER HESSISCHEN SOZIALGERICHTSBARKEIT
a. Befürchtungen gegenüber der eAkte
b. eAkte und Textverständnis
c. Erwartete Vorteile einer eAkte
5. AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE
VI. GRUNDLAGEN DER EINFÜHRUNG ELEKTRONISCHER GESCHÄFTSPROZESSE
1. DORT ANFANGEN, WO ES NÖTIG IST
2. NICHT ALLES AUF EINMAL WOLLEN
3. AKZEPTANZ SCHAFFEN, STATT WIDERSTÄNDE ÜBERWINDEN
4. DER ERSTE SCHUSS MUSS TREFFEN
5. ES MUSS STETS BERGAUF GEHEN
6. DAS PAPIERLOSE BÜRO
7. EINFACH MAL ANFANGEN
VII. ERGONOMIE DES BILDSCHIRMARBEITSPLATZES
1. ANFORDERUNGEN AN DIE BÜROAUSSTATTUNG
2. SITZPOSITION AM BILDSCHIRMARBEITSPLATZ
J. CHECKLISTEN ZUM ELEKTRONISCHEN RECHTSVERKEHR
WAS IST BEI DER ÜBERMITTLUNG VON SCHRIFTSÄTZEN AN DAS GERICHT ZU BEACHTEN?
SCHEMATISCHE DARSTELLUNG DER EGVP-INFRASTRUKTUR
EGVP: ERREICHBARKEITSÜBERSICHT
CHECKLISTE ZUM UMGANG MIT EINGEHENDEN ELEKTRONISCHEN DOKUMENTEN
SCHLAGWORTREGISTER
A. Vorwort
2023 ist zwischenzeitlich sogar die aktive Nutzungspflicht vor allem für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Behörden Routine. Nur Privatpersonen und wenige „professionelle Verfahrensbeteiligte", wie einige Verbände und Gewerkschaften kommunizieren (noch) nicht überwiegend elektronisch. Die Mengengerüste haben sich dadurch in allen Gerichtsbarkeiten erheblich zugunsten der digitalen Dokumente verschoben. Papierpost stirbt dort wo vorwiegend eine anwaltliche Vertretung stattfindet aus Der elektronische Rechtsverkehr ist damit endgültig der Normalfall. Im Sog des elektronischen Rechtsverkehrs mit der Justiz kommt auch immer mehr die noch nicht verpflichtende digitale Kommunikation mit der Verwaltung in Fahrt. Sowohl im Prozessrecht als auch im öffentlichen Verfahrensrecht stellen sich zahlreiche neue Rechtsfragen. Neu ist, dass sich nunmehr auch eine immer größer werdende Personenzahl dafür interessiert, Rechtsprechung gestaltet und Publikationen erstellt. Die Meinungsvielfalt wird größer. In der Folge wird auch ein Praxishandbuch zur Digitalisierung immer umfangreicher. Für einen noch vertiefteren Blick mit der Systematik eines Kommentars lohnt sich der jurisPK-ERV. Um den Umfang des Praxishandbuchs nicht ausufern zu lassen, habe ich auf die Darstellung der Rechtslage vor dem 1.1.2022 weitgehend verzichtet. Diese lässt sich letztmalig der 6. Auflage entnehmen. Zahlreiche weitere Inhalte der 7. Auflage sind dem Rotstift zum Opfer gefallen, um jedenfalls die 600-Seiten-Grenze nicht zu sprengen. Das Buch ist damit hoffentlich insgesamt wieder übersichtlicher.
Der Fokus – auch dieses Buches – verlagert sich deshalb mehr und mehr vom elektronischen Rechtsverkehr als Grundvoraussetzung der Digitalisierung der Justiz und der Verwaltung auf die Einführung elektronischer Behördenakten. Hier spielen vor allem das (digitale) Beweisrecht und – in einer sicher gar nicht so kurzen – Übergangszeit auch die Digitalisierung von Papierposteingängen und Archivakten (das „Scanning") eine erhebliche Rolle. Gleiches gilt für das Veränderungsmanagement, das zwar bereits seit der 1. Auflage Teil dieses Buches ist, aber gerade weil teilweise überstürzt die elektronische Aktenführung angestrebt wird, auch hier in Erinnerung gerufen werden sollte. Die elektronische Akte wird nicht trotz der Mitarbeitenden der Justiz und der Verwaltung eingeführt, sie sollte nicht gegen ihren Willen und ihre Wünsche eingeführt werden, sondern mit ihnen und für sie. Die elektronische Akte ist schließlich ein Hilfsmittel, soll unterstützen, Effizienzressourcen erschließen, nicht stören oder nerven. Erst recht ist ihre Einführung kein Selbstzweck, der für eine gewollte Presseerklärung angestrebt wird, und sollte deshalb nicht bloß die Umsetzung eines politischen Willens sein.
Wie auch in der 7. Auflage helfen in der eBook-Version zahlreiche Hyperlinks in den Fußnoten, noch aktuellere Informationen zu erlangen. Insbesondere auch durch Verweise auf den Blog www.ervjustiz.de.
Mein herzlicher Dank gilt auch in dieser Auflage Herrn Uwe Möller für den Antrieb die Auflage trotz meiner mittlerweile eher IT-fremder dienstlichen Funktion fertigzustellen. Dass dieses Handbuch ohne seinen technischen Sachverstand nicht machbar wäre, liegt auf der Hand. Aber auch sein prozessrechtlicher Rat ist nicht in Gold aufzuwiegen. Hervorzuheben ist ferner sein Verdienst um die Rechtsanwaltschaft: Ohne seinen xJustiz-Viewer, wären viele Sozialrechtlerinnen und Sozialrechtler schlicht nicht mehr in der Lage, ihren Job zu machen: Ferner ist auch auf sein OCR-Tool hinzuweisen, das – wie der xJustiz-Viewer – kostenfrei gegen eine Spende an den Deutsche Kinderschutzbund unter www.ervjustiz.de bezogen werden kann. Vielen Dank auch an die Bundesrechtsanwaltskammer für die Erlaubnis Screenshots aus den beA-Newslettern entnehmen zu dürfen.
Diese 8. Auflage widme ich erneut dem Team „meines Sozialgerichts Darmstadt, das sich auch weiter den Herausforderungen des „eJustice-Programms
stellt und sich über jede Akte freut, die es im Fachverfahren EUREKA-Fach bearbeiten kann, mit dem die elektronische Aktenbearbeitung einfach funktioniert. Schade, dass wir in den Modernisierungsprojekten der Justiz immer noch nicht ausreichend an echten Innovationen arbeiten, sondern lieber die Arbeitsweise eines Amtsgerichts des 19. Jahrhunderts digitalisieren. Da geht viel mehr!
Henning Müller
B. Systematische Übersicht
Die Digitalisierung der Justiz („eJustice) und der öffentlichen Verwaltung („eGovernment
) macht es auch für juristische Sachbearbeitende erforderlich technisch überlagerte Begrifflichkeiten (bspw. die qualifizierte elektronische Signatur – qeS) zu kennen und mit ihnen umzugehen. Nicht notwendig ist sicher die rein technischen Hintergründe zu verstehen. Die Funktionen müssen aber beherrscht werden. Andere Begriffe sind jahrhundertealt – bspw. der Aktenbegriff – müssen aber in einem digitalisierten Umfeld aus anderen Blickwinkeln betrachtet werden. An den Anfang dieses Kompendiums werden daher Begriffsbestimmungen gestellt.
I. eJustice
Der Begriff „eJustice"¹ ist diffus und lediglich als Oberbegriff, manchmal vielleicht auch als Schlagwort, benutzbar. Letztlich beschreibt er die Bemühungen der Rechtsprechung als dritter Staatsgewalt um eine vollelektronische Kommunikation und Aktenführung.² Es handelt sich also um einen Sammelbegriff von Einzelaspekten des Einsatzes von Informationstechnologie bei der Erledigung von Justizaufgaben. Neben den einzelnen Produkten von „eJustice", wie der elektronischen Kommunikation oder der elektronischen Aktenführung müssen daher auch Querschnittsaufgaben (bspw. die Spracherkennung, Videokonferenztechnik) und Grundlagenfragen wie die Arbeitsorganisation im digitalen „Workflow, die IT-Sicherheit, Legal-Tech in der Justiz oder der Datenschutz zum „eJustice
im weitesten Sinne gezählt werden.
1. Legal Tech
Das nicht minder schillernde Buzz-Word Legal Tech ist seinerseits mit großer begrifflicher Weite in Gebrauch: Er reicht in einem ersten Schritt von allgemeinen, wenig komplexen Softwarelösungen, wie etwa Office-Programmen, über teilweise sehr spezifische und leistungsfähige Fachanwendungen (bspw. EUREKA-Fach, forumStar, Rechtsanwaltskanzleisoftware etc.) oder juristische Datenbanken (wie beck-online, juris und Jurion).
In einem zweiten Schritt gehören zum Oberbegriff Legal Tech auch automatisierte Systeme: Komplexere digitale Werkzeuge zur Automation bestimmter Arbeitsabläufe (je nach Komplexität können dazu etwa Online-Terminbuchungsportale gehören, Vertragsgeneratoren³, Arbeitshilfen zur Strukturierung oder Aufbereitung von Dokumenten, Chatbots⁴ bis hin zu komplexeren Expertensystemen wie auf Plattformen von bspw. flightright.de oder wenigermiete.de).
Kaum in Gebrauch sind in Deutschland dagegen noch hochautomatisierte oder autonome Systeme: Bspw. komplexe, evtl. auch selbstlernende, Algorithmen⁵, die selbständige Entscheidungen treffen können (so etwa der Robot-Judge aus Estland).⁶
a. Legal Tech in der Rechtsanwaltschaft
Gerade in der Rechtsanwaltschaft wird die Fortentwicklung von Legal Tech – Anwendungen besonders interessiert, zuweilen natürlich auch argwöhnisch, stets aber mit großem Interesse beobachtet. Rationalisierung, Effizienzsteigerung und Automatisierung durch Technikeinsatz kann unternehmerisch ein erheblicher Wettbewerbsvorteil sein; sei es als Start-Up-Geschäftsidee, sei es als Alleinstellungsmerkmal, zur Akquise neuer Kunden und anderer Geschäftsfelder oder einfach als Möglichkeit der Gewinnsteigerung in bestehenden Kanzleien.⁷
Vor allem die Massenverfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit bieten insoweit ein besonderes Potential, das sich daraus speist, dass der Markt durch finanzstarke Großkanzleien dominiert wird, die sich die erforderlichen Anfangsinvestitionen leisten können, ferner dadurch, dass gerade im Banken- und Kapitalmarktrecht, im Versicherungsrecht und hinsichtlich des „Dieselskandals, aber auch bei Fluggaststreitigkeiten eine ganz besondere Gleichförmigkeit des Sachverhalts und deshalb der Verfahrensabläufe gegeben ist. Digitalisierung bedeutet hier insbesondere Automation der Tatsachenaufnahme und der Texterstellung. Ein gelungenes „Front-End
zum (potentiellen) Mandanten oder jedenfalls zum sachbearbeitenden Associate genügt insoweit zur Sachverhaltserfassung, eine teilautomatisierte Bausteinverwaltung inklusive der Textbefüllung durch vorab definierte Variablen generiert den einnahmenerzeugenden Schriftsatzoutput. Gerade im Bereich der Fluggastverfahren kommen Auswertungsalgorithmen auf Big-Data-Basis zum Einsatz, die der Prozessrisikoanalyse bzw. der Einschätzung von Erfolgsaussichten dienen. Kombiniert mit den Möglichkeiten des elektronischen Rechtsverkehrs, sowie ggf. zusätzlich die technisch simple Einbindung von Homeoffice-Arbeitsplätzen ergibt sich so eine gewinnmaximierende Arbeitsorganisation, die auf der anderen Seite der Richterbank auf überlastete Amts- und Landgerichte trifft und dort zu einem faktischen Problem der Arbeitsbewältigung wird⁸, jedenfalls aber richterliche Arbeitsplätze noch unattraktiver macht; wird dort doch die Richterin oder der Richter nicht selten dazu degradiert, in überlange Schriftsätzen aus immer gleichen Textbausteinen nach geringfügigen Unterschieden und Besonderheiten zu suchen. Der Mandant profitiert teils durch schlanke, transparente Kostenstrukturen, teils aufgrund von Forderungsabtretungen von der Risikolosigkeit der Rechtsdurchsetzung. Letztlich ist Legal Tech auf dem Anwaltsmarkt deshalb auch ein legitimes Mittel erleichterten Zugang zum Recht zu erlangen, wo andernfalls Aufwand oder Kosten gescheut würden, oder wo das Wissen um eigene Rechtsschutzmöglichkeiten gar nicht vorhanden wäre.
Wenn dagegen sowohl Automatisierungs- als auch Verdienstmöglichkeiten beschränkt sind, bleibt die Rendite hoher Anfangsinvestitionen gering. Investitionen lohnen sich deshalb nur über eine hohe Zahl der Verfahren und deshalb nur für (wenige) bundesweit tätige Kanzleien und auch dort oft nur über Kooperationen mit Rechtsschutzversicherern oder Prozessfinanzierern.
Auf dem juristischen Markt sind außerhalb des unmittelbaren Justizumfelds ferner – durchaus mit Erfolg – also einige wenige, dann bundesweit agierende, Unternehmen mit cleveren Mandantenschnittstellen – Web- und/oder App-basiert – die vor allem in Form nicht-anwaltlicher Angebote vor allem im Bereich der Vertragsgeneratoren, die bspw. Kündigungsmuster oder Aufhebungsverträge generieren. Durch Big Data unterstützt könnten Chat Bots eingesetzt werden, um das Risiko einer Fehlbeurteilung bei schwierigen rechtlichen Fragestellungen zu verhindern, vor allem in Bereich, in denen nicht bereits standardmäßig professioneller Rechtsrat eingeholt wird, so bspw. hinsichtlich der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht oder im Arbeitsrecht, um insgesamt die Erfolgsaussichten eines Verfahrens einzuschätzen bis hin zur Ausgabe einer denkbaren Abfindungshöhe.⁹
b. Legal Tech in der Justiz
Die Justiz hängt der Entwicklung auch gedanklich noch weiter hinterher. Der Wille zur digitalen Weiterentwicklung ist durch die außerordentlich mühevolle Einführung elektronischer Gerichtsakten weitgehend erschöpft. Dabei bieten „Legal Tech" – Anwendung auch am richterlichen Arbeitsplatz zahlreiche Möglichkeiten zur sinnvollen Unterstützung der Verfahrensförderung oder Entscheidungsfindung.
Einfache digitale Unterstützungsfunktionen sind in vielen Gerichtsbarkeiten, allen voran den Fachgerichtsbarkeiten, bereits seit langer Zeit implementiert. Dies fängt beispielhaft bereits bei dem PKH-Rechner an, der bspw. in EUREKA-Fach Teil des Justizfachverfahrens ist.
Richterinnen und Richter geben hier nur die einzelnen Berechnungsposten ein und erhalten die anzuwendende PKH-Rate, die wiederum in den textbausteinartig vorgefertigten Beschlusstext übernommen werden kann. Voraussetzung ist freilich die Richtigkeit der Berechnungsgrundlagen einerseits, die Aktualität der eingesetzten Softwareversion nach einer möglichen normativen Veränderung der PKH-Berechnung andererseits. Ähnlich wie im automatisierten Verwaltungsverfahren kommt es letztlich nicht auf die Art und Weise der Berechnung an, sondern auf die Richtigkeit des Berechnungsergebnisses. Verantwortlich hierfür die nicht die Software oder deren Programmierer, sondern der Anwendende, der sich auf die Software verlässt.
Wesentlich komplexer ist insoweit die ebenfalls seit vielen Jahren umgesetzte Bereitstellung zahlloser Bausteine für den richterlichen und nicht-richterlichen Dienst – das sog. Schreibwerk, das zahlreiche Textmuster enthält, die aus der Software leicht zugänglich bereitgestellt werden. Die zur Verfügung gestellten Bausteine sind natürlich nur ein „Service" für die Anwendenden, entfalten aber in der durch Zeitdruck geprägten Arbeitswirklichkeit eine normative Kraft des Faktischen. Auch insoweit muss die nutzende Richterin oder der nutzende Richter für sich selbst stets hinterfragen, ob das Textmuster die aktuelle Rechtslage abbildet oder der eigenen Rechtsauffassung entspricht bzw., ob der aus einem Verfügungsformular generiert Textbaustein wirklich den gewollten Text abbildet.
EUREKA-Fach ermöglichte im Schreibwerk deshalb und darüber hinaus noch weitere Möglichkeiten der Individualisierung von Arbeitsschritten. Hierzu gehört zunächst die sog. „Schreibwerksautomation", die es einem Nutzende ermöglicht, verschiedene Bausteine beliebig zu kombinieren und gewissermaßen als Favoriten abzulegen. So können je nach Dezernat oft verwendete Texte bis hin zu ganzen Beschlüssen auf Tastendruck generiert werden. In diesen Fällen bedient sich der Anwendende zwar aus dem Fundus zentral bereitgestellter Bausteine, passt diese aber nach eigenem Bedarf und Gusto für sich an. Effizienzsteigernd ist hier vor allem die Reduktion von stets wiederkehrenden Auswahlentscheidungen und Klicks.
Darüber hinaus können „individuelle Verfügungen" oder „Stempelverfügungen" erstellt werden, also eigene Textmuster jenseits der zentralen Bausteine und diese zum Zwecke der Automatisierung mit Variablen versehen werden. Hier werden dann also gar keine fremden Texte mehr verwendet, sondern eigene Texte mit fallbezogen passenden Tatsachen, bspw. den Beteiligtennamen, dem Aktenzeichen oder dem Eingangsdatum befüllt. Weil die Texte selbst erstellt wurden, entsprechen sie natürlich auch der persönlichen Rechtsauffassung und dem Schreibstil des Nutzenden, weshalb hier auch bspw. komplexere rechtliche Hinweise in wiederkehrenden Fallgestaltungen abgelegt werden können.
Neben der Texterstellung spielt auch die Textanalyse eine erhebliche Rolle. Sowohl EUREKA-Fach als auch die gängigen eAkten-Lösungen lassen die Anbringung persönlicher Markierungen zu – von elektronischen Klebezetteln bis hin zu farblichen Markierungen wie mit einem Textmarker. Von großem praktischen Nutzung ist die individuelle Zusammenstellung aus der Akte in eine Handakte, bspw. durch Markierung oder Sortierung wichtiger und unwichtiger Dokumente. Auch dieser Schritt lässt sich teilautomatisieren, so vor allem, wenn die Dokumente mit zweckmäßigen Meta-Daten versehen sind. Dann lassen sich bspw. Posteingänge und Postausgänge differenzieren, nach Einreichendem sortieren, Klagebegründung und Klageerwiderung hervorheben oder auf einen Blick sichtbar machen, ob eine Vollmacht oder eine Schriftsatzkündigung eingereicht wurden. Die Automatisierung kann hier leicht bei Meta-Daten ansetzen; EUREKA-Fach lässt hier bspw. eine einfache Gruppierung oder eine farbliche Hervorhebung über sog. bedingte Formatierungen zu.
Liegen Dokumente texterkannt vor, kann mit ihren Inhalten auch darüber hinaus weitergearbeitet werden, so selbstredend durch Kopieren und Einfügen von Inhalten. Aber auch indem sich zitierte Entscheidungen oder Literaturstellen in juristischen Datenbanken aus dem Dokument aufrufen oder Begriffe einer Suche bei Wikipedia, Google Maps oder einer anderen Suchmaschine unterziehen lassen, ohne, dass das Dokument schon selbst mit Links dorthin ausgestattet sein muss. Diese Funktion ist im EUREKA-Fach – Aktenviewer bspw. über ein Kontextmenü mit nur einem Klick aufrufbar.
c. Strukturierte Parteivortrag
Im Zivilrecht viel diskutiert¹⁰ und aktuell sogar pilotiert¹¹ ist der Vorschlag eines freiwilligen oder sogar erzwungenen strukturierten Parteivortrags. Letztlich ist die Idee, dass das Gericht konkrete Vorgaben zur Art und Weise des Vorbringens der Beteiligten macht, um die Strukturierungsarbeit bereits dorthin (bspw. in ein gemeinsames „Basisdokument) zu verlagern. Dies erleichtert in einem ersten Schritt die Durchdringung durch Richterinnen und Richter, in einem digitalen zweiten Schritt aber auch die automatisierte Weiterverarbeitung des Schriftsatzinhalts. Ein strukturierter Parteivortrag lässt es bereits zu, dass die „gewünschten
Vortragsinhalte durch das Gericht kanalisiert werden, bspw. durch gezielte (automatisierte) Fragestellungen im Rahmen der Tatsacheneingabe. Dies kann sogar durch den Einsatz von Chatbots erfolgen. ¹² Das BMJ verfolgt diesen Gedanken auch als sog. „Online-Klagetool" durchaus konkret im Rahmen von Machbarkeitsstudien, die als Ideengeber fungieren sollen. ¹³ In der Rechtsanwaltschaft ist das Echo hierauf nicht durchweg positiv.¹⁴
Ein noch größerer Anwendungsbereich könnte für Online-Klagetools verbleiben, die als „Front-End" der Justiz auch Naturalparteien zur Verfügung gestellt werden könnten, gerade in bereits ihrer Natur nach vergleichsweise strukturierten, zudem durch Zeitdruck geprägten Verfahren, wie bspw. bei Kündigungsschutzverfahren.
d. Teilautomatisierte Aktenstrukturierung
Leichter und schneller als die Einbindung der Beteiligten in die Strukturierung der Gerichtsakten erscheint deshalb eine Teilautomatisierung des Strukturierungsprozesses. Derartige Tools bieten mittlerweile sämtliche von der Justiz eingesetzten eAkten-Lösungen an. Hierzu werden beispielsweise durch Richterinnen und Richter bei der Lektüre der Schriftsätze und Dokumente verschiedenfarbige Markierungen angebracht – wie auf Papier mit einem Textmarker oder einem Klebezettel. Je nach gewählter Farbe wird im Anschluss die Markierung in einer zweiten Ansicht tabellarisch entsprechend einer Relationsansicht dargestellt und erlaubt regelmäßig nach dem „Klick" auf ein Tabellenelement wieder den Rücksprung auf das markierte Dokument. Gerade zum Zwecke der Sitzungs- oder Entscheidungsvorbereitung, ist ein derartiges Vorgehen attraktiv. Die Erfahrung zeigt indes etwas ernüchternd, dass jedenfalls die Schlagzahl in den erstinstanzlichen Gerichten ein derart idealtypisches Vorgehen nur bei den wenigsten Akten zulässt oder aufgrund der Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen Verfahren auch überhaupt nötig macht.
Noch geeigneter ist deshalb, wenn der zeitaufwendige Markierungsschritt bereits durch den Computer durchgeführt wird. Dies erfolgt bspw. in EUREKA-Fach durch die sog. bedingten Formatierungen und Filter. Durch Auslesen der Meta-Daten filtert das Fachverfahren – nach Belieben des Nutzenden – vorher als regelmäßig unwichtig qualifizierte Dokumente automatisch aus der Ansicht aus (bspw. Prüfprotokolle des elektronischen Rechtsverkehrs, Übersendungsschreiben, Vollmachten, Dokumente für die Kostensachbearbeitung etc.). Ein Einblenden ist freilich im Bedarfsfall jederzeit möglich, selten aber nötig. Der Erfolg ist, dass bereits durch die Filterung die Akte auf die essentiell für die Fallbearbeitung relevanten Dokumente reduziert wird. Die bedingten Formatierungen lassen sich dazu einsetzen, farblich Dokumententypen oder Dokumentenklasse hervorzuheben, bspw. eine Markierung für Eilverfahren oder Terminsachen im Aktenbock oder die Klagebegründung oder die Klageerwiderung in der Aktenansicht. Ferner können Dokumente nach Einreichendem, nach Dokumententyp oder – je nach vergebenen Meta-Daten – auch inhaltlich-thematisch gruppiert werden, was der Akte eine völlig andere temporäre Struktur verleiht und dem Bearbeitenden einen anderen Blickwinkel aufzeigt.
e. Erste KI-Anwendungen in der Justiz
Während diese Anwendungen aufgrund feststehender Programmierungen oder Formeln den Entscheidenden unterstützen, experimentiert die Justiz bereits heute auch mit selbstlernenden Systemen und Anwendungen künstlicher Intelligenz. Vorreiter ist auch hier die ordentliche Gerichtsbarkeit aufgrund des besonderen Handlungsdrucks durch Massenverfahren. „Frauke – der „Frankfurter Urteils-Konfiguratior Elektronisch
– und die Fortführung „Frida – die „Frankfurter Regelbasierte Intelligente Dokumentenerstellungsassistenz
–, ferner ein KI-System zur Verarbeitung von Diesel-Verfahren bei dem OLG Stuttgart, versuchen sich am Auslesen von Schriftsätzen, um Entscheidungsvorschläge zu generieren.
Besser geeignet sind schon auf den ersten Blick deshalb kleinere KI-Projekte mit begrenztem Anwendungsbereich, gleichzeitig aber mit hohem konkreten Nutzen, die bspw. in der strukturell vergleichbaren Sozialgerichtsbarkeit schon zum Einsatz kommen: Bspw. beim Einlesen und Zuordnen von elektronischen Dokumenten mit unzureichenden Meta-Daten, wie es bei elektronisch erhaltenen Telefaxen oder gescannten Dokumenten stets der Fall ist. Hier können nach einer Texterkennung dieser Dokumente bestimmte Muster (bspw. textlich eingegebene Aktenzeichen oder Beteiligtennamen) gesucht und erkannt werden, mit der Gerichtsdatenbank abgeglichen und dadurch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einem bestimmten Verfahren zugeordnet werden (liebevoll „Aktenzeichen-Raten" genannt). Besonders wertvoll ist dies bei besonders großen Gerichten in der Registratur von Neuklagen; hier können Schriftsätze, die kein Aktenzeichen enthalten, daraufhin analysiert werden, ob sie eine Neuklage oder gar ein Eilverfahren darstellen könnten und unmittelbar ein neues Aktenzeichen im richtigen Sachgebiet vorgeschlagen werden.¹⁵
f. KI-Anwendungen bei der Generierung von Texten
Leichter umzusetzen ist die Nutzung texterkannter Dokumente in inhaltlicher Hinsicht zur Generierung gerichtlicher Texte: Standformulierungen in bestimmten Schriftsätzen lassen auf typischerweise auf sie reagierende richterliche Verfügungen schließen. Dies gilt vor allem für bestimmte Schriftsätze im schriftlichen Verfahren: Ein erstmalig gestellter Fristverlängerungsantrag dürfte bspw. fast immer antragsgemäß zu bewilligen sein, genauso wie eine Klagerücknahme regelmäßig eine Schlussverfügung nach sich ziehen dürfte. Diese Muster könnten erkannt werden und dazu führen, dass die passende Verfügung bereits durch das Fachverfahren oder die eAkten-Anwendung vorgeschlagen wird. Die entsprechenden Bausteine befinden sich ohnehin im Schreibwerk.
Aus Sicht des Verantwortlichen ist hier nur zu beachten - und dies wäre ggf. begleitend empirisch oder gar wissenschaftlich zu erforschen -, ob und inwieweit die Vorschläge zu einer oberflächlicheren Bearbeitung führen. Die These könnte durchaus lauten, dass die Beeinflussung des menschlichen Entscheidenden durch den Computer zu groß wird, andererseits könnte auch schon jetzt der Arbeitsdruck jedenfalls in erster Instanz so immens sein, dass eine Unterstützung in Routineaufgaben eher hilft, Zeit und Sorgfalt für komplexere Aspekte des Richteralltags frei zu halten.
2. Arbeitsgruppe Modernisierung des Zivilprozess
Im Rahmen der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs am 8. Juni 2021 wurden durch die Ober- und Bundesgerichte die Vorschläge aus der Arbeitsgruppe „Modernisierung des Zivilprozesses" individualisiert, die vorrangig weiterverfolgt werden sollen.¹⁶ Dies sind:
• die Erleichterung des digitalen Zugangs zur Justiz für Bürgerinnen und Bürger,
• die Einrichtung virtueller Rechtsantragstellen,
• die Einführung eines effizienten Online-Verfahrens in Streitigkeiten, die standardisierbare, regelmäßig auftretende Ansprüche von Verbrauchern gegenüber Unternehmen zum Gegenstand haben (sog. Massenverfahren),
• die weitere Digitalisierung des Mahnverfahrens,
• eine Ausweitung der Möglichkeiten online geführter Verhandlungen,
• die Reform des elektronischen Empfangsbekenntnisses.
Vor allem ist bei den formulierten Ideen zu kritisieren, dass es oft gar nicht an gesetzlichen Möglichkeiten für eine Modernisierung fehlt (hier lässt sich als Beispiel die mündliche Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung anführen), sondern eher an der konkreten Umsetzung oder noch schlichter der Finanzierung von Digitalprojekten. Statt (zu) großer Projekte, deren Umsetzung nur stockend verläuft – wie bspw. das Gemeinsame Fachverfahren (GeFa)¹⁷, empfiehlt es sich, kleine, innovative Projekte (sog. „Schnellboote") auch tatsächlich in der Praxis zu etablieren.¹⁸
Ein Beispiel für einen „Quick-Win" in diesem Sinne könnte die Absicht der Einführung eines § 129a Abs. 2 ZPO sein. Durch eine virtuelle Rechtsantragsstelle in Form eines zusätzlichen Angebots per Videokonferenztechnik würde ein moderner und gleichermaßen niedrigschwelliger zusätzlicher Zugang zu Rechtsschutz geschaffen. Die Virtualisierung der Rechtsantragsstelle ist bereits geeignet, den hoch belasteten gehobenen nicht-richterlichen Bereich weiter zu entlasten, indem dessen Tätigkeit zeitlich effizienter möglich wird. Ferner wäre die Übernahme von Tätigkeiten einer Rechtsantragsstelle auch aus dem Homeoffice und nötigenfalls auch gerichtsübergreifend möglich, wodurch die Gerichtsorganisation weitere Flexibilität erhielte. Legal Tech wäre dies freilich noch nicht, sondern lediglich ein weiteres eJustice-Produkt. Aber auch hier könnten echte Innovationen weitergedacht werden, bspw. im Sinne einer automatisierten Weiterarbeitung daran gedacht werden, Sprachinhalte entweder durch Spracherkennungseinsatz unmittelbar zu verschriftlichen oder aber an dieser Stelle durch Einsatz von Formularen oder Chatbots die wesentlichen Daten – bspw. Name und Anschrift der Aktivpartei, Name der beklagten Behörde, Bescheiddaten, möglicherweise Bescheidinhalte etc. – in einem maschinenlesbaren Format aufzunehmen und automatisch zu registrieren.
3. Kieler Reformvorschläge für einen besseren Zugang zur Arbeitsgerichtsbarkeit
Auch die Konferenz der Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts und der Präsidentinnen und Präsidenten der Landesarbeitsgerichte plädiert für eine effiziente Techniknutzung. In den Kieler Reformvorschläge für einen besseren Zugang zur Arbeitsgerichtsbarkeit aus Anlass der 84. Präsidentenkonferenz 2022¹⁹ ergänzen sie die Ideen zur „Modernisierung des Zivilprozesses" durch einen Blick auf die Spezifika des arbeitsgerichtlichen Verfahrens. Das arbeitsgerichtliche Verfahren zeichne sich seit jeher durch eine besondere Bürgernähe, Beschleunigung und Effizienz aus. Bei Digitalisierungsbestrebungen sei deshalb im Blick zu behalten, dass
• der technische Fortschritt und die Bedürfnisse der rechtsuchenden Menschen,
• die Bedürfnisse der rechtsuchenden Menschen und die arbeitsgerichtliche Arbeitsweise sowie
• die arbeitsgerichtliche Arbeitsweise und das arbeitsgerichtliche Prozessrecht
kongruent blieben. Nicht alles, was „technisch geht", entspreche den Bedürfnissen der rechtsuchenden Menschen. Allerdings bestimmten vielfältige technische Möglichkeiten völlig selbstverständlich den Alltag, ohne dass sie auch Teil des gerichtlichen Alltags geworden wären. Und dort, wo dies doch der Fall sei, hink zuweilen das Prozessrecht im Arbeitsgerichtsgesetz hinterher.
Ganz im Sinne der „Schnellboote" als Einstieg wird vorgeschlagen, das Prozesskostenhilfeverfahren als Einstieg in die automatisierte Einordnung juristische Sachverhalte zu nutzen.²⁰ Um zu prüfen, wie sich vorhandene, aber längst nicht ausgeschöpfte technische Möglichkeiten der Digitalisierung im arbeitsgerichtlichen Prozess zeitnah einsetzen lassen, biete das Prozesskostenhilfeverfahren ideale Erprobungsvoraussetzung, weil es gut abgrenzbar sei, einen hohen Anteil repetitiver und für menschliche Fehler besonders anfällige Tätigkeiten enthalte, aber insgesamt einen so großen Arbeitsaufwand verursache, dass Skaleneffekte im Erfolgsfall zu einer möglichst großen Effizienzsteigerung führten. Das Prozesskostenhilfeverfahren habe ferner in der Arbeitsgerichtsbarkeit eine erhebliche Relevanz. Insbesondere ein hoher Anteil an Naturalparteien, die sich häufig in prekärer Lage befänden und daher vielfach nicht über genügend finanzielle Mittel verfügten, um einen Prozess selbst zu finanzieren, wirke hier als arbeitsrechtliche Besonderheit verstärkend. Der Ablauf des Prozesskostenhilfeverfahrens beinhalte außerdem zu einem großen Anteil Fakten, die einer quantitativen Überprüfung zugänglich seien, und erfordere nur in einem Teilbereich eine juristische Würdigung. Das Übernehmen der übermittelten Daten und deren Verarbeitung erfordere zudem besonders hohe Konzentration aufseiten der bearbeitenden Personen, um die Fehlerquote in überschaubaren Dimensionen zu halten. Zu beachten ist ferner sich auch, dass der eigentliche Berechnungsvorgang ohnehin bereits in das Verfahren integriert ist. Für die automatisierte Weiterverarbeitung fehlt deshalb letztlich nur die passgenaue Datenübernahme.
Hierfür müssen aber insbesondere zunächst die nicht maschinenlesbaren Vordrucke abgelöst werden. Die Voraussetzungen hierfür sind angesichts des bereits bestehenden Formularzwangs normativ fast ideal, zumal die bestehenden Formulare aus vielerlei Hinsicht – nicht zuletzt wegen Sprachbarrieren – nicht als ideal empfunden werden und in der Praxis auch oft fehlerhaft ausgefüllt werden. Zum Zwecke der Antragstellung schlagen die Kieler Reformvorschläge deshalb die app-basierte Antragstellung mittels Smartphone mit einfach gehaltener Technik vor. Angestrebt wird ein „iPhone-Effekt". Die Gerichte würden dabei durch texterkannte Belege und vor allem eine automatisierte Schlüssigkeits- und Vollständigkeitsprüfung profitieren.
Weiter weg und derzeit wohl maximal der Forschung zugänglich,