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Nach Aktenlage: Carl Meder klagt an
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eBook167 Seiten1 Stunde

Nach Aktenlage: Carl Meder klagt an

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Über dieses E-Book

Staatsanwalt Carl Meder ist mit verschiedenen Fällen der Kriminalität befasst, außer mit Mord. Dafür ist die Kapitalabteilung zuständig.
Er leitet die Ermittlungen und entscheidet nach Aktenlage über die Anklageerhebung. Anders als die Verteidiger, mit denen er sich vor Gericht auseinandersetzt, entscheidet Meder objektiv.
Es handelt sich bei den acht Fällen um fiktive Geschichten, die jedoch durch echte Fälle inspiriert sind. Achtung Spoiler-Alarm: wer sich die Spannung nicht nehmen lassen will, sollte an dieser Stelle besser später weiterlesen. So hat es zum Beispiel die Observation im Fall "Wadim" tatsächlich gegeben. Auch wurde "Hatice" von ihrem Partner in der beschriebenen Weise überwacht. Die Rentnerin, die in dem Fall "Justin" auf ihren blutigen Stümpfen weiterlief und der später die Unterschenkel amputiert werden mussten, hat es ebenfalls gegeben, um nur einige Beispiele zu nennen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum28. Nov. 2023
ISBN9783758386633
Nach Aktenlage: Carl Meder klagt an
Autor

Kai Neuber

Während seiner zwölfjährigen Marinedienstzeit studierte Kai Neuber in Hamburg Pädagogik und im Fernstudium Wirtschaft. Seinem Einsatz im operativen Dienst auf einem Lenkwaffenzerstörer folgte eine Unterrichtstätigkeit im Fach Politische Bildung an der Marineunteroffizierschule. Nachdem er die Marine als Kapitänleutnant verließ, studierte er Rechtspflege in Niedersachsen. Nach Einsätzen im Justizministerium in Kiel und beim Oberlandesgericht in Schleswig studierte er Strafrecht als Postgraduiertenstudium beim Ausbildungszentrum der Justiz in Nordrhein-Westfalen und trat in den Dienst der Staatsanwaltschaft Kiel ein. Als Oberamtsanwalt ist Neuber mit seinen etwa fünfzig Kolleginnen und Kollegen in Schleswig-Holstein, etwa zwanzig von ihnen in Kiel, für die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der kleinen und mittleren Kriminalität, somit der Masse des staatsanwaltschaftlichen Geschäfts zuständig. Über dreizehn Jahre war er im Sonderdezernat "GF" - Gewalt in der Familie tätig. Kai Neuber ist verheiratet und lebt mit seiner Frau in einer kleinen Gemeinde im Naturpark Westensee. Er hat drei erwachsene Töchter.

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    Buchvorschau

    Nach Aktenlage - Kai Neuber

    Die Handlung ist in Teilen durch wahre Begebenheiten inspiriert. Alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wäre rein zufällig.

    Während meiner zwölfjährigen Marinedienstzeit studierte ich in Hamburg Pädagogik und im Fernstudium Wirtschaft, danach Rechtspflege in Niedersachsen. Nach Einsätzen im Justizministerium in Kiel und beim Oberlandesgericht in Schleswig studierte ich Strafrecht als Postgraduiertenstudium beim Ausbildungszentrum der Justiz in Nordrhein-Westfalen.

    Als Oberamtsanwalt bin ich mit meinen etwa fünfzig Kolleginnen und Kollegen in Schleswig-Holstein, etwa zwanzig von ihnen in Kiel, für die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der kleinen und mittleren Kriminalität, somit der Masse unseres Geschäfts zuständig. Über dreizehn Jahre war ich im Sonderdezernat GF - Gewalt in der Familie tätig. Anders als Staatsanwältinnen und Staatsanwälte treten wir nur am Amtsgericht auf.

    Ich bin verheiratet und lebe mit meiner Frau in einer kleinen Gemeinde im Naturpark Westensee. Wir haben drei tolle erwachsene Töchter und Schwiegersöhne und bislang drei wundervolle Enkelkinder.

    Zum Schreiben kam ich erst jetzt, vermutlich auch durch meinen Vater Hermann Neuber, der insbesondere über seine Zeit als Marinerettungsflieger zahlreiche Bücher geschrieben hat und nicht müde wurde, mir zu sagen, ich solle meine Geschichten doch auch einmal aufschreiben.

    Kai Neuber

    Schon in der Überlegung liegt die böse Tat, selbst wenn sie nicht zur Ausführung gelangt. Man muss mithin so etwas, an dem schon die bloße Überlegung unsittlich ist, überhaupt gar nicht überlegen.

    Cicero

    Wer sündigt, versündigt sich an sich selbst; denn durch die unrechte Handlung macht er sich schlecht und schadet also sich selbst.

    Mark Aurel

    Inhaltsverzeichnis

    CARL

    WADiM

    PATRICK

    HATICE

    DJAWED UND SHAFIQ

    JUSTIN

    DR. MARTENS

    ANGELIKA

    HARDY

    CARL

    Der Schlagbaum schimmerte voraus im seichten Schein der Laterne durch den Nebel des frühen Morgens. Der Wachmann, ein ziviler Mitarbeiter des Sicherheitsdiensts, der sich im Rentenalter allem Anschein nach noch etwas dazu verdienen wollte oder nach vierzig Ehejahren vielleicht auch einfach etwas Abstand von seiner Gattin brauchte, die mit den Jahren dieser Fernsehkomikerin im rosafarbenen Plüschanzug immer ähnlicher wurde, hatte sich an dem feuchtkalten Morgen in sein Wachhäuschen zurückgezogen und erhob sich nun gemächlich, nachdem er durch mein Scheinwerferlicht aufgeweckt wurde. Er begab sich zur Fahrerseite meines grauen Kodiaq, während ich die Seitenscheibe herunterließ und ihm meinen Truppenausweis entgegenhielt. Der Wachmann warf einen flüchtigen Blick auf meine „Clubkarte, wie wir in Marinekreisen sagen, und ließ mich passieren. Ich folgte der Straße durch den um diese Uhrzeit noch menschenleeren Stützpunkt zum Parkplatz der Zerstörerflottille direkt an der Mole. Der schlanke, hochaufragende Bug des Schiffes begrüßte mich und machte mich auch immer wieder ein bisschen stolz, hier Artillerieoffizier sein zu dürfen. Die Flaggenparade würde erst zum Sonnenaufgang stattfinden. Vorher wird für mich auch keine „Seite gepfiffen, eine Ehrerbietung, die mir als Offizier zustand. Ich ging an Bord, vorbei an dem Maat der Wache, für den es in dieser frühen Morgenstunde nicht ungewöhnlich war, dass ich aussah, als wäre ich gerade erst dem Bett entstiegen. Ich drehte an dem Handrad des achteren Schotts, um die Verrieglung zu öffnen und trat ins Schiffsinnere. Dass die Schotten die Funktion hatten, im Falle eines Treffers das Schiff nicht nur nach außen, sondern die Abteilungen auch untereinander abzuschotten, um das Schiff über Wasser zu halten, darüber dachte man dabei nicht nach, wenn man über den kniehohen Süllrand stieg. Es empfing mich der typische Geruch einer Melange aus in der Kombüse frischgebackenen Brötchen, Diesel und Bilgenöl. Ich werde meine Sachen auf die Kammer bringen, die ich mir mit dem Flugkörperoffizier teile, dann unter die Dusche springen, die Arbeitsuniform für den Seebetrieb anziehen, mir in der Offiziermesse Rührei braten lassen, mit den Kameraden ein paar Worte über das Wochenende wechseln und über den bevorstehenden Einsatz fachsimpeln. Soviel Zeit hatte ich noch bis zum Dienstbeginn um 06:00 Uhr. Dann seeklarmachen und auslaufen um Punkt 07:00 Uhr. Sechs Wochen Standing-Naval-Forces-Atlantic oder kurz StaNavForlant. Hoffentlich kommen wir dieses Mal weiter als bis Kiel-Lighthouse, wo beim letzten Einsatz einer der vier Dampfkessel dicke Backen machte. Gerade als ich die Hand auf den amerikanischen Drehknauf der Tür zu meiner Kammer legte, hörte ich über die Schiffslautsprechanlage … Musik?

    „Dim-dim - da-da-da-dim" …?

    „Won’t forget these days" von Fury in the Slaughterhouse. Was soll …? Wer erlaubt sich da …? Mein Nacken schmerzte. Ich streckte mich. Nun hörte ich auch Vogelgezwitscher. Es wurde hell.

    Ich öffnete die müden Augen, griff nach meinem Handy auf dem Nachtschrank und stellte den Wecker ab. Seit dem letzten Fury-Konzert hatte ich den Titel als Weckmusik abgespeichert. Ich war immer noch ein großer Fan. In letzter Zeit waren die beiden Köpfe der Band häufiger als Wingenfelder & Wingenfelder unterwegs, aber die alten Fury-Klassiker wurden vom Publikum regelmäßig eingefordert.

    Heute werde ich jedenfalls nicht mehr mit auslaufen. Diese Zeit lag hinter mir und mein Schiff schon lange als Museum in Wilhelmshaven. Dennoch ließ die Zeit mich scheinbar nie ganz los.

    §

    Ich hörte auf dem Weg ins Büro nur wenig später gerade die Morgennachrichten als sich Friederike, unsere Jüngste, gerade achtzehn geworden, aufgelöst über die Freisprecheinrichtung meines SUV meldete. „Papa, ich glaube, ich habe Mist gebaut"

    „Frieda, was ist denn passiert? Wird schon nicht so schlimm sein."

    „Ich hatte einen Unfall, und jetzt bin ich in der Schule. Ich bin da bei jemandem gegen den Spiegel gefahren. Da war keiner, und dann bin ich erstmal zur Schule."

    „Das kriegen wir hin. Mach‘ dir keine Gedanken. Hauptsache es ist niemandem etwas passiert. Alles andere ist nur Blech. Wir reden dann später nochmal."

    Unfallflucht – oder, juristisch richtiger - unerlaubtes Entfernen vom Unfallort. Auch damit hatte ich bei der Staatsanwaltschaft täglich zu tun. Es war schon erstaunlich, wie oft sich Unfallverursacher ihrer Verantwortung entziehen und den anderen auf seinem Schaden sitzen lassen. Mal mochte es vermutlich um Vermeidung einer Höherstufung in der Versicherung gehen, mal war es vielleicht auch einfach nur Unsicherheit und Überforderung, gerade bei älteren Verkehrsteilnehmern. Jedenfalls hatte Frieda sich das Kennzeichen gemerkt und ganz klar kein Interesse, den Schaden nicht zu regulieren. Ein kurzer Anruf bei der Einsatzleitstelle und die Sache sollte zu klären sein.

    „Das ist Unfallflucht" erklärte mir der diensteifrige Beamte.

    „Da verstehen die Jugendgerichte keinen Spaß."

    Nicht nur, dass der Kollege übersehen hat, dass „die Jugendgerichte erst entscheiden, wenn die Staatsanwaltschaft etwas anklagt, sondern tatsächlich kann es in der Praxis auch darauf ankommen, an welchen Jugendrichter oder welche Jugendrichterin man gerät. Oder heißt es jetzt Jugendrichter*in? Dann müsste man wohl auch „welche*r sagen, tut man aber nicht. Im Übrigen gehöre ich zu denen, die bei „Jugendrichter" noch an eine Person hinter einem meist leicht erhöhten Richtertisch denken, die sich das Tragen der Richterrobe in vielen Jahren und endlosen Nächten über Gesetzestexten und Kommentierungen redlich verdient hat. Ich dachte jedenfalls nicht darüber nach, ob die Person in der Pause die Damen- oder die Herrentoilette aufsuchte.

    Wenn man als Jugendlicher Glück hatte, kam man zu Frau Engele, die gerne ohne Robe verhandelte, weil die Jugendlichen sich sonst fürchteten. Auf Frieda hätte das sicher zugetroffen, aber so weit war es noch nicht. Die Jugendlichen mit denen ich zu tun hatte, die, die ihre Basecap gerne auch im Gerichtssaal trugen und Kaugummi kauten, machten auf mich keinen ängstlichen Eindruck. Das will natürlich auch niemand, aber etwas Respekt vor dem Gericht wäre doch angebracht. Mochten Sie sich in der Verhandlung auch scheinbar reumütig zeigen, so machten sie oftmals Späße über die deutsche Justiz, kaum dass sie den Saal verlassen hatten. Anders war es bei Dr. Dörner. Da geht man als Jugendlicher oder Heranwachsender bis Ende einundzwanzig bei einem einfachen Ladendiebstahl auch als Ersttäter schnell mal in den Arrest, insbesondere, wenn man keine Einsicht zeigte, oder noch schlimmer, als Empfänger staatlicher Transferleistungen der Meinung war, man müsse Diebstähle begehen, weil die „paar Euro", die man vom Staat bekäme niemals zum Leben ausreichten, insbesondere, wenn der Protagonist der Hauptverhandlung dabei die Ärmel seines Gucci-Pullovers zurecht zupfte, gelangweilt die Beine übereinanderschlug und so die fabrikneuen Nike-Air-Max-Sneaker präsentierte. Dann konnte es auch ein paar Wochen Dauerarrest geben. Richter sind eben auch nur Menschen.

    Abgesehen von alledem gibt es Statistiken, die besagen, dass nur jeder siebente Ladendiebstahl entdeckt wird. Ob ein „Ersttäter" tatsächlich die erste Straftat begangen hat, wenn er das erste Mal vor Gericht steht, erscheint daher fraglich. Dass wir uneingeschränkt davon auszugehen hatten, steht außer Frage.

    Ich beließ also den Beamten der Leitstelle in dem Glauben, einem dieser anstrengenden Bürger Recht und Gesetz und polizeiliche Aufgaben erklären zu können. Es genügte demnach nicht, erfuhr ich, dass ich telefonisch die Kennzeichen der beteiligten Fahrzeuge, den Unfallort und Namen, Anschrift und Geburtsdatum meiner Tochter mitteilte und zusicherte, diese würde sich nach der Schule persönlich auf dem zuständigen Revier melden.

    Wenn sie nicht sofort käme, würde sie von uniformierten Beamten aus der Schule abgeholt werden, wurde ich am Telefon belehrt. Der vor meinem inneren Auge umgehend ablaufende Film entlockte mir in der Tat ein leichtes Schmunzeln. Tatsächlich wäre das wohl noch schlimmer als der lässig mit Sonnenbrille an sein Cabrio gelehnte Vater, die Arme verschränkt, auf dem Schulparkplatz auf die liebe Tochter wartend. Aber nein, eine Polizeieskorte hatte Frieda nicht verdient. In Wahrheit liebte ich meine Mädchen über alles und würde für sie barfuß durch die Atacama-Wüste gehen.

    Jetzt wohnte nur noch Frieda bei uns. Wir, das sind, meine Frau Lisa, ich und natürlich Wilma, eine Magyar-Vizsla-Hündin, die wir nach dem Auszug der beiden Großen angeschafft hatten. Nun war es wohl endlich der richtige Zeitpunkt, nachdem Frieda schon als junger Teenager mit großem Engagement für einen Familienhund warb. Heute schreiben Schüler „Stoppt die Erderwärmung! auf ihre Plakate, bei Frieda war es „Ein Hund fördert die Gesundheit!.

    Ich wählte nun also die Nummer des 2. Reviers.

    „Jaja, die Kollegen von der Leitstelle sind schon zu lange raus", hörte ich erwartungsgemäß.

    „Natürlich fahren wir nicht zur Schule. Wir haben ja alle Daten. Der Rest läuft dann schriftlich."

    Am Ende wurde das Verfahren wegen geringer Schuld durch die Kollegen eingestellt, und ich klärte meine Tochter noch einmal über § 142 des Strafgesetzbuches auf.

    Ein freundlich gemeinter Hinweis auf einer McDonalds-Serviette hinter

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