Tödliche Torheit: Der Ukrainekrieg und das Versagen der deutschen Politik
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Über dieses E-Book
Manfred Kleine-Hartlage analysiert die selbstzerstörerische Dynamik dieser Politik am Beispiel der Außenpolitik, aber unter Einbeziehung der seit spätestens 2010 kumulierten Großkrisen, also der Kombination aus Währungs-, Wirtschafts-, Energie-, Migrations-, Sicherheits- und Verfassungskrise.
Die Außenpolitik im Ukrainekrieg ist ein weiteres Glied in einer Kette von Fehlentscheidungen, deren Wirkungen sich wechselseitig potenzieren, zugleich aber denkbare Lösungswege verbauen. Die pathologische Lernunfähigkeit der politischen Klasse führt dazu, dass ihr Mangel an Problemlösungskompetenz mit jeder Krise deutlicher hervortritt, sie diesen Sachverhalt aber nicht wahrhaben will und darf und ihr daher Heil in autoritärem Auftrumpfen und der Diffamierung ihrer Kritiker sucht.
Dieses Buch wurde im Frühjahr 2022 verfasst, wird aber über den Ukrainekrieg hinaus als Lehrbeispiel für Politikversagen seine Gültigkeit behalten.
Manfred Kleine-Hartlage
Manfred Kleine-Hartlage, geboren 1966 in München, ist Diplom-Sozialwissenschaftler in der Fachrichtung Poli-tikwissenschaft und für seine aufsehenerregenden zeitkritischen Sachbücher und Kolumnen bekannt, in denen er die selbstzerstörerischen Tendenzen unserer Gesellschaft analysiert. Darüber hinaus ist er Romancier. Kleine-Hartlage hat zwei erwachsene Kinder und lebt mit seiner Frau in Berlin.
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Buchvorschau
Tödliche Torheit - Manfred Kleine-Hartlage
Einleitung
Wenn man den Charakter und den Zustand eines politischen Systems kennenlernen will, dann sollte man sie nicht im alltäglichen Normalzustand, sondern unter dem Druck des Ausnahmezustands beobachten. So gesehen, gab es wohl seit dem Ende des Kalten Krieges keine Periode, in der sowohl der Zustand des Volkes als auch der Charakter des politischen Systems der Bundesrepublik so klar zutage getreten sind wie in den Krisen der letzten fünfzehn Jahre:
Die Eurokrise, die Fukushimakrise samt Atomausstieg, die Flüchtlingskrise, die andauernde Verschärfung der Klimapolitik, die Verfassungskrise durch den Kalten Bürgerkrieg gegen die Opposition („Kampf gegen Rechts") und die Coronakrise zeigen eine deutliche Klimax: Jede Krise wird im Zeitverlauf bedrohlicher beziehungsweise ist ernster als die vorangegangenen, da die Ergebnisse ständigen Missmanagements sich kumulieren. So entsteht eine Instabilität, die jede neue Krise noch schwerer handhabbar macht, als sie es per se schon wäre.
Zwar verfügt eine Demokratie, den Lehrbüchern der Politikwissenschaft zufolge, über Selbstheilungsmechanismen, die dauerhaftes Missmanagement unmöglich machen sollen. Diese Mechanismen aber beruhen allesamt auf wechselseitiger Konkurrenz beziehungsweise Kontrolle zentral platzierter Akteure aus Politik, Medien, Justiz, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft und können daher durch kartellartige Verflechtung dieser Akteure ausgehebelt werden. Dies ist leider geschehen: Instanzen, die einander die Waage halten und in die Schranken weisen sollen, sind zu einem Kartell zusammengewachsen, dessen Beteiligte einander Rückendeckung geben.
Die pathologische Lernunfähigkeit dieses herrschenden Kartells führt dazu, dass dessen Mangel an Problemlösungskompetenz mit jeder Krise deutlicher hervortritt, seine Protagonisten diesen Sachverhalt aber nicht wahrhaben wollen und dürfen und ihr Heil in autoritärem Auftrumpfen, der Diffamierung von Sündenböcken und dem erwähnten Kalten Bürgerkrieg gegen ihre Kritiker suchen – ohne Rücksicht auf die verfassungsmäßige Rechtsordnung.
Diese inkompetente und destruktive Politik des Kartells hat zu einer Spaltung des Volkes geführt, das sich nunmehr grob in drei Teile gliedern lässt: Während eine Minderheit das Vertrauen zu den Politikern und Medien des Kartells restlos verloren hat, hält eine passive Mehrheit ihm aus tradierter Staatsloyalität noch die Stange. Am anderen Ende der Skala finden wir eine dritte Fraktion von ideologischen Eiferern: aufs ganze Volk gerechnet wiederum eine Minderheit, aber eine, deren Anteil mit zunehmender Kartellnähe zunimmt. In den Zentren der gesellschaftlichen Ideologieproduktion und politischen Macht ist sie sogar tonangebend. In dieser Fraktion erweist sich eine über lange Zeit gewachsene und in zwei Diktaturen gefestigte totalitäre Disposition als lediglich verdrängt und eben nicht als überwunden – entgegen dem gerade in diesen Kreisen verbreiteten schmeichelhaften Selbstbild als liberal, tolerant und friedfertig. Verhaltensmuster, die insbesondere für die Mentalität der Deutschen im Dritten Reich als charakteristisch und besonders verwerflich galten, kommen dabei auf bestürzende Weise wieder zum Vorschein.
Da alle Korrekturmechanismen systematisch sabotiert wurden, befindet sich unser Land in einem dauerhaften und sich beschleunigenden Sinkflug, der bei gleichbleibenden politischen Zuständen unabwendbar in einem katastrophalen Aufprall enden wird.
Dies war das Ergebnis der Analyse, die ich 2021 in meinem Buch „Systemfrage"¹ vorgelegt habe. Dass schon nach so kurzer Zeit mit dem Ukrainekrieg die nächste Großkrise eine Fortschreibung meiner Untersuchung erfordert und ermöglicht, bestätigt die Richtigkeit dieser Diagnose.
Bevor wir uns allerdings daran machen können, aus dem Umgang mit der Ukrainekrise Rückschlüsse auf den Charakter der deutschen (und gesamtwestlichen) Politik und Öffentlichkeit zu ziehen, gilt es diese Krise selbst zu analysieren. Dabei möchte ich von vornherein einem denkbaren Missverständnis vorbeugen: Ich verfolge nicht das Ziel, meinen Leser zur Parteinahme für die eine oder andere Seite zu bewegen. Zwar hat George Orwell einmal sinngemäß geschrieben, Kriegspropaganda sei so dumm, dass man als denkender Mensch gar nicht umhinkönne, mit dem Feind zu sympathisieren, und wahrscheinlich unterliege auch ich dieser paradoxen Wirkung. Die Maßlosigkeit, die verlogene Selbstgerechtigkeit und der blindwütige Hass gegen Russland, die sich in der westlichen Propaganda austoben, schreien nach Hinterfragung – und dies nicht erst wegen ihrer Gefährlichkeit, sondern bereits wegen ihrer Dummheit.
Dennoch ist mein Thema nicht der Krieg an sich, sondern die westliche, speziell die deutsche Politik und Gesellschaft, ihre ideologischen und psychologischen Dispositionen und die in ihnen wirkenden Machtstrukturen, die im Spiegel dieses Krieges mit karikaturhafter Deutlichkeit hervortreten.
Der Ukrainekrieg hat die selbstzerstörerische Dynamik der deutschen Politik weder gebremst, noch haben deren zentrale Akteure ihn zum Anlass genommen, die eigenen ideologischen Annahmen kritisch zu hinterfragen. Eine gewisse Selbstkritik fand zwar statt, galt aber just den wenigen Positionen, in denen die politische Klasse bis dahin noch Reste an gesundem Menschenverstand gezeigt hatte (und die gerade deswegen in der ideologisch durchgestylten, autistisch geschlossenen Weltsicht deutscher Politiker und Journalisten immer stärker, wie Fremdkörper gewirkt hatten). Diese Reste werden nun ebenfalls entsorgt.
Ich werde zeigen, dass die deutsche Politik in ihrer Reaktion auf den Ukrainekrieg just die bekannten Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster zeigt, die systematisch Fehlentscheidungen erzeugen. Durch solche Fehlentscheidungen hat sie schon in den vergangenen beiden Jahrzehnten, insbesondere aber seit 2010, das gesamte gesellschaftliche System in existenzbedrohender Weise destabilisiert und an den Rand seiner Leistungsfähigkeit getrieben. Der Ukrainekrieg gibt ihr nun Anlass, das für sie charakteristische „Krisenmanagement nach dem Motto „More of the same
zu praktizieren, das System also noch weiter zu belasten und die verschiedenen Krisen zu einer Großkrise verschmelzen zu lassen, an deren Ende durchaus der oben genannte Aufprall stehen kann.
Wenn ich im ersten Abschnitt dieses Buches den Krieg selbst einer Analyse unterziehe, so ist dies ein notwendiger Zwischenschritt. Es geht mir darum, zu zeigen, dass die Zustimmung zur Krisendefinition des Kartells sich keineswegs von selbst versteht, sondern Folge einer Entscheidung ist. Erklärungsbedürftig ist daher, warum diese Entscheidung vom politischen Establishment, aber auch vom breiten Publikum im Westen so undifferenziert getroffen wurde, wie es in den ersten Monaten des Ukrainekrieges geschehen ist.
Für die Gültigkeit dieser Diagnose kommt es übrigens nicht darauf an, wie dieser Krieg weiter