Die Frau aus der Vergangenheit: Die neue Praxis Dr. Norden 48 – Arztserie
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Die Sitzplätze im Bürgerhaus waren alle besetzt, als die Vorstellung am Samstag um 18 Uhr begann. Der Saal mit der großen Bühne hatte roséfarben gestrichene Wände, große weiße Bodenfliesen, der schwere Vorhang vor der Bühne war dunkelblau, die 500 Stühle, die dort für die Vorstellung aufgestellt waren, hatten alle hellblaue Polster. Als der Vorhang sich öffnete, blickte das Publikum auf die erste Kulisse des Dreiakters. Ein Garten, dargestellt durch bemalte Holzrequisiten in Form von Bäumen und Pflanzen, und eine Hollywoodschaukel, auf der ein Mädchen und ein Junge im Teenageralter saßen. Ein schwarzer kreisförmiger Stoff, der an zwei Stangen befestigt war, symbolisierte die Verbindung zu dem Paralleluniversum, aus dem die beiden Kinder kamen, die in diesem Theaterstück, das Ophelias Klasse aufführte, ihre Universums-Zwillinge trafen. Die Vorstellung begann mit einem Applaus des Publikums, das sich auf die Geschichte freute, in der es darum ging, dass Liebe und Freundschaft die Werte sind, die ein glückliches Leben garantierten. Alle Zuschauer hatten den Blick auf die Bühne gerichtet, Korbinian Merzinger aber, der mit seiner Frau Valentina gekommen war, schien abgelenkt. Sein Interesse galt der jungen Frau in dem gelben Kleid mit den feinen Vergissmeinnichtmustern, die mit einem kleinen Jungen, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, in der Reihe vor ihm saß. Korbinian schätzte die Frau, die er zuvor noch nie gesehen hatte, auf Mitte dreißig. Sie hatte kinnlanges braunes Haar und helle blaue Augen, wie er sehen konnte, als sie sich kurz umdrehte, weil sie vielleicht seinen starren Blick spürte. Obwohl er sich daraufhin schnell von ihr abwandte, musste er nach einer Weile wieder zu ihr hinsehen. Die Ähnlichkeit mit Birgit war einfach unglaublich. Er hatte Birgit, eine junge Buchhalterin, während einer Betriebsfeier des Bauunternehmens, für das er vor 35 Jahren als Elektriker arbeitete, kennengelernt. Er hatte noch immer ein schlechtes Gewissen, wenn er daran dachte, was damals passierte. Birgit und er fühlten sich so stark zueinander hingezogen, dass sie die Nacht miteinander verbrachten. Es war das einzige Mal, dass er sich auf diese Weise gehen ließ, nachdem er und Valentina ein Paar geworden waren. Im Nachhinein betrachtet hatte wohl auch der Alkohol, der auf dieser Betriebsfeier reichlich floss, dazu beigetragen, dass er sich vergaß. Das hatte er schließlich als Entschuldigung gelten lassen, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Valentina hatte er nie etwas von dieser Nacht erzählt. Birgit war auch sofort wieder aus seinem Leben verschwunden.
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Rezensionen für Die Frau aus der Vergangenheit
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Buchvorschau
Die Frau aus der Vergangenheit - Carmen von Lindenau
Die neue Praxis Dr. Norden
– 48 –
Die Frau aus der Vergangenheit
Unveröffentlichter Roman
Carmen von Lindenau
Die Sitzplätze im Bürgerhaus waren alle besetzt, als die Vorstellung am Samstag um 18 Uhr begann. Der Saal mit der großen Bühne hatte roséfarben gestrichene Wände, große weiße Bodenfliesen, der schwere Vorhang vor der Bühne war dunkelblau, die 500 Stühle, die dort für die Vorstellung aufgestellt waren, hatten alle hellblaue Polster.
Als der Vorhang sich öffnete, blickte das Publikum auf die erste Kulisse des Dreiakters. Ein Garten, dargestellt durch bemalte Holzrequisiten in Form von Bäumen und Pflanzen, und eine Hollywoodschaukel, auf der ein Mädchen und ein Junge im Teenageralter saßen. Ein schwarzer kreisförmiger Stoff, der an zwei Stangen befestigt war, symbolisierte die Verbindung zu dem Paralleluniversum, aus dem die beiden Kinder kamen, die in diesem Theaterstück, das Ophelias Klasse aufführte, ihre Universums-Zwillinge trafen.
Die Vorstellung begann mit einem Applaus des Publikums, das sich auf die Geschichte freute, in der es darum ging, dass Liebe und Freundschaft die Werte sind, die ein glückliches Leben garantierten. Alle Zuschauer hatten den Blick auf die Bühne gerichtet, Korbinian Merzinger aber, der mit seiner Frau Valentina gekommen war, schien abgelenkt. Sein Interesse galt der jungen Frau in dem gelben Kleid mit den feinen Vergissmeinnichtmustern, die mit einem kleinen Jungen, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, in der Reihe vor ihm saß.
Korbinian schätzte die Frau, die er zuvor noch nie gesehen hatte, auf Mitte dreißig. Sie hatte kinnlanges braunes Haar und helle blaue Augen, wie er sehen konnte, als sie sich kurz umdrehte, weil sie vielleicht seinen starren Blick spürte. Obwohl er sich daraufhin schnell von ihr abwandte, musste er nach einer Weile wieder zu ihr hinsehen. Die Ähnlichkeit mit Birgit war einfach unglaublich.
Er hatte Birgit, eine junge Buchhalterin, während einer Betriebsfeier des Bauunternehmens, für das er vor 35 Jahren als Elektriker arbeitete, kennengelernt. Er hatte noch immer ein schlechtes Gewissen, wenn er daran dachte, was damals passierte. Birgit und er fühlten sich so stark zueinander hingezogen, dass sie die Nacht miteinander verbrachten. Es war das einzige Mal, dass er sich auf diese Weise gehen ließ, nachdem er und Valentina ein Paar geworden waren. Im Nachhinein betrachtet hatte wohl auch der Alkohol, der auf dieser Betriebsfeier reichlich floss, dazu beigetragen, dass er sich vergaß. Das hatte er schließlich als Entschuldigung gelten lassen, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Valentina hatte er nie etwas von dieser Nacht erzählt.
Birgit war auch sofort wieder aus seinem Leben verschwunden. Sie war kurz nach dieser Betriebsfeier in die Filiale des Unternehmens nach Marseille gewechselt. Diese fremde junge Frau aber sah Birgit so ähnlich, dass die Erinnerung an diese eine Nacht plötzlich wieder ganz präsent für ihn war. Vielleicht kommt sie auch aus einem anderen Universum, einem Universum, in dem die Zeit langsamer vergeht, deshalb sieht diese Birgit noch genauso aus wie vor 35 Jahren, dachte er. »Hör auf zu fantasieren, Korbinian«, murmelte er.
»Was hast du gesagt?«, fragte Valentina leise.
»So viel Fantasie«, antwortete er lächelnd und schaute wieder auf die Bühne. Er nahm sich fest vor, der Vorführung nun seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. Niemand sollte denken, dass ihn das Stück mit Ophelia als Regisseurin nicht interessierte, weil es auch nicht stimmte. Valentina hatte ihm bereits einiges über das Theaterstück erzählt, und er war davon überzeugt, dass Ophelia das Beste aus dieser Geschichte gemacht hatte.
Hinschauen darfst schon, dachte Valentina und lächelte in sich hinein. Auch wenn sie vorgab, nichts bemerkt zu haben, ihr war nicht entgangen, dass die junge Frau mit dem kinnlangen braunen Haar ihrem Korbinian offensichtlich gefiel.
Der Applaus nach der Vorstellung gab Korbinian recht. Das Theaterstück unter Ophelias Regie hatte auch diesem Publikum wirklich gut gefallen. Die jungen Schauspieler, die Kulissenbauer und ihre Regisseurin, die in ihrem schwarzen eleganten Kleid und dem hochgesteckten hellroten Haar schon richtig erwachsen aussah, mussten sich dreimal auf der Bühne zeigen, bevor das Publikum sie schließlich in ihre Garderoben entließ.
»Nicht alle in unserer Familie müssen Medizin oder Psychologie studieren, richtig?«, wandte sich Olivia Daniel zu, nachdem sich der Vorhang geschlossen hatte.
»Ich stimme dir zu, mein Schatz, falls Ophelia ihre Liebe für die Kunst weiterverfolgen möchte, dann werden wir sie unterstützen.«
»Geschichten haben einen direkten Zugang zu unserer Gefühlswelt, sie können sogar dazu beitragen, dass wir schneller gesund oder gar nicht erst krank werden.«
»Die Fähigkeit, uns künstlerisch auszudrücken, macht einen Teil unseres Menschseins aus. Jeder Mensch kann singen, malen oder Geschichten erzählen, auch wenn nicht jeder ein Meister darin ist, was bedauerlicherweise auch auf mich zutrifft«, fügte Daniel lächelnd hinzu.
»Du unterschätzt dich, Oda und Vincent sind begeistert, wenn du mit ihnen Kinderlieder singst«, antwortete Olivia mit einem zärtlichen Blick und küsste ihn auf die Wange.
»Du meinst, es könnte für einen Gesangswettbewerb reichen?«
»Mit ein bisschen mehr Übung.«
»Wird es auch nicht reichen, ich bleibe wohl lieber bei der Medizin«, antwortete Daniel lachend.
Da sich die meisten Zuschauer kannten, standen sie nach der Vorstellung noch in kleinen Gruppen in der Eingangshalle des Bürgerhauses zusammen. Valentina und Korbinian sprachen noch ein paar Worte mit Daniel und Olivia, die das Stück zum zweiten Mal gesehen hatten. Beim ersten Mal in der Schule waren auch Daniels Eltern dabei gewesen, und Hannes und Ottilie passten auf die Zwillinge auf. Dieses Mal waren Ottilie und Hannes mitgekommen, und die Zwillinge waren bei Daniels Eltern, wo sie auch übernachten würden.
Während Valentina mit den anderen über das Theaterstück sprach, sah sich Korbinian um, ob die fremde junge Frau noch da war, vielleicht mit anderen Leuten aus der Nachbarschaft zusammenstand, möglicherweise sogar mit jemandem, den er kannte. Dann entdeckte er sie. Sie stand nicht weit von ihm entfernt mit ein paar Leuten, die sich angeregt unterhielten. Als er genauer hinhörte, bekam er mit, dass sie über Französischkurse in der örtlichen Volkshochschule sprachen, Kurse, die die fremde junge Frau offensichtlich leitete, die die anderen Leute Monique nannten.
»Alles in Ordnung, Herr Merzinger?«, fragte Daniel, der Korbinians Abwesenheit bemerkte. Offensichtlich galt seine Aufmerksamkeit einer jungen Frau, die nur ein paar Meter von ihnen entfernt stand.
»Aber ja, alles gut, ich bin nur ein bissel müde, ich hab gestern einem Freund beim Ausbau seines Kellers geholfen, da ist es recht spät geworden«, entgegnete Korbinian.
»So ist er halt, mein Korbinian, immer hilfsbereit. Und seitdem er in Rente ist, hat er noch viel mehr Zeit für seine Hilfsbereitschaft«, sagte Valentina und betrachtete den großen starken Mann in dem hellen Trachtenanzug, der neben ihr stand, mit einem liebevollen Blick.
»Mein Schatz, es macht mir Spaß, ein bissel herumzuwerkeln«, antwortete Korbinian.
»Das weiß ich doch«, sagte Valentina. Und schon wieder hat er sie angeschaut, dachte sie, weil ihr auch dieses Mal nicht entgangen war, dass die junge Frau mit dem braunen Haar erneut Korbinians Aufmerksamkeit erregte.
Ein paar Minuten später waren nur noch die Angehörigen der Theatergruppe in der Eingangshalle des Bürgerhauses und warteten darauf, ihre Kinder in Empfang zu nehmen. Auch Valentina und Korbinian hatten sich verabschiedet und machten sich zu Fuß auf den Heimweg.
»Geh, Herzl, heut bist aber schon recht schweigsam«, stellte Valentina fest und sah ihren Mann skeptisch an. Ein bisschen hoffte sie darauf, dass er ihr von der jungen Frau erzählte, die ihm im Theater aufgefallen war.
»Wie gesagt,