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Geister Fantasy Dreierband 1009
Geister Fantasy Dreierband 1009
Geister Fantasy Dreierband 1009
eBook470 Seiten6 Stunden

Geister Fantasy Dreierband 1009

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Über dieses E-Book

Dieses Buch enthält folgende Krimis:
(399)


W.A.Castell: Der Geister-Pate

W.A.Castell: Manche Geister werden pampig

Alfred Bekker: Ich darf mich nicht verwandeln


Darry Pendor hat ein Problem: Er muss dem Drang widerstehen, sich in einen Werwolf zu verwandeln. Er ist ein Gestaltwandler und diese Eigenschaft macht sein Leben kompliziert - egal, ob er eine Frau kennenlernt oder in seinem Job bestehen muss. Er ist ein Mensch, der sich in ein Monster verwandelt - aber in seinem Job als Ermittler jagt er Monster in Menschengestalt und es stellt sich die Frage, wer das größere Monster ist: Ein Werwolf oder ein Serienkiller. Auch der Fall, an dem er gerade arbeitet hat etwas mit einer Verwandlung zu tun - allerdings auf eine ganz andere Art...

Und dann sind da noch die selbsternannten Dämonenjäger, die ihm das Leben zur Hölle machen!

Darry Pendor schwebt in der dauernden Gefahr, dass das Tier in ihm die Oberhand gewinnt…

Und so gilt für ihn der Satz: Ich darf mich nicht verwandeln!
SpracheDeutsch
HerausgeberCassiopeiaPress
Erscheinungsdatum23. Sept. 2023
ISBN9783753210728
Geister Fantasy Dreierband 1009
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    Geister Fantasy Dreierband 1009 - Alfred Bekker

    W. A. Castell, Alfred Bekker

    Geister Fantasy Dreierband 1009

    UUID: f3ddaf66-6045-4ea0-b13e-ce9a57f18d91

    Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

    Inhaltsverzeichnis

    Geister Fantasy Dreierband 1009

    Copyright

    Der Geister-Pate

    Manche Geister werden pampig

    Ich darf mich nicht verwandeln

    Geister Fantasy Dreierband 1009

    W. A. Castell, Alfred Bekker

    Dieses Buch enthält folgende Krimis:

    W.A.Castell: Der Geister-Pate

    W.A.Castell: Manche Geister werden pampig

    Alfred Bekker: Ich darf mich nicht verwandeln

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, ALFREDBOOKS und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author /

    Verwendung der Romane von W.A.Castell mit freundlicher Genehmigung von Wilfried A. Hary, Hary-Production.

    © dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Der Geister-Pate

    W. A. Castell

    *

    Heinz Schiffler ordnete seine Unterlagen. Ein Anflug von Resignation lag auf dem Gesicht des neununddreißigjährigen Mannes. Er konnte seine geschäftliche Bilanz drehen und wenden wie er wollte, immer blieb ein finanzielles Loch, welches von Monat zu Monat größer wurde. Ursache war die allgemeine wirtschaftliche Flaute.

    Seit einem halben Jahr gingen die Aufträge für die eigene Autoreparaturwerkstatt kontinuierlich zurück und auch der Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen schleppte sich nur mühsam dahin.

    Heinz Schiffler schob den Papierberg zur Seite. Da war doch alles Rechnen und Überlegen vergebliche Mühe. Wenn nicht bald ein Wunder geschah...

    Schifflers Blick fiel auf die Tagespost, die sich auf seinem Schreibtisch stapelte.

    Missmutig ging der Mann die einzelnen Stücke durch, die meist doch nur aus Reklame und sonstigen Geschäftsempfehlungen bestanden.

    Erst das letzte Kuvert des Stapels erweckte Heinz Schifflers Aufmerksamkeit. Es war ein Luftpostbrief aus London.

    Mit wenigen Handgriffen war das Schreiben geöffnet. Heinz Schiffler las mit wachsendem Erstaunen:

    "Verehrter Freund,

    entschuldige bitte, dass ich erst jetzt von mir hören lasse, aber meine Geschäfte ließen mir einfach keine Zeit, um an etwas anderes zu denken. Na, Du weißt schon... Umso mehr habe ich heute Grund, mich an Dich zu wenden. Du erinnerst Dich sicherlich an den Brief, den Du mir vor einigen Monaten geschrieben hast. Darin erwähntest Du unter anderem, dass es Dir im Moment finanziell schlecht gehe.

    Auf diesen Punkt möchte ich Dich nun ansprechen. Ich habe für Dich ein lukratives Angebot. Am 30. dieses Monats findet im Crystal Palace die Box-Europameisterschaft im Mittelgewicht statt. Ich kann Dich für fünftausend EURO in einem Vorkampf unterbringen. Reisekosten und Spesen werden zusätzlich vergütet."

    Heinz Schiffler ließ das Papier sinken. Die Buchstaben tanzten vor seinen Augen. Der Mann benötigte Minuten, um das Gelesene in seiner ganzen Tragweite zu begreifen.

    War das möglich, was hier schwarz auf weiß geschrieben stand? Oder erlaubte sich vielleicht jemand einen bösen Scherz mit ihm? Heinz Schiffler warf einen Blick auf den Absender des Briefes. Es war die Anschrift seines alten Freundes Klaus Böhme, seines Zeichens Boxpromotor und schon seit Jahren in London ansässig.

    Schiffler las den Brief weiter:

    "Wenn Du Dich in Form fühlst - wovon ich überzeugt bin -, rufe mich bitte innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden an.

    Mit Gruß Klaus Böhme"

    Es folgte ein Nachsatz: Deinen Sohn konnte ich noch nicht ausfindig machen - leider.

    Heinz Schiffler überflog diese Zeilen mehrmals. Der Sinn des Briefinhalts blieb bestehen.

    Schifflers Gedanken gingen zurück zu dem Tag, an dem Toni - sein Sohn - das Haus für immer verlassen hatte. So jedenfalls hatten Tonis Abschiedsworte gelautet. Nach eigenen Angaben hatte er nicht mehr länger mit ansehen können, wie sein Vater sich für Geld in den Ringstaub legte. Toni war nämlich fest davon überzeugt gewesen, dass Heinz Schiffler als Boxer »käuflich« war.

    Heinz Schiffler hatte seinen Sohn nicht aufhalten können noch wollen. Toni war achtzehn Jahre alt und somit imstande, auf eigenen Beinen zu stehen.

    »Gibt es eine Nachricht von Toni?«

    Inge Friedmann, Heinz Schifflers Haushälterin, hatte die Frage gestellt. Der Mann war so in Gedanken vertieft, dass er die Frau nicht hatte hereinkommen hören.

    »Nicht direkt«, antwortete er wahrheitsgetreu. »Klaus Böhme hat sich in London nach Toni umgeschaut. Ergebnislos, bis jetzt jedenfalls.«

    »Es musste mit dem Jungen ja so kommen«, resümierte die Haushälterin. »Ein Kind, das ohne Mutter aufwächst, findet im Leben keinen Halt. Sein Vater war sich eben zu schade, in jungen Jahren zu heiraten. Ich...«

    »Seien Sie ruhig!« fuhr Heinz Schiffler der Frau dazwischen. »Sie wissen, dass das damals die Entscheidung meiner Eltern war. Die haben mit allen Mitteln die Hochzeit verhindert. Jedenfalls fliege ich in einer Woche nach London. Ich möchte nach drei Jahren meinen Sohn endlich wiedersehen.«

    »Sie - Sie...«

    Inge Friedmann verschlug es die Sprache. Doch überraschend schnell fasste sich die Frau wieder.

    »Das ist ja pure Geldverschwendung«, sprudelte sie hervor. »Wenn Böhme den Jungen nicht aufgetrieben hat, werden Sie ihn erst recht nicht finden. Und denken Sie an unsere Kasse! Sie ist leer und...«

    »Gerade deshalb«, konstatierte Heinz Schiffler.

    Ohne die Neugierde seiner mit offenem Mund dastehenden Haushälterin zu befriedigen, verließ er sein Büro.

    *

    Jim Bridges zog die Stehlampe so nahe zu sich heran, dass er im Liegesessel bequem sein Buch weiterlesen konnte.

    Die Lektüre, in die er seit Stunden vertieft war, war eine Abhandlung über die Energieversorgung der Britischen Insel. In der augenblicklichen Situation war sie somit für ihn, Jim Bridges, der geeignete Lesestoff.

    Vom Nebenraum drang das dumpfe Schlagen der Wanduhr herüber. Jim Bridges zählte mit. Es war eine Stunde vor Mitternacht. Ihm blieb noch eine Weile Zeit, um das Buch zu Ende zu bringen.

    Etwas klatschte gegen das Fenster.

    Jim Bridges blickte hoch und zog unwillkürlich die Schultern ein. Draußen tobte ein Unwetter über London. Der Sturm trieb unentwegt Regen gegen die Westfront des Hauses. Bridges focht das nicht an; er las weiter. Unwillkürlich musste er lächeln. Die Daten und Fakten, die im Buch standen, zeigten den neuesten Stand der Wissenschaft an. Danach war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Energienachfrage in England das Angebot bei weitem übersteigen würde. Wenn der Autor wüsste, welches geheime Projekt vor Monaten in Angriff genommen worden war - er würde sich mehr als wundern. Der Sturm draußen schien sich zu steigern. Jedenfalls rüttelte er jetzt dermaßen an den Fensterscheiben, dass Jim Bridges beschloss, in den anderen Räumen der Wohnung nachzusehen, ob alles dicht verschlossen war.

    Bridges legte das Buch auf eine Ablage. Gerade wollte er das Schlafzimmer betreten, in das sich seine Frau schon vor zwei Stunden zurückgezogen hatte, als die Flurglocke läutete. Jim Bridges schreckte zusammen. Er konnte sich nicht vorstellen, wer um diese Zeit und bei diesem Wetter ihm einen Besuch abstatten wollte. Dazu kam, dass nur ein kleiner Kreis wusste, wo er und seine Frau seit drei Monaten wohnten. Die Regierung hatte aus Sicherheitsgründen auf einem Wohnungswechsel bestanden - und nicht nur darauf.

    Jim Bridges betrat den Flur. Vorsichtig lugte er durch den Türspäher. Draußen stand ein Mann, der mit einem Regenmantel bekleidet war. Er war gerade dabei, die Kapuze vom Kopf zu ziehen und das Wasser abtropfen zu lassen.

    Jim Bridges legte die Sperrkette zurück und öffnete die Tür.

    »Mensch, Katzmann, was führt Sie so spät zu mir? Treten Sie ein, oder wollen Sie sich da draußen den Tod holen?«

    Der mit Katzmann Angesprochene zuckte bei dem Wort Tod unmerklich zusammen, hatte sich aber schnell wieder in der Gewalt.

    »Dieses Wetter geht einem durch Mark und Bein«, stöhnte er und schlüpfte aus dem Regenmantel. Er reichte ihn Jim Bridges.

    Wenig später saßen sich die Männer im Wohnzimmer gegenüber. Jim Bridges hatte seinem Besucher einen heißen Tee aufbrühen wollen, doch Katzmann hatte dankend abgelehnt.

    »Jetzt raus mit der Sprache!« forderte Jim Bridges ihn ungeduldig auf. »Was ist so wichtig, dass man dafür eine Erkältung in Kauf nimmt?«

    Bridges musterte sein Gegenüber. Paul Katzmann und er waren seit Monaten gemeinsam mit fünf anderen Wissenschaftlern an einem Projekt der Regierung beteiligt. Die Sache war so geheim, dass nur der zuständige Minister und einige Herren von Scotland Yard das Forschungsziel der sieben Wissenschaftler kannten.

    »Es handelt sich um ein Telefonat«, gab Paul Katzmann zur Erklärung. »Ein Fremder rief mich vor einer halben Stunde an. Er nannte keinen Namen, sagte nur, dass ich mich genau um Mitternacht bereithalten solle. Er werde mir dann telefonisch eine für mich und Scotland Yard interessante Tatsache mitteilen. Ich wollte natürlich sofort nachhaken, doch da war die Verbindung bereits unterbrochen.«

    Jim Bridges lehnte sich im Sessel zurück. Er überdachte das Gehörte noch einmal. Irgend etwas daran gefiel ihm nicht.

    »Ich schlage also vor«, fuhr Katzmann fort, »du kommst mit mir und wir hören uns beide an, was der Anrufer zu sagen hat. Ich bin nämlich überzeugt, dass...«

    Jim Bridges schüttelte den Kopf. Er stemmte sich im Sessel hoch und durchmaß den Raum mit eiligen Schritten. Eine innere Unruhe hatte ihn ergriffen. Dabei war er sich durchaus darüber im klaren, dass dafür überhaupt kein Grund vorhanden war.

    Er stoppte seinen Schritt vor Paul Katzmann. »Haben Sie nach oben Bescheid gegeben? Es ist doch wichtig, dass die...«

    Katzmann winkte ab.

    »Nicht nötig. Zuerst möchte ich wissen, was der Mann von mir will. Möglicherweise ist das Ganze ein dummer Scherz und ich verursache schon vorher einen Sturm im Wasserglas.«

    Jim Bridges runzelte die Stirn. Paul Katzmann hatte recht. Es wäre nicht klug, die Sache aufzubauschen. Er, Jim Bridges, war gewiss nur ein Schwarzseher.

    »Gut«, Bridges nickte, »ich komme mit Ihnen. Warten Sie einen Moment, ich hole meinen Mantel.«

    Paul Katzmann war zufrieden. Der Kollege hatte keinen Verdacht geschöpft. Auch war ihm entgangen, dass er, Paul Katzmann, ihn mit DU angesprochen hatte. Ein fast unverzeihlicher Fehler, denn den sieben Wissenschaftlern war von oben aufgetragen worden, untereinander keinen privaten Kontakt zu pflegen.

    Zehn Minuten später verließen Jim Bridges und Paul Katzmann das Haus.

    Das Wetter hatte sich nicht gebessert. Tiefe Wolken hingen immer noch über dem nächtlichen Himmel. Unablässig peitschte eine steife Westbrise Regen über London.

    Jim Bridges schlug den Kragen hoch und folgte Paul Katzmann. Dieser lenkte seine Schritte auf einen Wagen zu, der am Straßenrand parkte.

    In diesem Augenblick öffnete der Himmel endgültig alle Schleusen.

    Trotz der schützenden Regenmäntel und der nur kurzen Wegstrecke, erreichten die beiden Männer völlig durchnässt das parkende Fahrzeug.

    Laut vor sich hin schimpfend zwängte Jim Bridges sich in den Beifahrersitz. Er warf einen Seitenblick auf Paul Katzmann. Und diesmal war es Jim, als säße ein ganz anderer Mann neben ihm.

    Das war nicht das offene ehrliche Gesicht Paul Katzmanns. Nicht die ausgeglichenen Züge, die auch in schwierigen Situationen nie ihre angenehme Ausstrahlung verloren. Die Person neben ihm im Wagen verbreitete eine eisige Kälte um sich. Seine Erscheinung schien von einem unsichtbaren Schirm umgeben.

    Jim Bridges versuchte krampfhaft, die jetzige Situation zu erfassen, sie zu beherrschen. Es gelang ihm nur unvollständig.

    Paul Katzmann startete den Motor. Die Scheinwerfer blendeten auf. Ihr Lichtkegel riss den niederprasselnden Regen aus der Dunkelheit. Die einzelnen Tropfen reihten sich zu strichförmigen Wasserstrahlen aneinander.

    Von vorn tauchten die Lichter eines entgegenkommenden Wagens auf. Mit quietschenden Bremsen hielt er auf der anderen Seite der Straße. Der Wagenschlag wurde aufgerissen. Ein Mann stieg aus. Mit erhobener Faust taumelte er über die Straße, pflanzte sich direkt vor Paul Katzmanns Rover auf.

    Katzmann stieß einen ellenlangen Fluch aus. Wütend kurbelte er das Fenster herunter. Der Regen trieb pfeifend Nässe in das Innere des Wagens.

    Paul Katzmann steckte den Kopf aus dem Fenster. »Wenn Sie nicht sofort verschwinden, mache ich Ihnen Beine!«

    Der scheinbar Betrunkene schien darauf nur gewartet zu haben. Schneller, als man es annehmen konnte, rannte er um das Fahrzeug und schrie Paul Katzmann entgegen:

    »Sie - Sie sind ein Dummkopf! Ein - ein rücksichtsloser Dummkopf! Wenn - wenn Sie noch einmal Ihr Licht aufblenden, achten Sie darauf, dass Ihnen kein Wagen entgegenkommt.«

    Paul Katzmann schien für eine Sekunde verwirrt. Dann öffnete er mit einem Ruck die Wagentür.

    Die Tür traf den Betrunkenen vor den Bauch. Torkelnd wich er zurück, stützte sich keuchend auf die Motorhaube des Rovers. Wasser rann ihm über das Gesicht, tropfte auf das Metall. Paul Katzmann setzte nach. Er packte den Fremden am Kragen und zog ihn hoch. Es war klar, dass er ihn zu Boden stoßen wollte.

    Doch der Betrunkene pendelte den Schlag aus. Er stolperte zurück und schlug der Länge nach hin. Sein Oberkörper rutschte halb unter die Vorderseite des Wagens.

    Paul Katzmann wollte der Sache ein Ende bereiten. Breitbeinig trat er vor den Rover. Ein zynisches Grinsen legte sich um Katzmanns Mund. Er bückte sich. Dabei kam sein Gesicht in den Lichtkegel des linken Scheinwerfers.

    Jim Bridges, der den ganzen Zwischenfall vom Wagen aus verfolgt hatte, erstarrte! Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen.

    Das Licht des Scheinwerfers drang durch Paul Katzmanns Haut! Der Kopf des Wissenschaftlers wurde durchleuchtet wie von Röntgenstrahlen!

    Jim Bridges schloss die Augen. Er konnte den grausigen Anblick nicht länger tragen.

    Als er die Augen wieder öffnete, war Paul Katzmann dabei, den Betrunkenen unter dem Wagen hervorzuzerren.

    Jims Gedanken wirbelten im Kreis. Das Gefühl der Angst kroch in ihm hoch, legte sich wie Blei auf seine Glieder.

    Du musst etwas unternehmen! hämmerte es in seinem Kopf. Der da vorn ist nicht Paul Katzmann. Er ist nicht der Mann, den du seit Monaten kennst und der Mitglied der siebenköpfigen Spezialtruppe ist.

    Jim Bridges fasste einen Entschluss. Dass er falsch war, konnte er nicht ahnen.

    Jim stieg aus dem Wagen. Er packte den knienden Katzmann am Arm und zog ihn hoch.

    »Lassen Sie mich das erledigen«, sagte er zu Katzmann. »Ich bin um einiges stärker als Sie und werde mit dem Burschen leicht fertig. Setzen Sie sich in den Wagen!«

    Paul Katzmann musterte Jim Bridges misstrauisch.

    Dann wandte er sich wortlos um und folgte der Anweisung seines Kollegen.

    Bridges atmete auf. Sein Plan schien aufzugehen. Jim bückte sich und stemmte den Betrunkenen auf die Beine. Er führte ihn am Ellenbogen über die Straße auf den dort stehenden Wagen zu.

    Nach einigen Mühen hatte er den Fremden auf den Fahrersitz verstaut. Jim Bridges brachte seinen Mund ganz dicht an das Ohr des Mannes.

    »Jetzt reißen Sie sich für einige Minuten zusammen«, flüsterte er eindringlich. »Fahren Sie zur nächsten Telefonzelle und rufen Sie Scotland Yard an. Sagen Sie, man solle sofort Paul Katzmann überprüfen.« Jim Bridges wartete die Reaktion des Betrunkenen ab. Dieser hob den Kopf, schien einige Sekunden angestrengt zu überlegen. Dann flog ein breites Lächeln über sein verdrecktes Gesicht.

    »In - in Ordnung«, lallte er. »Ich - ich danke Ihnen, dass Sie mich nicht der Polizei übergeben haben. Wenn...«

    Jim Bridges hörte sich das Gestotter nicht mehr länger an. Er knallte die Wagentür zu und gab dem Fremden ein Zeichen zum Start.

    Der Motor des Fords heulte auf. Ruckartig setzte sich das Fahrzeug in Bewegung. Sekunden später war es mit singenden Pneus in der Dunkelheit verschwunden.

    Jim Bridges starrte dem Wagen hinterher. Das Gesicht des Wissenschaftlers war kreidebleich. Er hätte sonst was dafür gegeben, wenn er sich so schnell hätte von diesem grausigen Ort entfernen können.

    Bridges wischte sich mit einer flüchtigen Handbewegung den Regen von der Stirn. Dann lenkte er seine Schritte zurück zu Paul Katzmanns Wagen.

    Ein Gefühl der inneren Leere drohte von Jim Bridges Besitz zu ergreifen. Der Mann kämpfte mit Vehemenz dagegen an. Er durfte und wollte sich Paul Katzmann gegenüber nichts anmerken lassen. Nur wenn der Kollege sich völlig in Sicherheit wähnte, konnte er, Jim Bridges, dessen weitere Schritte beobachten.

    *

    Im fünften Stock des New Scotland Yard-Gebäudes findet jedes Jahr eine Konferenz jener Männer statt, die die höchste Instanz dieser weltbekannten Polizeibehörde bilden.

    Obwohl diese Konferenz für heute nicht angesetzt war, befanden sich drei Männer in dem langgestreckten Saal dieser fünften Etage. Sie saßen an einem Tisch, der etwas abseits am Fenster stand und der eigentlich nur als Abstell für leere Getränkeflaschen und dergleichen gedacht war.

    Pete Hawkins, Regierungsbeauftragter, blies den Rauch seiner Zigarette bedächtig in die Luft. Der ganze Raum war bereits von Rauchschwaden durchzogen.

    »Ich frage Sie...«, wandte sich Pete Hawkins an den Gesprächspartner, der ihm direkt gegenüber saß und der vor sich auf dem Tisch eine aufgeschlagene Akte liegen hatte. »Warum müssen wir ausgerechnet in diesem riesigen, gottverlassenen Raum eine solch wichtige Besprechung abhalten?«

    Richard Holden, Superintendent bei Scotland Yard und zuständig für höchst brisante Fälle, lehnte sich weit im Stuhl zurück. Er war der einzige hier im Raum, der Rauchen verabscheute.

    Sein Blick schweifte durch den Saal.

    »Wir befinden uns an einem Platz«, sagte er mit Nachdruck, »der absolut garantiert, dass wir vor unliebsamen Lauschern sicher sind. Kann ich nun Inspektor Santis herein bitten?«

    Dan Burke, Wissenschaftler und Leiter des Projektes, das die Regierung vor einem Vierteljahr gestartet hatte, mischte sich ein:

    »Warum hat sich Joe Santis nicht direkt an mich gewandt? Schließlich geht es um meine Leute und ich muss...«

    Pete Hawkins winkte ab. Dabei fächelte er den Rauch direkt vor Richard Holdens Nase, der von einem Hustenreiz befallen wurde.

    »Sie irren, Sie irren«, tönte Hawkins. »Sie sind zwar Team-Chef, aber nur zuständig, was das Fortschreiten der Forschungsarbeit anbetrifft. Es war von Anfang an klar gestellt, dass jede Ungereimtheit - und scheine sie noch so unbedeutend - nach oben zu melden sei.«

    »Hören wir uns an, was Inspektor Santis zu berichten hat«, entschied Richard Holden.

    Er betätigte einen Knopf, der am äußersten Rand des Tisches angebracht war.

    Wenig später stand jener Mann vor ihnen, der am Abend zuvor einen Betrunkenen gemimt und in diesem Zustand einen gewissen Mr. Paul Katzmann und dessen Kollegen Jim Bridges belästigt hatte. Joe Santis berichtete: »Ich hatte von Ihnen, Mr. Holden, den Auftrag, Paul Katzmann routinemäßig zu überprüfen. Als ich Katzmann am Abend nicht in seiner Wohnung vorfand, machte ich mich auf die Suche nach ihm. Ich fuhr die Adressen seiner sechs an dem Geheimprojekt beteiligten Kollegen ab.« Der Inspektor warf einen Seitenblick auf Dan Burke. Dann fuhr er fort: »Mr. Burke - den ich ebenfalls aufsuchte - war über mein Erscheinen sehr ungehalten. Er nannte es eine Unterstellung.« Für einen Moment herrschte Stille, die nur unterbrochen wurde vom wütenden Schnauben des Wissenschaftlers. Er enthielt sich aber eines Kommentars. »Kurz nach dreiundzwanzig Uhr erreichte ich Jim Bridges Wohnung«, setzte Inspektor Santis nach einer Weile seinen Bericht fort. »Er und Paul Katzmann waren gerade dabei, in Katzmanns Wagen wegzufahren. Da die beiden Wissenschaftler mich nicht kennen, beschloss ich, den Betrunkenen zu mimen, um so unbemerkt an Katzmanns Wagen einen Minisender anzubringen. Das ist mir auch gelungen. Ich folgte dem Wagen anschließend mit Hilfe der Peilsignale, die ich empfangen konnte.«

    Joe Santis zögerte.

    »Und weiter?« Richard Holden stellte ungeduldig die Frage.

    Santis trat von einem Bein auf das andere. »Das war alles«, antwortete er leise und vermied dabei, den Super anzusehen. »Ich geriet - bedingt durch das Unwetter - in einen Verkehrsstau und da...«

    Holdens Faust, die auf den Tisch donnerte, stoppte den Inspektor mitten im Wort.

    »Das darf nicht wahr sein«, dröhnte der Superintendent.

    »Da hat einer meiner Inspektoren sämtliche Vollmachten. Er könnte praktisch jeden motorisierten Beamten, der in London zur Zeit im Dienst ist, aufbringen. Aber was tut der Inspektor? Er irrt allein durch Nacht und Wind, um schließlich vor einem ganz alltäglichen Verkehrsstau kapitulieren zu müssen.«

    Die harten Worte Richard Holdens wirkten. Man hätte das Fallen einer Nadel hören können, so still war es plötzlich am Tisch. Selbst Pete Hawkins hatte erschreckt seine Zigarette ausgedrückt.

    Joe Santis lief zuerst gelb, dann rot an. Er suchte krampfhaft nach den richtigen Worten.

    Dan Burke schob die Lippen nach vorn. Er blinzelte dem Superintendenten zu.

    »Sie nehmen die Sache zu ernst, Mr. Holden«, versuchte der Wissenschaftler einzulenken. »Es ist nichts passiert, was unreparabel wäre. Am Nachmittag treffe ich Paul Katzmann und Jim Bridges im Labor. Dort werde ich bestimmt erfahren, was es mit dem nächtlichen Ausflug der beiden auf sich hatte. Ich glaube nicht, dass Grund zur Aufregung vorhanden ist.«

    Dan Burkes ruhig gesprochenen Worte glätteten etwas die Wogen. Von Hawkins und Joe Santis war Zustimmung zu vernehmen. Der Inspektor war heilfroh, von Seiten des Wissenschaftlers Aufwind zu bekommen.

    Superintendent Richard Holden runzelte die Stirn. Dann schlug er den Aktendeckel zu und stemmte sich am Tisch hoch.

    »In Ordnung, meine Herren«, knurrte er, sich der Mehrheit beugend. »Ich schaue mir Katzmann und Bridges heute Mittag persönlich an. Danach sehen wir weiter.«

    *

    Das flache unscheinbare Gebäude war leicht zu übersehen. Man erreichte es, wenn man London über die Kensington High Street in Richtung Hampton verließ. »Spezial-Labor« konnte man auf dem simplen Holz-Schild lesen, das im Vorplatz des von einem verrosteten Drahtzaun umfriedeten Gemäuers stand. Niemand hätte auch nur ahnen können, dass die ganze Aufmachung eine einzige Tarnung war. Eine Tarnung, die verdeckte, welche Bedeutung das Labor tatsächlich für informierte Kreise innerhalb der Regierung hatte. Auch war nur einer Handvoll Personen bekannt, dass sich unter dem Labor ein ausgedehnter Gebäudetrakt befand, der noch von Kriegszeiten her stammte und nur den Erfordernissen nach ausgebaut zu werden brauchte.

    Richard Holden ließ zwei Identitätskontrollen über sich ergehen, ehe er die unteren Räume des Labors betreten durfte. Erst als der Superintendent ein bestimmtes Codewort in ein Mikrofon gesprochen hatte, glitt die Tür des Fahrstuhls zur Seite. Vor Richard Holden lag ein breiter Gang, dessen Betonwände grün getüncht waren. Dan Burke trat aus einer Seitentür und begrüßte den Yard-Mann per Handschlag.

    »Sind Bridges und Katzmann anwesend?« erkundigte sich Richard Holden.

    Der Wissenschaftler nickte. Er deutete mit dem Daumen zur anderen Seite.

    »Beide haben vor einer Stunde wie üblich ihren Dienst angetreten. Wie Ihnen bekannt ist, arbeiten wir in zwei Schichten. Bridges und Katzmann werden heute bis zweiundzwanzig Uhr im Haus sein.«

    »Welche Erklärung haben die beiden Ihnen für den gestrigen Ausflug gegeben?« wollte der Superintendent wissen.

    Ein Schatten überzog Dan Burkes Gericht. Er presste die Lippen zusammen, dass sie einen schmalen Strich bildeten. Dann antwortete er gedehnt: »Fragen Sie sie selbst. Sie werden sich wundern.«

    Paul Katzmann und Jim Bridges waren mit Reagenzgläsern beschäftigt, in denen eine undefinierbare Masse brodelte. Verwundert schauten beide Wissenschaftler auf, als Dan Burke zusammen mit Richard Holden den Raum betrat.

    Jim Bridges wischte seine Hand am Laborkittel ab und streckte sie dem Superintendenten hin.

    »Welch seltene Ehre«, griente Bridges. »Der Mann, der für unser aller Sicherheit verantwortlich ist. Können wir etwas für Sie tun?«

    Richard Holden verschlug es für den ersten Augenblick die Sprache. Mit einem Seitenblick auf Dan Burke erkannte er, dass dieser weit weniger überrascht war.

    Nur zögernd ergriff Holden Jim Bridges Hand. »Hatten Sie gestern Abend größere Schwierigkeiten mit dem Sturm, der über London tobte?« fragte der Yard-Beamte unvermittelt. Nur ein guter Beobachter hätte erkennen können, dass Jim Bridges leicht zusammenzuckte. Richard Holden war ein guter Beobachter. Er ließ Bridges keine Zeit, nachzudenken.

    »Sie und Katzmann waren doch mit dem Wagen unterwegs. Darf ich fragen, wohin die Fahrt führte?«

    Jim Bridges zog eine beleidigte Miene. Dann warf er Paul Katzmann einen vielsagenden Blick zu, drehte sich abrupt um und machte sich weiter an einem Reagenzglas zu schaffen. Richard Holden und Dan Burke schienen für ihn nicht mehr anwesend zu sein.

    Dem Superintendent platzte der Kragen. Mit ein paar Schritten war er bei Bridges und packte ihn am Arm.

    »Ich habe Sie etwas gefragt! Wie Sie schon erwähnten, bin ich hier für die Sicherheit verantwortlich. Also raus mit der Sprache!«

    »Paul Katzmann und ich haben eine gemeinsame Freundin«, entgegnete Jim Bridges in heftigem Ton. »Ihr haben wir gestern Abend einen Besuch abgestattet. Die Adresse der Dame werden Sie von uns nicht erfahren. Das ist alles, was Sie von mir zu hören bekommen und bei Paul wird es Ihnen ebenso ergehen.«

    Jim Bridges hob den Kopf und blickte Richard Holden in die Augen.

    Der Superintendent prallte zurück, als hätte ihn ein Faustschlag getroffen. Auch sein Kopf fuhr instinktiv zur Seite. Dann wandte er sich an Dan Burke.

    »Ich denke, wir vergessen die Geschichte. Wir können unseren Mitarbeitern nicht verwehren, sich eine Freundin zu halten.«

    Minuten später auf dem Flur war Dan Burke ungehalten.

    »Sie waren sehr großzügig. Wenn das Benehmen der beiden Schule macht...«

    »Nicht doch«, unterbrach Richard Holden den Wissenschaftler. »Ich bin alles andere als großzügig. Haben Sie Jim Bridges' Augen gesehen? Es sind die Augen eines Fanatikers! Der Mann ist nicht klar bei Sinnen. Ich schätze, jemand interessiert sich für unsere Arbeit...«

    *

    Heinz Schiffler warf einen Blick zur Wanduhr, die in der drei mal drei Yards großen Kabine hing. Neunzehn Uhr. Noch eine Stunde bis zu seinem Kampf.

    Ab und zu konnte man das laute Schreien und Grölen der Leute vernehmen, die schon um diese Zeit draußen um den Ring Platz genommen hatten und die ersten Vorkämpfe verfolgten.

    Heinz Schiffler fühlte sich fit. Er hatte in den letzten Wochen viel und hart trainiert. Heute Abend wollte er noch einmal beweisen, dass mit ihm immer noch zu rechnen war.

    »Heinz, ich habe mit dir zu reden.« Klaus Böhme war auf ihn zugetreten und zog ihn zur Seite. Der Boxpromotor druckste etwas herum.

    »Was ist?« Schiffler kannte seinen Freund. »Hast du Sorge, ich könnte dich blamieren?«

    »Das nicht«, rückte Böhme mit der Sprache heraus. »Es geht ganz einfach um eine Tatsache. Du bist schließlich nicht mehr der Jüngste und es war äußerst schwierig für mich, dich heute Abend einzubauen... Nun ja, fünftausend EURO sind kein Pappenstiel...«

    »Stopp!« Heinz Schiffler zog Klaus Böhme zu sich heran. Er musterte den Freund misstrauisch. »Du hast doch was in petto? Kann ich erfahren...?«

    Klaus Böhme versuchte vergeblich, dem festen Blick des Boxers auszuweichen. »Du musst es erfahren«, würgte Böhme hervor. Dann sagte er schnell: »Es ist wichtig, dass du in der vierten Runde zu Boden gehst - k.o., du verstehst...«

    Heinz Schiffler war bleich geworden. Er ballte die Hand zur Faust. Für einen Moment sah es aus, als wollte er zuschlagen. Doch dann beherrschte er sich. Er ließ Klaus Böhme so plötzlich los, dass dieser zurück taumelte.

    Böhme breitete die Arme aus. »Was sollte ich tun? Ich benötigte jemanden, der im internationalen Geschäft schon einen Namen hat und auf den Verlass ist - aus meiner Sicht. Du bist in Geldschwierigkeiten... Also, was soll dein Benehmen?«

    Heinz Schiffler konnte sich nur mühsam beherrschen. Am liebsten hätte er seinem allerliebsten Freund eine tüchtige Tracht Prügel verabreicht, aber irgend etwas hielt ihn davor zurück. Schiffler brauchte nicht lange zu überlegen - es waren die fünftausend EURO, die die infame Geschichte versüßten.

    Ohne den Freund dabei anzusehen, sagte Schiffler:

    »Und wenn ich deinen >Rat< nicht befolge und den Kampf gewinne?«

    Klaus Böhme rümpfte die Nase. Im stillen triumphierte er, denn er war lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass er gewonnen hatte. Er hatte richtig auf Schifflers finanzielle Schwierigkeiten spekuliert, sonst...

    »Du kennst das ungeschriebene Gesetz unserer Branche, Klaus. Entweder man fügt sich, oder...«

    Heinz Schiffler nickte. Er wusste, wie es anderen vor ihm ergangen war. Es war nicht gerade ein angenehmer Gedanke.

    »Also gut«, stimmte er zu. »Ich verlange aber von dir, dass die Presse nicht allzu viel Wirbel um meine Niederlage macht. Ich habe zu Hause Freunde...«

    »Ist schon versprochen«, atmete Klaus Böhme auf.

    Die Anspielung, die Heinz Schiffler gemacht hatte, störte ihn weiter nicht. Der Begriff Freund war im harten Boxgeschäft ein ziemlich unstabiler Faktor.

    *

    Die Halle war gut besetzt. Im Ring standen sich zwei Vorkämpfer gegenüber. Zwei junge Burschen, die überhaupt kein Talent besaßen. Mit Klammern und Schieben quälten sie sich über die Runden. Die Halle zeigte ihren Unmut mit einem gellenden Pfeifkonzert.

    Der Gong beendete die letzte Runde. Die Leute tobten. Stimmen wurden laut: »Die beiden sollen sich als Babysitter anheuern lassen... Schickt beide ins Kloster... Eine Amme muss her, sie muss ihnen Boxunterricht erteilen!« Alles schrie wild durcheinander.

    »Ich bitte jetzt um Ihre Aufmerksamkeit für unseren ersten Hauptkampf.« Der Sprecher im Ring brachte Ruhe in die Halle. Er bat Heinz Schiffler zur Mitte. »Sie sehen hier in der roten Ecke den ehemaligen Europameister im Mittelgewicht Heinz Schiffler aus Deutschland.«

    Das Pfeifkonzert bedeutete diesmal Beifall. Der Ringsprecher wartete huldvoll ab, bis wieder Ruhe eingekehrt war. Dann stellte er den Gegner des Deutschen als einen hoffnungsvollen Nachwuchsboxer vor, der den Titel Europameister als erklärtes Ziel habe.

    Nach der üblichen Zeremonie gab der Ringrichter den Kampf frei. Der Gong tönte zum ersten Mal.

    Heinz Schiffler taxierte seinen Gegner. Ein junger Mann von einundzwanzig Jahren, der nach Angaben von Klaus Böhme fünf erfolgreich geführte Kämpfe auf seinem Pluskonto zu verzeichnen hatte.

    Und heute hast du dir den ehemaligen Europameister gekauft - und das im wahrsten Sinne des Wortes, dachte Heinz Schiffler und wich einer gestochenen Geraden seines Gegners aus.

    Die erste Runde verlief ausgeglichen. Beide Gegner tasteten sich gegenseitig ab. Schiffler ging bewusst kein Risiko ein. Seine Gedanken waren schon in der vierten Runde. Dort würde das passieren, was er in seiner Boxerkarriere hatte stets vermeiden können - bisher jedenfalls: Der Mitwisser, ja, faktisch der Urheber eines Betruges zu sein. Ein Betrug, der jene am meisten traf, die ihr Geld, unwissend des abgesprochenen Kampfausganges, chancenlos verwetteten. Heinz Schiffler hätte sich selbst, ob dieser Tatsachen, ins Gesicht spucken können. Aber fünftausend EURO...

    Der Gong zur zweiten Runde riss Heinz Schiffler aus seinen Gedanken. Erneut tat sich nichts Besonderes im Ring. Dennoch spürte Schiffler, dass er seinem jungen Gegner überlegen war. Überlegen in so vielen Belangen, dass er den Kampf hätte leicht für sich entscheiden können.

    Schiffler suchte den Blick seines Kontrahenten. Der Deutsche zuckte unwillkürlich zusammen. Da stand unmissverständlich zu lesen: Natürlich bist du der bessere Boxer - aber denke an die vierte Runde...

    Die dritte Runde schleppte sich dahin. Die ersten Pfiffe wurden laut. Man war mit dem Kampfgeschehen nicht zufrieden, hatte sich mehr versprochen.

    Heinz Schiffler mochte an nichts mehr denken. Er hatte einfach abgeschaltet und vermied so, dass sein Gewissen sich regte.

    Der Gong zur vierten Runde. Im Saal klangen die ersten abfälligen Bemerkungen auf.

    Der junge Engländer, in der Erkenntnis, den Kampf sowieso gewonnen zu haben, griff stürmisch an. Heinz Schiffler fühlte die schwere Rechte seines Gegners. Sie kam mehrmals voll durch.

    Schiffler steppte zur Seite - und lief in einen linken Aufwärtshaken. Vor Heinz Schifflers Augen tanzten Sterne. Er überlegte blitzschnell: Sollte er sich zu Boden fallen lassen? Dann war der Kampf vorbei und er hatte einen Abgang, wie sein Gegner ihn sich gewünscht hatte.

    Heinz Schiffler taumelte. Dann sank er wie in Zeitlupe zu Boden.

    Die Halle tobte. Sie hatte ihre Sensation. Der Favorit war geschlagen. Mehr konnte man für sein Eintrittsgeld nicht verlangen.

    Der Ringrichter zählte monoton. An seinen zu Fäusten geballten Händen öffnete sich ein Finger nach dem anderen.

    Heinz Schiffler hob den Kopf und blickte sich im Saal um. Die Menschen waren aufgesprungen, standen mit hochgerissenen Armen auf den Stühlen.

    Schiffler war einen Moment lang verwirrt. Wo waren seine Freunde? Wo waren die, die immer zu ihm gehalten hatten? Auch dann, wenn er mal ganz unten war. Du bist ein Narr! Niemand steht hier auf deiner Seite.

    Du befindest dich in London, nicht daheim und bist ganz allein auf dich angewiesen!

    Die Gedanken schossen blitzschnell durch Heinz Schifflers Kopf. Der Boxer wollte resigniert das Aus des Ringrichters über sich ergehen lassen, als er im Saal einen Menschen erblickte, der ganz ruhig auf seinem Stuhl saß. Ein junger Mann, dessen Gesichtsausdruck Bedauern und Schmerz ausdrückte.

    Heinz Schiffler kniff die Augen zusammen. Ein Schmerz durchraste seinen Körper. Dort in der dritten Reihe saß Toni, sein Sohn!

    »...7...8...« Der Ringrichter wollte die Arme ausbreiten, um den Kampf abzubrechen, da stand Heinz Schiffler wieder auf den Beinen. Er konnte hier nicht k.o. gehen - nicht vor seinem Sohn! Sollte Klaus Böhme und Konsorten nachher reagieren wie sie wollten. Sollten sie doch die fünftausend EURO der Heilsarmee übergeben. Ihm, Heinz Schiffler, war das im Augenblick völlig egal!

    Ohne Deckung ging Schiffler zum Angriff über. Beidhändig schlug er auf den jungen Engländer ein.

    Dieser war durch die plötzliche Gegenwehr so überrascht, dass er völlig falsch reagierte. Er wollte mitmischen, wollte dem Deutschen zeigen, dass er einen würdigen Gegner abgab, auch wenn sich Schiffler nicht an die Absprache hielt.

    Doch Heinz Schiffler spielte all das aus, was er sich in jahrelanger harter Trainingsarbeit erworben und was ihm schließlich auch die Europameisterschaft gebracht hatte.

    Der junge Gegner konnte nur eine knappe Minute lang die gezielt geführten Schläge abblocken, dann erwischte er eine gestochene Gerade, die genau auf den Punkt traf. Wie vom Blitz gefällt stürzte das Nachwuchstalent in den Ringstaub.

    Heinz Schiffler schaute in die dritte Reihe. Sein Sohn war aufgesprungen und führte einen regelrechten Freudentanz auf. Auch die übrige Halle war aus dem Häuschen. Es gehört zur Mentalität der Briten, echte Leistung anzuerkennen.

    Jene, die vor Sekunden noch von ihrem Mann begeistert waren, schrieen sich jetzt wegen Heinz Schiffler die Kehle heiser.

    »...8...9... aus!« Der Ringrichter, halb über den am Boden Liegenden gebeugt, breitete die Arme aus und erklärte somit den Kampf für beendet.

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