Über die Rettung der Seele: Ein Vermächtnis
Von Bernard C. J. Lievegoed und Frank Berger
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Über dieses E-Book
Das Buch behandelt dringende Fragen, die die inneren und spirituellen Hintergründe der Anthroposophie und die Aufgabe der anthroposophischen Bewegung in der Welt betreffen. Seine Kernbotschaft ist: Betrachte deine eigenen Nöte und Freuden nicht als ausschließlich persönlicher Natur, sondern versuche sie als Ausdruck von etwas Allgemein-Menschlichem zu sehen.
Bernard C. J. Lievegoed
Bernard C.J. Lievegoed, 1905 in Indonesien geboren, studierte Medizin und Kinderpsychiatrie. Nach der Gründung des ersten heilpädagogischen Instituts 1931 in den Niederlanden und seiner Promotion setzte er sich intensiv mit Fragen der Organisationsentwicklung in Unternehmen auseinander. 1954 wurde er Professor an der Universität Rotterdam und gründete im gleichen Jahr das in vielen Ländern tätige NPI (Institut für Organisationsentwicklung). Der Niederländische Verlegerverband verlieh ihm 1983 die Goldene Feder. Bernard Lievegoed starb am 12. Dezember 1992.
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Buchvorschau
Über die Rettung der Seele - Bernard C. J. Lievegoed
BERNARD LIEVEGOED
ÜBER DIE RETTUNG DER SEELE
Ein Vermächtnis
Aus dem Niederländischen
von Frank Berger
Verlag Freies Geistesleben
BERNARD C. J. LIEVEGOED, 1905 in Indonesien geboren, studierte Medizin und Kinderpsychiatrie. Nach der Gründung des ersten heilpädagogischen Instituts 1931 in den Niederlanden und seiner Promotion setzte er sich intensiv mit Fragen der Organisationsentwicklung in Unternehmen auseinander. 1954 wurde er Professor an der Universität Rotterdam und gründete im gleichen Jahr das in vielen Ländern tätige NPI (Institut für Organisationsentwicklung). Bernard Lievegoed starb am 12. Dezember 1992.
Inhalt
Vorwort
Jelle van der Meulen
Der erste Tag
Über die Notwendigkeit dieses Buches
Der zweite Tag
Die drei Geistesströmungen
Der dritte Tag
Rudolf Steiner als Bringer von Erkenntnis
Der vierte Tag
Die Strömung des Christian Rosenkreutz
Der fünfte Tag
Die heutige Aufgabe der Rosenkreuzer
Der sechste Tag
Die Geistesströmung des Manu
Der siebte Tag
Die Aufgabe Manus in der Zukunft
Der achte Tag
Die Strategie der Gegenmächte
Anhang
Hinweise auf Personen
Anmerkungen zum Text
Vorwort
Als Bernard Lievegoed am 12. Dezember 1992 im Alter von siebenundachtzig Jahren verstarb, hatte er die Arbeit an diesem Buch gerade noch abrunden können. Das letzte Gespräch darüber fand zehn Tage vor seinem Tod statt. Bernard Lievegoed betrachtete dieses Buch als seinen Abschiedsgruß und nannte es mehrmals sein «geistiges Testament». Während unseres letzten Gesprächs bat er mich, ein Vorwort zu schreiben und darin die Entstehungsumstände zu schildern. Er war der Meinung, der Leser müsse sie kennen, um sich ein angemessenes Urteil bilden zu können. So komme ich gerne dieser Bitte nach.
Bernard Lievegoed hat mit dem Thema dieses Buches, wie er im ersten Kapitel berichtet, mehr als sechzig Jahre gerungen. Es hat dringende Fragen, die die inneren und spirituellen Hintergründe der Anthroposophie und die Aufgabe der anthroposophischen Bewegung in der Welt betreffen, zum Inhalt. Lange Zeit blieben diese Fragen offen. Nach einer schweren Operation bekam er aber endlich Antwort. Seine Freude darüber war groß, und er nahm daraufhin alle Kräfte zusammen, um diese Antwort schriftlich niederzulegen.
Bernard Lievegoed hatte mich um Hilfe gebeten, da er nicht mehr die physische Kraft hatte, das Buch selber zu schreiben. Mit einem Kassettenrecorder habe ich zehnmal an seinem Krankenbett gesessen und dem zugehört, was er zu sagen hatte. Ich sehe noch den Anblick vor mir: sein abgezehrtes, doch stolzes Haupt auf dem hohen Kissen, die weißen Schläfen, die ernsten Augen in den tiefliegenden Höhlen. Er sprach langsam, schwieg manchmal lange und schaute dabei in sich versunken über mich hinweg. Was er dann wohl sehen mochte? Ich glaube, das geistige Schlachtfeld, auf dem in der nächsten Zukunft der große Geisteskampf zwischen den Mächten des Materialismus und denen des esoterischen Christentums geführt werden wird. Denn davon handelt dieses Buch: von den Dingen, die da kommen werden.
Mit großer Kraft erhob er sich über den Schmerz und die physischen Beschwerden und konzentrierte sich ganz auf die Arbeit an dem Buch.
Seine Freude war groß, als ihm ein handgeschriebenes, fast unleserliches Manuskript in die Hände kam: ein eigenhändiger Lebensabriss seines Freundes Ehrenfried Pfeiffer, der 1961 in den USA verstorben war. Auf seinem Krankenbett las Lievegoed die Aufzeichnungen über den inneren Kampf, den Pfeiffer durchstehen musste, über seine Begegnungen mit Rudolf Steiner, über seine Sorgen hinsichtlich des Entwicklungsgangs der Anthroposophie. Und er fasste diese Betrachtungen Pfeiffers sogleich als Ansporn und Hilfe für das auf, was er selbst noch zu vollbringen hatte.
Bernard Lievegoed blickte während seines letzten Lebensjahres durch die Oberfläche der Dinge hindurch, unterschied das Wesentliche vom Unwesentlichen, urteilte wie ein milder Fürst über menschliche Schwächen und stieß sich nicht an den Ecken, die das Leben eben mit sich bringt. Vor allem in den letzten Wochen – so stellte es sich mir dar – hatte er sich über seine eigene Biografie erhoben. Er sprach nicht mehr über «seine» Institute, wie beispielsweise das «Zonnehuis», das «NPI» und die «Vrije Hogeschool». Auch sprach er nicht mehr über seine Bücher, seine Zeit als Vorsitzender der Anthroposophischen Gesellschaft in den Niederlanden, seine Erfolge und Misserfolge (die es auch gab). Er fasste sein Leben gleichsam noch einmal zusammen und konzentrierte dessen Inhalt in kräftigen Bildern, die er dann mit schlichten Worten aussprach.
Zum besseren Verständnis des Inhaltes dieses Buches ist es notwendig, auf den Ernst hinzuweisen, mit dem Bernard Lievegoed sprach. Eine auffallende Eigenschaft war bei ihm immer schon der Realismus, mit dem er die Vorgänge in der Welt und in der anthroposophischen Bewegung betrachtete. Es war ihm, wie vielleicht nur wenig anderen, deutlich, dass die nächsten Jahre von entscheidender Bedeutung sein werden.
Im persönlichen Umgang gab er einem immer das Gefühl, dass der eigene Lebenslauf, mit allen hartnäckigen Problemen, die dabei mitspielen, Teil eines größeren Ganzen darstellt. Ohne viele Worte zu verwenden – wir unterhielten damals noch keine freundschaftliche Beziehung –, appellierte er an unsere Fähigkeit, uns über uns selbst zu erheben. Im Grunde enthält dieses Buch dieselbe Botschaft: Betrachte deine eigenen Nöte und Freuden nicht als ausschließlich persönlicher Natur, sondern versuche, sie als Ausdruck von etwas Allgemein-Menschlichem zu sehen. Im Schnittpunkt des Persönlichen mit dem Allgemein-Menschlichen kann sich das vollziehen, worauf so viele Menschen in ihrem Lebenslauf, wenngleich unbewusst, hoffen: die Metamorphose der persönlichen Impulse in allgemein-menschliche. In dieser Hinsicht darf Über die Rettung der Seele als ein ermutigendes Buch gelten, das sich an jeden Leser persönlich wendet.
Dieses Buch handelt aber nicht nur vom persönlichen Schicksal einzelner Individuen, sondern auch von dem der anthroposophischen Bewegung als ganzer. Was das betrifft, kann von einem drohenden Drama gesprochen werden: Wenn die anthroposophische Bewegung ihr eigenes Schicksal – mit allen inneren Kämpfen, die dazu gehören – nicht in Ordnung zu bringen vermag, so wird der Anschluss an das Schicksal der Welt versäumt werden.
In der Geschichte der anthroposophischen Bewegung hat sich eine solche Situation schon früher einmal ergeben, in den Dreißigerjahren, zeitgleich mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus. Um es mit den Worten Bernard Lievegoeds (in: Durch das Nadelöhr) zu sagen: «Die Bedrohung der Dreißigerjahre war unsagbar schwer. Und die Anthroposophische Gesellschaft hatte ihr Mitspracherecht verwirkt. Wenn man seine eigenen Probleme nicht zu lösen vermag, dann hat man keinerlei Recht, der Welt Lösungen ihrer Probleme vorzuschlagen! […] Wenn man so auf die Dreißigerjahre zurückblickt, dann muss man sagen: Wie ist es möglich gewesen, dass in der anthroposophischen Bewegung damals nicht begriffen wurde, worum es eigentlich ging? Rudolf Steiner hat oft über den Anfang der Dreißigerjahre unseres Jahrhunderts gesprochen und darauf hingewiesen, dass in dieser Zeit in der geistigen Welt ein wichtiges Ereignis stattfinden würde: die Erscheinung des Christus in der ätherischen Welt. Wie oft hat er es nicht betont: Es ist von allergrößter Wichtigkeit, dass die Menschheit dieses Ereignis nicht verschläft! Und er sah es als die Aufgabe der anthroposophischen Bewegung an, bei den Menschen Wachheit dafür zu erzeugen!»
Die anthroposophische Bewegung war durch ihre internen Probleme damals nicht fähig, ihre spirituelle Aufgabe zu erfüllen, und Lievegoed rechnete mit der realen Möglichkeit, dass diese Situation in den kommenden Jahren aufs Neue eintreten könnte. «Wenn es der anthroposophischen Bewegung jetzt nicht gelingt, doch noch eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den einzelnen karmischen Gruppen zu realisieren», sagte er während eines Gesprächs im Januar 1992, «so wird sich die Geschichte in der Zukunft wiederholen. Die geistigen Mächte, die den Nationalsozialismus inspiriert haben, sind nicht tot. Sie warten auf eine neue Chance, und die wird sicher kommen. Du brauchst dich nur umzuschauen! Natürlich werden sich die Mächte des Bösen auf eine völlig neue Art manifestieren, völlig anders als in den Dreißigerjahren. Und es ist sehr die Frage, ob die anthroposophische Bewegung diesmal tatsächlich darauf vorbereitet ist!»
Bernard Lievegoed rang mit der Frage, welchen positiven Beitrag er noch liefern könnte. Im Juni 1992 rief er mich an und erklärte, dass es ihm schlecht gehe – ob ich bitte so bald wie möglich bei ihm vorbeikommen könne? Einige Tage später, am 30. Juni, suchte ich ihn auf. Jedes Detail dieses Besuchs steht deutlichst in meiner Erinnerung eingeschrieben. Ich hatte ihn seit fast einem halben Jahr nicht mehr gesehen und erschrak, als ich ihn sah. Er war sehr schwach geworden und stark abgemagert, außerdem hatte er große Probleme mit seinem Magen (er hatte inzwischen eine schwere Operation hinter sich) und wankte mehr, als dass er ging.
Er informierte mich ausführlich über seinen Gesundheitszustand und berichtete von der Operation, die er hinter sich hatte. Seine Haltung machte einen starken Eindruck auf mich: Er empfand überhaupt kein Selbstmitleid und klagte nicht. Er beschrieb seine Verfassung in nüchternem Ton, offensichtlich wollte er, dass ich mir ein klares Bild machte. Geduldig ging er auf meine Laienfragen ein und sagte schließlich, mit einem jungenhaften Lächeln: «Das Verbleiben in einem physischen Leib kann auch seine weniger angenehmen Seiten haben!» Danach machten wir uns an die Arbeit. Er teilte mir mit, dass er eine Antwort auf seine drängenden Fragen gefunden habe.
«Nach meiner Operation», sagte er, «hat sich mir ein Vorhang geöffnet. Du musst mir helfen, ein Buch zu schreiben.» Und in der nächsten Stunde skizzierte er den geplanten Inhalt dieses Buches. Es handelte sich im Wesentlichen um Folgendes: Wenn die anthroposophische Bewegung in geistiger Hinsicht zu einer Einheit kommen will, so muss daran gearbeitet werden, dass ein Verständnis für die spezifischen geistigen Aufgaben der verschiedenen Tochterbewegungen, Institutionen und Persönlichkeiten entsteht. Die internen Reibungen und so weiter würden erst dann ein Ende nehmen, wenn eine gegenseitige, ehrlich empfundene Bewunderung für die Arbeit der anderen aufkäme, wobei unterschiedliche Auffassungen keinen Anlass für Spannungen bilden, sondern vielmehr
