Das Eiland der Toten
Von Walther Kabel
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Über dieses E-Book
Um uns her war das Schweigen der Wüste …
Nur aus weiter Ferne drangen zuweilen heisere, kläffende Töne, vom sanften Nachtwind bis zu unserem Lagerplatz geleitet, wie häßliche Geisterstimmen herüber …
Von dorther, wo Harald nachmittags am Rande des ausgetrockneten Flußbettes den stämmigen Samba-Hirsch mit sicherer Büchsenkugel niedergestreckt hatte, dessen eine Keule nun kunstgerecht am Spieß über dem Feuer schmorte, häufig gedreht von Doktor Amalgis kundiger Hand …
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Gesammelte Werke (Vollständige Ausgaben: Am Ende der Welt, Harald Harst-Kriminalromane, Malmotta - das Unbekannte u.v.m.) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
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Buchvorschau
Das Eiland der Toten - Walther Kabel
Inhalt
Das Eiland der Toten
Der Thar-Trapper.
Der Cholerafriedhof.
Einer von den Eingeweihten.
Der Steinwall.
Im Afghanendorf.
Auf dem See des Schweigens
Die Kamelreiterstation.
Die unsichtbare Insel.
Flucht.
Auf der Insel.
Das große Grab.
Das Eiland der Toten
1. Kapitel.
Der Thar-Trapper
1.
Über und über flimmerte das ausgestirnte Firmament in all seiner stillen, erhabenen Pracht …
Um uns her war das Schweigen der Wüste …
Nur aus weiter Ferne drangen zuweilen heisere, kläffende Töne, vom sanften Nachtwind bis zu unserem Lagerplatz geleitet, wie häßliche Geisterstimmen herüber …
Von dorther, wo Harald nachmittags am Rande des ausgetrockneten Flußbettes den stämmigen Sambar2-Hirsch mit sicherer Büchsenkugel niedergestreckt hatte, dessen eine Keule nun kunstgerecht am Spieß über dem Feuer schmorte, häufig gedreht von Doktor Amalgis kundiger Hand …
Wir lagen auf unseren Decken um das knisternde Feuer herum … Wir waren vorgestern abend zu fünfen von der Stadt Amber am Südostrande der indischen Thar-Wüste3 hoch zu Dromedar und mit zwei Lastkamelen aufgebrochen, um in kürzester Zeit den Großen Salzsee zu erreichen, in dessen Mitte sich einige kahle, felsige, zerklüftete Inselchen erheben, von denen die eine das Geheimnis barg, dessenwegen Miß Honoria Goord zwölf Jahre im Kerker geschmachtet hatte, wie ich bereits im vorigen Bande angedeutet habe.
Außer Harald, Doktor Amalgi und mir zählten zu unseren Gefährten noch Miß Goord und Amalgis Diener Hubert Enoch, ein buckliges Männchen mit dünnem Bart- und Kopfhaar und einem verwitterten, einem verschrumpelten Bratapfel nicht unähnlichen Gesicht.
Amalgi hatte mit seiner Hirschkeule genügend zu tun. Harald rauchte bereits in tiefem Sinnen die fünfte Mirakulum, und Miß Goord, die in ihrem Herrensportanzug und mit dem sonngebräunten, früh gealterten Antlitz vollkommen einem schlanken, sehnigen Manne glich, ließ in zerstreutem Spiel den feinen, gelblichen Wüstensand immer wieder durch die Finger gleiten und beobachtete ebenso zerstreut den alten Hubert, der einen Sattelriemen flickte.
Ich selbst äugte bald hierhin, bald dorthin in die Wüste hinaus. Unser Lagerplatz befand sich inmitten einer Menge von Felsen, die sich nach Süden zu im Halbkreise öffneten und uns nicht nur den Vorteil einer Rückendeckung, sondern auch die Annehmlichkeit einer kleinen Quelle boten, deren Wasser freilich schon nach wenigen Metern im Sande versickerte. Immerhin genügte diese Bodenfeuchtigkeit, hier in diesem Halbrund von Felsen Sträucher, Büsche, und Gras in frischer Üppigkeit hervorschießen zu lassen, so daß auch unsere sieben Dromedare sich nach Herzenslust stärken konnten.
Mit einem Male brach Harald das bisherige Schweigen und wandte sich an Miß Goord …
»Da Amalgi nicht zum Reden zu bewegen ist, Miß Goord,« sagte er mit leichter Gereiztheit im Ton, »könnten Sie uns jetzt schildern, wie und was Sie auf der Insel im Salzsee vorfanden …«
Amalgi rief sofort: »Miß Goord, lassen Sie sich nicht durch Harst dazu bewegen, ihm, seinem Freunde Schraut und meinem alten Hubert die Überraschung zu vereiteln, die das Geheimnis der kleinen Insel jedem bietet … Mag Harst doch mit eigenen Augen sich überzeugen, wie schlau der Radscha Gadwuri von Jaisulmir die Goldader oder besser den Zugang zu ihr für jeden Blick verborgen hat …! Mag Harst doch der geringen Mühe sich unterziehen, die richtige Insel und den Eingang zu den Grotten selbst herauszusuchen … — Nicht wahr, bester Harst, — es hieße Sie doch geradezu einer Gelegenheit, Ihren Spürsinn aufs neue zu beweisen, leichtfertig berauben, wenn …«
Harst fiel ihm hier ins Wort …
»Das alles haben Sie schon einmal erklärt, Doktor … Genau wie ich Ihnen darauf erwidert habe, daß Umstände eintreten könnten, die es ratsam erscheinen lassen, wenn Hubert, Schraut und ich nicht erst nach der Insel und den Grotten umständlich zu suchen brauchen …«
»Umstände?! Welche?!« meinte Amalgi achselzuckend. »Wir haben hier in der Thar zu fünfen und tadellos bewaffnet, nichts zu fürchten, und …«
»Gestatten Sie, Doktor,« sagte Harald da mit einer sehr energischen Handbewegung, »— Sie sind nicht ganz im Bilde …!« Seine Hand reckte sich nach Südost, wo im Dämmerschein der Tropennacht etwa tausend Meter entfernt aus der flachen Sandtenne der Thar der Dschebel Hammak herauswuchs, jenes ungeheure Felsmassiv, in dessem hohlen Innern die Tochter des Radscha Gadwuri als von den Behörden mit allem Eifer gesuchten Flüchtling mit wenigen Getreuen längere Zeit gehaust hatte und wo diese für eine Inderin berückend schöne Frau ihre Liebhaber und auch Miß Honoria Goord eingekerkert gehalten hatte …
Wie die Rani Arowa, diese vertriebene Fürstin von Jaisulmir, im Innern des Dschebel Hammak infolge übergroßen Schreckes tot umgesunken, ist meinen Lesern und Freunden aus dem vorigen Bande bekannt. Wir hatten die junge, gewissenlose Fürstin, der man mit Recht den Namen einer Semiramis der Thar beigelegt hatte, im Dschebel Hammak begraben, bevor wir mit den Befreiten nach Amber aufgebrochen. Als wir dann heute beim Abendgrauen den Felskoloß erreicht hatten, war Harald allein in das Innere dieses seltsamen Felsgebildes eingedrungen und erst nach anderthalb Stunden wieder zu uns gestoßen. Als Amalgi ihn dann gefragt hatte, ob er im Dschebel Hammak alles in Ordnung gefunden, war seine Antwort gewesen:
»Ja — alles in Ordnung …!«
Und