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Unter den Werbern
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Über dieses E-Book

Obgleich es noch früh am Tage war, ging es auf den Gassen, Straßen und Plätzen der guten Haupt- und Residenzstadt Dessau doch schon lebhaft zu.- Aus dem Buch Karl Friedrich May (1842-1912) war ein deutscher Schriftsteller. Karl May war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen.
SpracheDeutsch
HerausgeberSharp Ink
Erscheinungsdatum22. Feb. 2023
ISBN9788028283063
Unter den Werbern
Autor

Karl May

Karl May wurde am 25. Februar 1842 als fünftes von vierzehn Kindern einer bitterarmen Weberfamilie in Hohenstein-Ernstthal in Sachsen geboren. Ein durch Not und Elend bedingter Vitaminmangel verursachte eine funktionelle Blindheit, die erst in seinem fünften Lebensjahr geheilt wurde. Nach der Schulzeit studierte May als Proseminarist an den Lehrerseminaren Waldenburg und Plauen. Seine Karriere als Lehrer endete bereits nach vierzehn Tagen, als die Anzeige durch einen Zimmergenossen wegen angeblichen Diebstahls einer Taschenuhr zu einer Verurteilung führte und May aus der Liste der Lehramtskandidaten gestrichen wurde. In der Folge geriet er auf die schiefe Bahn und verbüßte wegen Diebstahls, Betrug und Hochstapelei mehrere Haftstrafen. Von 1870 bis 1874 saß er im Zuchthaus Waldheim. Nach seiner Entlassung wurde er im Alter von 32 Jahren Redakteur einer Zeitschrift und begann Heimaterzählungen und Abenteuergeschichten zu schreiben. Sein stetes literarisches Schaffen war ungewöhnlich erfolgreich und machte ihn bald zum bedeutendsten Autor von Kolportageromanen und Trivialliteratur des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Seine Abenteuerromane, die an exotischen Schauplätzen im Wilden Westen und im Orient spielen, wurden in 33 Sprachen übersetzt. Durch seine archetypischen Wildwest-Helden Winnetou und Old Shatterhand erlangte Karl May literarische Unsterblichkeit und wurde zum meistgelesenen Autor deutscher Sprache. Mays letztes Lebensjahrzehnt war von einer beispiellosen Hetze wegen seiner früheren Straftaten und vermeintlicher Unsittlichkeiten in seinen Kolportageromanen überschattet. Zermürbende Verleumdungs- und Urheberrechtsprozesse, in die er sich verstrickte, vermochten seinen tief verwurzelten christlichen Glauben, von dem sein literarisches Werk von Anfang an durchdrungen ist, aber nicht zu erschüttern. Mit den letzten beiden Bänden des Romans Im Reiche des silbernen Löwen und seinem dem Surrealismus nahestehende Symbolroman Ardistan und Dschinnistan schuf er in seinen letzten Jahren ein heute literarisch hochgeachtetes mystisches Spätwerk. Jubelnde Anerkennung erlebte er am 22. März 1912, als er auf Einladung des Akademischen Verbands für Literatur und Musik in Wien einen Vortrag Empor ins Reich der Edelmenschen hielt. Eine Woche später, am 30. März 1912, starb Karl May in seiner Villa Shatterhand in Radebeul bei Dresden an Herzversagen.

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    Buchvorschau

    Unter den Werbern - Karl May

    Karl May

    Unter den Werbern

    Sharp Ink Publishing

    2023

    Contact: info@sharpinkbooks.com

    ISBN 978-80-282-8306-3

    Inhaltsverzeichnis

    Cover

    Titel

    Text

    Unter den Werbern

    1. Bei „Mutter Röse".

    Obgleich es noch früh am Tage war, ging es auf den Gassen, Straßen und Plätzen der guten Haupt- und Residenzstadt Dessau doch schon lebhaft zu. Es war heute ja Wochenmarkt, an welchem die Bewohner der Umgegend herbeiströmten, entweder um die Produkte ihres Gewerbefleißes in Angebot zu bringen oder dasjenige einzukaufen, was zur Befriedigung ihrer wirtschaftlichen, häuslichen und persönlichen Bedürfnisse notwendig war.

    Durch die Alt-, Neu- und Vorstadt-auf-dem-Sande bewegten sich die Wagen, Karren und Fußgänger der von dem Fürsten Leopold erst neu angelegten Kavalierstraße zu, welche noch heute mit ihren Rasenplätzen und dem unvergleichlichen Blick auf die Johanneskirche eine der größten Zierden der Stadt ist. Dorthin zog es die Neugierigen, und gruppenweise standen sie vor den Ladenfenstern oder wagten sich scheu und einzeln in eins der „grausam vornehmen" Gasthäuser, wo es zu sehen, zu hören, zu essen und zu trinken gab, was noch keinem der biedern Landbewohner vorgekommen war.

    Die meisten von ihnen aber kehrten doch schließlich nach dem engen, an der Mulde gelegenen Stadtteile zurück, in welchem „Mutter Röse", die dickste und zugleich beste Wirtin des ganzen Anhalt’schen Landes residierte, die es außerordentlich gut verstand, ihre Gäste gegen die beiden Erbübel der Menschheit, den Hunger und den Durst, in nachdrücklichen Schutz zu nehmen.

    Wie ein Königin thronte sie zwischen zahllosen Flaschen, Gläsern und Krügen hinter dem langen, massiven Schenktische, hatte für jeden einen freundlichen Gruß, ein vertrauliches Kopfnicken oder wohl gar einen kräftigen Händedruck und ließ wie eine Sonne die Strahlen ihres vollen und stets lächelnden Gesichtes bis in die entfernteste Ecke fallen. Nirgends war das Bier so frisch und erquickend, nirgends der Braten so saftig und nirgends die Bedienung so aufmerksam wie bei „Mutter Röse, und wem es gar widerfuhr, von ihr selbst bedient zu werden, der konnte sich diesen Vorzug für eine wirkliche Ehre anrechnen und wurde darüber von den andern groß angesehen. Aber ebenso kräftig und entschieden konnte sie auch gegen den auftreten, welches es wagte, sie aus ihrem Gleichgewichte zu bringen, und gar mancher Gast schon hatte ein solches Beginnen mit einem blitzesschnellen „An die Luft setzen büßen müssen.

    Auch jetzt hatte sie sich mühsam zwischen den vielen anwesenden Marktgästen hindurchgedrängt, um an dem hintern Tische einen der erwähnten Bevorzugten mit ihrer Aufmerksamkeit zu beglücken, als sich die Thür öffnete und ein Mann eintrat, welcher sich tief bücken mußte, um seinem Kopfe eine unliebsame Berührung mit den Querbalken zu ersparen. Obgleich er die Sechzig längst zurückgelegt haben mußte, trug er sich doch so stramm und kräftig, als stehe er noch zwischen zwanzig und dreißig, und das dunkle, scharfe Auge hatte in jugendlicher Lebhaftigkeit das Zimmer mit einem einzigen kurzen Blick überflogen.

    Er schritt zu dem allein noch leerstehenden Tische, ließ sich auf den lautkrachenden Stuhl fallen, zog die bestaubten Gamaschen in die Höhe, warf den Dreispitz von dem zierlich bezopften Kopfe und wartete nun augenscheinlich auf irgend einen dienstbaren Geist, um sich mit dessen Hülfe von einem der obengenannten Erbübel zu befreien.

    Zufälligerweise aber war sein Kommen nicht bemerkt worden, und so zupfte er zunächst etliche Male ungeduldig an dem blauen Leinwandsacke herum, welcher seinen breitschultrigen Oberkörper bedeckte, wirbelte sodann mit unmutiger Miene die beiden Spitzen seines Schnurrwichses um den Zeigefinger, und als auch diese Manipulation erfolglos blieb, erhob er endlich den dicken Knotenstock, welcher mittelst eines Lederriemens an seinem Handgelenk hing, und ließ ihn lautdröhnend auf die eichene Platte des Tisches fallen.

    „Heda, alte Klatschmaschine, mach’, daß Du bald vorkommst, sonst werde ich Dir Beine machen!"

    Auf diese mit lauter und kräftiger Baßstimme hervorgedonnerten Worte trat über das ganze Zimmer hinweg augenblicklich eine tiefe Stille ein, und aller Augen wandten sich nach dem Manne, welcher es wagte, die zwar gute, aber sehr streng auf ihre Reputation haltende Wirtin in dieser Weise zu insultieren. Jedermann war überzeugt, daß der Sprecher in wenig Sekunden draußen vor der Thür stehen werde, zumal Mutter Röse, schnell herumfahrend, die beiden Hände in die Hüften stemmte, was bei ihrer Korpulenz allerdings ein gewagtes und höchst schwieriges Unternehmen war, und mit vor Zorn hochrotem Gesichte über die Häupter der Sitzenden hinweg rief:

    „Wer ist denn der unverschämte Kerl, he, der da vorn so dicke thut? Warte ’mal, Bürschchen, wir werden gleich sehen, wer von uns beiden dem andern Beine macht! Und sich nach dem Schenktisch wendend, wo eben ein vierschrötiger Hausknecht ein Faß auf die Stellage hob, setzte sie befehlend hinzu: „Christian, nimm ihn doch ’mal bei der Perücke und zeige ihm, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat!

    „Laß Dich nicht auslachen, alte Bierliese, und halte den Schnabel. Ihr wärt mir die Rechten von wegen dem Zimmermannsloche!"

    Das war der Wirtin doch zu stark, zumal nun auch der Ärger über den Hausknecht dazu kam, denn dieser machte nicht die geringste Miene, dem Befehle seiner Herrin Folge zu leisten, sondern lehnte in höchster Verlegenheit an der Küchenthür. Mit raschen Schritten wand sie sich zwischen den Gästen hindurch, um den Fremden, den sie der Entfernung wegen noch gar nicht hatte sehen können, in Augenschein zu nehmen.

    „Was wären wir? Die Rechten? Ja, das sind wir auch, und das will ich Ihm sofort beweisen, Er Grobian! Glaubt Er denn, daß man eine ehrsame und tugendhafte Witwe — — Herrjeh! unterbrach sie sich, die dicken Hände in höchstem Schrecke zusammenschlagend, als sie jetzt in das sich ihr zuwendende Gesicht des Ausgescholtenen blickte, „wer denkt denn so etwas! Bitte hunderttausendmal um Verzeihung, Durchl — —

    „Will Sie wohl endlich ruhig sein und mir einen Krug Zerbster bringen und was dazu gehört! unterbrach er sie schnell. „Oder glaubt Sie etwa gar, daß ich hereingekommen bin, nur um Ihre schönen Redensarten anzuhören?

    „Ja freilich, einen Krug Zerbster, wiederholte sie eilfertig. „und was dazu gehört, gleich, gleich sollen Durchl — —

    „Ich frage Sie nur, fiel er ihr wieder rasch und diesmal mit dem Fuße stampfend in die Rede, „ob Sie schweigen will. Wenn Sie noch ein einzig Mal dieses Wort ausspricht, so mag Sie Ihr Zerbster selbst hinunterspülen!

    „Ja ja, schön, schön, ich wollte nur sagen, daß ich Ew. Durchl — —"

    Das Wort blieb ihr bei dem fürchterlichen Blicke, welcher sie traf, im Munde stecken; sprachlos vor Verlegenheit über ihre dreimalige Indiskretion eilte sie nach dem Schenktisch, brachte den vollen Thonkrug herbei, stellte ihn auf den höchst eigenhändig mit ihrer weißen Schürze abgewischten Tisch, und bald lag neben dem Trunke auch ein mächtiges hausbackenes Roggenbrot, ein Stück gelber Butter und ein großer, appetitlicher Landkäse.

    Der Gast leerte den Krug auf einen Zug und gab ihn der Wirtin zum Füllen zurück. Sodann griff er zum Messer und beschäftigte sich sehr eifrig und erfolgreich mit dem Imbiß, während die Anwesenden die Köpfe zusammensteckten und sich nicht genug über das eigentümliche Vorkommniswundern konnten, bis ein Name leise von Stuhl zu Stuhl, von Tisch zu Tisch geflüstert wurde und die Fremden dann mit halb scheuen, halb ehrfurchtsvollen Blicken die hohe Gestalt des Essenden musterten.

    Dieser bekümmerte sich nicht im geringsten um die andern und war so sehr in seine Arbeit vertieft, daß er den Eintritt eines neuen Gastes gar nicht bemerkte, welcher, ihn erblickend, ein Zeichen der Überraschung nicht unterdrücken konnte, dann aber wie infolge eines raschen Entschlusses auf ihn zuschritt und nach einem Stuhle griff.

    „Ist der Stuhl erlaubt?" fragte er kurz.

    „Warum nicht? antwortete mit einem tiefen Brummen der Kauende. „Ich habe ihn nicht gemietet! Der also Berichtete setzte sich und meinte:

    „Wünsch’ guten Appetit!"

    „Danke, brummte es wieder; „aber laßt mich jetzt ungeschoren! Ich habe mehr zu thun, als mir Eure Höflichkeiten gefallen zu lassen.

    „Ist mir auch recht! klang die Antwort unter einem belustigten Lächeln des Sprechenden. „Heda, Mutter Röse, habt Ihr nicht noch ein Messer bei der Hand? Der Mann da wird die ganze Portion wohl nicht für sich allein brauchen!

    Jetzt erst blickte der Essende auf und überflog mit einem erstaunten Blicke seinen Gegenüber. Das Resultat mußte ein zufriedenstellendes sein, denn als die Wirtin antwortete:

    „Ich habe schon noch das Nötige für Euch übrig," entgegnete er in befehlendem Tone:

    „Mache Sie keine Faxen und lasse Sie ihn immer hier mit zugreifen!"

    Mit einem raschen Griffe schwang er dem jungen Manne das schwere Brot hinüber, schob ihm Butter und Käse zu und nahm dann die unterbrochene Beschäftigung mit erneutem Nachdrucke auf. Der andere griff ebenso fleißig zu, und als die beiden Hungrigen endlich ihre Arbeit beendigten, war außer einem bescheidenen Brotreste nichts Genießbares mehr auf dem Tische zu bemerken.

    Die leeren Krüge wurden wieder gefüllt, und sich

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