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Hoya und der Zweite Weltkrieg
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eBook266 Seiten3 Stunden

Hoya und der Zweite Weltkrieg

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Über dieses E-Book

Über Hoya zur Zeit des Zweiten Weltkriegs ist bereits vieles bekannt. Einige heute zugängliche Quellen und Erkenntnisse sind bislang aber auch noch nicht veröffentlicht worden. Vor allem fehlt es an einer Gesamtdarstellung der Ereignisse. Diesem Mangel soll vorliegend zumindest ansatzweise abgeholfen werden. Die Hoyaer Soldaten, der Angriff auf den Fliegerhorst und die Kämpfe um die Stadt im April 1945 bilden das Gerüst eines chronologischen Ablaufs der Geschehnisse.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum15. Aug. 2022
ISBN9783347701366
Hoya und der Zweite Weltkrieg

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    Buchvorschau

    Hoya und der Zweite Weltkrieg - Jan H. Witte

    Vorwort

    Einzelne Abschnitte der Geschichte Hoyas im Zweiten Weltkrieg wurden bereits häufig von fleißigen Heimathistorikern beschrieben. Über das Kriegsende gibt es zudem einen sehr sehenswerten Film¹. Ausgezeichnet aufbereitet ist auch die Geschichte der jüdischen Familien in Hoya² und das Schicksal der in Hoya verstorbenen Zwangsarbeiter³. Neue Erkenntnisse lassen sich inzwischen kaum noch gewinnen. Dennoch fehlt es aber an einer Gesamtdarstellung der Ereignisse, zumal es durchaus noch offene Fragen gibt: Wer waren die Hoyaer Soldaten, denen mit der Gedenktafel an der Friedhofskapelle gedacht wird und wie gestalteten sich die Ereignisse und Abläufe zum Kriegsende hin in Hoya im Einzelnen?

    Die Quellenlage zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen ist als mäßig gut zu bezeichnen. Auf dem Denkmal für die Kriegstoten, bei denen es sich nicht nur um gefallene Soldaten, sondern auch um Zivilisten handelt – eine schlichte Holztafel an der Friedhofskapelle - sind 191 Namen von Männern und Frauen aufgeführt. Eine weitere Liste der Hoyaer Gefallenen hat der langjährige Kämmerer der Stadt, Friedrich Gumprecht, in seiner „Hoyaer Chronik zusammengestellt. Es handelt sich dabei um eine nicht gedruckte, maschinenschriftliche Sammlung, die im Heimatmuseum in Hoya verwahrt wird. Gumprecht listet 156 Namen auf, die mit denen auf der Holztafel an der Friedhofskapelle weitgehend übereinstimmen. Warum er die anderen Namen nicht mit aufgenommen hat, bleibt unerklärt. Ebenso unklar bleibt, weshalb weitere „Hoyaer Bürger, die ihr Leben als Soldat oder Zivilist durch Kriegseinwirkungen verloren, weder auf der Gedenktafel noch in Gumprechts Liste zu finden sind. Die Erklärung wird sich wohl daraus ergeben, dass bereits damals eine durchaus beachtliche Umzugsrate nach und von Hoya bestand, so dass vielleicht nicht jeder Neubürger bereits ausreichend bekannt geworden ist.

    Unklar ist ohnehin, wer bei Errichtung des Denkmals aus welchem Grunde „genannt" wurde und wer nicht: Auf der Gedenktafel finden sich in Hoya geborene Soldaten und Zivilisten, die bei Kriegsausbruch und (betreffend die Soldaten) ihrer Einberufung zur Wehrmacht auch noch in Hoya lebten. Es finden sich aber auch in Hoya Geborene, die bei Kriegsausbruch nachweislich nicht mehr in Hoya wohnten. Schließlich finden sich auch Namen von Personen, die zwar nicht in Hoya geboren sind, die aber vor oder während des Krieges nach Hoya gezogen sind. Endlich finden sich auch Namen, die auf den ersten Blick keinen Bezug zu Hoya aufweisen. Auf der anderen Seite fehlen auf dem Denkmal aber eben auch Namen gefallener Soldaten, die in Hoya geboren sind und solche, die bei Kriegsausbruch in Hoya wohnten.

    Die wohl aussagekräftigste Quelle zu den Wehrmachtsangehörigen ist die mittlerweile öffentlich zugängliche Kartei der Gräberkommission der Wehrmacht. Diese Kartei ist im Wesentlichen bis Mitte 1944 umfassend geführt. Einige Namen fehlen trotzdem, weil sie falsch erfasst und/oder falsch abgelegt worden sind oder, weil es sich um Vermisste handelte, die der Gräberkommission nicht „zugänglich" waren (so etwa die Masse der Stalingradkämpfer). Für die Verluste ab Herbst 1944 ist die Kartei hingegen lückenhaft und schließlich fehlen die Namen der in den Endkämpfen gefallenen Soldaten gänzlich, da Meldungen in den Rückzugswirren entweder nicht mehr aufgenommen oder nicht mehr weitergeleitet worden sind. Unter Heranziehung dieser Kartei kann nun zumindest das genauere Schicksal eines großen Teils der verzeichneten Hoyaer Kriegsopfer, so sie Soldaten waren, erhellt werden.

    Deutlich wird daraus zumindest ansatzweise auch, in welchen Strukturen die Einziehung der Wehrpflichtigen erfolgte; es lässt sich nachvollziehen, in welchen Einheiten und damit an welchen Fronten die Masse der einheimischen Wehrmachtsangehörigen gedient hat (und natürlich auch, wer – ob freiwillig oder „gezogen - Dienst bei der Waffen-SS tat). Nicht öffentlich zugänglich sind bis heute - aus Datenschutzgründen - die Einträge der ehemaligen Deutschen Dienststelle („Wehrmachtsauskunftsstelle), die 2019 in das Bundesarchiv überführt worden sind. Dort sind die Personalakten sämtlicher gut 18,5 Millionen Wehrmachtsangehöriger gespeichert. Eine Einsichtnahme ist, da hier eben auch diejenigen Soldaten, die den Krieg überlebt haben und heute noch leben könnten, nur eingeschränkt und – so denn ein datenschutzrechtlich genügendes Interesse dargelegt wird - verbunden mit erheblichen Wartezeiten möglich. Vor allen Dingen fehlt es dort aber bis heute an einer digitalisierten Durchsuchbarkeit, so dass nicht einfach nach Stichwortgruppen wie „Geburtsort Hoya oder „letzte Anschrift Hoya recherchiert werden kann. Abgesehen von diesen Karteien ist die Hinterlassenschaft der einstmals umfangreichen Wehrmachtsunterlagen – jeder Truppenteil hat eigene Gefechtstagebücher geführt - durchaus dürftig. Nach dem Ersten Weltkrieg, der ja zunächst mit einem Waffenstillstand und einem nachfolgenden Friedenvertrag endete, bestand die Armee einschließlich ihres Generalstabes (wenn auch in geänderter Form und Bezeichnung) fort. Die Reichswehr sammelte und veröffentlichte die Operationspläne und Gefechtsberichte des Ersten Weltkriegs; ehemalige und aktive Offiziere zeichneten ihre Regimentsgeschichten auf und editierten ihre Erfahrungsberichte anhand der im Reichsarchiv zugänglichen Truppenunterlagen. Im Gegensatz dazu gab es nach 1945 keine Stelle der Wehrmacht mehr, die eine solche Sammlung hätte verwalten können. Das Deutsche Reich hatte bedingungslos kapituliert, die Wehrmacht aufgehört auf zu existieren und sämtliche Soldaten, einschließlich der höchsten Stäbe, gerieten in Kriegsgefangenschaft. Zudem sind diejenigen Wehrmachtsunterlagen, die aus der Zeit bis 1941 stammten (und von der Truppe noch vor dem Überfall auf die Sowjetunion bereits an das Reichsarchiv in Potsdam abgegeben worden waren), bei einem Bombenangriff auf Potsdam im Jahre 1944 größtenteils verbrannten. Die weiteren Unterlagen der einzelnen Truppenteile und die umfangreichen Akten der Wehrmachtsverwaltung wurden bei Kriegsende, so sie nicht vernichtet worden waren, von den Alliierten beschlagnahmt. Erst in den sechziger Jahren gelangten dann einige wenige Unterlagen wieder zurück in deutsche Archive.

    Hinsichtlich der auf der Gedenktafel aufgenommenen Zivilisten hilft i.d.R. allein das Adressbuch der Stadt Hoya (aus den Jahren 1936 und 1940) bzw. die standesamtlichen Unterlagen und das Kirchenbuch weiter. Dennoch bleiben aber auch hier (noch) viele der auf der Gedenktafel aufgenommenen Namen schlicht „unbekannt".

    Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich bei Henry Meyer, dem wohl besten Kenner Hoyaer Geschichte, ohne dessen tatkräftige und stets wohlwollende Unterstützung eine Studie in dieser Form nicht darstellbar gewesen wäre. Mein Dank gilt ebenso Frau Ulrike Tänzer, der ebenso kompetenten wie stets ansprechbaren Leiterin des Hoyaer Heimatmuseums und des hiesigen Stadtarchivs.

    Hoya, im September 2022

    Dr. Jan H. Witte

    1. Die Aufrüstung und der Fliegerhorst

    a) E-Hafen, Ausweichflugplatz, Muna, Luftabwehr

    (1) Der E-Hafen

    Die Stadt Hoya war seit der Kreisreform von 1932, als die Kreise Hoya und Syke zum Kreis Grafschaft Hoya zusammengelegt wurden, von einem erheblichen Wegzug wichtiger Behörden nach Syke betroffen. Die Stadt besaß ausweislich des Adressbuches des Landkreises Grafschaft Hoya von 1940 immerhin 2940 Einwohner. Bürgermeister Stelter war seit März 1922 im Amt⁴, die Stadt verfügte über sechs Schulen („Städtische Mittelschule mit sieben Lehrerkräften unter Leitung des Mittelschuldirektors Böse, Volksschule mit sieben Lehrern unter Hauptlehrer Lüder, Landwirtschaftsschule Direktor Grendel, BDM-Frauenschule unter der Leitung von Fräulein Klossek, Gewerbliche Berufsschule unter Gewerbeoberlehrer Lenski und die Kaufmännische Berufsschule unter der Leitung des Handelsoberlehrers Bohn"), ein Wasserstraßenamt nebst Wasserneubau-Abteilung, eine Kreissparkasse, eine Filiale der Norddeutschen Kreditbank, eine Volksbank und eine Molkereigenossenschaft. Daneben gab es aber eher wenig Industrie und Gewerbe (genannt werden nur Hoppmanns Mechanische Weberei, Thielbars Dampfmühle und eine Eierverwertungsgenossenschaft). Aufgrund des Wegzugs eines Großteils der Kreisbehörden hieß es daher im März 1936 im Hoyaer Wochenblatt:

    „Eine brennende Frage! Die wirtschaftliche Notlage der Stadt Hoya, die infolge der Verschmelzung der ehemaligen Kreise Hoya und Syke von fast sämtlichen zuvor hierorts vorhanden gewesenen Behörden und Verwaltungen entblößt wurde, ist wiederholt Gegenstand zu dringlichen und ernsten Eingaben gewesen."⁵

    Die Stadt versuchte nun aufgrund ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten auch die Wiederaufrüstung der Wehrmacht für sich zu nutzen und eine Garnison in die Stadt verlegen zu lassen. Man wandte sich über die Regierungsstellen zunächst an das Oberkommando des Heeres. Dieses antwortete zunächst recht knapp:

    „…bedauern wir mitteilen zu müssen, dass die Belegung der Stadt mit einer Truppe des Heeres leider nicht möglich ist."⁶

    Weitergehend teilte die Industrie- und Handelskammer mit:

    „…Major von Mudra vom Reichskriegsministerium teilte mit, dass die Stadt zu klein sei. Ich habe ihm darauf nochmals die Notlage der Stadt dargestellt, die dem allmählichen Ruin entgegengehen müsste, wenn ihr nicht durch irgendwelche Maßnahmen geholfen würde."⁷

    Nach diesem Mißerfolg beim Heer kam irgendwo in der „zu kleinen Stadt" die Idee auf, sich stattdessen an die Luftwaffe zu wenden und einen Militärflugplatz einzurichten. Für diese Idee verwandte sich auch der Kreistag des Kreises Grafschaft Hoya. So schrieb der Landrat an das Luftkreiskommando IV in Münster:

    „Soweit ich die Sachlage beurteilen kann, eignet sich das Weidegelände bei Hoya mit seiner vorzüglichen Grasnarbe in hervorragender Weise für die Anlegung eines Flugplatzes (…) und eignet sich vorzüglich als kleine Garnison. In der Stadt ist eine Mittelschule vorhanden und für Kinder, die die höhere Schule besuchen wollen, ist Gelegenheit, die Gymnasien der benachbarten Städte Verden und Nienburg aufzusuchen. Das wenige Kilometer entfernte Eystrup, das von Hoya aus mit vollspuriger Bahn zu erreichen ist, ist auch Haltepunkt für Schnellzüge, so das man Bremen und Hannover bequem erreichen kann."8

    Diese Idee, obschon die gelobte „Geeignetheit angesichts der bekannten Hochwasserprobleme wohl glatt gelogen war, schien nun zu fruchten. Bereits 1937 wurde der Bau eines „Übungsflughafens beschlossen. Fraglich blieb aber die Unterbringung des dafür benötigten Personals. So kann man einem Schreiben des Landrates des Kreises Grafschaft Hoya vom 5. Juni 1937 an die Stadt Hoya entnehmen, dass die Sache nun aber zumindest Fortschritte nahm:

    „Der Kreisausschuss hat am siebten des Monats endgültig beschlossen, das ehemalige Kreishaus in Hoya für Berufsschulzwecke zu verwenden, um die brennende Berufsschulfrage zu lösen. Wie Ihnen bekannt ist, sind in dem Kreishause unterzubringen: die gewerbliche Berufsschule, die kaufmännische Berufsschule und die Berufsschule für Mädchen (Haushaltungsschule), außerdem sollen zwei Wohnungen für die Lehrpersonen eingebaut werden. (…) Ich bedaure daher, irgendwelche Räume im ehemaligen Kreishause zur Unterbringung des Stammpersonals für den Übungsflughafen nicht mehr zur Verfügung stellen zu können. Nach den mit der Reiter-SS gemachten Erfahrungen ist das Kreishaus zur dauernden wohnlichen Unterbringung von 60 Militär-Personen auch durchaus ungeeignet. Die Abwasser-und Klosett-Anlage ist dafür völlig unzureichend (…) Die gemeinsame Unterbringung von Militär und Schülern beiderlei Geschlechts würde zudem zu Unzuträglichkeiten und Störungen führen, die jedenfalls für den Schulbetrieb untragbar sind."9

    Abgesehen von den sanitären und sittlichen Problemen schien das Projekt dann aber auch aus anderen Gründen zunächst wieder infrage gestellt worden zu sein. Am 22. Dezember 1938 schrieb der Regierungspräsident der Oberprovinz Hannover, Diels, an den „General der Flieger" Felmy (den Vater des später berühmt gewordenen Schauspielers Hans-Jörg Felmy), Kommandeur der Luftwaffengruppe II in Braunschweig:

    „Sehr verehrter Herr General! Wie ich seinerzeit erfahren hatte, wurde beabsichtigt, den Übungsflugplatz Hoya auszubauen und Hoya mit einer friedensmäßigen Garnison zu belegen. Ich habe diesen Entschluss besonders begrüßt, weil hierdurch die Möglichkeit gegeben worden wäre, den misslichen wirtschaftlichen Verhältnissen der Stadt zu steuern und dem Wirtschaftsleben einen Auftrieb zu geben. Wie mir aber nun mitgeteilt wurde, ist dieser Plan wieder aufgegeben worden. Ich bedaure dies aus den erwähnten Gründen naturgemäß lebhaft und wäre dankbar, wenn nochmals geprüft würde, ob nicht die Belegung Hoyas mit einer Garnison doch ermöglicht werden könnte."

    Aus dem Schreiben ergibt sich, dass jetzt zumindest der Übungsflugplatz bereits vorhanden war. Aus der Belegung mit einer Garnison wurde zwar trotz der Eingabe des Regierungspräsidenten nichts, dafür kamen aber die wohl längst geplanten Kasernengebäude ihrer Realisation näher, wie sich aus einer Abschrift des Protokollbuchs der Stadt Hoya vom 8. April 1939 ergibt:

    „…war zu einer beratenden Verhandlung auf heute Nachmittag 6: 00 Uhr eingeladen worden, um insbesondere Aussprache zu halten über erstens den Fliegerhorst, eventueller Verkauf der Weiden und Obstplantagen des Bürgerparks, zweitens Heim der Hitler-Jugend, erster Spatenstich am 20. des Monats, dem Geburtstag des Führers.

    (…) Welche Forderung die Stadt stellen würde bei käuflicher Überlassung der Hoyaer Weiden in Größe von 27 ha und der Obstplantagen des Bürgerparks in Größe von ca. 2 ha."

    Fliegerisch war Hoya allerdings bereits vor der Wiederaufrüstung tätig: Am Rande des ehemaligen „Weidegebietes auf welchem sich heute die Papierfabrik der Smurfit-Kappa-Gruppe befindet, hatte sich Anfang der neunzehnhundertdreißiger Jahre der „Segelflugverein Hoya von 1931 e.V. eine Start- und Landebahn für den Segelflugbetrieb eingerichtet. Erste Flugversuche einer Handvoll Flugbegeisterter um den 1913 in Hoya geborenen Fluglehrer Karl Rippe (aus der Bücker Straße) fanden ab 1929 auf den Weiden am Weserbogen mit einem Hängegleiter statt. Im Jahre 1932 errichtete der Verein die sogenannte Hindenburghalle für seine Segelflugzeuge und zwei Jahre später erwarb der Verein eine Motor-Schleppwinde¹⁰

    Gut beschrieben wird die sich jetzt ergebende weitere Entwicklung vom Sohn des ehemaligen Stadtkämmerers Friedrich Gumprecht, dem Zeitzeugen Otto Gumprecht:

    „Am 28. Mai 1937 kam eine Kommission des Luftkreiskommandos VII unter der Leitung des Oberstleutnants Fr. Koos zur örtlichen Besichtigung der großen Marsch östlich der Weser. Diese Kommission hat erklärt, dass das gesamte Weidegelände der großen Marsch nebst den sogenannten Pferdeweiden, insgesamt ca. 107 ha für die sofortige Einrichtung eines Übungsflughafens in Anspruch genommen werden sollte. Durch militärische Maßnahmen sollte die Umgestaltung der Weiden zum Flughafen mit solcher Beschleunigung vorgenommen werden, dass gegen Ende Juni des Jahres eine militärische Fliegertruppe in Stärke von etwa 300 Mann, die einstweilen in Baracken untergebracht werden sollten, hierher verlegt werden. Auf diesem Gelände war davor der Segelflugverein Hoya zu Hause. Für die Unterstellung der Segelflugzeuge hatte der Verein dort eine große Halle - die Hindenburg-Halle - gebaut. Diese wurde abgerissen. Wer weiß, wo die vielen Flugzeuge geblieben sind? Der Bau des Fliegerhorstes wurde dann auch sehr schnell vorangetrieben, und bald kamen die Soldaten die zunächst auf Sturzkampfbomber des Typs Henschel HS 123 ausgebildet wurden. Um 1939 wurden dann Kasernen gebaut, der Busbahnhof (stand dort, wo jetzt die Europa Karton steht) wurde abgerissen und der von Staffhorst‘sche Apfelgarten musste den Neubauten weichen. Im Jahre 1940 wurden dann etwa zehn zweimotorige Bomber des Typs Heinkel He 111 hierher verlegt, die dann auch Einsätze unter anderem am 14. Mai 1940 nach Rotterdam geflogen sind. Weil jedoch bei Regenwetter die Graspiste der Marsch für diese Gewichte der Bomber nicht sehr geeignet erschien, wurden diese wieder abgezogen. Stattdessen wurden die jungen Flieger zu Piloten auf leichteren Jagdflugzeugen vom Typ Messerschmidt Bf 109 ausgebildet. In der Alhuser Ahe wurde bald ein Ersatz- oder Ausweichflughafen gebaut. Die Größe dieses Geländes betrug ca. 80 ha. Dort standen auch einige dieser Jagdmaschinen. Auch einige Focke-Wulf Fw 190 waren dort. Außerdem wurden dort etwa 8-10 der zweimotorigen italienischen Mehrzweckflugzeuge vom Typ Savoia Marchetti sowie zwei amerikanische Beutemaschinen vom Typ Thunderbolt abgestellt. Betankt wurden diese Maschinen mit einem pferdegespannten Tankwagen von Johann Leymann aus Hoya. Zwischen den beiden Flugplätzen wurde zwischen Hoya und Hassel, ca. 100 m rechts neben der Straße hinter der ersten Brücke, ein Munitionslager angelegt. Größe etwa 5 ha. Rund um das Rollfeld des Hauptplatzes führte eine Straße aus Klinkersteinen. An der Nord- sowie Südseite waren je drei Erdtanks, die durch unterirdische Rohrleitungen quer über das Rollfeld miteinander verbunden waren, zum betanken der Flugzeuge vorhanden. Die Start- und Landebahn konnte bei Dunkelheit befeuert werden, sodass auch ein Nachtbetrieb möglich war. Ein Anschlussgleis der Hoyaer Eisenbahn war auch vorhanden. An der Straße zwischen Hoya und Hassel, dem Hasseler Steinweg, ab dem Bürgerpark bis nach Hassel, standen große Lindenbäume, die ebenfalls gefällt wurden. Auf einer Länge von etwa 150 m bei der von Behr’schen Scheune wurden die Bäume stehen gelassen, wahrscheinlich zum Schutz der Gebäude. Diese wurden dann später beim Neubau der gesamten Straße auch entfernt. Die Kantine des Fliegerhorstes war zunächst ein roter Holzbau und wurde bewirtschaftet von Hans Zech vom Parkhaus. Der Tanzsaal des Parkhauses wurde von der Wehrmacht beschlagnahmt. Dort wurde eine Näherei untergebracht. Etwa 15-20 Frauen saßen an Nähmaschinen und fertigten Drillichzeug für die Wehrmacht. In der Kantine waren ca. zehn Frauen als Köchinnen o. dgl. beschäftigt."11

    Obwohl die Dinge nun ins Laufen kamen, war die Stadt Hoya mit der Entwicklung des entstandenen Fliegerhorsts doch nicht ganz zufrieden. Nachdem sich die Stadt zur Behebung ihrer wirtschaftlichen Nöte bereits mit dem Heer und der Luftwaffe beschäftigt hatte, entstand in ihren Gremien endlich auch die Idee, vielleicht eine dauerhafte Garnison der dritten Teilstreitkraft, der Kriegsmarine, gewinnen zu können. Mit Schreiben vom 27. März 1942 wandte sich der Bürgermeister in Hoya an den Oberpräsidenten und Gauleiter Lauterbach in Hannover und führt aus:

    „Die Stadt Hoya hat sich nach Zusammenlegung der beiden Kreise Hoya und Syke im Jahre 1933 sofort bemüht, für die abgezogenen Behörden Ersatz zu schaffen. Es war schließlich gelungen im Jahre 1938 einen E-Hafen der Luftwaffe nach Hoya zu bekommen. Diese Bemühungen waren unbedingt erforderlich, um das wirtschaftliche Leben der Stadt aufrechtzuerhalten. Im Laufe der Zeit zeigte sich jedoch, dass der Flugplatz nicht den Erfolg brachte, den man erhofft hatte. Es stellte sich auch heraus, dass der Boden des Flugplatzes für vollen Einsatz nicht geeignet war. Da der Platz im Überschwemmungsgebiet der Weser liegt, ist die Benutzung des Flugplatzes als solcher ferner sehr beeinträchtigt. Vor allem konnte auch das wertvolle Weidegelände, dass durch den Flugplatz beansprucht wurde, in Größe von etwa 80 ha für die hier bestehende ertragreiche Viehwirtschaft nicht mehr

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