Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Biodiversität und Verbreitung humanpathogener Rickettsien in Arthropoden in Südwesteuropa
Biodiversität und Verbreitung humanpathogener Rickettsien in Arthropoden in Südwesteuropa
Biodiversität und Verbreitung humanpathogener Rickettsien in Arthropoden in Südwesteuropa
eBook288 Seiten2 Stunden

Biodiversität und Verbreitung humanpathogener Rickettsien in Arthropoden in Südwesteuropa

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Die Bakterien der Gattung Rickettsia haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen. Nicht nur, das immer neue Spezies entdeckt, neue Vektoren identifiziert und neue Verbreitungsgebiete detektiert werden, sondern auch als Krankheitserreger treten sie immer mehr in Erscheinung.
Diese Studie befasst sich mit der Biodiversität von Rickettsia spp. und ihren Standorten in Spanien, inklusive der Kanarischen Inseln, in Südwest- und Ostfrankreich und in der Schweiz. Zudem wird die Verbreitung und lokale Bedeutung der Vektoren betrachtet. Im Fokus stehen Zecken der Gattungen Rhipicephalus, Ixodes und Dermacentor, aber auch Flöhe werden untersucht. Durch die Kenntnis der Verbreitung von Vektoren und Bakterien lassen sich lokale Risiken einstufen und im Falle einer Infektion ermöglicht die Anamnese eine schnelle Diagnose.
Die Studie wurde als Dissertationsschrift an der Universität Hohenheim angenommen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum24. Juni 2016
ISBN9783946589082
Biodiversität und Verbreitung humanpathogener Rickettsien in Arthropoden in Südwesteuropa

Ähnlich wie Biodiversität und Verbreitung humanpathogener Rickettsien in Arthropoden in Südwesteuropa

Ähnliche E-Books

Biologie für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Biodiversität und Verbreitung humanpathogener Rickettsien in Arthropoden in Südwesteuropa

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Biodiversität und Verbreitung humanpathogener Rickettsien in Arthropoden in Südwesteuropa - Lina Kurzrock

    1. Einleitung

    1.1 Arthropoden als Vektoren

    Als Vektoren (vom lateinischen vector = Reisender oder Träger) bezeichnet man Organismen, die virale, bakterielle oder parasitäre Erreger durch Körperflüssigkeit von einem Wirt aufnehmen und auf einen anderen übertragen. In der Evolution haben sich Erreger-Vektor-Wirt-Systeme von großer Komplexität entwickelt. Während einige Systeme weit entwickelt sind und der Vektor tatsächlich keinen Schaden davon trägt, gibt es andere Systeme, in denen der Vektor sehr wohl geschädigt wird, wie zum Beispiel bei R. conorii in der Braunen Hundezecke Rhipicephalus sanguineus. Der Erreger verursacht leichtere Eigelege und eine hohe Mortalität des Vektoren bei niedrigen oder sehr hohen Temperaturen (Socolovschi et al. 2012b).

    Besonders viele Vektoren gehören zu den hämatophagen, also blutsaugenden Arthropoden. Die obligaten Blutmahlzeiten ermöglichen die Ausbreitung des Erregers. Die meisten Arthropoden mit Vektorfunktion gehören den Insekten an. Zu ihnen gehören eine Vielzahl an Mücken (Diptera), Tierläusen (Anoplura) und Flöhen (Siphonaptera). Neben den Insekten ist auch die Klasse der Arachniden zu nennen, zu der die Milben (Acari) und somit auch die Zecken (Ixodida) gehören.

    Hämatophage Arthropoden sind überaus geeignet als Vektoren, da sie durch die parasitische Lebensweise im Umfeld ihrer Wirte zu finden sind. Meist findet dabei im Vektor selbst auch Wachstum und Entwicklung des Erregers statt, sodass dieser zugleich auch Wirt ist.

    Gelangt der Erreger in den Arthropodenwirt, bestehen verschiedene Übertragungsmöglichkeit auf den nächsten Wirt. Die Übertragungswege sind nachfolgend aufgelistet:

    1. die Übertragung des Erregers auf den nächsten Wirt des Ektoparasiten über einen Stich oder Biss (horizontale Übertragung). Dabei werden Erreger regurgitiert oder wandern in die Speicheldrüsen ein und werden mit dem Speichel auf den Wirt übertragen.

    2. die mechanische Übertragung des Erregers. Ein Beispiel ist die Übertragung durch Erreger in den Fäzes des Vektors, die in die Stichwunde eingebracht werden. Eine andere Möglichkeit sind Stiche in direktem Zusammenhang. Sticht ein Vektor unmittelbar hintereinander zwei Wirte, so kann die Übertragung durch Blutreste an den Mundwerkzeugen erfolgen.

    3. die transstadiale Übertragung des Erregers von einem Stadium in das nächste. Durchläuft der Arthropode die Ecdysis und der Erreger bleibt im Körper erhalten, so spricht man von transstadialer Übertragung. Bei Schildzecken als Vektoren ist diese Übertragung Voraussetzung für den Erreger um in einen neuen Wirt zu gelangen, da der Vektor in jedem Stadium nur einmal Blut saugt.

    4. die transovarielle Übertragung des Erregers vom adulten Weibchen auf die Eier. Die Erreger wandern aktiv in die Eier des Vektors ein und multiplizieren somit ihre Weiterverbreitungsmöglichkeiten. Diese Übertragung führt häufig zur Schädigung des Vektors, indem der Befall die Anzahl und Schlupfrate der Eier verringert.

    5. die Übertragung des Erregers durch Fraß des Vektors. Die Aufnahme des Erregers erfolgt über den Magen-Darm-Trakt des Wirtes.

    Neben der Übertragung von Erregern können beim Stich des Vektoren auch Toxine und Allergene übertragen werden. Diese sind häufig im Speichel der Vektoren enthalten, zum Beispiel als Antikoagulantien oder Antihistamine. Der Speichel dient zugleich für viele Erreger als „Fahrwasser" in den Wirt (Titus & Ribeiro 1990).

    Die in dieser Studie untersuchten Erreger waren Bakterien aus der Gattung Rickettsia, zumeist die Gruppe der Zeckenstichfieberbakterien (englisch: Spotted-Fever-Group - SFG). Diese werden primär von Zecken und seltener von Flöhen übertragen (Parola et al. 2013). Systematisch sind beide Überträger den Arthropoden zuzuordnen (siehe Abb. 1 und 2), die Flöhe gehören zur Klasse der Insecta, die Zecken zur Klasse der Arachnida.

    Abbildung 1: Systematische Einordnung der gesammelten Floharten (Siphonaptera)

    Abbildung 2: Systematische Einordnung der gesammelten Zeckenarten (Ixodidae)

    1.2 Biologie der Zecken

    Zu den Zecken gehören die Schildzecken (Ixodidae), die Lederzecken (Argasidae) und mit nur einer Art die Nutalliellidae. Betrachtet werden hier ausschließlich die Schildzecken, da die Lederzecken und Nutalliellia keine Vektoren der Rickettsien sind. Deshalb beziehen sich nun alle Erklärungen zu Zecken ausschließlich auf Schildzecken.

    Zecken leben ohne Ausnahme parasitisch und weisen vier Stadien auf: Ei, Larve, Nymphe und Adultus. Die Larve ist dabei sechs-, Nymphe und Adultus achtbeinig. Die drei aktiven Stadien sind bei den Zecken grundsätzlich ektoparasitisch (außen am Wirt) hämatophag. Sie ernähren sich ausschließlich von einem Gemisch aus Blut und Lymphe von einem Vertebratenwirt. Anschließend häuten sich Larve und Nymphe zum nächsten Stadium. Das Weibchen legt nach der Blutmahlzeit Eier ab und stirbt danach. Auch das Männchen benötigt die Blutmahlzeit, um fruchtbar zu sein. Die Befruchtung durch das Männchen erfolgt artspezifisch vor oder während der Blutmahlzeit des Weibchens, am Boden oder auf dem Wirt. Je nach Zeckenart gibt es ein-, zwei- oder dreiwirtige Vertreter. Das bedeutet, dass einige Arten, wie zum Beispiel Rhipicephalus (Boophilus) microplus, auf einem einzigen Wirt ihren gesamten Lebenszeitraum verbringen und erst die Eier wieder auf den Boden gelangen. Sie sind also einwirtig. Zu den zweiwirtigen Zecken zählt Hyalomma marginatum rufipes. Ein Wirtswechsel erfolgt nach dem Larvenjedoch nicht nach dem Nymphenstadium. Ixodes ricinus ist ein Beispiel für Zecken die an drei verschiedenen Wirten Blut saugen (dreiwirtig) (Estrada-Peña et al. 2004; Petney et al. 2012, Babos et al. 1964).

    Bei der Wahl des Wirtes treten Präferenzen für bestimmte Säugerwirte auf. Diese Präferenzen sind artspezifisch und können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Während einige Zeckenarten oder –stadien nur an ganz bestimmten Wirten zu finden sind, ist beispielsweise I. ricinus im adulten Stadium weniger spezifiziert. Eine hohe Wirtsspezifität ist für Rh. sanguineus bekannt, einer Zeckenart, die nur selten einen anderen Wirt wählt (Gray et al. 2013). Wird ein anderer Wirt gewählt, so ist die Wahl hingegen sehr unspezifisch und fällt unter anderem auf Nager, Hasenartige, Katzen, Vögel und Menschen (zitiert nach Walker et al. 2000; Dantas-Torres 2008)

    In welchem Habitat die Zeckenarten zu finden sind, kann auch sehr unterschiedlich sein. Für I. ricinus scheinen Misch- und Laubwälder mit hoher Luftfeuchtigkeit am besten geeignet zu sein. Bei D. marginatus liegt die Präferenz eher an Standorten mit sandigen Böden und mediterranem Klima. Rh. sanguineus wiederum ist endophil, fühlt sich also auch in Innenräumen wohl. Die Zecke kann hohe Temperaturen und geringe Luftfeuchtigkeit tolerieren (Petney et al. 2012).

    Zwei verschiedene Methoden werden von Zecken zur Wirtsfindung genutzt. Welche angewandt wird ist zumeist artspezifisch. Nur wenige Arten sind in der Lage, beide anzuwenden.

    Die erste Möglichkeit besteht darin vom Wirt „abgeholt" zu werden. Dafür begibt sich die Zecke auf die Spitzen von Gräsern oder Sträuchern in eine Höhe von wenigen Zentimetern bis zu einem Meter Höhe, je nach Stadium und Standortbedingungen. Dort streckt sie ihr erstes Beinpaar in die Luft. An diesem befindet sich im ersten Tarsenglied das Haller’sche Organ. Es handelt sich hierbei um eine Grube in der Cuticula, in der sich Rezeptoren zur Wahrnehmung chemischer Stoffe befinden. Ziele dieser Rezeptoren sind verschiedene Verbindungen, die im Atem und im Schweiß von Vertebraten vorkommen, wie zum Beispiel Kohlendioxid, Buttersäure oder Stickstoffverbindungen. Nähert sich ein Wirt und berührt die Zecke, so lässt sich diese abstreifen und klammert sich an Kleidung oder Fell des Wirts. Von dort aus wandert sie über den Körper mit der Präferenz, nach oben zu steigen (negative Geotrophie) (Lucius und Frank 2008; Hubálek 2008; Halouzka & Juøicová 2003).

    Die zweite Möglichkeit besteht darin den Wirt aktiv anzusteuern. Bei hohen Temperaturen und geringer Luftfeuchtigkeit ist der Wasserhaushalt der Zecke gefährdet. Langes Ausharren auf der Vegetation wäre lebensgefährlich. Deshalb bleibt die Zecke an kühlen, feuchten und geschützten Orten, bis sie über chemische Reize an den Haller’schen Organen oder über mechanische Reize, wie Erderschütterung einen nahenden Wirt wahrnimmt. Auf diesen läuft sie aktiv zu und folgt dann ebenfalls der negativen Geotrophie (Gray et al. 2013; Yoder et al. 2006).

    Einige Gattungen verfügen zusätzlich über eine optische Wahrnehmung. Die einfachen Augen kommen bei Vertretern beider Varianten der Wirtsfindung vor.

    1.2.1 Zecken mit Vektorkompetenz für Rickettsien in Südwesteuropa

    Von den ca. 960 weltweit vorkommenden Schildzeckenarten sind im Untersuchungsgebiet Frankreich, Spanien und der Schweiz etwa 25 präsent. Dabei ist die größte Biodiversität bei der Gattung Ixodes zu finden. Häufigster Vertreter ist I. ricinus, gefolgt von I. hexagonus. Diese befinden sich vor allem in den Sammelgebieten mit kühlgemäßigtem Klima. In den Regionen mit warmgemäßigtem bzw. mediterranem Klima sind die Arten der Gattung Rhipicephalus dominierend. Dermacentor ist in beiden Klimata vertreten. Während D. reticulatus im kühleren und feuchteren Regionen verbreitet ist, tritt D. marginatus in trockeneren und wärmeren Habitaten auf (Barker & Murrell 2004; Estrada-Peña et al. 2004; Hillyard 1996).

    Nachfolgend werden die untersuchten Vertreter dieser Zeckengattungen vorgestellt.

    1.2.2 Ixodes

    1.2.2.1 Ixodes ricinus

    Die Zecke Ixodes ricinus, trivial „Holzbock" genannt, ist eine in Nord- und Osteuropa weit verbreitete Zeckenart. Die Verbreitung liegt etwa zwischen dem 39. und dem 65. Grad nördlicher Breite und reicht im Osten bis zum 60. Längengrad (Gray 1991). Dies bedeutet eine Verbreitung zwischen Zentralspanien und Nordschweden bis zum Westen Kasachstans. Im Untersuchungsgebiet kommt sie sowohl in Spanien, als auch in Frankreich und in der Schweiz vor. Auf den Kanaren wurde sie bisher mit einem einzigen Exemplar auf Teneriffa nachgewiesen. In Frankreich ist sie ubiquitär vertreten mit Ausnahme der Mittelmeerregion, wo sie nicht vorkommt. In Spanien ist I. ricinus vor allem im Norden zu finden, bildet jedoch auch in den Gebirgen Südspaniens Herde. Sie ist in Europa die Zeckenart, die im Zusammenhang mit dem Menschen am meisten in Erscheinung tritt und deshalb in diesen Regionen als der bedeutendste Vektor aus der Gruppe der Acari zu betrachten ist (Gilot et al. 1996; Lommano et al. 2012; Márquez 2009; Stenzenberger & Gothe 1999).

    Das bevorzugte Habitat von I. ricinus sind feuchte Laub- und Mischwälder. Die Zecke kann Phasen geringer Luftfeuchtigkeit temporär überdauern, bevorzugt jedoch 90 bis 95 % Luftfeuchtigkeit. Unter diesen Bedingungen kann sie Flüssigkeit aus der Luft aufnehmen, während Luftfeuchtigkeit unter 70 % ihr Flüssigkeit entziehen und die Zecke bei anhaltenden Bedingungen austrocknen. Der Lebenszyklus dauert im Schnitt 3 Jahre, variiert dabei jedoch zwischen 2 und 6 Jahren (Gray 1991). Für I. ricinus ist das Eintreten in die Diapause zwischen den Stadien bekannt (Dautel & Kahl 1999).

    In der Wirtswahl sind die Nymphen und Adulten vergleichsweise unspezifisch und können sowohl auf einer Vielzahl an Säugetieren, als auch an Vögeln und einigen Reptilien gefunden werden. Larven zeigen eine Präferenz für Kleintiere, wie Mäuse, während Nymphen und Adulte größere Tiere bevorzugen (Petney et al. 2012)

    Aufgrund der hohen morphologischen und genetischen Ähnlichkeiten gehört I. ricinus zu einem Artenkomplex. Es werden dabei verschiedene Konstellationen eines Artenkomplexes diskutiert. Die beinhalteten Arten sind in Tabelle 1 aufgeführt.

    Tabelle 1: Arten des I. ricinus-Komplexes nach Petney et al. (2012)

    1.2.2.2 Ixodes hexagonus

    I. hexagonus, trivial Igelzecke genannt, ist in Nord- und Osteuropa zu finden. Vor allem in der Schweiz ist sie weit verbreitet. Die Verbreitung reicht jedoch auch in Ausläufern bis Südeuropa und die Zeckenart konnte in Frankreich und in einigen Gebieten Spaniens nachgewiesen werden (Estrada-Peña et al. 2004; Sobrino et al. 2012).

    Ihren Namen trägt die Zecke aufgrund des sechseckigen Scutums (Schildchen). Von I. ricinus lässt sie sich gut unterscheiden, da sie zur Gruppe der Ixodes mit kurzen Palpen gehört. Bei I. ricinus sind im Verhältnis das zweite und dritte Palpensegment zusammen länger als die Breite des Capitulums. Bei I. hexagonus ist es anders herum (Hillyard 1996).

    Ihr Hauptwirt sind Igel. Im Untersuchungsgebiet ist sie vor allem am Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) zu finden, in dessen Nest sie lebt. Die Zecke bleibt während der Phasen, in denen sie nicht am Wirt Blut saugt (off-host) im Bau des Wirtes und entwickelt sich dort zum nächsten Stadium (Endophilie). Adulte können darüber

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1