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DAS MEDIZIN-ESTABLISHMENT: SEGEN DER MENSCHEIT oder PROFITEURE DER ANGST
DAS MEDIZIN-ESTABLISHMENT: SEGEN DER MENSCHEIT oder PROFITEURE DER ANGST
DAS MEDIZIN-ESTABLISHMENT: SEGEN DER MENSCHEIT oder PROFITEURE DER ANGST
eBook585 Seiten6 Stunden

DAS MEDIZIN-ESTABLISHMENT: SEGEN DER MENSCHEIT oder PROFITEURE DER ANGST

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Über dieses E-Book

Es ist eine der paradoxesten Faktizitäten unserer Zeit, dass, trotz des enormen medizinischen Fortschritts, trotz der jährlich steigenden erheblichen Investitionen in Forschung, Vorsorge und Therapie, der allgemeine Gesundheitszustand der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland zunehmend schlechter wird.
Krankheiten, wohin das Auge blickt, flächendeckend eine auffällige Zunahme an neurologischen Krankheiten, an Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Demenz und vielen anderen mehr. Das Robert-Koch-Institut geht in seinen aktuellen Berechnungen beispielsweise davon aus, dass in Deutschland etwa jeder Zweite im Verlaufe seines Lebens an Krebs erkranken wird, statistisch gesehen stirbt jeder Vierte daran.
Warum ist das so? Warum werden die Menschen in Deutschland immer kränker?
Weil auch in der Medizin das ökonomische Grundprinzip der Gewinnmaximierung gilt!
Kritik impliziert Lösungen.
Ebendeshalb werden die seit Jahren bekannten Krankheitsauslöser und mögliche Strategien zur Problembewältigung für den Leser verständlich dargestellt. Insbesondere geht es um Prävention. Das faktische Vorgehensschema "Krankheit - Arzt - Symptom - Therapie" in der medizinischen Praxis ist in der heutigen Zeit definitiv nicht hinreichend geeignet, um den Menschen ein dauerhaft gesundes und vitales Leben zu ermöglichen. Vielmehr muss eine grundlegende Korrektur in der heilkundlichen Denkweise stattfinden. Nicht die Symptombehandlung, also die reine Reparatur des Organismus, darf ausschließlich im Zentrum ärztlichen Handelns stehen, sondern daneben - gleichberechtigt - die detaillierte Theorie und Praxis im Hinblick auf mögliche Vorbeuge-maßnahmen. Prävention ist die Zukunft der Medizin. Wenn keine Krankheiten ausbrechen, ist keine Symptombehandlung erforderlich!
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum4. Mai 2020
ISBN9783347058873
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    Buchvorschau

    DAS MEDIZIN-ESTABLISHMENT - H. T. Thielen

    Krankheit versus Gesundheit

    Gesundheit ist Harmonie.

    Die ärztliche Kunst besteht also darin, die gesundheitliche Störung aufzuheben und den erkrankten Teil des Körpers wieder in Harmonie mit dem Ganzen zu bringen."

    (Dr. Franz Hartmann)

    Wenn man sich der breit gefächerten Thematik „medizinischer Praxis" nähert, ist es einleitend geboten, die Begriffe Gesundheit und Krankheit zu klären.

    Landläufig betrachten die Menschen Gesundheit subjektiv als die Abwesenheit von Krankheit – eine Sichtweise, welche die Vielschichtigkeit krankmachender Faktoren jedoch nicht ausreichend berücksichtigt.

    Da weder auf juristischer noch auf medizinischer Ebene eindeutige und allgemeingültige Definitionen zur Verfügung stehen, möchte ich zunächst die recht banale Begriffsauslegung der Weltgesundheitsorganisation WHO anführen. Laut ihr ist Gesundheit „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen."¹⁸ Gemäß dieser Begriffsdeutung ist Gesundheit ein absolut idealer, aber unrealistischer Zustand, da er praktisch nicht verwirklicht werden kann.

    Um die unterschiedlich geprägten Ausrichtungen und Konzeptualisierungen von Gesundheit kategorisieren zu können, sind, je nach wissenschaftlicher Ausrichtung der Autoren, diverse andere Ansätze entwickelt worden, die, aufgrund der Heterogenität des Themas, im Rahmen dieser Arbeit nur fragmentarisch dargestellt werden können.

    Der Medizinsoziologe Talcott Parsons erklärt Gesundheit – aus soziologischer Sicht – als „ein Zustand optimaler Leistungsfähigkeit eines Individuums, für die wirksame Erfüllung der Rollen und Aufgaben, für die es sozialisiert worden ist."¹⁹ Diese rein zweckmäßige und somit inhumane Betrachtungsweise reduziert den Menschen zu einer gesellschaftlichen Bestimmungsgröße, welche eine ihm vorgegebene Funktion – vorrangig im Beschäftigungssystem – zu erfüllen hat. Gesund ist derjenige, der diese Anforderungen optimal erfüllt. Die individuellen Bedürfnisse der Menschen haben laut dieser Definition, da für die Gesellschaft sekundär, keine maßgebende Relevanz.

    Die überwiegende Mehrheit der Gesundheitswissenschaftler fordert allerdings, dass Gesundheit vom Menschen ausgehend zu betrachten ist und alle konkreten Einflussfaktoren und Wechselwirkungen des Lebens zu berücksichtigen sind. Gesundheitsaspekte können folglich nicht isoliert betrachtet werden, sondern sie spiegeln sich in den verschiedensten Lebenssituationen wider. Dabei ist die Verbundenheit von körperlichen, emotionalen sowie kognitiven Prozessen als wesentliches Zeichen von Gesundheit zu verstehen und bekräftigt ihren ganzheitlichen Charakter.²⁰

    In diesem Sinne verstehen Jürgen von Troschke et al. Gesundheit als „somatische, psychische und soziale Fähigkeit zur Lebensgestaltung und -bewältigung."²¹

    Klaus Hurrelmann definiert Gesundheit als einen „Zustand des objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensbedingungen befindet."²²

    In diesem Kontext ist Gesundheit nicht konkret machbar; sie stellt sich selbst her, wenn bestimmte Bedingungen in Balance sind. Sie ist beeinträchtigt, wenn sich in einem oder mehreren dieser Bereiche Anforderungen ergeben, die von der Person in der jeweiligen Phase im Lebenslauf nicht erfüllt und bewältigt werden können.²³ Gesund ist, diesen Ausführungen zur Folge, ein Mensch, wenn er sich in „ allgemeiner Harmonie" befindet, das heißt, wenn sich die existenten Risiko- und Schutzfaktoren ausgleichen.

    Für den negativ besetzten Begriff Krankheit gibt es weder bei der WHO noch im deutschen Gesundheitsrecht eine allgemein anerkannte, einheitliche Definition. Vermittels Modellbildung haben medizinische Forscher unterschiedliche Begriffsbestimmungen entworfen.

    Nach dem pathogenetisch²⁴ orientierten „biomedizinischen Modell" ist Krankheit eine Störung des Organismus, verursacht durch anatomische, physiologische oder biochemische Abweichungen. Die Krankheitsursprünge werden als rein körperlich und damit als naturwissenschaftlich eindeutig erklärbar eingestuft.²⁵ Der Arzt stellt ein Pathogen, beispielsweise einen Krankheitserreger, fest und bekämpft es mit Medikamenten oder anderen Therapien.²⁶

    Dieses Konzept war lange Zeit die vorherrschende medizinische Denkweise und Grundlage eines sich darauf aufbauenden allopathischen²⁷ Gesundheitssystems. Auch heute ist das medizinische Studium sehr stark von dieser Leitvorstellung geprägt. Es findet faktisch eine Zweiteilung in gesunde und kranke Menschen statt. Die dahingehend orientierten Ärzte legen ihren Fokus auf die zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorliegenden Krankheiten (Symptome), ihre Ursachen und die Gefahren, die es zu verhindern oder zu bekämpfen gilt. Sie diagnostizieren eine Erkrankung²⁸, entschlüsseln deren Ursachen, leiten spezifische Therapiemaßnahmen ein und geben, so sollte es zumindest sein, unterstützende Informationen und Ratschläge, um einen erneuten Ausbruch der Krankheit zu verhindern.

    Pathogenetisch orientierte Ärzte behandeln demgemäß lediglich die zum Zeitpunkt der Behandlung vorliegende Erkrankung, d. h., es werden im Prinzip Gefechte gegen einzelne Krankheitsbilder oder Erregergruppen geführt. Diese eindimensionale Betrachtungsweise – Krankheit ist ein lineares Folgeprodukt einer Ursache – und die ihr innewohnende Tendenz, einen direkten Ursache-Wirkungs-Zusammenhang der Krankheit herzustellen, ist nicht unumstritten, denn sie negiert die Vielschichtigkeit von krankmachenden Faktoren. Für viele Erkrankungen lassen sich explizit keine eindeutigen Auslöser angeben, denn sie entwickeln sich aus einer Komplexität von unterschiedlichen und oft sehr schwer erkennbaren Risikofaktoren.

    Neben diese klassische pathogenetische Sichtweise sind in den letzten Jahrzehnten verschiedene neu entwickelte Konzepte mit erweitertem Erklärungsansatz getreten.

    In den 70er Jahren formulierte der US-amerikanische Sozialmediziner George L. Engel ein erweitertes Krankheitsmodel, das „bio-psycho-soziale Krankheitsmodell, welches sich nicht auf ein körperliches Phänomen reduziert, sondern Körper, Seele und Milieu einbezieht (Leib-Seele-Dualismus).²⁹ Aufgrund seiner „Ganzheitlichkeit wurde dieses Modell zu einem wegweisenden Leitbild in den Gesundheitswissenschaften.

    Etliche Forscher folgten diesem Gedankengang. Der Physiologe Robert F. Schmidt bezieht sich in seiner Definition von Krankheit beispielsweise ebenfalls auf dieses Modell und deutet sie als „das Vorliegen von Symptomen und/o der Befunden […], die als Abweichung von einem physiologischen Gleichgewicht oder einer Regelgröße (Norm) interpretiert werden können und die auf definierte Ursachen innerer oder äußerer Schädigungen zurückgeführt werden können".³⁰

    Im Medizinlexikon „DocCheck Flexikon wird Krankheit, in Bezug auf das bio-psycho-soziale Modell, als „eine Störung der normalen physischen oder psychischen Funktionen [beschrieben], die einen Grad erreicht, der die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden eines Lebewesens subjektiv oder objektiv wahrnehmbar negativ beeinflusst. Die Grenze zwischen Krankheit und Befindlichkeitsstörung ist fließend³¹. Krankheit ist in diesem Sinne ein Zustand verminderter Leistungsfähigkeit, der aufgrund von Funktionsstörungen der Organe, der Psyche oder des gesamten Organismus ausgelöst wird.

    Anhand dieser allgemein gebräuchlichen Begriffsbestimmungen wird zunehmend deutlich, dass Krankheit und Gesundheit keine eindeutig determinierten Termini sind und sich nicht exakt voneinander abgrenzen lassen, wie es in der pathogenetischen Sichtweise angenommen wird. Sie sind ein gegeneinander agierender und geschlossener dynamischer Prozess.

    Auf dieser Basis erarbeitete der Medizinsoziologe Aaron Antonovsky in den 70er Jahren das Konzept der „Salutogenese³². Die Mediziner sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Gesundheits-Krankheits-Kontinuum³³, d. h., dass wir weder ganz gesund noch krank sind, sondern wir befinden uns entweder näher am Pol Gesundheit oder eben weiter davon entfernt in Richtung Krankheit.)

    Unser gesamtes Leben ist ein „Gesundheits-Krankheits-Kontinuum", da wir ständig unsere Befindlichkeitspositionen wechseln. Manchmal sind wir näher am Eckpunkt Gesundheit und fühlen uns gesund, verschiedentlich sind wir jedoch weiter davon entfernt und damit krank. Unsere temporäre Befindlichkeit, also das Stadium, in dem wir uns befinden, hängt dabei von einer Vielzahl divergenter Faktoren ab, wie z. B. vom sozialen Umfeld, den psychologischen und biologischen Dispositionen, von den vielfältigen Umwelteinflüssen und der Lebensgeschichte der Menschen, die auf uns einwirken.³⁴

    Das Konzept der Salutogenese stellt Gesundheit und die gesundheitsförderlichen Voraussetzungen in den Mittelpunkt seiner Maßnahmen, indem es untersucht, auf welche Weise sich die Menschen in Richtung Gesundheit entwickeln und welche Ressourcen hierzu erforderlich sind.³⁵ Sein oberstes Prinzip ist die Prävention. Durch Vorsorgemaßnahmen und Stärkung der Gesundheit wird Krankheit verhindert.³⁶

    Dieses und andere neuere Modelle sehen den Menschen ganzheitlich, „als ein strukturiertes, nach außen hin offenes System, dessen Teile in wechselseitiger Beziehung zueinander, zur Gesamtheit und zur Außenwelt stehen. Faktoren, die hier einwirken, sind die eigene Person (verstanden als Einheit von Körper, Seele und Geist), die soziale Umwelt (Mitmenschen, Gesellschaft), die natürliche Umwelt (Wasser, Boden, Luft, Klima), die künstliche Umwelt (Technik und Wissenschaften) und Übersinnliches (Religion, Glaube)."³⁷ Die Deutung und die Heilbehandlung von Krankheiten dürfen deshalb nicht allein auf der körperlich-physiologischen Ebene erfolgen, wie es die Schulmedizin vorgibt, sondern sie müssen Mensch und Gesellschaft mit ihren psychischen und sozialen Determinanten mit einschließen.

    Unter dem Begriff der Ganzheitlichkeit sind therapeutische Grundsätze subsumiert, die sich folglich nicht allein auf die Behandlung des erkrankten Organs, sondern auf den ganzen Menschen konzentrieren. Ebendies ist zwingend erforderlich, denn die kranken Menschen haben eine persönliche Vergangenheit, welche mit dem jeweiligen sozialen Umfeld verwoben ist. Ziel der medizinischen Behandlung darf es nicht sein, einen statistischen Mittelwert herbeizuführen (Pathogenese), sondern es gilt ein neues, individuelles Gleichgewicht zu finden. „Kranksein ist weder auf eine biologische, soziale oder psychologische Dimension zu reduzieren, sondern muss die Gesamtheit der Bezüge aus der Perspektive der Patienten berücksichtigen."³⁸ Auf diese Weise können die wesentlichen Variablen gefunden werden, um den Menschen wieder auf den erstrebenswerten Pol in Richtung Gesundheit zu bewegen. Nicht die Krankheitsursachen und die Risikofaktoren stehen im Vordergrund der Behandlung, sondern der Prozess des Gesundwerdens und die Gesunderhaltung.

    In der Praxis hat sich der ganzheitliche Ansatz der Salutogenese als äußerst erfolgreich bewährt.³⁹ Ungeachtet dessen praktizieren gegenwärtig die meisten Ärzte weiterhin nach dem klassischen Konzept der Pathogenese, welches auf dem schulmedizinischen Weltbild des 19. Jahrhunderts aufbaut.⁴⁰ Dies ist fraglos auf die gegenwärtig immer noch traditionellen Inhalte der medizinischen Ausbildungsgänge zurückzuführen. Daneben spielt die Zeitspanne der Anamnese⁴¹ (sie beträgt in Deutschland durchschnittlich ca. 7,6 Minuten⁴², Kritiker sprechen von „Minutenpraxis") eine ebenso mitentscheidende Rolle. In dieser kurzen Verweildauer beim Arzt kann eine sinnvolle, ganzheitliche Therapie nicht stattfinden.

    Obgleich die medizinischen Modelle – Pathogenese und Salutogenese – im Grundprinzip stark voneinander abweichen, ist die allgemein übliche Behandlungsweise der Ärzte, auch bei offiziell differentem Denkansatz, weitestgehend identisch. Unter Zuhilfenahme der Anamnese und der Auswertung der Untersuchungsergebnisse⁴³ wird eine Diagnose⁴⁴ erstellt. Diese ist routinemäßig die Grundlage für die Entscheidung über eventuell notwendige Therapien und dient der Prognose über die weitere Entwicklung der Krankheit sowie entsprechender Präventionsmaßnahmen.

    Unser gesamtes medizinisches System ist nach heutigem Stand durchgängig auf dieser konservativen pathogenetischen Verfahrensweise aufgebaut: Wer krank ist, geht zum Arzt und wird hinsichtlich seiner Beschwerden therapiert; wer gesund ist, geht gegebenenfalls zur Vorsorge, andernfalls meidet er nach Möglichkeit die ärztliche Praxis.)

    Ein Beispiel:

    Ein Patient hat hohen Blutdruck. Er geht zum Arzt und dieser verschreibt ihm eine Arznei, um den Blutdruck zu senken. Wirkt das Medikament, so sind Arzt und Patient zufrieden!

    Fatalerweise ist diese Form der Behandlung ein großer Fehler, denn die Frage (bzw. Ursache), weshalb der Patient einen hohen Blutdruck hat, ist nicht beantwortet (bzw. nicht gefunden) und wird meist nicht behandelt.

    Ein Grund könnte Sauerstoffmangel in einem Organ oder im Gehirn sein. Rezeptoren melden dem Gehirn, dass Sauerstoffmangel irgendwo im Organismus vorhanden ist. Der Körper reagiert mit der Erhöhung der Herzfrequenz und damit des Blutdrucks, um den Sauerstoffmangel auszugleichen.

    Durch das Medikament wird zwar der Blutdruck des Patienten gesenkt, das Problem im Organismus jedoch nicht beseitigt. Im Gegenteil: Es könnte sich sogar verschlimmern, da die Signale des Körpers nicht beachtet oder, wie in unserem Fall, ausgeschaltet werden. Es kann zu Gewebeschäden, selbst zu Organausfällen oder Gehirnschlag aufgrund des Sauerstoffmangels kommen.

    Das Beispiel zeigt deutlich, dass die gegenwärtige medizinische Praxis der Symptombehandlung nicht ausreicht, da die konkreten Krankheitsursachen vielfach nicht erfasst und folglich nicht beseitigt werden.

    Dies gilt teilweise auch für die heute neben den allophatischen Techniken und Verfahrensweisen angewandten komplementären Heilmethoden⁴⁵. So wird beispielsweise auch die Naturheilkunde in der Regel nur dann von den Patienten in Anspruch genommen, wenn konkrete gesundheitliche Beschwerden (Symptome) vorliegen.

    Auch wenn von den Patienten zunächst eine bloße Symptombehandlung erwartet wird, so sind die Therapieansätze naturheilkundlicher Praxen gleichwohl grundlegend anders. Von essenzieller Bedeutung ist gerade hier die umfangreiche, ganzheitliche Analyse der medizinischen Vorgeschichte, und die Therapiemaßnahmen erfolgen auf naturheilkundlicher Basis mit möglichst chemiefreien Substanzen.

    Traurigerweise werden viele komplementärmedizinische Verfahren – obwohl über Jahrhunderte erprobt und erfolgreich angewandt – durch die materialistisch orientierte Schulmedizin vielfach als wenig wirkungsvoll, und deshalb ohne Daseinsberechtigung, diskreditiert. Unterstützt durch die mächtige Lobby der Pharmaindustrie, welche mit den natürlichen Substanzen kein Geld verdienen kann, sowie der fehlenden politischen Wertschätzung, bleiben sie meist unbeachtet. Damit beschneidet sich die Medizin selbst, denn die „natürlichen Heiltherapien" sind nachweislich überaus effektiv und vermögen die Menschen im Regelfall – ohne Chemie – von ihren spezifischen Leiden zu befreien. Nicht Ablehnung, sondern Komplettierung, vielmehr Bereicherung, muss die Maxime lauten.

    Dieses vorherrschende Vorgehensschema „Krankheit – Arzt – Symptom – Therapie" in der medizinischen Praxis war de facto nie und ist in der heutigen Zeit definitiv nicht hinreichend geeignet, um die Menschen nachhaltig zu heilen und ihnen ein dauerhaft gesundes und vitales Leben zu ermöglichen. Für bereits erkrankte oder verunfallte Menschen, welche unmittelbar ärztliche Hilfe benötigen, ist die beschriebene Vorgehensweise – ob klassisch, ganzheitlich oder auch alternativ – zweckmäßig und äußerst erfolgreich, und sie wird auch in Zukunft der wesentliche Teil medizinischer Versorgung sein. Für (noch) gesunde und bereits genesene Patienten, die auch gesund bleiben wollen, bedarf es allerdings mehr. Um dieses Mehr zu erreichen, muss eine grundlegende Korrektur in der heilkundlichen Denkweise stattfinden.

    Nicht die Symptombehandlung, also die Reparatur des Organismus, darf ausschließlich im Zentrum ärztlichen Handelns stehen; daneben muss – gleichberechtigt – die detaillierte Theorie und Praxis im Hinblick auf mögliche Vorbeugemaßnahmen Platz finden. Prävention ist die Zukunft der Medizin. Wenn keine Krankheiten ausbrechen, ist keine Symptombehandlung erforderlich! Die Ärzte, ja, alle Heilberufler müssen Vorreiter einer neuen medizinischen Denkweise werden. Sie müssen sich verpflichtet fühlen, ebenfalls Lehrer für Gesundheit zu sein, denn das primäre Ziel heißt nicht mehr Erkrankungen zu bekämpfen, sondern Krankheiten zu verhindern.

    Prävention ist – da sie Krankheiten verhindert – gleichfalls die Chance der Menschen auf ein deutlich längeres und im Alter gesundes und vitales Leben.

    Laut Statista betrug die durchschnittliche Lebenserwartung im Jahr 2020 bei Frauen 84,1 Jahre und bei Männern 79,1Jahre; die Prognose für das Jahr 2060 lautet: Frauen werden durchschnittlich 88,8 Jahre und Männer 84,8 Jahre alt.⁴⁶

    Altersforscher auf der ganzen Welt gehen davon aus, dass diese Schätzungen, aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, erheblich übertroffen werden können, wenn der Bevölkerung die existenziellen Informationen zur Krankheitsvermeidung – diese sind wissenschaftlich längst bekannt – zur Verfügung stehen würden. Insider sprechen in diesem Zusammenhang von dem „am besten behüteten Geheimnis" unserer Zeit, denn es ist äußerst zweifelhaft, ob sich der Neo-Kapitalismus zukünftig eine beträchtlich ältere Bevölkerung leisten will!

    Zunächst stellt sich die Frage: Welches Alter kann der Mensch, und zwar in einem vitalen und lebenswerten Zustand, nach Lage der neuesten Erkenntnisse, erreichen?

    Dieser Sachverhalt wird in der wissenschaftlichen Diskussion kontrovers behandelt.

    Die Gerontologen⁴⁷ Joop de Beer et al. haben in ihren Untersuchungen festgestellt, dass die Lebenserwartung des Menschen in den nächsten Jahrzehnten auf ca. 125 Jahre steigen kann.⁴⁸ Forscher vom Albert Einstein College of Medicine in New York kamen in einer Studie⁴⁹ ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Mensch in naher Zukunft ein Alter von 125 Jahren erreichen könnte. Sie sehen jedoch hier eine biologische Grenze.

    Moshe Shay Ben-Haim von der Tel Aviv University hat sich gleichfalls mit der Molekularbiologie des Alterns beschäftigt und sieht die künftige Lebenserwartung noch offensiver. Er geht davon aus, dass künftig immer mehr Menschen weit über 120 Jahre, sogar bis zu 140 Jahren, alt werden können. In erster Linie würden Korrekturen in der Ernährung, gentechnische Eingriffe, Prävention und eine verbesserte medizinische Versorgung zu dieser hohen Lebenserwartung führen.⁵⁰

    Die überwiegende Mehrzahl der Menschen stirbt gegenwärtig nicht an Altersschwäche, sondern an diversen Krankheiten. Das erweiterte Ziel medizinischer Aktivitäten muss folglich heißen: Durch Prävention Krankheiten vermeiden!

    Cohen und viele andere Wissenschaftler sehen in der fehlerhaften Ernährung und in der Umweltverschmutzung die Hauptursache für die noch relativ bescheidene Lebenserwartung. Ihre Studien zeigen, dass die Gene, anders als bisher angenommen, nur einen moderaten Einfluss auf das Lebensalter haben, dass aber in erster Linie Umwelt und Ernährung, aber auch regelmäßige Bewegung, der Sozialstatus, das Bildungsniveau sowie die soziale Eingebundenheit von besonderer Bedeutung sind.

    Das erreichbare Lebensalter im Sinne „älter werden, aber biologisch jünger bleiben" ist als Folge dessen individuell beeinflussbar, denn unsere persönlichen Verhaltensweisen sind verantwortlich für unsere Gesundheit, für unser Wohlbefinden und dadurch auch für unser Alter. Die fundamentale sich hier aufdrängende Frage, ob ein so hohes biblisches Alter im jetzigen Entwicklungszustand der Menschen erstrebenswert ist, kann hier nicht beantwortet werden. Die Welt würde vermutlich aus den Fugen geraten, wenn die Menschen, innerhalb einer Generation, einen solcherart gewaltigen Sprung in der Lebenserwartung machen würden!

    ¹⁸ World Health Organization (1946): „Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity."

    ¹⁹ „Health may be defined as the state of optimum capacity of an individual for the effective performance of the rules and tasks for which he has been socialized." In: T. Parsons: Social Structure and Personality. Frankfurt am Main 2007.

    ²⁰ Vgl. A. Ducki, B. Greiner: Gesundheit Als Entwicklung von Handlungsfähigkeit. Ein Arbeitspsychologischer Baustein zu einem Allgemeinen Gesundheitsmodell. Zeitschrift für Arbeitsund Organisationspsychologie, 36 (1992), 184–189.

    ²¹ J. v. Troschke, et al.: Die Bedeutung der Ottawa Chartafür die Entwicklung einer New Public Health in Deutschland. Freiburg: Universität Freiburg Abt. f. med. Soziol., 1996, S. 104-119.

    ²² Vgl. K. Hurrelmann: Gesundheitssoziologie: Eine Einführung in sozialwissenschaftliche Theorien von Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung. 7th edn, Weinheim: Beltz Juventa, 2010.

    ²³ Vgl. K. Hurrelmann: Gesundheitssoziologie: Eine Einführung in sozialwissenschaftliche Theorien von Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung. 7th edn, Weinheim: Beltz Juventa, 2010.

    ²⁴ In der Pathogenese steht die Krankheit im Fokus. Sie beschreibt die Entstehung und Entwicklung von physischer oder psychischer Krankheit (patho = krankhaft, genesis = Entstehung). Vgl. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Infobox 4.1.3, Salutogenese und Pathogenese.

    ²⁵ Vgl. E. Voland: Soziobiologie: Die Evolution von Kooperation und Konkurrenz. 3. Aufl. 2009, Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

    ²⁶ Louis Pasteur, französischer Chemiker, Physiker, Biochemiker und Mitbegründer der medizinischen Mikrobiologie (* 27. Dezember 1822, † 28. September 1895) befürwortete diese Theorie. Er sagte sinngemäß: „Der Keim ist alles, das Milieu ist nichts." Seine wissenschaftlichen Forschungen waren mitentscheidend für vorbeugende Impfungen gegen Infektionskrankheiten.

    ²⁷ Schulmedizinische Verfahren, Allopathie = Schulmedizin.

    ²⁸ Zur Abgrenzung zwischen Krankheit und Gesundheit werden statistisch gewonnene Schwankungsbreiten, innerhalb derer der Patient als krank oder gesund angesehen wird, berücksichtigt. Sie orientieren sich entweder an gesundheitlichen Störungen bzw. Einschränkungen oder an klar bestimmbaren Krankheitskriterien. In der Regel wird eine Person als erkrankt bezeichnet, wenn ihr gesundheitlicher Zustand von einem determinierten Standard, also der Norm, abweicht.

    ²⁹ G. L. Engel: The Need for a New Medical Model: A Challenge for Biomedicine, Science. 196.4286 (1977), 129–36 [letzter Zugriff am 22. Februar 2018].

    ³⁰ Vgl. R. F. Schmidt, Klaus Unsicker: Lehrbuch Vorklinik: Integrierte Darstellung in 4 Teilen. 1. , Köln: Deutscher Ärzteverlag, 2003.

    ³¹ DocCheck Medical Services GmbH: Krankheit. [letzter Zugriff am 25. März 2018].

    ³² Die Salutogenese untersucht diejenigen Prozesse, welche die Gesundheit erhalten und fördern. Gesundheit und Krankheit werden nicht als zweigeteilte Zustände verstanden, sondern sie befinden sich an einander gegenüberliegenden Enden eines Kontinuums. Das „Gesundheits-Krankheits-Kontinuum" soll die absolute Abgrenzung von gesund und krank aufbrechen und ausdrücken, dass jeder Mensch sowohl kranke als auch gesunde Anteile hat und sich irgendwo zwischen gesund und krank befindet. Vgl. Zentrum für Salutogenese [letzter Zugriff am 25. Februar 2018].

    ³³ Vgl. A. Franke, A. Antonovsky: Salutogenese: Zur Entmystifizierung der Gesundheit. trans. by Nicola Schulte, 1st edn, Tübingen: dgvt-Verlag, 1997.

    ³⁴ Vgl. P. Franzkowiak, M. Lehmann: Gesundheits-Krankheits-Kontinuum. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – BZgA (Hrsg.) (2003). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden der Gesundheitsförderung. 4. Aufl. Schwabenheim a. d. Selz: Fachverlag Peter Sabo 2003, S. 113 – 115.

    ³⁵ Vgl. A. Franke, A. Antonovsky: Salutogenese: Zur Entmystifizierung der Gesundheit. trans. by Nicola Schulte, 1st edn, Tübingen: dgvt-Verlag, 1997.

    ³⁶ Claude Bernard, (* 12. Juli 1813, † 10. Februar 1878), ein französischer Arzt, Pharmazeut und Experimentalphysiologe erkannte als erster die Bedeutung des Milieu intérieur für die Aufrechterhaltung des Lebens. „Das Milieu ist alles, der Keim ist nichts", soll er, im Gegensatz zu der Theorie von Louis Pasteur, gesagt haben. Für ihn galt es nicht, das Virus/das Bakterium zu bekämpfen, sondern das Milieu, sprich das Immunsystem derart zu stärken, dass eine körpereigene Abwehr entsteht.

    ³⁷ Vgl. D. Grönemeyer: Weltmedizin: Auf dem Weg zu einer ganzheitlichen Heilkunst. 5th edn, Frankfurt am Main: S. Fischer, 2018.

    ³⁸ M. Flatscher, T. Liem: Was ist Gesundheit? Was ist Krankheit? Überlegungen zu einem Problemkomplex, Osteopathische Medizin, 13.2 (2012), 18–21 [letzter Zugriff am 08. April 2018].

    ³⁹ Louis Pasteur soll vor seinem Tod seinen Irrtum eingestanden und gesagt haben: „Das Milieu ist alles."

    ⁴⁰ Rudolf Ludwig Carl Virchow begründete in den 1850er Jahren mit der Zellularpathologie eine Krankheitslehre, nach der Krankheiten auf Störungen der Körperzellen bzw. ihrer Funktionen basieren. Diese veraltete, dogmatische Lehre – sie hatte in den vergangenen Jahrzehnten definitiv eine große Bedeutung – dominiert auch heute noch die sogenannte modere Schulmedizin.

    ⁴¹ Patientengespräch, Befragung der medizinisch relevanten Informationen.

    ⁴² Siehe Kapitel „Interessenkonflikte in der medizinischen Praxis".

    ⁴³ Diagnoseverfahren wie Laborparameter, Ultraschall, Röntgenaufnahmen, CT, MRT etc. Mehr als die Hälfte aller Erkrankungen werden durch Laborparameter entdeckt oder im Verlauf kontrolliert. Vgl. Laborlexikon: Facharztwissen für alle. [letzter Zugriff am 27. April 2019].

    ⁴⁴ Zusammenfassende Gesamtschau und Beurteilung der erhobenen Befunde.

    ⁴⁵ Der Begriff Komplementärmedizin umfasst alle Methoden, die ergänzend zur konventionellen Medizin eingesetzt werden. Dazu gehören auch die Verfahren der Naturheilkunde (Homöopathie, Akupunktur, Akupressur, Kneipptherapie, Pflanzenheilkunde, Osteopathie, Ernährungstherapie, Kinesiologie, Reiki, Bewegungstherapie, Hydrotherapie, Heilfasten, Magnetismus etc.).

    ⁴⁶ Vgl. Statista: Lebenserwartung in Deutschland - Durchschnittsalter bis 2060. [letzter Zugriff am 13. April 2020].

    ⁴⁷ Altersforscher.

    ⁴⁸ Vgl. J. d. Beer, A. Bardoutsos, F. Janssen: Maximum Human Lifespan May Increase to 125 Years. Nature, 546.7660 (2017), E16–17 [letzter Zugriff am 17. Mai 2018].

    ⁴⁹ Vgl. J. Vijg, B. K. Kennedy: The Essence of Aging. Gerontology. 62.4 (2016), 381–85 [letzter Zugriff am 17. Mai 2019].

    ⁵⁰ Vgl. M. S. Ben-Haim et. al., Breaking the Ceiling of Human Maximal Life Span. The Journals of Gerontology. Series A, Biological Sciences and Medical Sciences, 73.11 (2018), 1465–71 [letzter Zugriff am 10. Mai 2018].

    Die Ärzteschaft

    „Es gibt heutzutage – wie damals zu Zeiten des Paracelsus – viererlei Klassen von Ärzten: Nämlich solche, die als Ärzte geboren sind und die richtige Schulung genossen haben. Ferner solche, die auch von der Natur das Talent zur Behandlung von Krankheiten empfangen haben, aber nicht theoretisch gebildet sind. Drittens solche, die gar kein oder nur wenig Talent zur Arzneikunst haben, dagegen aber auf einer Hochschule abgerichtet und dressiert worden sind, wobei noch manchem das bisschen Vernunft, das er auf die Hochschule mitbringt, durch die stattfindende Ideenverwirrung verlorengeht. Schließlich die Beutelschneider, welche weder Talent haben, noch abgerichtet wurden, und deren Kunst nur in der Bauernfängerei besteht."

    (G. W. Surja)

    In früheren Epochen war die so bedeutungsvolle Tätigkeit des Arztes eine wahre Kunstfertigkeit, eine ehrenvolle, ja eine heilige Profession. Man hat die Anwärter für diesen Berufsstand aus der Priesterschaft, den Philosophen und Weisen erwählt, denn die Personen, denen man sein bedeutungsvollstes Gut, seine Gesundheit, anvertraute, mussten Wohltäter der Menschheit und von edler Gesinnung und wissend sein.

    Heutzutage wünschen wir uns Mediziner mit konkret diesen bedeutsamen Charakterzügen; das Ideal des nur dem Wohl des Patienten dienenden Arztes. Doch dem Zeitgeist entsprechend sind die Voraussetzungen, aber auch die Beweggründe, den Beruf des Arztes einzuschlagen, bedauerlicherweise zumeist ganz andere.

    Die Identität des Arztes hat in den letzten Jahrzehnten eine deutliche Transformation erfahren. Vornehmlich niedergelassene Ärzte sind heute aufgrund politischer und ökonomischer Rahmenbedingungen gezwungen, sich an die Mitbewerber auf dem Gesundheitsmarkt anzupassen und privatwirtschaftliche Managementmethoden in den Praxisbetrieb einzuführen. Aus der Zweierbeziehung Arzt-Patient wurde die Dreierbeziehung Arzt-Krankenkasse-Patient. Damit ist der Arzt nicht mehr allein dem Patienten verpflichtet, ihm die bestmögliche Behandlung zu geben, sondern gleichzeitig die effizienteste Methode anzuwenden. Es geht, wie fast überall in der Welt, um finanzielle Gewinne. „Geschäftsethik – Maximierung von Gewinn – und medizinische Ethik sind immer öfter nicht mehr miteinander vereinbar, aber untrennbar miteinander verbunden."⁵¹

    Das Studium der Medizin

    Es ist für die jungen Menschen unmittelbar nach dem Erreichen der Hochschulreife kein einfacher Prozess, eine schlüssige Entscheidung für den zukünftigen Beruf zu treffen. Noch unreif und unerfahren müssen sie relativ kurzfristig zu dem gewichtigen Entschluss gelangen, welche berufliche Richtung sie einschlagen wollen.

    Aber warum gerade Arzt werden?

    In dieser frühen Phase der Berufswahl sind persönliche Veranlagungen und Neigungen, folglich intrinsische⁵² Auslöser, entscheidend. Der Wunsch, Arzt zu werden, ist oft schon in den Kindertagen entwickelt, aber auch prosoziales Denken und das idealistische Bestreben nach dem „Guten und Wahren in der Welt" spielen eine bedeutungsvolle Rolle. Fachliches Interesse und das Streben nach Ansehen und Sicherheit sind für die jungen Leute weitere signifikante Motive, denn der gesellschaftlich hochwertige Status des Arztes ist in der Öffentlichkeit allgemein bekannt.

    Dorothea Osenberg et al. haben 2010 in einer Studie an Studierenden der Medizin untersucht, welche Hauptmotive sie zu ihrem Studium inspiriert haben.

    Am häufigsten wurde das Interesse an medizinischen Zusammenhängen angegeben (41,1 %). Die Motivation zur Hilfeleistung (15,7 %), die Vielseitigkeit der möglichen Berufsausübung (17,7 %) und die Freude am Kontakt mit Menschen (14,2 %) waren weitere häufig genannte Beweggründe.⁵³)

    Eine Studie von Gillian Maudsley et al. (2007) zeigt ein vergleichbares Ergebnis. Dieser Untersuchung zufolge hatte der Wunsch, mit Menschen zu arbeiten und ihnen im Krankheitsfall zu helfen sowie fachliches Interesse an der Medizin ebenfalls eine zentrale Bedeutung.⁵⁴

    In einer anderen Studie von 2009 (Markus Schrauth et al.) – ebenfalls an Medizinstudenten durchgeführt – wurde gefragt, welche Eigenschaften ein zukünftiger Arzt haben sollte.

    An erster Stelle stand höchste Fachkompetenz, danach folgten Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit, Freundlichkeit, Sicherheit, Gründlichkeit und Sympathie – alles ehrenwerte Eigenschaften und Ideale, welche wir Patienten gerne an unseren Ärzten sehen. Die Frage, ob diese edlen Wesenszüge auch die persönlichen Erfahrungen mit Ärzten widerspiegeln, wurde von den Studierenden allerdings häufig verneint.⁵⁵

    Zunächst sind diese idealistischen und sehr ehrbaren Beweggründe der Studierenden für ihre Berufswahl „Arzt" in hohem Maße positiv zu bewerten. Fachliche Kompetenz, Empathie und der Wunsch, anderen Menschen zu helfen, sind exakt die Attribute, die man von einem guten Arzt erwartet. Betrachtet man die Ergebnisse der Studie jedoch im Detail, so ergibt sich ein inkonsistentes Bild.

    In der Studie von Dorothea Osenberg et al. gaben lediglich 41,1 % der Medizinstudenten als Hauptgrund für ihr Medizinstudium „Interesse an medizi- nischen Zusammenhängen" an. Das ist weniger als die Hälfte! Was ist mit den anderen 58,9 %, welche diesen Beweggrund nicht genannt haben?)

    15,7 % der Studierenden erachten es als relevant, Menschen zu helfen. Das ist eine enttäuschende Zahl. Anscheinend haben sich die ehrbaren Impulse für die spezifische Berufswahl schon während des Studiums stark verschoben. Was ist mit den übrigen 84,3 %?

    14,2 % freuen sich auf den Kontakt mit anderen Menschen. Was ist mit den fehlenden 85,8 %?

    Ebendies bedeutet auch, dass die ethischen Werte des Arztberufes, anderen Menschen zu helfen und die Verpflichtung zum Dienst an der Gesellschaft, bei den Medizinstudenten während des Studiums an Gewicht verlieren und später – traurigerweise ist dies zu befürchten – bei manchen Ärzten nur noch eine sekundäre Position einnehmen.

    Michael Ramm et al. haben 2005 Studierende der Medizin im Hinblick auf extrinsische Motive⁵⁶ wie Einkommen, Karriere und Arbeitsplatzsicherheit befragt.

    Die Chance auf ein hohes Einkommen war für 22 % der befragten Studierenden sehr wichtig, von 43 % der Befragten wurde es als eher wichtig eingeschätzt. Die Chance als Mediziner Karriere zu machen war für die Befragten ebenso von großer Bedeutung: 30 % der Befragten empfanden die Aussicht auf eine Führungsposition als sehr wichtig, weitere 20 % fanden dies relativ wichtig. Auch die spätere Arbeitsplatzsicherheit als Mediziner – dies nannten sogar 70 % der Befragten – war ein relevantes Motiv für die Studienwahl.⁵⁷

    Christoph Heine et. al. haben 2005 in ihrer Studie ein vergleichbares Ergebnis erhalten. Jeder zweite Studierende nannte den sozialen Status in seinem späteren Beruf als sehr wichtige Begründung für die Studienwahl. Neben den persönlichen Interessen und Stärken spielen daher die späteren Verdienstmöglichkeiten sowie die Zukunftssicherheit des Arztberufes eine signifikante Rolle bei der Wahl des Studienfaches Medizin.⁵⁸)

    Das Ergebnis der Studie ist naheliegend, denn Ärztinnen und Ärzte genießen ein hohes gesellschaftliches Prestige. Laut einer Forsa–Umfrage zählen Ärzte zu den Berufsgruppen, vor denen die Deutschen am meisten Achtung haben (87 %).⁵⁹ Im Übrigen ist allgemein bekannt, dass Ärzte weltweit mit zu den Topverdienern in der Gesellschaft gehören. So sind die späteren Verdienstmöglichkeiten in Verbindung mit sozialem Ansehen bei den Medizinstudenten verständlicherweise ein äußerst relevanter Aspekt bei der Studienwahl.

    Die Popularität des Medizinstudiums zeigt sich demzufolge auch in einer enormen Nachfrage nach den vergleichsweise wenigen Studienplätzen. Um den Bedarf an medizinischem Fachpersonal abzudecken – die personellen Anforderungen infolge steigender Krankheitsfälle nehmen in Deutschland stetig zu⁶⁰ – wurde das universitäre Angebot in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht. Jährlich bewerben sich gegenwärtig etwa 43.000 Abiturienten auf rund 9.200 Studienplätze, und die Tendenz zum Arztberuf ist weiter steigend.⁶¹

    Wer heute Humanmedizin studieren will, der muss sich, im Vergleich mit anderen Fachdisziplinen, auf eine längere Studienzeit einstellen. Abhängig vom Bundesland und der jeweiligen Hochschule sind ca. 12 bis 14 Semester obligatorisch.

    Der Verlauf des anspruchsvollen Medizinstudiums ist durch die Approbationsordnung⁶² von 2002 geregelt und unterteilt sich im Regelfall in drei Teilgebiete: die vorklinische Ausbildung, sie dauert ca. zwei Jahre und vermittelt die theoretischen Grundlagen, den klinischen Teil, er dauert ca. drei Jahre und verbindet Theorie und Praxis, sowie das abschließende praktische Jahr.

    Als sogenannte „Vorklinik" werden die ersten vier Semester des Medizinstudiums bezeichnet. In dieser Phase werden die grundlegenden, naturwissenschaftlichen Fächer Chemie, Biologie, Biochemie, Anatomie, Physiologie und die medizinische Psychologie / Soziologie vermittelt. Das sogenannte Physikum, das erste Staatsexamen, stellt den Schlusspunkt dieser Stufe dar.

    Im sich anschließenden klinischen Abschnitt steht das Erlernen des therapeutischen Handelns im Mittelpunkt. Er ist in zwei Phasen gegliedert: die klinisch-theoretischen und die klinisch-praktischen Fächer.

    Zur ersten Phase zählen Fächer mit eher geringem Patientenkontakt und therapeutischer Tätigkeit wie die Radiologie, die Immunologie oder die medizinische Mikrobiologie. Zur zweiten Phase gehören die klassischen kurativen Fächer wie z. B. Innere Medizin, Chirurgie oder die Psychosomatik. Abgeschlossen wird der klinische Teil mit der zweiten ärztlichen Prüfung, die auch als Hammerexamen bezeichnet wird.

    Die dritte und letzte Phase ist das praktische Jahr. In dieser Phase sollen die angehenden Mediziner auf die spätere Tätigkeit als Assistenzarzt vorbereitet werden. Dieser Abschnitt findet unmittelbar in einer Klinik oder einem Krankenhaus statt, meist in den Bereichen innere Medizin oder Chirurgie. Den Abschluss bildet die dritte ärztliche Prüfung; nach erfolgreicher Abnahme erhalten die Mediziner die sogenannte Approbation und dürfen den Titel Arzt tragen.

    Das klassische Medizinstudium in der Bundesrepublik Deutschland vermittelt in den jeweiligen Fachgebieten grundlegende Kenntnisse, Qualifikationen und Kompetenzen auf hohem Niveau. Die Zielvorstellung der Ausbildung ist eine Ärzteschaft, welche für eine differenzierte medizinische Versorgung, im Sinne der Behandlung von kranken Menschen, qualifiziert ist.)

    Mit dem „Masterplan Medizinstudium 2020" stellten Bund und Länder die Weichen für die Ausbildung der nächsten Medizinergeneration, welche den Herausforderungen einer modernen Industriegesellschaft stärker gerecht werden soll. Er sieht signifikante Korrekturen bei der Studienstruktur und den Ausbildungsinhalten vor. Im Schwerpunkt wird die Ausbildung praxisnäher und bedarfsgerechter. So wird durch die Vermittlung arztbezogener Fähigkeiten der Stellenwert des Allgemeinmediziners im Studium deutlich verbessert, nicht zuletzt, um dem Fachkräftemangel in den ländlichen Gebieten entgegenzusteuern.

    Durch die Neuausrichtung des Medizinstudiums nähert man sich dem internationalen Standard, der Allgemeinmedizin schon in der universitären Ausbildung ein breiteres Gewicht zu verleihen. Sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in vielen europäischen Ländern ist der Facharzt für Allgemeinmedizin bereits eingeführt, da man erkannte, welche zentrale Rolle den Hausärzten schon heute und verstärkt in Zukunft zukommt.⁶³

    Die weiterführende Promotion zum „Dr. med. an einer deutschen medizinischen Hochschule wird international wohl anerkannt, jedoch sehr ambivalent betrachtet. Im Schwerpunkt geht es um das wissenschaftliche Arbeiten in einer methodisch-orientierten Qualifikation als forschender Wissenschaftler. Diese zum Forschen und Lehren erforderlichen Kompetenzen finden in den nationalen kompetenzbasierten Lernzielkatalogen Medizin (NKLM) nur eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Man sollte sie daher grundlegend überdenken und sich an den internationalen Standards orientieren. Selbst der deutsche Wissenschaftsrat (WR) und auch der europäische Forschungsrat (ECR) vertreten die Ansicht, dass Qualität und Quantität der Promotion nicht dem wissenschaftlichen Anspruch eines Doktorgrades in anderen Fachdisziplinen bzw. dem „Philosophiae Doctor (PhD) in anderen Ländern entspricht.⁶⁴

    Summa summarum befähigt das Studium der Medizin in Deutschland absolut für eine Betätigung als Arzt im traditionellen Sinn. Es ist qualitativ hochwertig aufgebaut und bietet die gängigen Wissens- und Praxiselemente, um erkrankten bzw. verunfallten Menschen in den unterschiedlichsten Einrichtungen, wie beispielsweise einer Klinik oder der eigenen Praxis, zu helfen.

    Gleichwohl gibt es moderne medizinisch-wirksame Forschungsansätze, welche, zusammen mit den komplementär-medizinischen Heilverfahren, zahlreiche tradierte Praktiken der Schulmedizin infrage stellen, und den Patienten eine günstigere Heilungschance versprechen. Sie wurden bisher weder in Forschungsprojekten auf ihre Evidenz untersucht noch in den Qualifizierungsrahmen der Ärzteausbildung aufgenommen.

    Bekanntlich sind auch die Curricula der medizinischen Hochschulen inhaltlich nicht werteneutral, sondern den gesellschaftlichen Mächten unterworfen. Dies hat zur Folge, dass die approbierten Ärzte in der Praxis nur die schulmedizinisch anerkannten Wissenselemente anwenden können bzw. dürfen, die an den Universitäten und in den Weiterbildungen vermittelt werden – das sind Sachkenntnisse, Fähigkeiten und Weiterentwicklungen auf der Basis der virchowschen Zellularpathologie, und das sind verbindlich festgelegte Inhalte, beschlossen unter der Federführung der pharmazeutischen Industrie.

    Das Ergebnis ist eine Medizin, die sich dogmatisch auf eine antiquierte, rein organische Ebene konzentriert – Krankheiten sind organische Störungen und werden durch Medikamente und Apparaturen beseitigt. Neuere medizinische Forschungsansätze und natürliche ganzheitliche Heilverfahren werden zugleich herabgewürdigt oder konsequent abgelehnt. Anstatt diese fortschrittlichen Forschungserkenntnisse weiter zu entwickeln oder auch die wirksamen und günstigen traditionellen Naturheilverfahren auf einen zeitgerechten Stand zu bringen, werden Milliardenbeträge in schulmedizinische Entwicklungen, also in teure Medikamente und technisch-apparative Weiterentwicklungen, gepumpt – alles zum Wohle der Industrie.)

    Das Gesundheitswesen hat viele Facetten. Neben die Schulmedizin – sie hat gewiss ihren hohen Stellenwert – gehören zukünftig definitiv die Naturheilkunde, komplementär-medizinische Heilmethoden⁶⁵ und vor allem die Krankheitsprävention, das sind die Strategien zur Lebensführung der Menschen, um die Entstehung von

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