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Die Zauberberge: Provitas Orakel
Die Zauberberge: Provitas Orakel
Die Zauberberge: Provitas Orakel
eBook527 Seiten7 Stunden

Die Zauberberge: Provitas Orakel

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Über dieses E-Book

Die Erde bebt, Stürme ziehen auf.
Sind dies die ersten Vorzeichen der Prophezeiung?
Im Orakel von Provita steht es seit langer Zeit geschrieben und doch geriet es in Vergessenheit. Die Menschen von Aquarien, einem Land außerhalb unserer Zeit und Raum, fühlten sich sicher und ahnten nichts von dem, was kommen sollte.
In den Träumen und Visionen der Weißen Magier und Hexen von Aquarien nahm das Verhängnis längst Gestalt an, auch wenn noch nicht klar zu erkennen war, wer der Heerführer des Bösen sein würde. Doch es war wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis auch dieses Rätsel sich lösen würde. Einiges von dem Verhängnis wurde schon jetzt klar ersichtlich: Eines Tages musste die Mauer von Versato fallen und das Böse sich erheben. Es wird Verbündete suchen und finden. Dann wird der Krieg beginnen zwischen Gut und Böse, der Kampf um die Vormachtstellung in Aquarien.
Eine Hoffnung gab es in all der Dunkelheit …
Irgendwann wird er kommen! Der Retter von Aquarien, der als Kaiser den rechten Platz einnimmt und seine Heere vereint, der den wahren und geheimnisvollen Schatz erben wird und den Frieden bringt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum28. Dez. 2016
ISBN9783734586521
Die Zauberberge: Provitas Orakel

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    Buchvorschau

    Die Zauberberge - H. F. Bromm

    H. F. Bromm

    Die Zauberberge

    Provitas Orakel

    © 2016 H. F. Bromm

    Verlag: tredition GmbH, Hamburg

    ISBN

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    H. F. BROMM

    DIE ZAUBERBERGE

    I. PROVITAS ORAKEL

    Höret Wesen und seid stille!

    So ist es des Schicksals Wille.

    Erkennt die Zeichen und versteht

    wie es euch schon bald ergeht

    Einmal wird die Erde beben.

    Und zu Grunde geht manch Leben

    Land dem Meer zum Opfer fällt.

    Klein und kleiner wird die Welt.

    Kaum reget sich Hoffnung wieder

    regnen Feuer und Asche nieder.

    Zum Zweiten schwanken Berg und Tal.

    Versatos Mauer kommt zu Fall.

    Böses wird zu Bösem finden.

    Feuerdrachen fliegen mit den Winden.

    Schwanger geht. Unfruchtbarkeit.

    Gekommen ist des Kaisers Zeit

    Gen' Süden ziehen Schwerter, Beile.

    Der Traum von Macht währt eine Weile.

    Doch weh' es wartet dort kein Sieg.

    Nur Tod und Tränen bringt der Krieg

    Erst noch fällt der Hexen Thron

    dann wird geborn' Aquariens Sohn.

    Es tritt ein Kaiser auf den Platz,

    Ihm gebührt der Reiche Schatz

    Er wird sammeln Heer um Heer.

    Ehe noch die Truhen leer,

    Wird ein großer Sieg errungen.

    Kaiser, dir sei Lob gesungen.

    Doch weh', es wartet dort kein Sieg

    EINFÜHRUNG

    Unterm Sternenhimmel

    Wer ist nicht schon einmal bei wolkenlos klarer Nacht an erhöhter Stelle gestanden, um mehr oder weniger ergriffen die unzählbare Vielfalt des von funkelnden Sternen übersäten Himmels zu betrachten? Milliarden leuchtender Lichtpunkte stehen für ebenso viele Sonnen und noch erheblich mehr Planeten und Monde, welche für unsere Augen unsichtbar, um ihre Zentralgestirne kreisen. Wie nahe liegt bei solchen Anblicken der Gedanke, es könne sehr wohl neben unserer guten, alten Mutter Erde, noch andere mit Leben, ja, intelligentem Leben besiedelte Welten in dieser sprachlos machenden Unendlichkeit geben. Doch wer solche Ansichten laut äußert, wird nicht von allen Seiten nur Zustimmung erfahren. Es erheben Menschen Einwände, welche die Welt nur streng wissenschaftlich fundiert, nüchtern und sachlich betrachten. Auch an tief verankerte Glaubensgrundsätze appelliert man, verständlicherweise, vergeblich. Wir sollten tolerant genug sein, den andersdenkenden Mitmenschen ihre persönliche Weltanschauung zu lassen. Im Umkehrschluss gehen darum Versuche, einem unverbesserlichen Illusionisten strikte, ordentliche Lebenseinstellungen aufdrängen zu wollen, entschieden zu weit. Das Recht auf Träume und eine grenzenlos ausufernde Fantasie muss unantastbar bleiben. Nur so mag es gelingen sich ferne Welten auszudenken, diese zu besuchen und ihnen unseren Stempel aufzudrücken. Nach menschlichem Ermessen gibt es in absehbarer Zeit keinen, auch nur annähernd geeigneten Antrieb, um Galaxien außerhalb unseres Sonnensystems, anfliegen zu können. Doch solcher, technischer Hilfsmittel bedürfen wir nicht! Jeder Mensch vermag auf Flügeln der Fantasie die Unendlichkeit des Weltalls zu durchqueren. Zurück bleiben alle Nörgler, Zweifler und Besserwisser. Ihrem realen, nüchternen Verstand und viel zu sehr auf wissenschaftliche Exaktheit, Glaubensgrundsätzen oder Sicherheit fixiertem Wesen bleibt eine Welt voll bunter Träumereien für immer verschlossen, wäre diesen Leuten ohnehin ein Gräuel. Wie festgenagelt haften Sie auf dem Boden nackter Tatsachen, unfähig den Geist. zu anderem als dem festgefahrenen Horizont zu erheben, außerstande sich ebenso leicht, wie unbeschwert durch Zeit und Raum zu bewegen. Gehörst du nicht zu dieser bedauernswerten Sorte Mensch, so tritt nun mit mir und vielen Gleichgesinnten hinaus unter das geheimnisvoll funkelnde Sternenzelt. Wir wollen beweisen, dass Fantasten zu Höherem geboren sind, fähig das Einerlei des Alltags abzustreifen. Beim Anblick gleißender Sternbilder beginnen wir zu träumen, erheben uns auf Flügeln der Fantasie von der Erde, den Geist auf endlose Weiten gerichtet. Zeit und Raum verlieren ihre Dimensionen, ihre Bedeutung. Wir haben uns ein Ziel gesetzt und nicht unfassbar große Entfernungen, die Kälte des Alls, oder die pechschwarze Nacht zwischen den Sternen vermögen uns aufzuhalten. Wir empfinden keine Angst, noch bedrängen uns Zweifel. Ein helles Licht fern im Raum zieht uns in seinen Bann und in Sekundenschnelle trägt die Fantasie den vom Körper gelösten Geist dorthin. Es wartet eine unbekannte Welt, bereit sich nach unseren Vorstellungen formen zu lassen. Wir bestimmen das Aussehen dieser neuen Heimat, was für Wesen sie bevölkern. Unsere Pläne prägen nicht nur die Gegenwart, sondern auch Vergangenheit und Zukunft sind abhängig von unserer Gestaltungskraft. Mutig nehmen wir die Verantwortung auf uns, einem Gott gleich, die Geschicke aller von uns geschaffenen Kreaturen in diesem fernen Reich zu lenken. Krieg und Frieden, leben und sterben, lieben und hassen, lachen und weinen, alles liegt nun in unseren Händen. Wir sind wie Puppenspieler, welche die Marionetten für ihr Stück selbst gebastelt, dazu die Bühne für deren Auftritt gezimmert und das Drama welches aufgeführt wird selbst geschrieben haben. Obendrein lenken wir die Drähte der Puppen, was denen erst Leben einhaucht. Unsere Stimme führt ihnen das Wort.

    Zu Spielbeginn hat unsere Vorstellungskraft nichts Geringeres zu tun, als in einem fernen Sternensystem eine völlig neue Welt zu erschaffen. Jeder von uns wird, vor die Wahl gestellt, natürlich seine eigenen Wünsche in diese Fantasiewelt einbringen wollen. Dass aber zwei Individuen das Gleiche träumen, darf man getrost ausschließen. Wenn tausend Menschen ihre Fantasie walten lassen, entstehen mit Sicherheit tausend verschiedene Welten. Darum ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, da jeder sein eigenes Märchen erschaffen und damit glücklich werden soll. Es mögen lange, ereignisreiche Geschichten entstehen, und ich für meinen Teil habe mir vorgenommen schriftlich festzuhalten was mein entfesselter Geist ersinnen mag. Zu diesen schönen, bleibenden Erinnerungen sind alle Interessierten eingeladen. Wer bis hierher aus freien Stücken meinen Ausführungen gefolgt sein sollte, wird wohl am Ehesten· empfänglich für meine Phantasiereisen sein. Es entscheide an diesem Punkt jeder für sich, ob er mir in meine Traumwelt folgen mag, welche wie folgt beschrieben wird. Am Ziel angekommen ist aus dem winzigen, weit entfernten Lichtpunkt der angesteuert wurde, eine Wärme und lebenspendende Sonne geworden. Schwerelos im Raum verharrend kann man beobachten wie ein halbes Dutzend verschieden großer Planeten um das Zentralgestirn kreisen. Drei dieser Trabanten bewegen sich viel zu weit von der Wärmequelle entfernt und sind deshalb entschieden zu kalt, als dass auf ihnen erdenähnliches Leben denkbar wäre. Auch fehlt diesen Dreien die dafür nötige Atmosphäre. Weitere zwei Planeten kurven so nahe um die Sonne, dass brodelnde Hitze und giftige Gase auf ihrer Oberfläche ebenfalls jedes Leben wie wir es kennen unmöglich machen. Bis hierher präsentiert sich ein trostloser und wenig Hoffnung erweckender Anblick. Dann aber bleibt das Auge wohlgefällig am sechsten Himmelskörper hängen. Auf den ersten Blick erscheint hier die Entfernung zur Sonne genau richtig. Nicht zu nah und nicht zu fern. Seine Größe nur unbedeutend über der unserer alten Mutter Erde. Wie diese erstrahlt auch jener Planet, aus dem All betrachtet, in einem leuchtenden Blau. Das Verhältnis zwischen Wasser und Land fällt dabei noch deutlicher als bei unserem Heimatplaneten zu Gunsten der Meere aus. Trotz ihrer relativ großen Ausdehnung liegt die einzig sichtbare Landmasse wie verloren im endlos weit erscheinenden Ozean. Wir sehen momentan nur die uns zugewandte Planetenseite, und es wäre der Fantasie ein Leichtes diese Welt zu umrunden, um auf deren Rückseite zu blicken. Solches Verhalten würde der ersonnenen Geschichte jedoch gleich zu Beginn einen Teil der Spannung nehmen. So trösten wir uns damit, dass auch dort unten bisher kein Lebewesen weiß, ob, und wenn ja, wieviel Land sich jenseits der großen Wasser befindet. Selbst die Kugelform ihrer Welt gehört noch nicht zum aktuellen Wissensstand ihrer Bewohner. Auch die klügsten Köpfe halten Aquarion, wie wir den Planeten nennen wollen, bis dato für eine unter dem Himmel aufgehängte Scheibe. Land inmitten unerforschten, weit über den Horizont reichenden Meeres. Wohl gibt es seit Jahrhunderten große Schiffe mit Rudern und Segeln, welche in alle Winde zu Entdeckungsfahrten aufbrachen. Bisher war diesen Bemühungen aber kein Erfolg beschieden. Noch ist keine Galeere bis zum Ende der Großen Wasser vorgestoßen. lm Norden und Süden blieben Kälte und dicke Eisschichten, dazu Treibeis, unüberwindbar. Nach Westen und Osten nahm der Ozean kein Ende, zwang die Entdecker durch Verpflegungsmangel und daraus resultierenden Krankheiten zur Umkehr. Die Frage ob Aquarien, so nennen die Einwohner ihre Welt, irgendwo in den weiten Meeren ringsumher noch mehr Landmassen bereithält, blieb also bis heute ungeklärt. Die Bemühungen neues Land zu finden würden sicher verstärkt, wüsste man um die Dringlichkeit dieses Ansinnens. Ohne das nötige Wissen sind solche Versäumnisse allerdings entschuldbar. Wir wenden uns indessen der Notwendigkeit zu, diesem Fantasieland Aquarien eine Vergangenheit zu verleihen. Darauf fußt die Gegenwart, aus der wir schließlich eine Zukunft zu entwickeln vermögen.

    Chronik Aquariens

    Beginnen wir die Zeitrechnung mit einem überlieferten Erdbeben von ungeahnter Gewalt. Die Verhältnisse nach dieser schrecklichen Katastrophe müssen so tiefgreifend gewesen sein, dass von der Zeit davor außer Mythen und Sagen nichts mehr blieb. So bestand wohl aller Anlass eine neue Ära zu beginnen und von dieser erzwungenen Wende an erstmals die Jahre zu zählen, wichtige Ereignisse schriftlich festzuhalten. Aus Legende konnte fortan Geschichte werden. Aufgeschrieben von den Weisen ihrer Zeit. Nachvollziehbar und erzählbar. Zwei Dinge, dass weiß man auch im Aquarien des Jahres Eins nach dem Großen Beben, hat es schon gegeben ehe die nachlesbare Chronik begann. Zwei Mysterien reichen weit in die dunkle Urzeit zurück. Nicht wenige Menschen behaupten, es gäbe diese Erscheinungen so lange wie das Leben auf ihrer Welt existiere. Da unbekannt ist wann die beiden Phänomene ihren Anfang nahmen, lässt sich trefflich streiten, welches zuerst dagewesen sei. Die Vermutung, dass beide zugleich nach Aquarien kamen liegt jedoch nahe, wenn man sie wie folgt zu erklären versucht: Das Gute auf der Halbinsel Provita ganz im Süden, und das Böse auf der Halbinsel Versato, im äußersten Norden, markieren die zwei gegensätzlichen Seiten einer Medaille. Wo das Gute ist, wird auch immer das Böse sein. Eines kann ohne das andere nicht existieren. Den ewigen Kampf zwischen diesen Kontrahenten vermag auf Dauer keiner zu gewinnen. Einmal obsiegt das Gute, dann wieder das Böse, bei einer Schlacht. Niemals entscheidet sich damit allerdings schon der ganze Krieg. Die Quelle alles Bösen in Aquarien findet sich seit im Dunkel liegender Zeit auf der Halbinsel Versato hoch im Norden. Niemand weiß wie weit das Unheil dort in die Vergangenheit zurückreichen mag, doch dieses unheimliche Stück Land war verflucht solange die Bewohner Aquariens zurückdenken konnten. Immer in diffuses Dämmerlicht gehüllt, von wilder See umtost und von kalten Sturmwinden gepeitscht, lauerte dort etwas unaussprechlich Böses in den drohenden Schatten. Das spürte jedes Lebewesen, welches dem Ort zu nahe kam. Wer das verfluchte Stück Land betrat, sei es Mensch oder Tier, war augenblicklich einem schrecklichen Fluch verfallen. Aus friedfertigen, sanften Gemütern wurden blutgierige, reißende Bestien, welche sich auf alles stürzten das sich bewegte. Sie ruhten nicht eher, als bis sie ihre Opfer zerfleischt hatten, und zogen danach weiter um zu töten, immer wieder zu töten, bis sie selbst gejagt und zur Strecke gebracht wurden. Bald gab es darum bis weit vor Versato keine Menschen und Tiere mehr. Sie waren alle dem Bösen zum Opfer gefallen oder davor geflohen. Besonders der Stadtstaat Sato, auf dessen Herrschaftsbereich die verwunschene Halbinsel lag, hatte unter dieser Geisel zu leiden. So verwundert es nicht, dass im Jahr Eins nach dem Großen Beben Fürst Rufus von Oberan den Befehl erteilte das böse Stück Land mit einer Mauer ohne Tor zu verschließen. Auch ließ er diesen Wall fortan rund um die Uhr von seinen Kriegern bewachen. Innerhalb eines Jahres stand die Mauer aus dunkelrotem Dolomitgestein und das Fort Düsternis für die Wachen dazu. Das bedeutete eine besondere Leistung, denn immerhin lag ein Großteil der Gemeinden vom Beben hingeworfen, zeigten sich die Verkehrswege teilweise unpassierbar. Doch die Angst vor dem Unheil hinter der Mauer hatte alle Beteiligten zu Höchstleistungen angespornt. Freilich vermochte der Wall noch immer keine fliegenden Kreaturen am Eindringen in das verfluchte Stück Land zu hindern. So verseuchten sich gelegentlich Vögel und fliegende Drachen. Auch Insekten fielen dem Fluch zum Opfer. Bösartig geworden stürzten sich diese in der Folge auf alles das sich bewegte. So konnten die blindwütigen Angreifer unschädlich gemacht werden, ehe sie größeres Unheil angerichtet hatten. Im Laufe der Jahre gab es bis weit ins Umland der Halbinsel hinein keine Vögel oder andere, geflügelte Wesen mehr. Nach und nach fielen sie ausnahmslos dem Bösen zum Opfer. Und wie den Tieren erging es auch den Menschen der Umgebung. Sie waren entweder umgekommen, rechtzeitig geflohen, oder auf Befehl des Rufus von Oberan umgesiedelt worden. Vor der Schutzmauer gab es längst nur noch die tapferen Wachen des Adelsgeschlechts derer von Oberan. Bis heute erfüllen sie getreulich das Vermächtnis ihres Altvorderen: „Zum Schutz von Mensch und Tier all überall das Böse eingeschlossen zu halten." Doch werden auf Dauer schwache, menschliche Kräfte ausreichen um dieses unaussprechliche Grauen gefangen zu halten? Sollte es möglich sein mit Waffen, und wenn diese sonst noch so wirksam eingesetzt werden können, gegen pure Magie und das Böse schlechthin vorzugehen? Wohl eher nicht! Aber es gibt Hoffnung. Diese kommt ganz aus dem Süden, von der Halbinsel Provita, wo das Gute wohnt. Wir haben es auch hier mit einem mystischen Ort zu tun. Weiches, warmes Licht umschmeichelt seine Gestade. In schattenspendenden Palmenhainen wohnen Liebe, Güte und eine unbeschreiblich starke Lebenskraft. Ein wohl immerwährender, unbeugsamer Willen vermag selbst dem unsäglich Bösen im Norden zu widerstehen. Wer das nicht glauben mag, soll nur dieses geheimnisvolle Stück Land betreten, und er fühlt es sofort mit allen seinen Sinnen. Seit jeher wurde die Halbinsel Provita von den Menschen verehrt, doch auch ängstlich gemieden, denn hier walten Kräfte welche nicht von dieser Welt sein können. Diese Zurückhaltung ändert sich erst, als im Jahr Eins jüngster Zeitrechnung mit dem Bau eines Tempels des Guten begonnen wird. Bezeichnenderweise suchen die verzweifelten Menschen in Zeiten höchster Not nach neuen und hoffnungsvollen Glaubensrichtungen. So begann mit der schrecklichen Katastrophe des Jahres Null wohl auch der endgültige Niedergang des alten Götterglaubens. Die vielen heidnischen Gottheiten, deren Tempel über die gesamte damalige Welt verteilt standen, sorgten durch ein Heer von Priestern dafür, dass die Altäre stets reichlich mit Opfergaben der Anhänger gefüllt wurden. Meist blieb es aber nicht bei Früchten des Feldes, oder Tieropfern. Sehr oft tränkte leider auch Menschenblut die Altarsteine von durchweg blutrünstigen Göttern. Solche Grausamkeiten trugen von Anbeginn den Fluch des langsamen, aber sicheren Untergangs der blutigen Götzen in sich. Hat diese Abwendung der kultivierter werdenden Menschheit vom heidnischen Priestertum auch Jahrtausende gedauert, so ging nach dem Großen Beben des Jahres Null das dunkle Zeitalter vollends sehr schnell seinem wohlverdienten Ende entgegen. Der Weg für neue, den unterschwelligen Ängsten und Sehnsüchten der Menschheit mehr entsprechende Glaubensrichtungen wurde frei. War jedoch dornenreich und gefährlich für die Vertreter frisch aufblühender Religionen. Sie stellten unerwünschte Eindringlinge in den Machtbezirk des reich und vor allem mächtig gewordenen Priestertums dar. Über die Jahrtausende waren Götterstaaten entstanden, denen, weltlichen Regenten gleich, Hohepriester vorstanden. Anderswo wachten die mächtig gewordenen Götzendiener an der Seite von großen, weltlichen Herrschern. Sie beeinflussten diese über den Aberglauben oft derart, dass in den entsprechenden Machtzentren nichts geschah, das den Interessen des Priestertums zuwider gewesen wäre. So gelang es zunächst leicht Andersgläubige zu unterdrücken, und wenn es sein musste auch mit aller Härte gegen solche Störenfriede vorzugehen. Doch eines Tages stieß man auch hier an Grenzen. Es bestiegen Herrscher die Throne Aquariens, welche von den finsteren Machenschaften des archaischen Götterglaubens Abstand hielten. Meist begründete sich diese Haltung daraus, dass die Regenten ihre Macht mit keiner anderen Person oder Institution teilen wollten. So fand im Verlauf der nächsten Jahrhunderte mehr und mehr eine Trennung von weltlicher Gewalt und Religion statt. Götterstaaten wandelten sich zu weltlichen Regierungszentren. Häufig hielten sich aber Hohepriester noch als einflussreiche Berater von Oberhäuptern an der Macht und es vergingen noch einmal Generationen bis die immer weniger werdenden, priesterlichen Helfer und Mitregierenden vollends ganz aus Amt und Würden gedrängt wurden. Als zur Zeit des Großen Bebens in Aquarien die Neuzeit begann, war dieser Zustand zwar noch nicht vollkommen erreicht, zeichnete sich jedoch schon deutlich ab. Viel hat für diesen, sich beschleunigenden Untergang die nur in wenigen Jahren entstandene Glaubensgemeinschaft der Provitaner beigetragen. Im Jahr Vier erbauten sie auf der Halbinsel Provita einen Tempel des Guten, welcher von Priesterinnen und Priestern gemeinsam geführt wurde und wo es fortan das Orakel von Provita gab. Jeder Mensch guten Willens und ohne Arg durfte jederzeit das Orakel befragen. Als die Weißen Magier im Jahr Fünf geschlossen dem neuen Glauben beitreten, breitet sich diese Lehre immer rascher auf dem ganzen Kontinent aus. Auch die anfängliche Angst der Leute vor den mächtigen Kräften des Guten auf der Halbinsel weicht langsam demütiger Verehrung. Dieser Höhenflug der Provitaner endet auch nicht, als im Jahr Elf bekannt wird, dass eine der jungfräulichen Priesterinnen von einem Priester Provitas ein Kind bekommen hat. Die junge Mutter muss aber mit ihrem kleinen Sohn den Tempel verlassen und kehrt in ihre Heimatgemeinde Lasa zurück. Doch damit ist dieser ungewöhnliche Vorfall noch lange nicht aus der öffentlichen Aufmerksamkeit genommen. Bald stellte sich nämlich heraus, dass ihr Kind ganz außergewöhnliche Fähigkeiten besaß. Es wuchs und entwickelte sich viel schneller als ein wie üblich veranlagtes Menschenkind. Auch seine geistigen Kräfte entfalteten sich erheblich rascher und erreichten bald einen Grad der Intelligenz der normalen Menschen Angst machen konnte. Zum Glück schien diese totale Überlegenheit mit einem sanftmütigen, kindlich naiven Wesen gepaart. Wer so in allen Einzelheiten körperlich und geistig perfekt ist, wird bald von den anderen, gewöhnlichen Menschen beneidet. Aber auch verachtet und gemieden. Dies war auch das schwere Schicksal der ersten Vitalo, wie man diese Kinder bald nannte und damit als besonders abstempelte. Ja, es gab bald mehr von ihnen. Ab dem Jahr Elf wurde regelmäßig, einmal jährlich, ein Vitalo geboren. Das Orakel von Provita verkündete die Namen der auserwählten Jungfrauen unter den Priesterinnen und die Betreffenden sahen es als hohe Ehre an ein solches Wunderkind empfangen und austragen zu dürfen. Dabei bedeutete dies kein leichtes Los. Es verlangte Mut ein Kind groß zu ziehen das viel zu schnell zum reifen Erwachsenen heranwuchs. Auch dass aller anderen Mütter Kinder die Vitalos nicht mochten, und deshalb wo es ging ausgrenzten, war für eine liebende Mutter nur schwer zu ertragen. Doch einen Vitalo geboren zu haben, von Provita gesegnet zu sein, ließ die Mütter alle Beschwernis vergessen. Für die Vitalos hatte sich dieser Zustand im Jahr Zwanzig so zugespitzt, dass die Weißen Magier, Beschützer des Tempels auf Provita und Wächter über Priester und Priesterinnen dort, sich entschlossen nahe bei der Halbinsel des Guten einen Ort zu gründen, der nur von den Vitalos und ihren Müttern bewohnt sein sollte. So entstand die Gemeinde Vitalis, welche nur wenige Jahre unter der Obhut der Weißen Magier blieb. Dort konnten die zwar jungen, aber sehr lebenstüchtigen Wunderkinder ihr Gemeinwesen bald selbst verwalten. Das machten sie so gut, dass man bald in ganz Aquarien nichts Vergleichbares fand. Es klingt unglaublich, doch es gab in Vitalis zum Beispiel keine bösen Menschen. Weder Lug noch Trug, Diebstahl, Raub oder Mord traf man hier an. Die Kinder aus dem Schoß Provitas zeigten sich ohne Arg von welcher Seite man sie auch betrachtete. Nun, da schon Dutzende von ihnen lebten, man schrieb inzwischen das Jahr Fünfzig, hatten sich noch weitere Eigentümlichkeiten dieser Spezies herauskristallisiert. Keines der bisher geborenen Wunderkinder war jemals krank geworden oder hatte sich je bei einem Unfall verletzt. Dies markierte wohl die kraftstrotzende Fortsetzung der Tatsache, dass auch die Geburten der Vitalos ohne Ausnahme Zwischenfalls los verliefen. Dabei waren nie auch nur die geringsten Komplikationen aufgetreten. Es war zu keiner Fehl- oder Totgeburt gekommen, keine Mutter im Kindbett gestorben. Auch staunten die Leute nicht wenig, dass kein einziges dieser Neugeborenen auch nur den Hauch eines gesundheitlichen Schadens aufgewiesen hatte. Darüber hinaus glichen sich die Vitalos wie ein Ei dem anderen und schienen allesamt das Geheimnis ewiger Jugend geerbt zu haben. Etwa bei fünfundzwanzig Jahren hörten Sie zu altern auf. Noch zählte der Älteste nur neununddreißig Lenze, doch man durfte jetzt schon gespannt sein, wie alt Provitas Kinder wohl werden. Hatten sie etwa, wie Magier und Hexen, Jahrhunderte zu leben? In mancher Beziehung glichen sie jedenfalls diesen magischen Wesen. Sie verliebten sich nicht, fanden sich nicht zum Zweck der Fortpflanzung, wie bei den Menschen üblich, zusammen. Es gab vieles worüber sich die normalen Menschen Aquariens, die Vitalos betreffend, zu wundern hatten. Verständlicherweise wurde daher hinter vorgehaltener Hand oft getuschelt und gemutmaßt. Doch so manches Unschöne offen auszusprechen wagte letztlich niemand. Von Provita und den Weißen Magiern beschützt, dazu auf ihre eigene, kleine Gemeinschaft beschränkt, blieben diese Wunderkinder weiter unbehelligt.

    Im Jahr Sechzig nach dem Großen Beben begannen die herrschenden Oberschichten die Grenzen des Kontinents neu einzuteilen. Dazu traf man sich in Urd, dem zu jenen fernen Zeiten reichsten und mächtigsten Stadtstaat in Aquarien. Nur sechs Jahrzehnte hatte es gedauert bis diese, vom Großen Beben fast gänzlich zerstörte Metropole in neuer, noch glanzvollerer Pracht wiedererstanden war. Reiche Bodenschätze in den Mondbergen, wo Gold, Edelsteine und Kupfer gewonnen wurden, und mit einem Monopol verbundene Salzvorkommen füllten rasch die Schatzkammern von Urd. So konnte die Stadt prächtiger, und vor allem schneller als jede andere, von der Katastrophe betroffene Metropole, wiedererstehen. Dieser Vorsprung zeigte sich auch in der gesellschaftlichen Entwicklung. Als erstem Stadtstaat wurde aus Urd ein Königreich. Im Jahr neunundfünfzig bestieg, begleitet von fünftägigen Feierlichkeiten, König Stanislaus der Erste von Hohenstein den Thron. Urd wurde Hauptstadt und Königssitz des neuen Reiches. Nach dem Fluss Mora nannte das Königtum sich fortan Moravia. Auf ihrem Wappengrund, so weiß wie das Salz, prangten in schwarz oben ein Helm und darunter ein Schwert. Schon ein Jahr später rief König Stanislaus der Erste von Hohenstein die Mächtigen des Kontinents nach Urd, um ganz Aquarien in Reiche mit festgelegten Grenzen einzuteilen. Diese sollten vertraglich abgesichert und von allen Anwesenden bindend anerkannt und toleriert werden. Nach monatelangen Verhandlungen gelang es wenigstens einen Teil der Welt neu zu ordnen. Zunächst entstehen, neben dem ersten Königreich Moravia, noch vier weitere Reiche, sowie das kleine Fürstentum Kronland.

    Wir wollen diese Zusammenschlüsse näher betrachten. Die Menschen im Nordwesten Aquariens, aus dem Gorgulagebirge und den Zauberbergen, gründen in Sato ein Königreich welches sie Satoria nennen. Den Thron besteigt Teutonas von Oberan, bis dato schon Herr über Sato und die Hafenstadt Vulcos. Er ist der Enkel des Fürsten Rufus von Oberan, dem Erbauer der Großen Mauer die das Böse in Versato bannen soll. Ihm zur Seite stehen, in beratender Funktion, die damalige Königin des uralten Hexenbundes von Sato, Desdomena, Okusella und Obermagier Laban Sternenschein, welcher den Bund der Magier aus den Zauberbergen vertritt. Ihre Stimmen werden gehört, doch endgültige Entscheidungen trifft nur der Herrscher des Menschengeschlechts. Dem Volk von Satoria wird durch das Dreigestirn an ihrer Spitze ein Bild der Einheit zwischen Menschen, Zauberern und Hexen suggeriert, welches so ausgewogen nicht ist und niemals sein wird. Das Wappen des neugegründeten Reiches: auf blutrotem Grund zeigt das Banner von oben nach unten eine goldene Krone für die Menschen, einen weißen Zauberstab für die Magier und den schwarzen Kessel als Symbol der Hexen. In Tugart wird das Zwergenkönigreich Reichenau verkündet. Das Volk der hünenhaften Golathen und die relativ wenigen Menschen im Land treten mehr aus wirtschaftlichen Gründen dem neuen Reich bei, bleiben aber, was die Regierung anbelangt, ohne direkten Einfluss. Alle Macht liegt fortan beim Zwergenkönig Montanius vom Goldberg. Stolz führt man, schwarz auf weiß, für das neugegründete Reich, einen Spaten, gekreuzt mit einem Hammer im Wappen. Die Städte Pazivonia, Galata, Thyr und Echnaton vereinigen ihre Gebiete zum Königreich Galata. Namengebend wird die Festungsstadt am südlichen Fuß des Gorgulagebirge gelegen, und inzwischen zum Königssitz ernannt. Dort führt König Sigismond zu Echnaton eine Landechse unten und darüber einen Flugdrachen, beide in Rot, auf dem schwarzen Wappenschild. Zu Urd entscheiden die Weißen Magier in Lasa den Königssitz, für ihr neu zu gründendes Reich, zu errichten. Damit sollen Provita, Vitalis und die Glaubensgemeinschaft der Provitaner dauerhaft geschützt werden. Strenge Gesetze, denen sich auch der König zu unterwerfen hat, gewährleisten dieses Vorhaben. Unter solchen Bedingungen überlassen die Zauberer den Thron von Anglien (uralter Name des Landes um die drei Berge Kronberg, Hochstuhl und Helion), dem Menschengeschlecht. Herodot zu Kronberg wird der erste Herrscher, welcher das Land regiert, das im azurblauen Wappen einen grünen Berg mit goldenem Tempel darauf führt. Zuletzt kam man in der Versammlung noch darüber in Einklang, dass jenes alte Fürstentum um die Albberge, so klein es auch an Ausdehnung und Bedeutung sei, doch seine Eigenständigkeit behalten solle. Kronland, wie diese Enklave fortan hieß, wurde weiter von Fürst Basilom von Norien regiert. Herrschaftssitz blieb die einzige, kleine Stadt im ganzen Fürstentum. Von dem Bach Amer an dem sie lag, leitete sich der Name Amerus ab. Das Wappen Kronlands: auf weißem Grund ein roter Löwe mit goldener Krone auf dem Mähnenhaupt. Wer mitgezählt hat weiß nun, dass fünf Königreiche und ein Fürstentum das vorläufige Ergebnis der großen Versammlung zu Urd im Jahr Sechzig nach dem Beben waren. Leider ungeklärt blieben die Grenzen von weiteren vier Stadtstaaten, welche aber immerhin Beobachter zur Konferenz geschickt hatten. Darüber hinaus sahen Sie die Neuordnung ihrer Machtbereiche als höchsteigene Aufgabe an. Niemand sollte ihnen dazu Vorschriften machen dürfen. Da wären vor allem die seit jeher freidenkenden und mehr auf den Meeren als auf dem Kontinent präsenten Seefahrer an Rave und Maranil zu nennen. Ihr Gebiet gehörte zu den kleineren Stadtstaaten, legte auf Größe an Land aber auch keinen besonderen Wert. Umso mehr dagegen auf den Ozeanen. Dort war das Seefahrervolk rund um die Kap-Berge, im südwestlichen Winkel Aquariens gelegen, eine absolute Macht. Mit einer Armada von Kriegsschiffen und bestens geschulten, aus uralten Erfahrungen schöpfenden Seemännern, hatte man überhaupt noch nie eine Seeschlacht verloren und genoss auf den Meeren rund um Aquarien den entsprechenden Respekt. Damit glaubte man ausreichend gerüstet zu sein. Auch Drakonia lebte von und mit der Schifffahrt. Es segelten jedoch meist Handelsschiffe unter seiner Flagge. Sie befuhren alle Meere und auf dem Großen Drachenfluss auch das eigene Territorium. Schiffbar war dieser Strom sogar bis Pazivonia. Dieser Binnenhafen gehörte schon zum neugegründeten Königreich Galata, womit hier ein weit die Grenze überschreitender Binnenschifffahrtsverkehr möglich wurde. Seit jeher, solange es diesen Warenverkehr gab, war der Drachenfluss eine für jedermann zu benützende Wasserstraße. Kähne aus ganz Aquarien schlugen hier ihre Ladungen um. Vom erhobenen Flusszoll und diversen Hafengebühren lebte Drakonia und alles Land entlang des Stromes nicht schlecht. Sich in diese großzügige Handhabung des Warenverkehrs auf dem Kanal etwa hineinreden zu lassen, widersprach den Vorstellungen der Herren von Drakonia in höchstem Maße. Freizügigkeit zeichnete schon immer den Handel auf dem Strom aus. Wer auch in der Zukunft gute Geschäfte machen wollte, durfte es mit keiner Kundschaft verderben. Es zählte nur der entrichtete Tribut für die transportierten Güter. Danach stellte niemand mehr irgendwelche Fragen über Ziel und Zweck der Ladung. Soviel Zurückhaltung und Toleranz musste gegen den Rest der Welt natürlich abgesichert werden. Darum schickte man lediglich einen Beobachter zur Versammlung nach Urd. Dieser hatte vorrangig klarzustellen, dass Drakonia an einer Änderung der bisherigen Situation, entlang des Großen Drachenflusses, nicht interessiert sei. Weitere Erklärungen, oder gar Verhandlungen zu diesem Thema schloss der Gesandte des Stadtstaates rundweg aus. Nicht weniger abgeneigt ein zwar selbstständiges, aber durch Verträge gebundenes Königreich zu werden, war man in Megadom. Noch gaben die Silberberge reichlich wertvolle Bodenschätze her, was den Nachteil, nicht an der Küstenlinie Aquariens Anteil zu haben, etwas aufwog. Im Jahr Sechzig schien es jedoch durchaus an der Zeit zu sein allmählich an das Schwinden und Versiegen der Silbervorräte zu denken und für neue Verdienstmöglichkeiten die Weichen zu stellen. Eine engere Bindung an benachbarte Königreiche hätte hier viele Türen aufgestoßen. Zum Nachteil für die Wirtschaft des Landes entschied man sich dennoch für eine passive Teilnahme an der Versammlung zu Urd. Die Ablehnung der Herrschenden im Stadtstaat Atlan erklärte sich in erster Linie aus der Zerrissenheit und scheinbaren Unvereinbarkeit einiger total gegensätzlicher Völker, die das weite Land besiedelten, welches immerhin einen breiten Streifen des gesamten Ostens von Aquarien einnahm. Der alte Fürstensitz Atlan sah sich zwar als wichtig und die ganze Region beherrschend an, doch das empfanden nicht alle Bewohner des weiten Reiches genauso. Atlan lag am Fluss Weißwasser und verfügte über einen Binnenhafen. Bis zur Küstenstadt Briola dehnten sich den Fluss hinab allerdings noch runde dreihundert Meilen. Zudem endete die Schiffbarkeit des Stromes in der Stadt. Eine Fortsetzung des Wasserweges wäre möglich und nützlich gewesen, wurde aus Kostengründen aber nie in Angriff genommen. So blieb das noch weite Hinterland mit Lastkähnen unerreichbar und der Binnenhafen konnte sich schwerlich weiterentwickeln, blieb unbedeutend in seinen Ausmaßen und Möglichkeiten. Dafür hatte sich das Bauerntum, dank fruchtbarer Erde rings um den Ort, längst zum wichtigsten Wirtschaftszweig entwickelt. Die riesigen Wälder im weiteren Umland lieferten außerdem edle Hölzer für den Schiffsbau, sowie den Innenausbau hochherrschaftlicher Häuser. Ganz anders lebte dagegen das Volk der Amazonen in den Mederbergen, tief im Süden. Rings um den südlichen Fjord gruppierten sich diese, bis zu neunhundert Ellen aufragenden Bergzüge. Im Norden wurden sie von steil in den Reichenbach abbrechenden Felsen gerahmt und im Westen schirmte das gefährliche, weil weg- und steglose und kaum zugängliche Argenmoor, sowie anschließend zum südlichen Meer hin, die für ihre Sandstürme bekannte Hadeswüste das Reich der Amazonen gegen unerwünschte fremde Eindringlinge ab. Auch zum Südmeer hin gab es nur die, um zweihundert Ellen hohe, durchweg steil abfallende Küstenlinie. Erst wenn man in den weiten, über hundert Meilen ins Land vorstoßenden Südfjord einfuhr, verflachten hier die Ufer zusehends. Es boten sich, zumeist von ausgedehnten, welligen Wiesen gesäumte Gestade. Erst meilenweit dahinter ragten die von dichtem Urwald überzogenen Mederberge auf. Doch diesen teils lieblichen, teils urwüchsigen Anblick bekam kaum ein Fremder zu sehen. Die Amazonen, ein kriegerisches, männerverachtendes Weibervolk, hüteten ihre Grenzen auf das Strengste. Kein fremdes Schiff durfte es wagen ungefragt in den Fjord einzufahren, wo im Amazonenhafen Medusa die immer einsatzbereiten Kampfboote auf der Lauer lagen. So wurde ein unberechtigt eingedrungener Störenfried im Nu umzingelt. Danach gab es für diesen aus dem Südfjord kein Entkommen mehr. Nur der Tod oder die Sklaverei warteten auf die zu kühn gewesenen Seemänner. Selbst Handelsschiffe, welche regelmäßig Waren brachten, mussten ihre Fracht bereits am Fjordeingang löschen. Dies geschah bei einem von hohen Mauern umgebenen Lagerhaus. Ständig bewacht von zu allem entschlossenen Kriegerinnen. Verhandlungen führten die Amazonen grundsätzlich nur mit weiblichen Ansprechpersonen. Ein Kaufmann, der hier Geschäfte machen wollte, kam nur über eine vermittelnde weibliche Person überhaupt zum Erfolg. Die ausgeprägte Männerfeindlichkeit und vor allem die Sklavenhalterei im Amazonenreich, wären auf der Urder Versammlung natürlich von allen Seiten angeprangert worden. So zeigten sich die Amazonen durchaus damit zufrieden, dass Atlan, zu dessen Herrschaftsbereich sie gehörten, nicht das geringste Interesse zeigte an der Versammlung in Moravia teilzunehmen. Wieder ganz andere Menschen lebten auf dem Gebiet Atlans, entlang der über zweitausend Meilen langen Küste im Osten Aquariens. Fisch und Meeresfrüchte, der Bootsbau, sowie das Anfertigen von Segeln, Netzen und anderem Schiffszubehör bestimmten hier der Anwohner Dasein. Zudem war der Umschlag von Waren in den fünf Haupthäfen des Ostmeeres eine Tätigkeit welche die damit befassten Personen weltoffen, anpassungsfähig, sowie tolerant werden ließ. Schon aus geschäftlichen Gründen befürwortete dieser Menschenschlag jede weitreichende Vereinigung. Mit solchem Ansinnen fand man in Atlan allerdings kein Gehör und hütete sich in dieser Richtung einen Alleingang zu wagen. Auseinandersetzungen, gleich welcher Art, schadeten nur den gewinnträchtigen Geschäftsbeziehungen. Ganz anders verhielt es sich wieder mit den Nomadenvölkern, welche ohne festen Wohnsitz mit ihren Herden durch die weiten Grassteppen der Mitte und des Nordens von Aquarien zogen. Auch sie berührten sporadisch Atlans Reich. Ihr Nomadentun reichte weit in die Urzeiten zurück. Rücksicht auf irgendwelche, von gerade Regierenden festgelegte Landesgrenzen kannten sie seit jeher nicht. Nomaden zogen einfach ihren Herden hinterher, blieben dort wo das Gras für ihre Tiere ausreichend spross und genügend trinkbares Wasser zur Verfügung stand. Ob sie nun Rinder, Schafe, Pferde, Ziegen oder Uruks vor sich hertrieben, die Welt dieser Nomadenvölker endete niemals an von Menschen künstlich geschaffenen Ländergrenzen. Eine, die Freiheit und Fortbewegung hemmende, neue Welt erschien, auf Grund uralter Traditionen, völlig undenkbar. Oberhäupter, welche absolute Machtbefugnis hatten und damit einen freien Mann zum Sklaven erniedrigten, wurden seit jeher ignoriert. Ähnlich freiheitsliebend und leider etwas engstirnig zeigten sich die Dohrer, ein Volk welches die mächtigen Plateauberge besiedelte. Jenes Gebirge erhob sich zum Großteil auf dem Gebiet Atlans und gipfelte in bis zu viertausend Ellen Höhe. Auch sie gehörten zu dem bunten Völkchen im Osten Aquariens und hatten so ihre Eigenheiten. Dieses Bergvolk lebte ganz auf die Heimat bezogen im Haupttal des Donnerbaches und seiner vielen, nach Nordost, oder Nordwest abzweigenden, kurzen Seitentäler, sowie in den Gründen des Xillon und Marana. Hier zeigte sich der, von Bergen verstellte, Horizont entsprechend eng. Alles Fremde, Ungewohnte stellte eher eine Bedrohung, als eine Chance dar, sich im Umgang damit weiter zu entwickeln. Die Urder Versammlung zu besuchen wurde deshalb rundweg abgelehnt. Es galt als tabu auch nur darüber nachzudenken. So begrüßte man die Ablehnung Atlans sehr und reihte sich ein in den Kader derer, welche immer ein zwar nie ausgesprochenes, doch einheitlich feststehendes Urteil über den Traum von einem vereinigten Königreich Amerien und noch größeren Staatenbündnissen hatten. Gemeinsam verharrte man in dem festen Glauben, dass so unterschiedliches Volk, wie es landauf, landab lebte, niemals eine zukunftsfähige, starke Einheit bilden könne. Dabei gab es in den kargen Plateaubergen nur wenige Menschen welche wenigstens einmal den beengten Horizont dort hinter sich gelassen hätten. Man ließ sich leider zu sehr von seinen Vorurteilen und Berührungsängsten, anstatt von erlebten Erfahrungen leiten. Letztlich bleibt die bittere Erkenntnis, dass es ab dem Jahr Einundsechzig noch viele unklare Grenzverläufe auf dem Kontinent Aquarien gab. So wird verständlich wie dieser Umstand früher oder später Begehrlichkeiten zu wecken vermochte und Kriege um Land, sowie Bodenschätze, heraufbeschwören musste. Während die Reiche mit festgelegten, vertraglich gesicherten Grenzen erstarkten und mehr zusammenrückten, war bei den vier ungeordneten Stadtstaaten schon bald Stagnation und Rückgang in Wirtschaft und Handel zu beobachten. Wachsende Armut und Hoffnungslosigkeit führten schon bald zu kriegerischen Konfrontationen. Beginnend mit dem Jahr Vierundsechzig wurde fünfunddreißig Jahre erbittert um die noch nicht festgelegten Grenzen der vier Stadtstaaten Marsilla, Megadom, Markonia und Atlan gerungen. Im Jahr Neunundneunzig nach dem Großen Beben sind die Armeen ausgeblutet und des Kämpfens müde. Die beteiligten Völker haben mit Blut und Tränen und zum Großteil bitterer Armut bezahlt, während die ursprünglichen Landesgrenzen sich nach ebenso vielen Siegen wie Niederlagen in etlichen Schlachten, zuletzt gar nicht entscheidend verschoben haben. Da wurde zum ersten Mal der Ruf nach einer übergeordneten Macht laut, einer starken, gerechten Hand. Einem obersten Richter, dessen Wort Befehl sein sollte. So wären die Gaben des Kontinents Aquarien gerecht zu verteilen, die Schwachen wohl wesentlich effektiver vor der Willkür selbsternannter oder übertrieben dominanter Herren zu beschützen. Unterstützt von loyalen, im Interesse des großen Ganzen agierenden Königen, vermag ein Kaiser dies alles zu leisten. Er hatte nur sorgfältig darauf zu achten, dass er stets, bei all seiner Macht, nicht mehr als ein getreuer Diener des großen einigen Reiches blieb. Jene, welche sich nach Befreiung vom Joch der Fremdbestimmung sehnten und genug davon hatten, arm und bedeutungslos gehalten zu werden, erhofften sich logischerweise am meisten Vorteile von einem Kaiserreich. Ihr Schrei nach einem Universalherrscher kam jedoch aus schwachen, kampfesmüden Kehlen und fand in den Ohren der, auf mächtigen Thronen sitzenden Herrscher nicht das erwünschte Echo. Man fürchtete unter den Regenten allenthalben um die Vorherrschaft in den angestammten Provinzen. Zudem erkannte man auch die vielfältigen Möglichkeiten das eigene Reich um ausgeblutete, kraftlose Lande zu erweitern. Nur zu Urd unterzeichnete Verträge schützten, dank Beistandspakt, vor solchen Angriffen. Fast zwanzig Jahre bewahren die kriegsgeschwächten Lande den Frieden. Doch im Frühjahr Einhundertachtzehn fällt der Stadtstaat Marsilla ins Zwergenkönigreich Reichenau ein, angezogen vom Reichtum der mit wertvollen Bodenschätzen gesegneten Gaue. Womit die Angreifer allerdings nicht rechneten: Alsbald griffen die zu Urd unterzeichneten Verträge, welche auch einen Beistandspakt beinhalteten. Die vereinigten Königreiche Aquariens hatten sehr wohl erkannt, dass nun der Ernstfall eingetreten war. Es galt vor aller Welt zu beweisen, dass man es mit vertraglichen Zusicherungen sehr genau nahm, sich jeder Verbündete der versprochenen Hilfe gewiss sein durfte. Zwölf Wochen nach Beginn der kriegerischen Auseinandersetzung starteten die Verbündeten mit zwei Armaden eine Zangenbewegung. Damit wurden zuerst im Süden und Westen Marsillas Häfen Meersungen und Olang mit Krieg überzogen, danach von Nord und Süd die besetzten Häfen Reichenaus umklammert und freigekämpft. Gleichzeitig stießen starke Heere zu Land aus Anglien und im Norden aus Galata und Kronland die Grenzen Reichenaus entlang Richtung Westmeer vor. In wenigen Wochen verlor die stolze Seemacht Marsilla die meisten ihrer Kriegsschiffe und musste kapitulieren, nachdem auch ihre, auf dem Land nicht sehr erfahrenen Krieger an fast allen Fronten zurückgedrängt und vernichtend geschlagen wurden. Im Sommer Einhundertneunzehn sah sich Arminius, Fürst und Schiffsherr zu Ravengart, gezwungen einen Friedensvertrag zu unterzeichnen, welcher seinen Stadtstaat auflöste, ihm die Königswürde verlieh und das neue Königreich mit allen Rechten und Pflichten in die Vereinigung des zu Urd gegründeten Bundes einbezog. Die Grenzen blieben dabei unangetastet. So wurde aus dem Stadtstaat Marsilla das Königreich Ravengart. Gelernt hatten die restlichen drei Metropolregionen aus dieser blutigen, verlustreichen Entwicklung der geschlagenen Seemacht Marsilla aber nichts. Schon im Jahr Einhundertdreiundzwanzig stießen aus den weiten Ebenen Atlans tausende Steppenreiter auf schnellen, wendigen Pferden nach Westen auf die Gebiete von Drakonia und Megadom vor. Diese kriegerischen Nomadenvölker beabsichtigten nicht möglichst viel Land zu erobern und zu besetzen, sondern gingen auf Raubzüge, nach denen sie sich rasch wieder zurückzogen. In weiten Steppen des Ostens lösten sich diese wilden Horden schnell wieder auf, verschwanden spurlos im schier endlosen Raum jenseits der Grenzen des Stadtstaates Atlan. Natürlich stand die Frage einer Mitschuld der in Atlan Regierenden im Raum, und als die räuberischen Überfälle immer dreister vorgetragen und die Beschwerden von den Machthabern in Atlan abgeschmettert wurden, machten diese sich zweifelsohne mitschuldig. Daraufhin begannen Drakonia und Megadom immer mehr Grenzfestungen aufzubauen. Gleichzeitig bereiteten sie einen Feldzug gegen Atlan vor. Die Grenzsicherungen machten es den räuberischen Steppenreitern immer schwerer Überfälle durchzuführen und danach auch wieder unbeschadet über die Grenze zurückzukommen. Der Sperrriegel wurde im Verlauf der nächsten Jahrzehnte immer dichter und die Übergriffe zwangsläufig seltener. Auch mussten die Attacken zunehmend kürzer ausfallen, wollte man den Wachen in den Grenzfestungen nicht allzu viel Reaktionszeit lassen. Doch die wichtigste Maßnahme um die Einfälle der Steppenreiter ein für alle Mal zu beenden, wurde über viele Jahre in den Hinterlanden von Drakonia und Megadom getroffen. An geheim gehaltenen Orten in den beiden Stadtstaaten entstanden zum Kampfeinsatz ausgebildete Urukarmeen. Eine neue Art der Kriegsführung wurde damit aus der Taufe gehoben. Von der übrigen Welt zunächst unbemerkt, war es in den weiten Steppen Urbaniens während der letzten Jahre gelungen tausende Tiere des Riesenlaufvogels Uruk zu kampfstarken, kriegstauglichen Einheiten zusammenzustellen. Sie trugen jeweils einen Krieger der wahlweise mit Lanze, Armbrust, Pfeil und Bogen, oder Streitaxt bewaffnet wurde. Zwar ist der Uruk wesentlich kleiner als ein Streitross, doch genau dieser scheinbare Nachteil brachte den Riesenlaufvögeln im Kampf gegen berittene Gegner wichtige Vorteile. Der Uruk ist, zumindest auf kurzen Strecken, schneller als ein aufgezäumtes Schlachtross, im Nahkampf wendiger, und selbst hunderte dieser Laufvögel verschwinden, wenn sie sich samt Reiter hinlegen, spurlos im hohen Steppengras. Wenn sich urplötzlich hunderte von diesen Urukreitern aus der Steppe erhoben, hatten sie mit Sicherheit den Überraschungseffekt auf ihrer Seite, und es bedeutete in der Regel den Anfang vom Ende der gegnerischen Verbände. Es wurde zuerst die Reiterei angegangen, welche gegen die flinken Riesenlaufvögel keine Chance hatte. Die Uruks waren schneller und wendiger. Sie vermochten sich zweimal zu drehen, ehe ein schwer behängtes Schlachtross

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