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ME/CFS erkennen und verstehen: Was wir wissen - und was wir nicht wissen über das Chronische Erschöpfungs-Syndrom
ME/CFS erkennen und verstehen: Was wir wissen - und was wir nicht wissen über das Chronische Erschöpfungs-Syndrom
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eBook401 Seiten3 Stunden

ME/CFS erkennen und verstehen: Was wir wissen - und was wir nicht wissen über das Chronische Erschöpfungs-Syndrom

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Über dieses E-Book

Nicht jeder, der erschöpft ist, leidet unter dem Chronischen Erschöpfungs-Syndrom (ME/CFS) - aber die meisten, die tatsächlich an ME/CFS erkrankt sind, wissen es nicht.
Dieses Buch gibt Auskunft über die vielfältigen, aber uneindeutigen Symptome und über das Leitsymptom: Für betroffene Patientinnen und Patienten bedeuten Alltagstätigkeiten Gipfelbesteigungen. Schon nach scheinbar geringfügigen Anstrengungen leiden Erkrankte unter einer langanhaltenden Zustands-Verschlechterung, begleitet von Schmerzen, Schlafstörungen, Benommenheit und/oder weiteren individuell variierenden Symptomen.
Wohin Forscher ihren Blick auch wenden - stets finden sie Auffälligkeiten: im Stoffwechsel, in der Genetik und Epigenetik, im Nerven- und im Immunsystem. Diese Fehlfunktionen werden weltweit erforscht und sind in mehreren Tausend Studien beschrieben. Bisher konnte dennoch keine Ursache gefunden werden, die erklärt, wodurch Menschen, die gerade noch im Leben standen, innerhalb kurzer Zeit zu schwerkranken Patienten werden.
Die Erkrankung wird, da es keinen eindeutigen diagnostischen Laborwert gibt, sehr oft fehldiagnostiziert und in den meisten Fällen nicht erkannt. Betroffene Patientinnen und Patienten leiden derzeit unter den völlig unzureichenden medizinischen und sozialen Versorgungsstrukturen.
"ME/CFS erkennen und verstehen" klärt Mediziner, Betroffene und Interessierte gleichermaßen über das Krankheitsbild, über unterschiedliche Klassifikationen, umstrittene Sichtweisen und eine erweiterte Diagnostik auf. Die ME/CFS-relevante internationale Forschung wird umfassend vorgestellt, biochemische Grundlagen werden erläutert. Der ausführliche Serviceteil bietet weiterführende Informationen. Bemerkenswert ist die aufwändige, strukturierende Layout-Gestaltung.
"ME/CFS erkennen und verstehen" ist Band 1 der Reihe "Multisystem-Erkrankungen - die medizinische Herausforderung unserer Zeit".
Band 2: "MULTISYSTEM-ERKRANKUNGEN erkennen und verstehen" erscheint 2021.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum11. Okt. 2018
ISBN9783746979212
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    Buchvorschau

    ME/CFS erkennen und verstehen - Sibylle Reith

    Kapitel 1

    ME/CFS:

    Ein rätselhaftes Krankheitsbild

    1.1 EIN KRANKHEITSBILD MIT VIELEN NAMEN

    Seit dem ersten Auftreten von ME/CFS Mitte des vergangenen Jahrhunderts war immer im gleichen Atemzug von der Rätselhaftigkeit dieser Erkrankung die Rede. Sie gehört zu den vielschichtigsten und herausfordernsten Krankheitsbildern unserer Zeit.

    Die Verwirrung fängt schon bei der Namensgebung an. Wer sich mit dem Thema beschäftigt, trifft auf mehrere Bezeichnungen, mit denen das Krankheitsbild im Laufe der Zeit und an verschiedenen Orten versehen wurde.

    Hier einige der Bezeichnungen, die im engeren oder weiteren Umkreis für das Krankheitsbild, um das es hier geht, verwendet wurden oder werden. Einige sind diskriminierend.

    ■ Ch ronische Epstein-Barr-Infektion/CEBV

    ■ Ch ronische Mononucleosis Infektion (Mononukleose = Pfeiffersches Drüsenfieber)

    ■ Yuppie-Grippe

    ■ Non-HIV AIDS

    ■ Ep idemische Neuromyasthenie

    ■ Idiopathisches Chronisches Müdigkeitsund Muskelschmerz Syndrom (idiopathisch: ohne bekannte Ursache)

    ■ Postvirales Fatigue Syndrom

    ■ PIFS: Postinfektiöses Fatigue Syndrome

    ME/CFS: Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome

    In diesem Buch verwende ich die heute weltweit gebräuchlichste Abkürzung ME/CFS als Sammelbegriff für dieses Krankheitsbild. ME und CFS werden meist synonym verwendet, ME vor allem in Europa und in Kanada, CFS eher in den USA und in Australien.

    ME steht für Myalgische Enzephalomyelitis, dabei steht das Entzündungsgeschehen im Vordergrund. (Myalgie: „Muskelschmerz, Enzephalomyelitis: Entzündung von Gehirn und Rückenmark). Dieser Begriff wurde Ende der 1950er Jahre geprägt. Als „Myalgische Enzephalomyelitis ist die hier dargestellte Krankheit seit 1969 (!) von der Weltgesundheits-Organisation (WHO) als neurologische Erkrankung klassifiziert (aktuell ICD-10; G 93.3).

    CFS ist die Abkürzung für engl. „Chronic Fatigue Syndrome. Diese englischsprachige Bezeichnung wurde 1988 durch die sogenannte „Holmes-Definition geprägt und ersetzte die Bezeichnung „Chronic Epstein-Barr virus syndrome". 1.1 /1, Holmes et al. Im deutschen Sprachraum wird die Erkrankung „Chronisches Müdigkeits- oder Erschöpfungssyndrom" genannt. ▸ Siehe Kapitel 1.3.1

    Der Begriff Syndrom

    Krankheitsbilder, die nicht durch Laborwerte eindeutig diagnostiziert werden können, werden üblicherweise so genau wie möglich definiert und damit eingegrenzt. Experten erarbeiten anhand der regelhaften Symptommuster und bekannter Befunde „am Konferenztisch eine Charakteristik der Krankheit, die dann als „Syndrom bezeichnet werden kann. Syndrom ist keine präzise Krankheitsbezeichnung oder Diagnose, sondern eine Zusammenfassung von Symptomen, ein krankheitstypischer „Zustandsbericht", auf den sich Experten geeinigt haben - unabhängig von nachweisbaren Laborwerten.

    Konsenskriterien

    Kein Arzt konnte die zahlreichen und massiven Beschwerden, über die betroffene Patienten berichteten, anhand der erhobenen Befunde erklären. Aus dieser Ratlosigkeit entstanden im Laufe der vergangenen Jahrzehnte mehrere sogenannte Konsenskriterien, die die rätselhafte Erkrankung charakterisierten und von anderen Erkrankungen abgrenzten. Patienten, die z.B. nach den weitgefassten Oxford-Kriterien diagnostiziert werden, sind nicht zwingend identisch mit Patienten, die nach den Fukuda-Kriterien oder den präziseren Internationalen ME-Konsens-Kriterien 2011 diagnostiziert werden.

    Seit den ersten Erwähnungen ist ein wissenschaftlicher Disput zu verfolgen, bei dem sich die Verfechter verschiedenen Ansätze vehement streiten. Es gibt kaum eine Krankheit, die so zum Spielball weltanschaulicher Hypothesen und Debatten, wissenschaftlicher Karrieren, gesundheitspolitischer Aspekte und wirtschaftlicher Interessen wurde wie ME/CFS. Unter „historisch" bedingten Verharmlosungen und Stigmatisierungen haben ME/CFS-Patienten noch heute zu leiden.

    Die deutsche Bezeichnung „Chronisches Müdigkeits- oder Erschöpfungssyndrom" ist unglücklich gewählt und wird oft als diskriminierend empfunden. Zum einen, weil das Symptom Fatigue (Müdigkeit, Erschöpfung) eine Beschwerde ist - und keine Krankheit. Zum anderen ist die Fatigue zwar bei vielen Patienten ein herausragendes Symptom - aber lange nicht das Einzige. Und zum dritten verharmlost der Begriff die Brisanz dieser Erkrankung - wer ist heutzutage nicht mal müde und erschöpft?

    ME - Myalgische Enzephalomyelitis vs. Chronic Fatigue Syndrom - Fakten Hintergründe Forschung ist der Titel eines Buches von Katharina Voss. Die Bloggerin und Mutter zweier schwer erkrankter Töchter erläutert in dem Buch und in ihrem Blog den medizinischen Unterschied zwischen der „Myalgischen Enzephalomyelitis/ME und dem „Chronic Fatigue Syndrom/CFS. Sie kritisiert, dass in der Praxis und in Studien unter dem Begriff CFS allzu leicht unterschiedliche Erkrankungen, die mit Erschöpfung einhergehen, subsummiert werden. Das 543 Seiten umfassende Buch widmet sich vielen weiteren ME-relevanten Themen. ▸ Siehe Anhang 2/ Blog und Anhang 3 / Buch

    In den USA wird die Erkrankung mittlerweile häufig „CFIDS genannt, als Abkürzung für „Chronic Fatigue and Immune Dysfunction Syndrome (Deutsch: „Chronisches Erschöpfungs- und Immundysfunktions-Syndrom"). Diese Bezeichnung hat sich im deutschsprachigen Raum nicht durchgesetzt.

    Im Februar 2015 hat das U.S.-amerikanische Institute of Medicine/IOM, (jetzt National Academy of Medicine/NAM) nach der Auswertung von 9000 wissenschaftlichen Arbeiten zu ME/CFS einen umfassenden Bericht mit dem Titel: Beyond Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome: Redefining an Illness vorgelegt (Deutsch: „Jenseits von Myalgischer Enzephalomyelitis und Chronischem Müdigkeitssyndrom: Neudefinition einer Krankheit). Die Kommission schlug in diesem Bericht die Bezeichnung „Systemic Excertion Intoleranz Disease (SEID)/ Deutsch: Systemische Belastungs-Intoleranz-Erkrankung vor. Bisher hat sich auch diese Bezeichnung nicht durchgesetzt. 1.1 /2, iom

    Es scheint derzeit, als stünde(n) die letztgültige(n) „Taufe(n)" der Namensgebung für ME/CFS, bzw. für dessen Untergruppen noch aus.

    Die Suche nach dem Biomarker

    Schon diese kurze Übersicht, die sich nur auf die Namensnennung bezieht, lässt erahnen, dass die Krankheit ME/CFS sehr vielschichtig ist. Bis heute gibt es keine schlüssige Erklärung für das Auftreten von ME/CFS und keinen bestimmenden einzelnen Labortestwert, der durchgängig bei allen Betroffenen eindeutig auffällig gewesen wäre.

    Wer an z.B. Rheumatoider Arthritis leidet, kann eine eindeutige Diagnose erwarten. Um diese Erkrankung und damit verbundene Gewebeschäden frühzeitig zu erkennen, steht eine ganze Palette von Biomarkern zur Verfügung.

    Biomarker sind messbare Laborparameter, die als eindeutige Indikatoren für die Diagnostik verwendet werden können. Pathologische Veränderungen lassen sich objektiv darstellen. Für ME/CFS wurde bisher kein eindeutiger Biomarker gefunden. Seit die Krankheit bekannt geworden ist, suchen Wissenschaftler nach einem Schlüssel, der einerseits die Unterschiedlichkeiten und andererseits die Gemeinsamkeiten erklären könnte.

    Gesucht wird ein Laborwert, der die eindeutige Aussage zulässt, ob jemand an ME/CFS erkrankt ist - oder eben nicht. Ein solcher Wert würde möglicherweise auch Auskunft über die Ursache der Erkrankung geben und als Grundlage für eine geeignete Therapie dienen. Und nicht zuletzt würde ein solch „beweisender" Wert gutachterliche Auseinandersetzungen wesentlich vereinfachen.

    Nach jahrzehntelanger Suche gibt es erfreulicherweise in jüngster Zeit zunehmend internationale Studien, die Patienten und Behandlern Grund zur Hoffnung geben.

    In Kapitel 4 „Aktuelle internationale Forschung" wird die Arbeit des 2015 gegründeten Forschungsverbundes EUROMENE vorgestellt. EUROMENE hat einen länderübergreifenden Forschungsbericht zu ME/CFS-relevanten potentiellen Biomarkern erstellt. Im gleichen Kapitel 4 werden einige herausragende Studien vorgestellt, deren Fokus auf das Finden von Biomarkern gerichtet ist.

    1.2 DIE INTERNATIONALEN ME-KONSENS-KRITERIEN 2011

    ME/CFS wird bislang nur über klinische Symptome diagnostiziert, also über die Beschwerden, die der Patient berichtet. Zu den gebräuchlichsten Konsenskriterien, die die Krankheit ME/CFS definieren, gehörten oder gehören:

    ■ Die Oxford-Kriterien 1991: Nach dieser Definition werden auch Patienten mit unspezifischen Erschöpfungszuständen, wie sie bei psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen beobachtet werden, eingeschlossen. Nach heutigen Erkenntnissen sind sie zu weit gefasst. Die Ergebnisse von Studien, die die Studienteilnehmer anhand dieser Kriterien auswählten, sind sehr umstritten.

    ■ 1994 wurden die sogenannten Fukuda Kriterien entwickelt, auf denen viele ältere Studien zu ME/CFS basieren. Auch sie schließen psychosomatische und psychische Erkrankungen nicht eindeutig aus. Psychische Erkrankungen und ME/CFS sind jedoch unterschiedliche Krankheitsbilder, auch wenn gemeinsame Symptome vorliegen.

    ■ 2003 wurden die sogenannten Kanadischen Konsenskriterien entwickelt. Sie beschreiben die immunologischen, neurokognitiven und weiteren Beeinträchtigungen. Sie bieten damit ein genaues und eng gefasstes Diagnoseschema. Zudem werden bewährte Therapieoptionen vorgestellt.

    Das Komitee des US-amerikanischen Institute of Medicine (IOM) schlug 2015 sehr kurzgefasste Kriterien vor. Die Erkrankung, für die von den Autoren der Name „Systemic Excertion Intoleranz Disease" (SEID) vorgeschlagen wurde, liegt demnach vor, wenn der Patient seit mindestens sechs Monaten unter Fatigue, Post-Exertional Malaise und nicht erholsamem Schlaf leidet, kombiniert mit kognitiven Beeinträchtigungen und/oder einer Zustandsverschlechterung beim aufrechten Stehen. Diese Kriterien werden als zu undetailliert kritisiert.

    Die Internationalen ME-Konsenskriterien 2011/ME-ICC 2011

    Im Juli 2011 wurde eine überarbeitete, aktualisierte Version der Kanadischen Konsenskriterien 2003 in The Journal of Internal Medicine unter dem Originaltitel Myalgic encephalomyelitis: International Consensus Criteria 2011 (ME-ICC 2011)/Deutsch: Myalgische Enzephalomyelitis: Internationale Konsenskriterien 2011 veröffentlicht. 1.2 / 1, ME-ICC 2011

    13 Länder und ein breites Spektrum an Fachgebieten waren bei den Beratungen vertreten. Die Autoren betonen, dass durch diese Expertenrunde ca. 500 Jahre klinische Erfahrung abgebildet wurden - die von ihnen diagnostizierte und behandelte Patientenzahl wird mit insgesamt 50 000 Patienten angegeben. Mehrere Mitglieder des Gremiums haben wissenschaftliche Arbeiten und/oder Bücher publiziert.

    Nur für Patienten, die die Kriterien der ME-ICC 2011 erfüllen, soll der Begriff „Myalgische Enzephalomyelitis verwendet werden, da dieser die „genaueste und angemessenste Bezeichnung sei. Ziel der ME-ICC 2011 ist es, eine relativ homogene ME-Patientengruppe zu bilden, um sie mit anderen Patientenpopulationen vergleichen zu können und um spezifische ME-Krankheitsmechanismen zu erforschen.

    Patienten, die bislang nach unterschiedlichen Konsenskriterien eine ME oder CFS-Diagnose bekommen haben, sollen anhand der ME-ICC 2011 neu beurteilt werden Wer diese Kriterien nicht erfüllt, hat nicht ME, sondern fällt in die umfassendere, heterogene Klassifikation „CFS", die zukünftig durch weitere Klassifizierungen in Subgruppen unterteilt werden kann.

    Die Internationalen ME-Konsenskriterien 2011 gelten aktuell verbindlich als wissenschaftlich-medizinische diagnostische Grundlage für ME. Sie sollen einerseits dazu dienen, diagnostisch eindeutig Patientengruppen für die Forschung bestimmen zu können, andererseits definieren sie Richtlinien für die Behandlung. Damit wurde ein wichtiger Beitrag zu einer, dem derzeitigen Forschungsstand entsprechenden, objektivierenden Klassifizierung geleistet.

    Patienten könnten anhand dieser Kriterien eine fachärztliche Diagnostik ihrer Krankheit erwarten. Die Realität sieht aktuell leider noch anders aus.

    Zum Weiterlesen:

    Der im Jahr 2012 herausgegebene International Consensus Primer for Medical practioners (englischsprachiger Download) basiert auf den ME-ICC 2011. Dieser Konsensleitfaden wurde auf Deutsch übersetzt. ▸ Siehe Anhang 3

    Auf den Seiten der Lost-Voices-Stiftung finden Sie einen Vergleich verschiedener Konsenskriterien: www.lost-voices-stiftung.org/ was-ist-me/diagnosekriterien/

    Vergleich der Konsenskriterien (Englischsprachig): Case definitions and diagnostic criteria for Myalgic Encephalomyelitis and Chronic fatigue Syndrome: from clinical-consensus to evidence-based case definitions. Gerwyn Morris, Michael Maes 2013 1.2/2, Morris, Maes

    1.2.1 ZUR VERWENDUNG DES BEGRIFFS „ME/CFS" IN DIESEM BUCH

    Warum ist in diesem Buch im Folgenden nicht ausschließlich von ME die Rede, wie die ME-ICC 2011 es nahelegen, sondern von ME/CFS? Die Begrifflichkeiten bei diesem Krankheitsbild sind ein Dilemma. Denn kaum haben wir verstanden, dass ME sich unterscheidet von CFS, werden wir mit mehreren Stolpersteinen konfrontiert:

    ■ Die bisherigen Studien (auch aktuelle) verwenden entweder ME oder (meistens) CFS oder eine Kombination. Es klappt also nicht, ausschließlich den Begriff ME zu verwenden und dann Studien zu CFS oder zu ME/CFS darzustellen. Auch wegweisende Studien wie z.B. die Naviaux-Studie verwenden den Begriff „Chronic Fatigue SyndroME/CFS". ▸ Siehe Kapitel 4.8

    ■ Der Begriff ME, ist nicht unumstritten, weil es nur wenige direkte Belege für eine Gehirnentzündung (Enzephalomyelitis) gibt.

    ■ Viele Patienten wissen derzeit nicht, ob sie ME oder CFS haben.

    ■ Bei nationalen und internationalen Patienten-Organisationen und in Publikationen werden beide Begriffe verwendet.

    Da dieses Buch den Fokus auf die derzeitig höchst unbefriedigende medizinische und soziale Versorgung richtet, scheint es mir derzeit gerechtfertigt, beide Abkürzungen zu verwenden. Es ist zu hoffen, dass für zukünftige Studien die ME-ICC 2011 zugrunde gelegt werden. Dann können Aussagen getroffen werden, die ausschließlich Patienten betreffen, die diese eng gefassten Kriterien erfüllen. Auch für „CFS" wird es dann sehr wahrscheinlich Subgruppen mit unterschiedlichen Biomarkern geben. Mehrere Studien konnten potentielle Biomarker für ME und für CFS zeigen, die absehbar in naher Zukunft verwendet werden können.

    In den folgenden Kapiteln werden viele Studien beschrieben. Da in diesem Buch auf sehr viele Studien Bezug genommen wird, ist nicht durchgehend vermerkt, ob die Probanden als CFS, ME/CFS oder als ME-Patienten bezeichnet wurden. Die Details der Studien können Sie jedoch anhand der Quellenangaben erfahren.

    Individualisierte Diagnostik

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