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Kampf um Autonomie: kein leichtes Spiel
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eBook419 Seiten4 Stunden

Kampf um Autonomie: kein leichtes Spiel

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Über dieses E-Book

Steckt hinter der 'friedlichen Nutzung der Kernenergie' der Wille, das Risiko der Selbstauslöschung der Menschheit auszuweiten? Was war in Deutschland los, als die sowjetische Macht den Amerikanern in Kuba Raketen vor die Nase setzte? Haben unübersichtliche Sexaffären, 'sexuelle Gewalt' etwas mit den politischen Verhältnissen zu tun? Warum sind unsere Politiker so geil auf den 'Drohnen - Krieg'? Haben wir das syrische Giftgas ermöglicht? Sollten wir es dann auch kompetent entsorgen? Deutsche Heuchelei und mehr Militäreinsatz angesichts der Brandherde in Nah-Ost, in Afrika, Asien ...? Die Welt ist überschuldet, - unfähig zu handeln? Und uns geht es bei all den Schulden noch immer gut? Was bringen unsre selbst ernannten 'Leistungsträger', die immer wieder wegen Korruption, Untreue und Steuerhinterziehung vor Gericht zitiert werden? Und wie soll denn, bitte schön, der Wechsel hoch gestellter Politiker in die 'Wirtschaft' vernünftig bewertet werden?
Nimmt man noch die Fortschritte der Medizin und Technik hinzu, dann fällt es nicht schwer, die Schattenseiten aufzuzählen. Und immer wieder spielt die Religion eine eigenartige Rolle - beispielsweise bei der Verleihung des Hessischen Kulturpreises im Jahre 2009. Unerwartet scheint es heute vielfach ums Überleben zu gehen, - gehen wir womöglich mit dem bürgerlichen Freiheitsversprechen falsch um?. Dabei geht es der Pflicht zur Verantwortung offenbar schlecht. Angesichts gesättigter Erfahrungen steht die Kontroverse von der Natur des Menschen im Raum. Da kämpft dann der bornierte 'Egoist' gegen die Empathiefähigkeit des gleichen Menschen.
Die Essays, Kommentare, Reportagen, aus denen dieses Buch besteht, verstehen sich als Skizzen, durch die wir hinter die Oberfläche aktueller Ereignisse blicken können. Die Beschäftigung mit den chronischen Leiden der Demokratie führt mitten hinein in eine Erzählung, die offen politisch argumentiert, das Prinzip Hoffnung erinnernd.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum18. Feb. 2014
ISBN9783849575786
Kampf um Autonomie: kein leichtes Spiel

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    Buchvorschau

    Kampf um Autonomie - Ernst H. Stiebeling

    1. Handgreifliche Tatsachen?

    „…Auf der einen Seite sind industrielle und wissenschaftliche Kräfte zum Leben erwacht, wie sie keine frühere Geschichtsperiode je ahnen konnte. Auf der anderen Seite machen sich Anzeichen eines Verfalles bemerkbar, der die viel genannten Schrecken aus den letzten Zeiten des römischen Reiches in Schatten stellt. In unserer Zeit scheint jedes Ding schwanger mit seinem Gegenteil. Die Maschine ist mit der wunderbaren Kraft begabt, die menschliche Arbeit zu verkürzen und fruchtbarer zu machen: Wir sehen, wie sie zu Hunger und Überarbeit führt. Die neu entfesselten Kräfte des Reichtums werden durch ein seltsames Spiel des Schicksals zu Quellen der Entbehrung. Die Siege der Kunst scheinen durch Einbuße an Charakter erkauft.

    Die Menschheit wird Herr in der Natur, aber der Mensch wird Sklave des Menschen oder Sklave seiner eigenen Niedertracht. Sogar das reine Licht der Wissenschaft kann, so scheint es, nur vor dem dunklen Hintergrund der Unwissenheit strahlen. Das Resultat aller unserer Erfindungen und unseres Fortschritts scheint zu sein, dass materielle Kräfte mit geistigem Leben ausgestattet werden und die menschliche Existenz zu einer materiellen Kraft verdummt. Dieser Antagonismus zwischen moderner Industrie und Wissenschaft hier, modernem Elend und Verfall dort; dieser Gegensatz zwischen den Produktivkräften und den sozialen Verhältnissen unserer Epoche ist eine Tatsache, eine handgreifliche, überwältigende und unbestreitbare Tatsache. …"

    ***

    Aus der Rede von Karl Marx anlässlich der Feier des vierjährigen Bestehens der ›Volkszeitung‹ (›Peoples Paper‹, London), abgedruckt dort selbst am 19. April 1856. Überschrift: Die Revolutionen von 1848 und das Proletariat. Gefunden als deutsche Übersetzung im Sammelband KARL MARX ALS DENKER, MENSCH UND REVOLUTIONÄR, herausgegeben von D. Rjazanov Wien – Berlin 1928

    2. Märchen im Druschba – Express (2013) * (1)

    „Ausspähen unter Freunden - das geht gar nicht"

    Angela Merkel 24.Oktober 2013

    Unsre Geheimdienste sind nicht mehr das, was sie mal waren. Die Soldaten wurden bei Bedarf geräuschlos ausgewechselt. Das war ’s. Heutzutage lösen kleinste Informationsteilchen eine Staubwolke schwer wiegender Affären aus. Die Kanzlerin sei „naiv wie wir alle. Jahrelang wehre sie sich gegen ein abhörsicheres Handy. Vertrauen sei „zerstört, die USA stünden „am Pranger".

    Die Zeugen Wiki Leaks, Assange, Snowden erscheinen auf der weltpolitischen Bühne und verschwinden bis zu ihrem nächsten Auftritt. Staaten regulieren ihre Beziehungen vertraglich und pfeifen auf Freundschaft. „Yes, we can!" ist ein lebenswichtiges Motto des Spionierens. Sollte der nächste Innenminister der Republik, der sich mit dieser Materie der Geheimdienste auskennt, vielleicht Thomas Oppermann heißen? Vorausgesetzt, die Demokratie schädliche, gefürchtete und gewünschte ›Große Koalition‹ bricht über uns herein. Aber von dieser Fragwürdigkeit mal abgesehen, stellen wir fest:

    Erstens Ein solch drastisches Sprechen über den Atlantik hinweg gab es seit dem Krieg nicht mehr. Ein laues Lüftchen weht.

    Zweitens Der selbst ernannte Verteidiger der Freiheit und finanziell kränkliche Staat jenseits des ›großen Teiches‹ misstraut nicht nur seinen Feinden, sondern auch seinen Freunden, sogar seinen gläubigen. Irgendetwas scheint im Kosten-Nutzen Verhältnis nicht zu stimmen.

    Drittens Um ihre notleidenden Interessen zu wahren, müssen die USA die Kommunikation von Freund und Feind weltweit überwachen – auch Handys von Regierungschefs. Das ist ja nicht bös gemeint, stört aber leider das ›Vertrauen‹.

    Viertens Die Kanzlerin darf sich allerdings niemals mehr so herzlich freuen wie bei Gelegenheit der ›gerechten‹ Ermordung des Oberterroristen Bin Laden.

    Fünftens Die USA begreifen aus einem tief sitzenden Unverständnis der ›alten Welt‹ den Ernst der Lage nicht. Hüben wie drüben regt sich beim sogenannten einfachen Menschen eine Protesthaltung.

    Sechstens Die EU beginnt langsam und gründlich, sich aus der Bevormundung durch die USA ›Supermacht‹ zu emanzipieren.

    Siebtens Eilige, vorschnelle „Wiederherstellung des Vertrauens" ist unangebracht. Da haben wir wieder diese unbeschreibliche Naivität.

    Achtens Wer die Waffengänge des NSA(*) – Giganten begreifen will, muss digital aufrüsten und sich der unfairen, monopolistischen Konkurrenz erwehren. Dann wird aus einem lauen Lüftchen Windstärke.

    Neuntens Die souveräne Kleinstaaterei in Europa kann so nicht bleiben, da wir mit ihr im Schlafwagen einer nicht friedlichen Zukunft entgegen fiebern, während wir uns im Druschba –Express wähnen.

    Zehntens Eine Europäische Union, die Freiheit, Demokratie und Menschenrecht ernsthaft verteidigt, ist eine nicht imperialistisch ausgerichtete Kraft. Sie muss aber auch über den Willen verfügen, Selbstbestimmung umzusetzen, um sich das Schicksal eines Spielballs fremder Interessen zu ersparen. Sich gegen ›fremde‹ Not abzuschotten nützt nichts, schadet uns. Wie das alles aber praktisch gehen soll, ist heute ein großes Rätsel, das uns noch viel Arbeit und Mühe kosten wird.

    (*) National Security Agency/ Nationale Sicherheit Agentur der USA

    3. Bundestagswahl 2013 und Landtagswahl in Hessen * (2)

    Wahlerfolg der Kanzlerin (*) - lähmende ›Stabilität‹ und stürmische Zeiten.

    Einzig zuverlässige Partei

    Zuletzt hat Angela Merkel zweimal anständig zugebissen. Sie bezichtigte die SPD der politischen Unzuverlässigkeit. Peer Steinbrück war als Mitbewerber um das Kanzleramt ins Rennen gegangen. Die schwarz-gelbe Regierung Merkels überlebte aber nur mit tatkräftiger Unterstützung der SPD-GRÜNEN Opposition. Dann blockierte sie ihren Koalitionspartner FDP entschieden beim Versuch, über eine Zweitstimmenkampagne in letzter Minute die 5% Hürde zu überspringen. Das war erfolgreicher Wahlkampf aller erster Sahne, der aber auf eine Art Selbstentblößung hinauslief. Die Unionsparteien könnten nun mit etwas Mut und Selbstvertrauen eine starke Minderheitsregierung bilden, die sich der wenigen fehlenden Stimmen zur absoluten Mehrheit sicher sein kann. Warum sie das von sich aus nicht wagen wollen, hat mit der eigenen Schwäche der Merkel-Partei zu tun, angemessene politische Problemlösungen anzubieten. Daraus folgend benötigen die christlich – konservativen - sozialen Volksparteien stets einen Partner, mit dem sie souverän um die Verantwortung streiten können.

    Zweitstimmendreher

    Die höfische Medienkultur jubelte angesichts des tollen Ergebnisses für die ›Mutter der Nation‹, fand aber bislang noch keinen Ansatz, die dunklen Kehrseiten auszuleuchten. Denn der Sieg der Union ist zunächst auch eine selbst verschuldete Niederlage von ›schwarz – gelb‹. Die FDP ist heute in wirklichen Existenznöten, weil noch nicht einmal 90 Tausend Wähler ihre zweite Stimme glaubten der netten Frau Merkel geben zu müssen, obwohl sie auch für den Erhalt der schwarz – gelben Koalition hätten stimmen können. Umgekehrt durften die Liberalen nach der niedersächsischen Landtagswahl über ihre gefühlte Stärke jubeln, während der enorme Verlust an Zweitstimmen McAllister und der CDU die Regierungsverantwortung kostete.

    Misstrauen und Tricks zum ‚Wohle des deutschen Volkes‘

    Die ungelösten Krisen unsres Gesellschaftssystems verdichten sich nicht immer zu solch günstigen Umständen, wo die Macht zunächst gefahrlos den abhängigen Partner als Einzelkämpfer verhungern lassen und dem zuverlässigen Koalitionskandidaten, der in der Demokratie fast immer gebraucht wird, mal kräftig eins überbraten kann. Und da die Arroganz, die der Macht selber innewohnt, blind und stets leicht geneigt ist, dem künftigen Koalitionär alle möglichen Fehler zu unterstellen und dann auch anzulasten, kann die Zusammenarbeit der beiden sogenannten Volksparteien mit ihren eingeübten rhetorischen Beschönigungen schon heute als ein Kunststück voller Misstrauen, Tricks und unkontrollierbarer Ressentiments vorempfunden werden.

    Was sind das für Aussichten? Es geht um die Wahrung des Scheins, dass eigentlich alle parlamentarische Verantwortung tragenden Kräfte zum ‚Wohle des deutschen Volkes‘ über Parteigrenzen hinweg zusammenwirken sollten. In den Augen der Parteien, die auf Bundesebene schon einmal Regierungsluft atmeten, muss Die Linke aus angeblich verfassungspolitischen Erwägungen aus dem Koalitionsgeschäft ausgeschlossen bleiben. Das ist eine ungerechte Position, die sich vorwiegend aus Rachegelüsten speist, die aber im Interesse einer Demokratisierung abgebaut werden kann. In ihrer politischen Selbstpositionierung als sozialdemokratische Partei wünscht sich Die Linke nichts so sehr, als im Rahmen ihres parlamentarischen Wirkens ernst genommen zu werden.

    Würde man unsere Parteien als eine Art politische Kartelle begreifen, müsste man schnell Schluss machen mit der Vorstellung, dass es sich bei ihnen um einheitliche, gar monolithische Blöcke handele. Nicht zufällig wirken alle politischen Sekundärtugenden, wie die ‚Ausschließeritis‘, besonders lächerlich und unglaubwürdig. Zudem kann leicht verschleiert werden, dass in der Gesellschaft entstehende rechte Strömungen, die als gemeinsamen Nenner den ›gesunden Menschenverstand‹ hoch halten, sich in ausnahmslos allen Parteien ausbreiten, und dort ihr je spezifisches Parteigesicht annehmen.

    Wahlreflex spiegelt massiven Rechtsruck

    Wider das Gerede von der ‚linken‘ Mehrheit verbergen sich im Wahlergebnis massive Rechtstendenzen autoritär konservativer Prägung, die 22,8 Mio. Stimmen auf Parteien konzentrierten, die als ‚Mitte-rechts‘ gelten. Dem stehen 19,6 Mio. Stimmen gegenüber, die für Parteien der ‚linken Mitte‘ abgegeben wurden. Nach diesem Verteilungsschema existieren rechts- bzw. linksextreme Parteien im Bundestag nicht. Doch kann bei Gelegenheit ein beträchtliches rechtspopulistisches Potential in die parlamentarische Mitte gelenkt werden. Zunehmendes Chaos der ökonomisch-rechtlichen Sphäre der Gesellschaft und scheinbare Beliebigkeit der Politik stärken die Mitte-rechts Tendenzen und bedrohen letztlich nicht nur das rot-grüne Projekt. Die aktuelle Zusammensetzung des Parlaments täuscht ‚linke Mehrheit‘ nur vor.

    Sozialdemokraten und Bündnis 90 Grüne müssen ihre Niederlage illusionslos analysieren und sich fragen lassen, ob sie überhaupt eine klare Vorstellung von der ›Energiewende‹, der ›Finanzkrise‹ und der ›Bildungskatastrophe‹ haben, die uns noch schwer zu schaffen machen werden und mit der bisher vorherrschenden elitären Ignoranz nur in der ironischen Form der ›Verschlimmbesserung‹ anzugehen sind. Für welche wirklichen Veränderungen wollen sie arbeiten? Der Glaubwürdigkeit schaden würde es nicht, wenn die verantwortliche Politik ihre perfektionistischen Tricksereien ablegen und offen zugeben würde, wie schwierig Realpolitik ist. Die Alternative dazu heißt allerdings: Kehren wir alle Probleme unter den Tisch, es wird schon nicht stinken!

    Zudem wird man nicht davon sprechen können, dass die oberflächlichen Reformen zugunsten eines demokratisch tragfähigen Konservatismus in Deutschland, die Angela Merkel in ihrer Partei initiiert hat, der in der Mitte der Gesellschaft verankerten Rechtsentwicklung standhalten kann. Wagen sich die konservativen ›Volksparteien‹ zu sehr auf die Wege sozialdemokratischer Flexi - Gangart, kann sich die innere Vertrauenslücke zur Führung der Partei vertiefen und dann ist mal schnell der demokratische Lack ab.

    Die rechts-populistisch angehauchte AFD(**) sprach bereits offen von der ›entarteten Demokratie‹ steuert, in blindem Vertrauen auf einen obsoleten Nationalstaat, unkritisch das ohnehin existierende Risiko an, den europäischen Einigungsprozess zugunsten eines engstirnigen Nationalismus zu torpedieren. Sie steht im Eingang der Parlamente und dicht neben der rassistischen Rechten in Europa. Beide liberal konzipierten Parteien, AFD und FDP, schafften die 5% Hürde nicht – erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik die FDP, die sich grundlegend aus der Umklammerung der Unionsparteien befreien und programmatisch reformieren muss, noch nicht die AFD, die als rechtspopulistischer Bündnispartner der Union auf Beteiligung an der Macht künftig hoffen darf.

    Unter der Droge des ökonomischen Hochgefühls war die CDU kurzfristig schon einmal übermütig geworden: ›Man spricht wieder deutsch in Europa‹. Auf welch hoffnungslos undurchdringbare Intrigen, politischer wie geheimdienstlicher Art, der NSU (***)-Untersuchungsausschuss des Bundestages traf, das machte die der deutschen Sprache mächtigen Abgeordneten immer wieder sprachlos.

    Und nun erfahren wir detailliert aus der Berichterstattung über den NSU- Prozess in München, nach welchen Maßstäben die Polizeibehörden ermittelten, wenn sie wochenlang die Angehörigen der ‚ausländischen‘ Mordopfer zu Verhören vorluden. Kein Wunder bei unserem rassistisch unterfütterten Zuwanderungs - Asyl – Ausländer - Residenzrecht und der eingefleischten politischen Lüge, es handele sich um demokratische Schutzrechte, die besonders heute wieder gerechtfertigt seien. Das ‚Volk ohne Raum‘ Gefasel ist hinter vorgehaltener Hand immer noch salonfähig, gerade wenn zynisch vom ‚Weltsozialamt Deutschland‘ geredet wird.

    Den geheimdienstlichen Erfassungen unseres Lebens wird wild wuchernder Freilauf gewährt und keine Grenzen gezogen. Das erscheint der politischen Klasse in unserem Lande auch nicht nötig, denn die Geheimdienste gelten ihnen als zuverlässige und beruhigende Auskunftsquelle, wenn es um die Verkleisterung Demokratie widrigen Eingreifens in unsre sozialen Beziehungen geht. Es gibt kein hoffnungsvolles Zeichen im Dunstkreis dieser Bundestagswahl, das all diese Verhältnisse, und noch viel mehr, mit einer deutlichen Intoleranz behandelt.

    Große Koalition als Mehrheitswille und innere Zerreißprobe?

    Trotz aller Versuche, den jeweils schönen Schein zu wahren, sind die partikularen Kräfte in den Parteien gewachsen, die nicht unter allen Umständen eine dritte große Koalition zu tragen gewillt sind. Die SPD-Führung wird den Testfall noch spüren, gleichgültig, ob ihr die Mitglieder die ›Katze im Sack‹ abkaufen oder nicht. Die verfassungswidrige Lähmung erst der parlamentarischen, dann auch der gesellschaftlichen Opposition gegenüber dem Regierungslager zugunsten einer nur scheinbaren Stabilisierung der Machtverhältnisse erhöht das Risiko gewaltbereiter, aktiver Gruppen.

    Die Klärung der Gestaltungsfähigkeit der beiden großen politischen Kräfte leidet unter dem Zwang einer verwischten, unklaren Aufgabenteilung. Die Richtlinienkompetenz wird aber Frau Merkel diesmal eindeutiger ihre verantwortliche Rolle zuweisen, der SPD die untertänig dienende. Ob diese ‚Zwangsheirat‘ bis zum Ende der Legislatur hält, hängt von den inneren Zerwürfnissen der drei Koalitionspartner ab. Die übertriebene Toleranz auswärtigen Spionagegelüsten gegenüber, die geheime Förderer Rolle bei deutschen Waffenexporten, die Unfrieden hervorrufen und Deutschlands Ruf in der Welt schädigen, die Misserfolge im Schlepptau der US-Politik, die Verschlechterung sozialer Lebenslagen durch den sogenannten ökonomischen Aufschwung fallen allesamt in erster Linie der SPD zur Last.

    Roland Koch hatte bei seinem ‚Abschied‘ aus der Politik schon ziemlich klar definiert, was konservativ heißt: Bezüglich des europäischen Integrationsprozesses darf an der Ideologie der ›nationalen Souveränität‹ nicht gerüttelt werden, also europäisches Recht, Wirtschaft, Währung, Bildung, Kultur usw. auf einen angeblich legitimen nationalen Standpunkt zurückdrehen, will man nicht den ‚Untergang des Abendlandes‘ riskieren. Zudem beschwört er alle Kräfte, die vermeintlich der Gesellschaft Zusammenhalt verleihen. Von der Familie über das ‚gegliederte Bildungssystem‘, autoritäre Führung der Wirtschaft, sogenannte sozialpolitische Herausforderungen, das ‚patriotische Band‘ bis zur hervorgehobenen ›Rolle der Religion‹.

    Das alles wird eine Rolle spielen, wenn die Scheinerfolge der Kanzlerin abbröckeln. In der deutschen Debatte stehen heute zwei Tatsachen im Mittelpunkt: 1. Die Aussortierung, Randständigkeit von Menschen, die sich nicht mehr durch fremdbestimmte Arbeit auf einem würdigen Existenzminimum erhalten können. Die vergangenen ‚wirtschaftlichen Aufschwünge‘ haben es ja genau hierhin gebracht. 2. Das hauptsächlich selektiv wirkende und offensichtlich ungerechte Bildungssystem in Deutschland. In der internationalen Debatte steht das ‚blinde‘ Vertrauen in den Bündnispartner USA zur Diskussion, beziehungsweise die Entwicklung einer eigenständigen europäischen und dann auch deutschen Position, die Fähigkeit betreffend, den offensichtlichen Strukturwandel der globalen Machtverhältnisse unter demokratischem Vorzeichen bewältigen zu können.

    Im Vorfeld der Wahlen wurde in der SPD relativ vorsichtig eine Zerreißprobe angedeutet (Bahr, Eppler), die zu einer gefährlichen Spaltung und letztlich politischer Handlungsunfähigkeit führen könnte. Es dürfe daher keinen Automatismus zu einer großen Koalition geben, die eindeutig unter CDU Führung stehen wird. Die Sondierungen vor den Koalitionsverhandlungen erwecken den Eindruck, als würden sich die Beteiligten der Illusion hingeben, eine große Koalition sei ein stabileres Regierungsbündnis als das gescheiterte schwarz-gelbe. Niemand kann die Substanzverluste an politischer Gestaltungsfähigkeit für diejenigen zuverlässig bestimmen, die sich ein drittes Mal zu einem einzigen Zweck zusammentun würden: Die Machtverhältnisse einer formalen, zerbrechlichen Demokratie zu stabilisieren, ohne dass die Krisen geschwängerten Grundprobleme gelöst wären.

    Entsprechend möchte man den Unionsparteien, inklusive ihrer bayerischen Folklore, mehr Mut, Eigenständigkeit und weniger Amigo Gemache gegenüber den großen der Wirtschaft wünschen. Sie könnten sich, bei freilich größerem Risiko, als relativ starke Minderheitsregierung unter größerer parlamentarischer Verantwortung der Opposition profilieren. Und die Opposition hätte die Möglichkeit, klarere politische Alternativen zu entwerfen und der Regierung Kompromisse abzuringen, die unter der vorherrschenden Stabilitätsgläubigkeit keine Chance hätten. Die Union regierte unter Gerhard Schröder auch kräftig mit, bei den Hartz-IV Gesetzen freute sich die Union und die SPD drohte zu zerbrechen.

    ‚Hessische Verhältnisse‘

    Nach der Landtagswahl in Hessen, die gleichzeitig mit der Bundestagswahl stattfand, wird das Thema Politikwechsel auffällig unterbelichtet. Im Wahlkampf sah das anders aus. Die ›schwarz-gelbe‹ Regierung hat dort nach 15 Jahren total abgewirtschaftet, doch zittert sich die FDP weit nach Mitternacht noch in den Landtag, - mit weniger Stimmen als Die Linke. Schwarz - gelb (53 Sitze) und rot - grün (51 Sitze) blockieren den Politikwechsel zunächst, weil ihnen die 6 Parlamentarier der Linken nicht ins Konzept passen. Die 110 Sitze im Wiesbadener Parlament teilen sich wie folgt auf: CDU 47, SPD 37, GRÜNE 14, LINKE 6, FDP 6. Im Rampenlicht als Verhandlungsführer stehen Volker Bouffier (CDU), Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD), Tarek Al-Wazir (Bündnis Grüne), Janin Wissler (Die Linke). Die FDP ist abgetaucht.

    Die stärkste Fraktion ist diesmal schwach und handlungsunfähig, denn sie kann im ersten Zug keine Regierung mehr bilden, wenn das rot – grüne Bündnis halten sollte. Da hierfür aber die leeren Versprechen der Wahlprogramme und das Eigengewicht der beiden Parteien mit ihrer anti-links Mentalität nicht sprechen, gewinnt die CDU gleich im nächsten Zug wieder an Initiative. Wer auch immer mit ihr zusammengehen will, wird deren schädliche Politik gegen die Unter- und Mittelschichten der Gesellschaft auch mit tragen müssen. Bei der nächsten Gelegenheit wäre es das ‚gute Recht‘ der Union, ihren vorübergehenden ‚neuen‘ Koalitionspartner durch einen womöglich willigeren zu ersetzen.

    Das hängt damit zusammen, dass SPD und Grüne kein ernsthaftes Interesse daran haben, auf die anstehende Selbstreformierung der Liberalen im parlamentarischen System, die auch verspielt werden kann, Einfluss zu nehmen. Vorerst gestattet man unter der hier angesprochenen Führungsrolle der CDU der FDP nach Belieben, unsichtbar am Kabinettstisch in Wiesbaden zu sitzen. Der Beitrag von SPD und Grünen, dass die FDP keinen Gedanken verschwenden muss, um ihr politisches Programm zu reformieren, steht fest und ist meines Erachtens ein Fehler. Die Ampel mit Gleichgültigkeit zu übergehen, heißt Verzicht auf eine ernsthafte Alternative und schließlich auch auf eine eigene tragfähige Position.

    Wem es gelingen würde, die SPD oder die Bündnis Grünen in Hessen und/oder auf Bundesebene zu einem Regierungsbündnis unter der CDU zu bringen, dem käme es bestimmt nicht darauf an, dass der Wechsel in der Regierungsverantwortung auch die parlamentarischen und gesellschaftspolitischen Diskussionen auflockert und präzisiert. Wir brauchen diese Veränderung der verhärteten Verhältnisse und der stets sich wiederholenden Riten, weil wir den Herausforderungen in ‚schwierigen‘ Zeiten sonst nicht gewachsen sind.

    Unser Wohlstand ist wie eine taube Nuss, bei stürmischen Winden und Wirtschaftswachstum kann es uns allen nur schlechter gehen. Die jedesmaligen maligen Wachstumsschübe bauen ja darauf auf, dass jedes Mal ‚überflüssige‘ Kosten an Menschen abgebaut werden. Sollte es einzelne Bereiche geben, wo die Tendenz zum Verfall aufgehalten wird, soll das unbedingt als Wohltat empfunden werden. Die entscheidende Frage aber ist: Sind die beiden größeren Parteien fähig, den mehr oder weniger interessierten Wählern klare Alternativen zu bieten und einen entsprechenden Vertrauensvorschuss zu erwerben, der den aufrechten Gang durch die unvermeidlichen Krisenturbulenzen möglich macht? Danach sieht es heute leider nicht aus.

    Von den 630 Sitzen des 18. Bundestages nehmen die Unionsparteien 311 ein, womit ihnen zur absoluten Mehrheit 5 Abgeordnetenstimmen fehlen. Nach dem amtlichen Ergebnis hat der 18. Bundestag nunmehr 631 Abgeordnetensitze. Der zusätzliche Sitz wurde der SPD zugerechnet. Den Unionsparteien fehlen 6 Stimmen zur absoluten Mehrheit.

    (**) Die Partei ALTERNATIVE FÜR DEUTSCHLAND (AFD) nahm 2013 erstmals an der Bundestagswahl teil

    (***) Eine aus angeblich 3 Personen bestehende Zelle, die sich den Namen NATIONALSOZIALISTISCHER UNTERGRUND (NSU) gegeben hat und bei ihren 10 Morden, 9 mit türkischer und griechischer Zielrichtung und einer deutschen Polizistin, auf ein breit vernetztes Unterstützerpotential zurückgreifen konnte. Außerdem stellen wir eine erstaunliche Zurückhaltung der staatlichen Verfolgungsbehörden, der Geheimdienste und der Aufklärungspflicht der Regierungen fest. Hier ist noch Sprengstoff und die Lunte, um nach Herzenslust zu zündeln.

    4. Alternative zum Militärschlag (2013) * (3)

    Der syrische Krieg zwischen Weichei Kompromiss und Krieger Seele

    Nancy Pelosi erinnert an eine leichtsinnig verdrängte Wahrheit: Im Syrien Dilemma zeige sich einmal mehr, dass nationale Interessen der USA in einem tieferen Sinne auf Bedürfnisse der Menschheit abgestimmt seien. In Wahrheit habe nicht Barak Obama für den Fall des Einsatzes chemischer Waffen eine ›rote Linie‹ gezogen. Er habe viel mehr nur ausgedrückt, wie notwendig es ist, sich gegen Völker mordende Herrscher zu wehren, die nur die Sprache der Gewalt kennen. Jetzt ist also die Stunde der Wahrheit gekommen, da der syrische Tyrann Assad gegen alle Warnungen Giftgas eingesetzt habe. Hunderte Todesopfer auf einen Schlag sind zu beklagen. Die UNO hat eine Diagnose vor Ort vorgenommen. Ihre Fachleute standen während ihrer Untersuchungstätigkeit fast täglich unter Beschuss. Ihr Bericht folgt.

    Doch schroff steht der Indizienprozess gegen Assad der Friedenssehnsucht gegenüber. Militärschläge, ausgeführt durch eine auf distanzierte Vernichtung berechnete Maschinerie, sollen Strafe und Läuterung zugleich vollziehen. Trachtet der US-Präsident nur eigene Bündnisse zu schmieden? Verachtet er vielleicht das Bündnis der Völker wegen dessen politischer und militärischer Schwäche? Ist er selbst nur Repräsentant einer schwächelnden Supermacht? Die Fragen sind bereits Ausdruck der tiefer liegenden Befürchtung, dass vielleicht heute, in der Auseinandersetzung mit terroristischer Gewalt, die Weltorganisation der Völker ein zweites Mal auf dem Opferaltar des Krieges zerschlagen werden könnte. Nach dem ersten Mal, nach zwei großen Kriegen, zogen wir Bilanz: Geschätzt 80 bis 100 Millionen Tote und unermessliches Leid.

    Wir neigen leicht zur Vergesslichkeit, unterschlagen neben der problematischen Rolle einer mit anderen konkurrierenden Super-Macht noch die sogenannten weichen Tatsachen: Toleranz und Glaubwürdigkeit werden mit Ausbreitung kriegerischer Flächenbrände rigoros verbraucht. Das Kulturniveau, eingeübte zivilisatorische Regelwerke sind bereits rücksichtslos attackiert. Die USA können ihre Menschheit beglückenden Träume nur leben, indem sie keine Rechenschaft über ihre eigenen Taten ablegen Die deutsche Kanzlerin träumt von ihrer Unschuld am Giftgaseinsatz, rechnet cool mit deutscher Entsorgungskompetenz.

    US-Regierungen haben das noch nicht voll ausgemessene Leid von Hiroshima und Nakasaki erzeugt, chemische Waffen flächendeckend in Vietnam eingesetzt, schweigend toleriert, dass ihr Zögling Saddam Hussein im Krieg gegen Iran und im eigenen Land Giftgas einsetzte. Sie betreiben noch heute Foltergefängnisse und Sondergerichtsbarkeit, fühlen sich jedoch in der Uniform des Kolonialpolizisten unwohl. Sie wollen und können sich selbst aber keinem internationalen Gerichtshof stellen, vor dem sich so mancher Gewaltherrscher zu verantworten hat. Nicht aber George W. Bush, der wegen des Irak-Desasters der Kriegsverbrechen verdächtig ist.

    Die behauptete erzieherische Wirkung der Todesstrafe, die Obama im internationalen Raum als Selbstjustiz vollzieht, ist eine unwürdige Verschleierung eigener Schwächen. Putin regiert scheinbar demokratisch auf Basis eines korrupten Clan-Systems von Räuberbanden. Die chinesischen ‚Kommunisten‘ haben Geschmack an der Methode der Kapitalsherrschaft gefunden, sind nur an Akkumulation in ruhigen Bahnen interessiert. Die Europäer sprechen unter der Last ihrer insgeheimen Großmachtambitionen nicht mit einer Stimme. Sollte da nicht der Weltsicherheitsrat eine Kombination von Mitteln finden können, mit denen man auch den syrischen Kriegsschauplatz zumindest abkühlen kann? Enttäuschung und Schwelbrände fressen sich als Krebsgeschwür global fest, das Gewaltpotential der ungezügelten Marktfreiheit entlädt sich in wilden Bombardements oder im ‚rationalen‘, verantwortungslosen Drohnen - Krieg

    5. Freiheit im Kapo-System (2013) * (4)

    Die angeblichen Selbstreformierungen unsrer Ordnung fallen schwächlich aus. Und die Kommentierung von Fällen politisch motivierten Mobbings bewegt sich noch in den Anfängen. Wir leiden in der freiheitlichen Demokratie unter gezielterem Freiheitsentzug als wir zu glauben geneigt sind.

    Vorbei mit Herr und Knecht?

    Die Tatsache, dass der Mensch unter der von ihm errichteten Herrschaft sich Selbst und Seinesgleichen zum Sklaven seiner eigenen Niedertracht macht, dabei scheinbar einem Lockruf der Natur folgend, ruft wenig Verwunderung und nur mäßige Empörung hervor. Sogar die Existenz des halbwegs entwickelten demokratischen Rechtsstaats ändert daran erstaunlich wenig. So, als hätten unsre kulturellen Errungenschaften es versäumt, die niedergedrückten wirkungsvoll zu schützen. Wo nämlich kritische Öffentlichkeit ungenügend ausgebildet ist, verhallt der Empörungsschrei allzu oft und das zum Objekt erniedrigte Opfer scheint im Vergessen zu versinken. Doch das täuscht, denn wir tendieren zu kämpfen.

    Nur vordergründig wird der scheinbar hervorstechende Fall öffentlich bearbeitet. Als Beispiel seien genannt die von der hessischen Koch-Regierung aus durchsichtigen Gründen gemobbten Steuerfahnder Rudolf Schmenger, Marco Wehner und das Ehepaar Feser. Sie waren ganz nah an den Schwarzgeldern der hessischen CDU in Liechtenstein und den illegalen Vermögensschiebereien in der Bankenmetropole Frankfurt a.M. Die „brutalst mögliche" Aufklärung des Ministerpräsidenten operierte mit manipulierten ärztlichen Gutachten und schaltete so die Steuerfahnder als unbrauchbare Querulanten aus. Sie haben bis heute keine volle Rehabilitierung erreichen können. Weitere Steuerfahnder gingen klein bei. Die perfide Technik anonymisierter Machtverwendung,, in roher Form als Kapo-System bereits unter dem NS-Regime und im sowjetischen GULAG erprobt, schlug also umfassender zu und fixierte uns als äußere Beobachter nur auf die Spitze des Eisbergs.

    In Bayern wird Gustl Mollath jahrelang in der geschlossenen Psychiatrie festgehalten, weil er angeblich ‚nur‘ durch die Justiz, und wieder mal faule Gutachter, entmündigt, enteignet, für paranoid erklärt wird. Er hatte den Nerv des weithin bekannten, noch von Strauß ausgestellten Rezepts mit seinem ›Amigo -System‹ getroffen, als er seine Ex- Frau beschuldigte, an Schwarzgeldschiebereien der Hypobank beteiligt zu sein. Seine Beschuldigungen stellten sich schließlich als wahr heraus. Jetzt soll, nach üblem Gezocke der schwarz-gelben Regierung des Freistaats, der Fall juristisch neu aufgerollt werden. Und genau darin stehen die Aussichten für den Demokraten Mollath, eine umfassende Rehabilitierung und Entschädigung für den gezielt betriebenen Raub an seiner Freiheit und seinem Eigentum zu erreichen, ausgesprochen schlecht. Die verfassungswidrige Praxis im Verantwortungsbereich der Landesregierung gilt als harmlos. Die ‚kritische‘ Öffentlichkeit begnügt sich mit einer angemessenen Aufklärung des „Skandals".

    Für den Gang der „Einzelschicksale wird von denen an der Macht jede Verantwortung bestritten und sie schlagen gegebenenfalls für sich noch Kapital daraus – in Form gerne geglaubter Lügengespinste. Die unverschämte Redensart „selber schuld ist häufig eine griffige Formel, die sich einzufallen lohnt, wo die Flucht aus der Verantwortung gerechtfertigt und der Auseinandersetzung phantasielos aus dem Wege gegangen wird. Auch die Abwälzung auf die ›unabhängige Justiz‹ ist beliebt, um politische Willkürakte freizusprechen. Das verhält sich alles so, als befänden wir uns in einem ursprünglichen Naturzustand, in dem die Feinheiten ausgebildeter Moral und Gerechtigkeit unbekannt sind. Aber genau hierauf müssen wir den größten Wert legen, wenn wir über den nicht prominenten Fall berichten und dabei die wirklichen Zusammenhänge sozialen Handelns ins Auge fassen.

    Existenzkampf am unteren Ende der gesellschaftlichen Stufenleiter

    Nennen wir den HARTZ IV Jobber (Die listige Regierungsformel heißt: Fördern und fordern!), dem die Flucht in den politisch gewollten Niedriglohnjob gelungen ist, einfach Lars E. Er kämpft als Paketfahrer um einen Lohn, von dem ihm monatlich zwischen 1200 und 1400 Euro als „verfügbares Einkommen" bleiben. Nach 30 km Anfahrt: 5 Uhr Arbeitsbeginn im DPD-Depot mit Scannen, Laden des ›Sprinter‹, Kontrollen, Abfahrt in das etwa 60 km entfernte Liefergebiet. Durchschnittlich vielleicht 150 Stopps täglich, Anzahl und Gewicht der Pakete nur als Knochenjob machbar. Das Verhältnis zu den ›Kunden‹ ist frei nach Lust und Laune gestaltet, die Haftungsfrage wirft Lars als Zusteller bisweilen und unverhofft in ein Haifischbecken. Das DPD - interne Strafsystem an Abzügen bei Fahrern und Sub-Unternehmern wird gefürchtet, Mogeleien bei der Zustellung gelten als normal, denn sie

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