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"In jeder Träne spiegelt sich die Sonne": Omnis lacrima et imaginem solis reddit.
"In jeder Träne spiegelt sich die Sonne": Omnis lacrima et imaginem solis reddit.
"In jeder Träne spiegelt sich die Sonne": Omnis lacrima et imaginem solis reddit.
eBook493 Seiten6 Stunden

"In jeder Träne spiegelt sich die Sonne": Omnis lacrima et imaginem solis reddit.

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Über dieses E-Book

"In jeder Träne spiegelt sich die Sonne"
"Omnis lacrima et imaginem solis reddit"

Eine Gebäudesprengung, die das Leben aller Beteiligten verändert. Als der schwerverletzte Stephan unter den Trümmern eines Einkaufscenters gefunden wird, ist schnell klar, dass er hier sein Leben lassen sollte.
Seine seltene Blutgruppe AB0 und die erschreckenden Verletzungen, die auf einen langen Leidensweg hindeuten, stellen die Ärzte vor große Herausforderungen.
Keine Papiere, kein Familienname, keine Krankenversicherung, keine Erinnerung - auch für die Kommissarinnen Eva und Maja ist dies ein ganz besonderer Fall, der weit über ihre beruflichen Aufgaben hinausreicht.
Und dann ist da noch eine markante Tätowierung auf dem Bauch des Opfers, die bei der Suche nach dessen Identität Fragen aufwirft.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum5. Sept. 2016
ISBN9783734543036
"In jeder Träne spiegelt sich die Sonne": Omnis lacrima et imaginem solis reddit.

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    Buchvorschau

    "In jeder Träne spiegelt sich die Sonne" - I. Ferraldi

    In jeder Träne spiegelt sich die Sonne!

    „Omnis lacrima et imaginem solis reddit"

    Bella war an diesem Morgen sehr nervös und lief in der Bauhütte hin und her. Patrick, Bellas Herrchen, wollte die Nervosität nicht an sich heranlassen. Es waren nur noch wenige Tage bis zum Heiligen Abend, ganz genau gesagt war heute der Donnerstag, der die 17 im Dezember trug. Auch Patrick ließ sich gern vom „Weihnachtsfieber" anstecken. Er hatte jedoch noch kein Geschenk für seine Frau Eva.

    Patrick und Eva waren seit 16 Jahren glücklich verheiratet. Ihr Wunsch, eine „Hütte" voll Kinder zu haben, erfüllte sich bei den beiden allerdings leider nicht. Nach zwei Fehlgeburten stürzten sie sich in die Arbeit. Patrick erfüllte sich seinen Traum als Architekt und Bauingenieur und die Zusatzqualifikation als Sprengmeister. Eva ging mit großer Leidenschaft ihrer Arbeit bei der Kriminalpolizei nach. Sie wohnten gern in Bayern, nahe bei den Bergen. Also ein idyllisches ruhiges Leben, das häufig als der Durchschnitt bezeichnet wird ... oder doch nicht?

    Patrick steckte mitten in einem Projekt, das all seine Ideen als Architekt forderte. Er ging mit sehr viel Motivation und Elan an seine Arbeit. Die Stadt hatte ihm den Auftrag gegeben, das alte Einkaufszentrum neu zu gestalten.

    Das neue Projekt lag am Rande der Stadt. Die Glanzzeiten des Einkaufszentrums waren schon viele Jahre vorbei. Nun erwartete man, etwas Neues zu sehen, um die Attraktivität dieses Stadtteils zu steigern.

    Bella war das „Schätzchen" von Patrick und Eva. Eine wunderschöne Bobtail Dame mit ausgezeichnetem Geruchssinn.

    Bella wurde von beiden gern mal mit zur Arbeit genommen. Was an diesem Morgen um 6:30 Uhr in Bella vorging, mochte niemand vorhersehen, geschweige denn beschreiben. Patrick war noch einmal durch das abgesperrte Einkaufszentrum gegangen. Er schaute in fast jeden Raum hinein, kontrollierte, ob die Zugänge von Wasser, Strom und Gas wirklich verschlossen waren, um sicherzugehen, dass bei der Sprengung kein unnötiger Schaden entstand. Die Zünder waren von ihm selbst befestigt worden und wurden ebenso akribisch begutachtet. Patrick ging wie bei jeder Sprengung sehr gewissenhaft vor. Da die Bauruine des Einkaufszentrums abgesperrt war und sich hier schon lange niemand mehr aufgehalten hatte, schienen alle Zeichen für eine Sprengung des alten Zentrums auf Grün zu stehen.

    Es war nun alles perfekt vorbereitet für einen Neuanfang. Patrick hatte schon lange eine konkrete Vorstellung eines Neubaus der Geschäfte. Die Sprengung sollte vor den Weihnachtsfeiertagen die letzte Tätigkeit sein, um dann ein paar Tage auszuspannen und im neuen Jahr die Aufräumarbeiten zu begleiten. Patrick hatte gute Kontakte und arbeitete gern mit anderen Firmen zusammen. Er war sehr beliebt durch seine Arbeiten, so war es nicht das erste Projekt der Stadt. Salt, Pepper und Cheese – wie Patrick seine Mitarbeiter nannte – waren schon sehr lange treue Partner an seiner Seite. Jeder hatte sein Spezialgebiet und das machte das Team aus. Zuverlässig und mit viel Freude waren alle gern bei der Arbeit. Die Referenzliste der Firma wies auch schon einige auszeichnungsreife Projekte auf. Patrick war sehr glücklich über die Findung seiner Mitarbeiter. Er fühlte sich verstanden und in seinen Ideen bestätigt.

    An diesem Morgen kroch ihm eine merkwürdige Kälte durch seinen Körper, als bekäme er eine Grippe und doch lag da etwas Freudiges in ihm, das er nicht beschreiben konnte. Doch er verspürte eine leichte Ahnung.

    Die Bauhütte war schon leicht angewärmt, die Pläne der Sprengung lagen ausgebreitet auf seinem großen Tisch. Die Sprengung war für 7:00 Uhr eingestellt. Seine Mitarbeiter waren überpünktlich, um bei der Sprengung dabei zu sein. Außerdem war die Polizei vor Ort, um Schaulustige von der Baustelle fernzuhalten. Es waren keinerlei ersichtliche Veränderungen an der Absperrung zu sehen. Das Pult, auf dem die einzelnen Zündungen per Knopfdruck gezündet wurden, blinkte im einwandfreien Zustand. Auch hier keinerlei Beanstandungen. Ein letzter Blick auf die Zeichnungen der verlegten Zünder in den Räumen und ein Schluck heißer Kaffee ließen Patrick nicht länger zögern, um einen Neuanfang für diesen Platz zu schaffen.

    Die Bauhütte stand im sicheren Abstand, was keinen Anlass gab, sich Sorgen zu machen. Patrick fühlte sich wie in den Spielfilmen, wo von zehn auf null heruntergezählt wird und so die einzelnen Sprengungen gezündet werden. Das hatte auch etwas für ihn. Es sollten insgesamt neun Zünder aktiviert werden und diese „Platte" vorerst freie Sicht schaffen.

    Patrick zündete die Nr. 1, dann die Nr. 2, dann Nr. 3. Bella geriet plötzlich so außer Rand und Band, dass sie heftig bellte und Patrick ansprang. Da bemerkte er, dass etwas überhaupt nicht stimmte. Bella war sonst eine sehr ruhige Begleiterin und schon bei einigen Sprengungen dabei gewesen. Aber so eine Warnung war von Bella noch nie ausgegangen. Hier lag etwas im Argen und Patrick stoppte die weiteren Sprengungen. Draußen hörte man noch die zusammenstürzenden Wände und zerberstenden Fenster.

    Patrick öffnete die Bauwagentür und Bella rannte zur Absperrung der Baustelle. Sie bellte heftig und ihre Pfoten wollten den Baustellenzaun aufschieben. Die Polizisten waren irritiert, warum der Hund auf die Baustelle wollte.

    Patrick schnappte sich Bauhelm sowie Taschenlampe und folgte ihr. „Es muss etwas passiert sein", rief Patrick seinen Leuten und der Polizei zu. Die Kollegen folgten ihm. Die Polizei positionierte sich zur Sicherheit am Bauzaun, bevor die Schaulustigen die Baustelle betreten konnten.

    Patrick hatte große Bedenken, dass sich Bella verletzten könnte. Überall lagen Scherben, Holzsplitter, Bauschutt. Doch es machte ihn auch neugierig, warum Bella so aufgebracht war. Patrick öffnete den Bauzaun und beide liefen in einen gesprengten Teil. Der Bau war unterkellert, jedoch war nur ein Teil der Wände durch die Sprengung eingefallen. Bella zwängte sich über eine kaputte Treppe nach unten. Patrick folgte ihr bedächtig und leuchtete mit der Taschenlampe die Treppe herab.

    Plötzlich schlug sie an. Es war auf den ersten Blick weder etwas zu sehen noch zu hören. Doch dann hörte Patrick leise Laute, die klangen, als wenn eine Person nach Luft rang. Das Geräusch löste bei Patrick Gänsehaut der Angst und Ungewissheit aus. Bella begann, zu scharren.

    Da erkannte Patrick eine Hand und versuchte, Bella von dieser begrabenen Person wegzuziehen. Er schaute sich um, damit niemand in Gefahr geriet und durch die Ruine weiteren Schaden nahm.

    Bei Patrick schrillten alle Alarmglocken. Oh mein Gott, was ist denn da passiert?, dachte er. Wie kann es sein, dass hier ein Mensch liegt? Bella und Patrick versuchten, schnell den scheinbar leblosen Körper freizubekommen. Bella leckte der Person das Gesicht ab, das sich gegen die warme Zunge wehrte. Das war ein gutes Zeichen. Die Kollegen, die Patrick hinterhergelaufen waren, waren ihm behilflich. Es gab noch eine Hoffnung, dass diese Person die Sprengung überleben würde. Sie machte nicht den Eindruck, dass sie ein Obdachloser war, der die Absperrung ignoriert hatte, um sich einen warmen Platz zu suchen.

    Patrick hatte glücklicherweise die größere Lampe reflexartig mitgenommen und somit ausreichend Licht, um diese Person vom gröbsten Ballast zu befreien. Er erkannte schließlich, dass ein junger Mann unter den Trümmern lag.

    Der Kopf wies einige blutige Verletzungen auf. Patrick schaute in seine Augen. Er war entsetzt. Der junge Mann war blind. Wie war er hierhergekommen – allein?

    Das Hemd und die Hose waren durch die Sprengung zerfetzt worden. Der junge Mann, vermutlich um die 20 Jahre alt, zitterte stark, als wenn die Verletzungen ihn gleich zum Erliegen bringen würden. Patrick versuchte schnell, ihn freizulegen. Da sah er auch schon, warum er so stark zitterte. Ein Eisenteil durchbohrte seinen Oberschenkel. Es sah aussichtslos aus, den jungen Mann schnell von seinem Leiden zu erlösen.

    Ein Betonteil – so groß wie ein Mittelklassewagen – bedeckte seine Beine. Die Eisenstangen ragten durch das Betonteil und ließen vermuten, dass mehrere Stangen in seinem Bein und seinem Fuß steckten. Patrick gab Order, einen Notarzt zu rufen und Material zu besorgen, um den jungen Mann vom Ballast zu befreien.

    Patrick sprach mit dem Verletzten und fragte ihn, wo er überall Schmerzen habe.

    „Kannst du deinen Kopf bewegen? Seine Stimme klang zwar schwach, aber es kam ein „Ja hervor.

    „Wie heißt du? – „Stephan.

    „Wie bist du hierhergekommen? Das Gelände war doch abgesperrt! Mensch Junge, das musst du mir mal erklären."

    Stephan reagierte nicht weiter auf seine Fragen.

    Er hatte im ersten Augenblick ein leicht südländisches Aussehen, ein sehr sympathisches und gut aussehendes Gesicht.

    Patrick dachte zunächst, dass der junge Mann Schmuck trug. Doch das, was er am Handgelenk entdeckt hatte, entpuppte sich als Handschellen. Es fuhr ihm ein weiterer kalter Schauer über den Rücken. Hier sollte jemand in das Jenseits befördert werden, ohne eine Chance zu bekommen, sich zu wehren. Nicht schon schlimm genug, dass er hier in die Bauruine gebracht worden war. In seinem blinden Zustand hätte er große Schwierigkeiten gehabt, hier überhaupt herauszukommen.

    Er suchte den zweiten Arm, der unter dem Körper lag. Patrick sah auf den ersten Blick, dass der Arm gebrochen sein musste, so wie er positioniert war. Stephan flüsterte ihm etwas zu, sodass Patrick sich näher zu ihm herunterbeugen musste. „Nimm meine Kette – bitte!"

    Patrick dachte, er hörte nicht recht. Was war so wichtig daran, dass der junge Mann ihm seine Kette anvertraute?

    Noch einmal flehte Stephan ihn an, er möge seine Kette vom Hals nehmen und diese für ihn aufbewahren.

    „Diese Kette zeigt, wer ich bin. Bitte behalte dieses Geheimnis für dich. Versprich es mir bitte. Es ist für mich lebenswichtig. Wenn ich sterbe, gib die Kette meiner Familie. Aber bitte sprich mit niemandem darüber. Versprich es mir, bitte!"

    Patrick zögerte nicht lange, nahm ihm die Kette ab und sah flüchtig, dass sie etwas Besonderes war. Er steckte sie in seine Hosentasche. Patrick sah, wie wichtig ihm seine Bitte ist.

    „Stephan – ich muss kurz nach oben, bin gleich wieder bei dir." Patrick kletterte durch die Trümmer wieder nach oben und rief währenddessen den Rettungsdienst und forderte den Rettungshubschrauber an. Er eilte zum Bauwagen und holte eine Decke heraus. Seine Kollegen sahen ihn in der hektischen Situation fragend an. Jeder wollte helfen und jeder fragte sich, was er tun könne.

    Als Patrick auflegte, orderte er seine Kollegen; sie mögen ihm helfen, den Verletzten zu bergen. „Wir brauchen Schaufeln, Verbandszeug, einen Kran oder Bagger. Cheese, wir brauchen Strom und eine Flex! Bitte veranlasse alles."

    Die drei machten sich auf den Weg zu dem Verschütteten.

    Patrick war aufgelöst und rief seine Frau an. „Eva, ich bin es, Patrick. Hier ist etwas Furchtbares passiert. Du musst schnell auf die Baustelle kommen. Hier sollte jemand umgebracht werden. Bitte komm schnell!"

    Er beendete das Telefonat und rannte mit der Decke wieder herunter zu Stephan. Bella wachte die ganze Zeit an Stephans Seite.

    Patrick versuchte, so gut es ging, den Verletzten erstzuversorgen. Ihm war nicht entgangen, dass Stephan blaue Flecken und blutige Striemen am gesamten Körper hatte. Er war sehr dürr – so als hätte er einige Wochen keine vernünftige Nahrung zu sich genommen.

    Patrick hörte schon von Weitem die Sirenen des Rettungswagens, die ihn ein wenig beruhigten.

    Stephan war zu erschöpft und war verführt, einzuschlafen, was sein Retter unbedingt verhinderte. Er sorgte dafür, dass er wach blieb.

    „Hörst du, gleich geht es dir besser. Hörst du die Rettung? Halt nur noch etwas aus. Bleib bitte wach."

    Seine Mitarbeiter leiteten die Retter zur Unglücksstelle. Es war eine unwirtliche Strecke bis zum Verletzten. Jeder achtete darauf, dass er nicht andere oder sich selbst verletzte. Nun sahen sie mit Entsetzen, welche arme Seele hier unter den Trümmern lag.

    Die Notärztin mit ihrem Team versuchte, einen Weg zu Stephan zu finden.

    Sie kniete sich zum ihm herunter und verschaffte sich ein Bild vom Opfer, vom Umfeld. Sie sah sofort, dass es sich nicht um einen Unfall handelte. Es war ihr in dem künstlichen Licht unheimlich und sie schaute skeptisch ihre helfenden Mitmenschen an.

    „Ich habe die Kripo informiert", erklärte Patrick.

    Sie war durch den Satz etwas erleichtert und vertraute dem Mann, der ihr durch seine sympathische Art die nötige Ruhe verlieh, die sie nun benötigte, um perfekte Arbeit zu leisten.

    „Ich bin Dr. Scully, ich bin Ärztin und werde dir helfen. Kannst du mich verstehen?"

    Stephan nickte.

    „Nicht einschlafen! Schön hierbleiben! Wo hast du am meisten Schmerzen?"

    Dr. Scully tastete ihn vorsichtig ab und durch seine Reaktion erkannte sie, dass hier Eile geboten war. Sie sah sofort, dass die Augen nicht reagierten und dass für die Erblindung nachgeholfen worden war.

    „Wo hast du Schmerzen?" Keine Antwort. Stephan röchelte, ihm fiel es schwer, zu atmen.

    Die Ärztin war erschrocken zu sehen, dass Stephan mit Handschellen gefesselt war. Mit Blick zu Patrick bemerkte sie nur kurz: „Können Sie die entfernen?"

    Patrick nickte und fragte Cheese, ob er an die Flex gedacht hatte. Cheese nickte und wartete kurz auf die Zustimmung der Notärztin. Dr. Scully horchte Stephan ab und kontrollierte den Blutdruck. Es war schwierig, an den Verletzten heranzukommen, weil er so eingeklemmt und durch Bauschutt verschmutzt war. Cheese stieg inzwischen zum Verletzten herab und sie deckten Stephan ab, um keine zusätzlichen Verletzungen mit der Flex zu verursachen.

    „Mal kurz beiseite", forderte Cheese die Helfenden auf und startete die Maschine. Er versuchte vorsichtig, an die Handschellen zu kommen, ohne ihn noch mehr zu verletzen.

    Schließlich gelang es, ihn von den Fesseln zu befreien.

    Dr. Scully gab ihren Mithelfenden Anweisungen, um besser an Stephan heranzukommen. Sein Zustand verschlechterte sich und Dr. Scully legte die Beatmung an. Sie ging davon aus, dass hier eine Wirbelsäulenverletzung vorlag und Stephan möglichst schnell mit dem Rettungshubschrauber in das Krankenhaus geflogen werden musste.

    Die Reste seines Hemdes wurden zur Seite geschoben und die EKG-Punkte zur Überwachung befestigt. Dr. Scully stockte im ersten Moment, als sie den Körper freilegte. Sie hatte gelernt, dass jeder ein Recht auf Leben hatte, und sie hatte sich für den Beruf entschieden, um Menschenleben zu retten. Daher war es ihr nicht wichtig, darüber nachzudenken, welcher Mensch „Stephan" – der auf seinem Bauch die Tätowierung von A. H. trug – wirklich war.

    Patrick bemerkte in der Zwischenzeit, dass seine Frau sich dem „Tatort" näherte. Er sah, dass Dr. Scully vorerst allein zurechtkam, und stieg kurz nach oben.

    Eva kam gleich mit Verstärkung ihrer Kollegin Maja auf die Baustelle. Patrick nahm beide in Empfang und schilderte kurz, was passiert war. Eva möge sich Stephan einmal ansehen. „Hier ist etwas faul!", sagte Patrick.

    Sie sahen die gerade geöffneten Handschellen und die Bauplatte auf seinen Beinen.

    Eva und Maja musterten den Kopf von A. H. Ihr erster Gedanke war natürlich auch, dass Stephan vielleicht ein Opfer der Gegner von A. H. geworden war.

    Beide waren von Stephans Zustand schockiert und gleichzeitig beeindruckt, dass er es bis jetzt überlebt hatte. Genauso wie Patrick übersahen sie nicht, dass hier eine Unterversorgung vorlag und dass Misshandlungen an seinem Körper offensichtlich waren.

    Jede helfende Hand versuchte, das Betonteil von seinem Körper zu schaffen. Irgendetwas war an Stephan so sympathisch und wärmend, dass alle beteiligten Helfer die Tätowierungen vergaßen und ihr Bestes gaben. Vielleicht lag es nur an ihren Berufen, vielleicht aber war es tatsächlich ganz anders, als es schien.

    Die Lage spitzte sich zu, als Stephan das Bewusstsein verlor. Die Schmerzen waren unerträglich – sein Herz setzte aus. Dr. Scully setzte den Defibrillator ein. „Weg vom Verletzten, schrie sie und schon durchströmte ihn ein starker Stromschlag, sodass sein Körper sich leicht erhob. Das Herz schlug wieder und alle waren erleichtert, seinen Herzschlag zu hören. Mithilfe der herangeschafften Maschinen gelang es, das große Betonteil von seinen Beinen anzuheben. Jedoch war es weiterhin zu schwer, um es komplett hochzuheben. Jeder, der an Stephans Seite war, zog an seinem Körper, um ihn darunter zu befreien. Dr. Scully stoppte die Kraftaktion der Helfenden. „Halt, wenn wir weiterziehen, riskieren wir möglicherweise Schäden an der Wirbelsäule sowie an seinen Beinen. Die Eisen sind länger, als der Bagger heben kann.

    „Haben Sie eine andere Lösung?, fragte Patrick. „Wir haben nur den Bagger zur Verfügung, der mit dieser Platte ausgereizt ist. Mehr kann er nicht heben! Wir wissen nicht, wie lange die Platte ganz bleibt und dann vermutlich mit heftiger Wucht auf seinen Körper zurückfällt. Wir haben nur die Möglichkeit, den jungen Mann aus den Eisen zu ziehen. Wenn wir nicht bald eine Lösung haben, braucht er keine Hilfe mehr von uns. Also zieht Leute!

    In dem Moment schrie Stephan fürchterlich, sodass es allen durch Mark und Bein ging. Dann wurde er ohnmächtig. Die Blutungen verschlimmerten sich. Die Beine lagen nun frei, aber sie sahen erschreckend gequetscht aus.

    Es wurde versucht, die größeren Blutungen auf die Schnelle mit Mullbinden zu lindern. Alle waren dabei, ihn zu befreien und gleichzeitig seine Wunden zu versorgen. Eva und Maja halfen mit. Die anderen Retter versuchten sich an dem Ballast der Platte.

    Der Rettungshubschrauber landete neben der Bauhütte, ein anderer geeigneter Platz war nicht vorhanden, da beim Landen sonst noch mehr Splitter umhergeflogen wären und es sehr viel mehr Verletzte gegeben hätte. Die Pilotin und ihr Team standen schon oben, um den Verletzten in Empfang zu nehmen und über die Baustelle zu transportieren. Die Helfer hatten Stephan nun behutsam auf eine Trage gelegt und mit einem Tropf und den überlebenswichtigen Gerätschaften nach oben gebracht. Die Pilotin sah den Verletzten an. Sie war geschockt, nicht nur vom Anblick. Ihr Blick war so, als wenn sie ihn kennen würde. Sie fragte die Notärztin, ob sie mitfliege. Gleichzeitig sah sie, dass ihre Schwester aus dem Keller kam, und fragte entsetzt: „Maja? Du hier?"

    „Ja! Wir telefonieren später. Flieg ihn heil in die Klinik, okay?"

    Die Pilotin sowie Dr. Scully und das Rettungsteam des Rettungsfliegers begaben sich im schnellen Schritt zum Helikopter.

    Eva fragte, in welche Klinik sie ihn fliegen würden. „In die Uniklinik München", antwortete Dr. Scully.

    Es dauerte noch einige Minuten, bis alles sicher an Bord des Helis war, um ihn schnell in die Luft zu bekommen.

    Nun lag es in Gottes Hand, ob Stephan überlebte. Alle Helfenden gaben ihm die besten Wünsche mit, es so gut zu überstehen, dass er wieder glücklich und schmerzfrei leben konnte.

    Eva nahm ihren Mann beiseite. Maja schoss ein paar Fotos von der Baustelle, wie sie es vorher schon von Stephan getan hatte.

    „Patrick kannst du mir sagen, was hier passiert ist? Du hast doch sicherlich alles vorab gecheckt, oder nicht?"

    „Ja! Ich war noch mal im Objekt und habe die Räumlichkeiten durchgesehen. Nur die Keller nicht. Das habe ich gestern gemacht und da war niemand. Ich kann es mir nicht erklären, wie er hierhergekommen ist."

    „Das gibt mir Rätsel auf, wie ein Blinder in den Keller einer Bauruine kommt."

    „Du hast vergessen, dass er nicht freiwillig dort hinunterging. Er wurde dorthin gebracht, und damit er nicht wegläuft, wurde er gefesselt. Da er Helligkeiten nicht wahrnehmen konnte, hatte er auch kein Zeitgefühl. Vielleicht war er auch betäubt und erwachte später, als die Sprengung erfolgte", gab Patrick zu bedenken.

    „Wir müssen die Baustelle vorerst beschlagnahmen. Ob wir hier brauchbare Spuren bekommen, ist fraglich. Das ist natürlich vorteilhaft für die Täter. Wir hoffen, dass das Opfer überlebt und uns bei der Aufklärung behilflich ist."

    „Das Opfer heißt Stephan", sagte Patrick energisch. Eva erschrak. Sie verstand, dass Patrick sich schon mit Stephan beschäftigt hatte und er ihm nicht egal war.

    „Meinst du, dass ich mit in die Klinik fahren kann?, fragte Patrick. Eva schaute ihn überrascht an. „Ja, wir holen dich nachher ab. Bringst du dann Bella bitte zu meiner Mutter? Sie braucht jetzt Ruhe. Es hat sie sehr aufgeregt, was hier heute los war, bat Eva.

    „Ja, nicht nur sie."

    Patrick nahm Bella auf den Arm. Er wollte vermeiden, dass sie sich noch Schnittwunden an den Pfoten zuzog, und trug sie von der Baustelle.

    „Klar bringe ich sie zu deiner Mum." Die beiden verabschiedeten sich voneinander und Eva fragte Maja, ob sie ausreichend Fotos habe.

    „Ja, das wird reichen, aber ob die Aufnahmen ein vollständiges Puzzle bilden?", antwortete Maja ihrer Kollegin.

    Eva sah Maja nickend an und meinte: „Wir hoffen, dass die Spusi uns helfen kann."

    Pepper, der den Bagger lenkte, stieg aus, Salt und Cheese kamen aus dem Keller und verließen die Baustelle mit Patrick und Bella.

    Eva versiegelte das Gelände, nachdem sie gesehen hatte, dass alle Helfer aus dem Unglücksloch gekommen waren. Die beiden Kriminalpolizistinnen fuhren ins Büro, um einige Recherchen durchzuführen.

    Die Baustelle war nun durch das Amtssiegel am Bauzaun abgesperrt und für weitere Untersuchungen der Polizei und der Spurensicherung beschlagnahmt.

    „Ich glaube, wir haben uns einen Kaffee verdient und Bella einen großen Napf Wasser, rief Patrick seinen Kumpels zu. „Kommt, wir gehen in die Hütte. Mit gesenktem Kopf und erschöpftem Gang folgten sie Patrick.

    Patrick kochte Kaffee und seine Drei sanken auf ihren Sitzen nieder. Nur der Ofen wärmte ihre Gemüter – ansonsten sausten da noch die Bilder des Schreckens durch ihre Köpfe. Bella bekam ihr Wasser und legte sich schnell vor Erschöpfung neben den Ofen. Es war alles sehr aufregend für sie. Alle schwiegen und warteten auf den belebenden Kaffee.

    Als jeder von ihnen eine wärmende Tasse in den Händen hielt, fragte Pepper Patrick, ob er denn heute Morgen nicht noch mal durch die Räume gegangen sei. Patrick nickte und erklärte, dass er nur den Keller ausgelassen habe. „Der Bauzaun war zudem unbeschädigt und abgesperrt. Auch gestern war alles in Ordnung gewesen. Ich kann es nicht verstehen. Na ja, wer mag denn vermuten, dass unsere Baustelle als Tatort verwendet wird?"

    „Nur die, die wissen, dass das Einkaufszentrum heute gesprengt werden sollte, meinte Pepper. „Das ist ein guter Hinweis, den ich Eva nachher noch mitgeben muss.

    Salt erklärte, dass es für ihn sehr schwierig war, Pepper Anweisungen zu geben, um einerseits mit dem Bagger nicht in den Keller einzubrechen und andererseits mit dem Bagger bei seinen Arbeiten zu helfen, um die Beine freizubekommen. „Chef, ich habe mit gezittert, das kannst du mir glauben. Ich habe gedanklich versucht, ihn aus der Platte zu bekommen. Mir ist immer noch so, als stände ich an diesem Ort."

    „Ich hätte auch nie gedacht, dass unsere Arbeit einmal so dramatisch sein würde, dass wir ein Menschenleben retten. Bin mal sehr gespannt, ob er das Ganze überlebt und wir ihn wiedersehen. Das wäre natürlich toll. Aber vermutlich weiß er gar nicht, wohin er verschleppt wurde. Also mir tat das sehr leid, dass ein Blinder noch mit Handschellen gefesselt wird. Hätte ich auch nicht gedacht, dass ich einmal die Flex nutze, um jemanden zu entfesseln."

    „Das hast du sehr souverän gemacht. Danke Cheese. Danke an euch alle für eure Mithilfe. Wir sollten heute den Tag beenden, unsere Gedanken sind beim Verletzten und wir können heute nicht vernünftig arbeiten. Wir machen hier einen Cut und telefonieren morgen miteinander, wie wir weiterarbeiten können. Denn die Baustelle ist ja vorerst beschlagnahmt. Ich muss noch einmal mit Eva sprechen, da die Zünder eigentlich noch scharf sind. Wer will, kann den Rest auch ohne uns zünden. Ich hoffe, ich finde eine schnelle Lösung", erklärte Patrick.

    Die drei machten sich auf und strichen Bella noch einmal liebevoll über den Kopf. „Bis morgen Chef", lautete der letzte Gruß der drei.

    Patrick drehte sich mit dem Kopf zum Fenster mit dem Blick auf die Bauruine. – Was ist da heute passiert? Wer macht so etwas? Bella erhob sich von ihrem Platz beim Ofen und ging zu Patrick. Sie legte ihren Kopf verständnisvoll auf seinen Schoß. „Na meine Schöne? War ein aufregender Tag, gell?"

    Da bemerkte Patrick erst, dass Stephans Blut an seiner Hand klebte. „Ich hoffe, er hat nicht zu viel davon verloren und dass wir ihn wiedersehen, nicht wahr Bella?" In dem Moment griff Patrick in seine Hosentasche und erinnerte sich an Stephans Bitte.

    Seine Kette. Patrick hielt sie sich vor Augen und betrachtete sie sehr genau. Er sah, dass das Amulett sehr besonders war, er konnte das eingeprägte Zeichen aber keinem bekannten Familienwappen zuordnen. „Na du wirst mir noch viel zu denken geben", sprach er zu dem schmucken Geheimnis. Er war zu erschöpft, um jetzt sofort zu recherchieren. Es war für Patrick wichtig, ihn nicht zu verpfeifen und sein Versprechen Stephan gegenüber einzuhalten. Egal was passieren würde. Ja, Patrick war ein toller Mann, mit dem Eva Pferde stehlen gehen konnte, aber auch seine Freunde konnten auf ihn zählen. Jetzt würde er auch Stephan nicht hängen lassen. Patrick sah bei genauem Hinsehen Stephan etwas ähnlich, was Patrick vielleicht auch die gleiche Sympathie einbrachte. Patrick war groß, athletisch, jemand der wusste, wie Arbeit geschrieben wird und der keine Angst hatte, auch mal einen Balken auf den Schultern zu lagern und in den dritten Stock zu balancieren. Patrick hatte dunkle Locken und große braune Augen. Seine Haut war grobporig und gepflegt. Er wurde im Sommer schnell braun, was Eva immer besonders gut gefiel.

    Patrick ließ die Jalousien am Bauwagenfenster herab und kappte den Strom, um die Zünder nicht zu aktivieren. „Komm Bella, wir fahren dich zur Oma."

    Bella folgte ihm aus dem Bauwagen, setzte sich vor den Bauzaun und schaute zu der Stelle, wo gerade noch die Bergung eines Schwerverletzten erfolgt war. Als wenn Bella dieses Geschehnis Revue passieren ließ, saß sie einfach da und blickte hinüber. Patrick schloss den Bauwagen ab und sah, wie Bella in die Richtung starrte.

    „Bella! Bella komm, wir fahren zur Oma. Da kannst du dich ausruhen."

    Bedächtig und fast schon müde bewegte sie sich von der Stelle in Richtung Wagen.

    Beide stiegen in den schwarzen 5er BMW. Dann fuhren die beiden „Münchner" raus aus der Stadt.

    Auf dem Weg zur Oma klingelte Patricks Handy.

    Es war Eva. Hoffentlich bringt sie mir keine schlechten Nachrichten, dachte Patrick.

    „Hallo Schatz! Weißt du was Neues?"

    „Hallo Pat! Nein bisher nichts Neues. Wann wärst du soweit? Wir würden dann gegen 14:00 Uhr bei dir sein, um in die Klinik zu fahren."

    „Ja, ich bin gerade unterwegs und bringe Bella zu Oma. Ich würde mich gern vorher frisch machen und ich muss mich noch um die Unfallmeldung kümmern."

    „Das brauchst du nicht. Das Gewerbeaufsichtsamt wurde von uns informiert, die kommen eh jetzt nicht auf das Grundstück."

    „Danke, dass ihr mir das Gespräch erspart habt. Aber ich muss noch mal auf das Grundstück. Die Zünder stellen noch eine Gefahr dar. Wenn sie in falsche Hände geraten, wäre es nicht auszudenken, was passieren kann. Also ich muss die Zünder ziehen und sie sicher verstauen. Bitte gib mir die Freigabe so schnell wie möglich."

    „Ja Pat, ich kümmere mich darum. Also wir sehen uns kurz nach 14.00 Uhr bei uns zu Hause. Okay? Und grüß mir die Oma. Danke ihr von uns."

    „Ja, mache ich. Bis später. Ciao."

    Bella war kaum im Auto zu spüren. Sie hatte es sich auf der Kofferraumfläche gemütlich gemacht. Patrick fuhr vorsichtig – er hatte das Gefühl, nicht ganz bei der Sache zu sein, er musste oft an Stephan denken. Er hatte noch das Bild vor Augen, wie er dort mit all seinen Verletzungen lag. Konnte ein Mensch das alles überleben? Wird es noch Konsequenzen nach sich ziehen, dass er die Kellerräume heute nicht noch einmal überprüft hatte? Hatten die Nazi-Anhänger das alte Einkaufszentrum für ihre Treffen genutzt? Was würden Eva und Maja über ihn herausfinden? Er konnte nicht glauben, dass Stephan ein Nazi war. Das Ganze passte nicht zu seinem Gefühl und dann auch noch die Kette.

    Seine Gedanken fuhren Achterbahn.

    Nach einer halben Stunde Autofahrt waren sie auch schon an der Hofzufahrt von Evas Eltern angelangt.

    Charlotte stand bereits in der Tür und erwartete die beiden. Patrick nahm Bella aus dem Auto und ging auf seine Schwiegermutter zu.

    „Hallo Charlotte."

    „Grüß Dich!" Patrick gab Charlotte links und rechts ein Küsschen auf die Wangen.

    „Grüßt euch ihr beiden! Was gibt mir die Ehre? Es steht doch kein Feiertag an oder bin ich schon so durch den Wind?"

    „Nein, nein!, erwiderte Patrick. „Hat Eva dich nicht angerufen und informiert?

    „Nein, aber vielleicht ruft meine Tochter mich ja noch an. Du weißt ja, wir sind so weit ab von München – da kommen die Anrufe immer eine halbe Stunde verzögert bei uns an. Hier vergehen die Minuten langsamer", sagte Charlotte lachend.

    Indessen gingen sie in das alte hübsche Bauernhaus. Wie es zu einer Bauernstube gehörte, gab es eine hölzerne antike Eckbank mit einem grünen Eckkamin. Beide setzten sich.

    „Ist was passiert?", nahm Charlotte den Faden wieder auf.

    „Ja, kann man so sagen. Hättest du Zeit für unsere Bella? Sie braucht ein paar Tage Urlaub von uns."

    „Oh, das klingt nach einem gestressten Hund. Nun schieß mal los. Was ist passiert? Habt ihr Streit?"

    „Nein, nein. Bella war heute mit auf der Baustelle und sie schlug gerade an, als ich die ersten Sprengungen vornahm. Sie hat mich gewarnt und das war auch gut so. Bella hat einen jungen Mann im fast verschütteten Keller ausgemacht."

    „Was?"

    „Ja! Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte, Charlotte. Wir haben gestern gecheckt, ob alle Räume frei sind. Heute auch, mit Ausnahme des Kellers."

    „Und nun? Lebt er?"

    „Ich will stark hoffen, dass er überlebt. Man hat ihn auf der Baustelle noch einmal wiederbeleben müssen."

    „Möchtest du auch einen Kaffee?", bot Charlotte an.

    „Nein vielen Dank, bin schon so aufgeputscht."

    Charlotte goss sich derweil einen Kaffee ein und setzte sich wieder auf die Holzbank.

    Patrick erzählte die Geschichte weiter und Bella hüpfte auf die lange Eckbank, legte sich auf eines ihrer Lieblingskissen mit dem Kopf auf Charlottes Schoß.

    Charlotte strich ihr einige Male über das weiche Fell.

    „Mensch! Da habt ihr den Tag ja aufregend angefangen. Und dann ermittelt auch noch meine Eva auf deiner Baustelle – Hammer!"

    Patrick musste sich beim Erzählen selbst beruhigen. Es ging ihm sehr nahe. Als er auf seine Hand schaute, erinnerte er sich an den Blutfleck von heute Morgen.

    „Ich hatte mir immer etwas Schöneres vorgestellt, wenn Eva und ich einmal zusammenarbeiten würden. Zum Beispiel, dass wir mal einen Schatz finden und Eva müsste ermitteln. Aber dies nun?"

    „Das glaub ich dir. Aber vielleicht entpuppt sich das Ganze noch als Schatz. Seht es nicht so schwarz, wie es vielleicht erscheint. Ihr könnt Bella ruhig ein paar Tage hierlassen. Wastl und ich haben nichts Besonderes vor. Wastl hat noch genug in seiner Werkstatt zu tun. Du weißt ja, vor Weihnachten wollen die Leute noch ihre Geschenke aus der Werkstatt haben."

    Wastl war ein begnadeter Restaurator für alles, was alt, geschwungen und kompliziert war. Es erstrahlte wieder, wenn es durch seine Hände gegangen war. Wastl und Charlotte hatten den Hof von ihren Eltern geerbt. Mithilfe von Patricks Ideen hatte der Hof etwas Modernes und etwas Gemütliches bekommen. Eva und Patrick kamen gern hierher, um von hier Wanderungen zu starten und ein paar Tage die Arbeit zu vergessen.

    „Das freut mich, antwortete Patrick. „Vielen Dank und passt gut auf unser Schätzchen auf.

    „Das machen wir doch gerne. Grüße mir meine Tochter lieb und gib ihr einen Kuss von uns."

    Patrick verabschiedete sich von Bella, gab ihr einen Kuss auf den Kopf und dann auf Charlottes Wange.

    „Ja! Ja! Erst der Hund, dann die Schwiegermutter", lachte Charlotte. Patrick grinste und ging zum Auto.

    Ein letzter Gruß Richtung Tür, dann startete er den Wagen.

    Von der Musik getragen fuhr er mit einer merkwürdigen Leichtigkeit durch den sonnigen Tag. Obwohl, wenn er sich erinnerte, war ihm eigentlich nicht wirklich so danach. Aber im Bewusstsein genoss er es dennoch. In dem Moment ertönte sein Telefon. Es war wieder Eva.

    „Patrick, kannst du sofort zur Baustelle fahren? Die Spurensicherung will das Gelände betreten. Ein Herr Petersen leitet dort sein Team. Wende dich an ihn, damit du vorweg die Baustelle sichern und die Zünder einsammeln kannst."

    „Ja! Das passt, ich komme gerade von Charlotte und fahre gleich zur Baustelle. Danke und bis später!"

    Gesagt – getan. Patrick kam auf die Baustelle und wurde auch schon von dem beschriebenen „Herrn Petersen erwartet. Beide waren sich einig, dass Patrick vorab die Zünder einsammeln müsse, damit auf der Baustelle keine Gefahr mehr bestünde. Er ging zu den einzelnen Zündorten und sammelte die Zünder gewissenhaft zusammen, dann drückte er Petersen die Schlüssel für das Baustellenschloss in die Hand und wünschte ihm viel Erfolg. „Danke, erwiderte Petersen, „das wird ein längerer Aufenthalt, um nach brauchbaren Spuren zu suchen. Es ist immer wieder eine Herausforderung und wir freuen uns, wenn wir unsere Kollegen auch nur mit einem Haar bei ihrer Arbeit unterstützen können und somit zwar nur in zweiter Reihe arbeiten, aber den Täter überführen können. Vielen Dank Herr Hoffmeyer-Pitsch." Patrick gab ihm die Hand und lagerte die Zünder an einen sicheren Ort. Etwas später fuhr er dann heim.

    Gegen 13 Uhr kam er nach Hause und machte sich erst einmal frisch.

    Patrick und Eva bewohnten ein kleines Reihenendhaus. Es schwebte beiden etwas Neues, etwas Größeres vor. Sie wollten sich verändern, obwohl sie im Hinterkopf hatten, dass sie nur zu zweit waren und dass die Aussichten auf Familienzuwachs schlecht standen. Mit knapp 45 Jahren stand viel auf dem Spiel. Und man fragte sich, was man eigentlich wirklich wollte. War das große Haus nicht eine Nummer zu groß für sie? Aber das große Haus, das Patrick schon einige Zeit als Zeichnung in seiner Schublade hütete, war mehr als großzügig und beide fanden es inspirierend und herausfordernd, modern und schön. Mit vielen Fenstern, mit Blick in das Grüne, auf einen Teich mit Enten.

    Patrick trat gerade aus der Dusche, als Eva mit Maja in der Tür stand.

    „Patrick?"

    „Jaaa!, rief er zurück, „bin im Bad!

    „Ich habe Maja mitgebracht. Hast du auch Appetit auf einen Obstsalat?"

    „Oh ja! Gerne!"

    Wenig später erschien Patrick frisch geduscht in der Küche,

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