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Rot wie Blut: Acht böse Kurzgeschichten
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Rot wie Blut: Acht böse Kurzgeschichten
eBook90 Seiten1 Stunde

Rot wie Blut: Acht böse Kurzgeschichten

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Über dieses E-Book

Acht böse Kurzgeschichten, die von kriminellen Taten und deren Folgen handeln. * Ein Mörder, ein Apotheker und ein Ring mit Gift ...
* Eine tote Frau, ein rotes Tuch und ein Mann, der sie findet ...
* Eine Krimiautorin und ein alter Nachbar, der an einem bunten Schal strickt ...
*** Und fünf weitere kriminelle Geschichten ...
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum8. März 2019
ISBN9783748229773
Rot wie Blut: Acht böse Kurzgeschichten
Autor

Ingrid J. Poljak

Geboren in Wien, entdeckte die Autorin im Alter von 13 Jahren das Buch "Der Geisterseher" von Schiller/Ewers, es wurde zu ihrem langjährigen Kultbuch. Gleichzeitig begann sie in Ermanglung von anderen Büchern, die ihr gefallen hätten, selbst Romane zu schreiben. Nach dem Studium an der TU Wien war sie viele Jahre als Architektin und nebenberuflich als Grafikerin tätig. Während dieser Zeit kam sie nur sporadisch zum Schreiben, einige Romane und Romanfragmente blieben liegen. Seit sie vor einigen Jahren den Beruf aufgegeben hat, widmet sie sich ganz dem Schreiben. Sie verfasst hauptsächlich Krimis, Thriller und mysteriöse Kurzgeschichten. Veröffentlichungen: "Bildermord", ein Salzburger Künstlerkrimi, Berenkamp-Verlag 2012, 2. Ausgabe bei Epubli 2015. "Auch Mord ist (k)eine Kunst", eBook mit Kurzkrimis, Verlag Stories & Friends 2014. "Die Hände des Doktor Kinich", tredition 2014. "Alles Theater", seltsame Kurzgeschichten, tredition 2015. "DIABELLIS INFERNO", Psychothriller, tredition, Neuauflage Juni 2018. "Rot wie Blut", böse Kurzgeschichten, tredition, 2019. "BLINDE BILDER", Psychothriller, tredition 2021. Homepage der Autorin: www.ingrid-j-poljak.com

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    Buchvorschau

    Rot wie Blut - Ingrid J. Poljak

    Lara

    Als wir im letzten Jahr nach Lamberg übersiedelten, wussten wir noch nichts über die Drosendorfs. Unsere Gärten sind zwar durch eine zwei Meter hohe Mauer voneinander getrennt – wir hätten uns nie auf einem Grundstück niedergelassen, auf dem wir den neugierigen Blicken unserer Umgebung ausgesetzt gewesen wären – aber vom Fenster meines Arbeitszimmers aus kann man ein Stück der Drosendorfschen Terrasse sehen, und zwar gerade jenen kleinen, aber wichtigen Ausschnitt, auf dem bei schönem Wetter tagtäglich Armlehne an Armlehne die beiden Liegestühle standen.

    An jenem Tag, als ich sie das erste Mal bemerkte, arbeitete ich an einer Kurzgeschichte, die von einem Mord handeln sollte. Ich liebe Mord, allerdings war noch keiner meiner Morde auf 80 Zeilen unterzubringen gewesen. Ich kritzelte eine Leiche in mein Notizheft und dachte nach. Als ich mir einen Apfel aus der Küche holen wollte, fiel mein Blick durchs Fenster. Da unten war Drosendorf, ein dürrer, weißhaariger Herr, gerade dabei, die beiden Liegestühle aufzustellen, genau parallel zueinander und parallel zu den einfallenden Strahlen der Frühjahrssonne. Ich wartete, bis er heraufblickte, und winkte ihm zu, und er winkte zurück. Er rückte dann den Gartentisch an die beiden Liegestühle heran, brachte zwei Tassen, zwei Zeitungen, eine Kanne Kaffee und kümmerte sich nicht weiter um mich. Als ich mit dem Apfel in der Hand wieder am Fenster vorbei meinem Mord entgegenschlich – ich wollte mich auf keinen Fall in ein Gespräch verwickeln lassen – sah ich ihn im rechten der beiden Liegestühle sitzen, die Zeitung über den Knien ausgebreitet, die Hand an der halbausgetrunkenen Tasse. Die Zeitung seiner Frau lag aufgeschlagen auf dem Tisch, auch in der Tasse seiner Frau stand noch ein Rest Kaffee.

    Ich hatte keinen guten Tag fürs Schreiben.

    Als ich zu Mittag wieder einen Blick aus dem Fenster riskierte, kam Herr Drosendorf gerade in meinen Terrassenausschnitt geschlurft, verrückte die beiden Liegestühle, sodass sie wieder parallel zur Sonne standen, schob auch den Tisch in die richtige Lage und brachte für seine Frau den Korb mit der Strickerei.

    „Oder willst du nicht in der Sonne sitzen, Lara?"

    Die Strickerei von Frau Drosendorf wuchs von Tag zu Tag, mein Mord blieb liegen. Ich kam dahinter, dass Herr Drosendorf alle zwei Stunden die Liegestühle nach der Sonne ausrichtete, auch dann, wenn er für Frau Drosendorf den Sonnenschirm aufspannte.

    Eines Tages begegnete ich Herrn Drosendorf im Supermarkt. Er legte neben einigen Nahrungsmitteln auch Lockenwickler, Lippenstift und Nagellack in den Einkaufswagen. Er sagte, er hätte mich und meinen Mann gerne einmal zum Kaffee eingeladen, aber seine Frau sei schwer krank. Mein Mann kann alte Damen, um deren verschrumpelten Mund der rote Lippenstift sich wie ein Spinnennetz ausbreitet, nicht ausstehen, und ich mag auch nicht unbedingt einer Anhäufung von Lockenwicklern beim Kaffee gegenübersitzen. Ich war also froh, dass Herr Drosendorf uns nicht einlud.

    „Bist du sicher, dass es eine alte Schachtel ist? Wir haben Frau Drosendorf ja noch nie gesehen", sagte mein Mann, als ich aus meiner liegenden Leiche eine hängende machen wollte.

    Ich starrte aus dem Fenster. Drosendorf stand neben seinem Liegestuhl und hielt die Strickerei, die sich zu einem gut zwei Meter langen Schal entwickelt hatte, in die Höhe.

    „Du kannst aufhören, Lara. Er ist lang genug." Er legte den Schal in den Korb, richtete die beiden Liegestühle wieder sorgfältig nach der Sonne aus und ließ sich im rechten nieder, ohne dass Lara in meinem Terrassenausschnitt erschienen wäre.

    „Drosendorf hat seine Frau umgebracht", sagte ich zu meinem Mann, machte aus der bisher männlichen Leiche eine weibliche, radierte den Strick aus und malte stattdessen mit rotem und blauem Kugelschreiber einen Schal. Plötzlich wusste ich auch, dass für den alten Mann Lara noch am Leben war, dass er sie aufopfernd umsorgte und pflegte, dass er ihr jeden Wunsch von den Augen ablas. Ebenso lebte Lara noch für die ganze Nachbarschaft, sie bekam Briefe, sie hörte Beethoven, während ihr Mann Besorgungen machte, und sie ließ auch öfter durch ihren Mann Selbstgebackenes für die Seniorenjause in der Pfarre verteilen. Ob sie auch eine Pension bezog, darüber wollte ich noch nicht entscheiden.

    Ein paar Tage später rückten die Liegestühle auf der Terrasse nicht mehr der Sonne nach. Sie standen nach Westen gerichtet nebeneinander, Armlehne an Armlehne, Drosendorf hatte sie am Abend nicht weggeklappt wie sonst immer. Das Leinen war vom Regen schwer und knatterte im Wind. Ich schickte meinen Mann. Er sträubte sich. Er glaubte immer noch, einer mit Lockenwicklern geschmückten Frau Drosendorf gegenübertreten zu müssen, mit gepudertem Gesicht und hochsteigenden, roten Fäden überm Mund.

    Der Anblick blieb ihm erspart. Die Bestattung holte Drosendorf ab, nachdem die Polizei den Schal abgeschnitten hatte.

    Ich glaube immer noch an Mord.

    Anderswo

    Kilian zog das zerknüllte Stück Papier aus der Tasche und las noch einmal, ob die Adresse stimmte; warf einen Blick auf die Uhr, ob die Zeit stimmte. Das riesige Gebäude, vor dem er stand, schien aus einer anderen Zeit zu stammen, aus einem anderen Land, einem anderen Klima, nur noch mühsam vorm Verfall bewahrt. Gerüste verhinderten, dass abstürzende Ziegel jemanden erschlugen. Vielleicht hatte man Gregor Korander schon gefunden.

    Am Eingang stolperte Kilian über die Stufen, die er nicht beachtet hatte, und als er den Blick wieder hob, umfing ihn nicht nur verwirrende Düsternis, sondern auch der Geruch nach feuchten Mauern und kaltem Rauch. Schultern streiften ihn hastig, fremde Augen irrten über ihn hinweg. Es war ein Kommen und Gehen durch den Windfang dieses Hauses, aber wahrscheinlich – so überlegte Kilian fröstelnd – mehr Kommen als Gehen.

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