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"Blood op de Suderlande": Bärenfang und Glück ermitteln weiter
"Blood op de Suderlande": Bärenfang und Glück ermitteln weiter
"Blood op de Suderlande": Bärenfang und Glück ermitteln weiter
eBook517 Seiten7 Stunden

"Blood op de Suderlande": Bärenfang und Glück ermitteln weiter

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Über dieses E-Book

Özlem Bärenfang und Maximilian Glück ermitteln nach ihrem ersten gemeinsamen Fall "Loupius" weiter und geraten direkt zu Beginn des Romans aufgrund ihrer Ermittlungsarbeit in eine lebensbedrohliche Situation, aus der sie allerdings befreit werden können.
Keinesfalls abgeschreckt, wie ihre Gegenspieler möglicherweise gehofft hatten, ermitteln die beiden Kommissare unermüdlich in mehreren sich in der Region ereignenden Todesfällen, deren Zusammenhänge sich zunächst nicht erklären lassen. Auch Özlem selbst gerät in das Visier der Ermittlungen, da zwei der Opfer ihr wohl bekannt sind, nämlich ihr Noch-Ehemann und ihr Geliebter, von dem sie schwanger ist.
Der neu eingesetzte Profiler Julius Meier scheint recht schnell einen Zusammenhang der Fälle gefunden zu haben und versucht, die Ermittler zu beeinflussen. Özlem traut diesem allerdings nicht und kommt im Rahmen ihrer Ermittlungen der Wahrheit lebensgefährlich nah. Sie vermutet einen riesigen "Gülleskandal" als Hintergrund für die Motive und je weiter sie in diese Richtung ermittelt, desto gefährlicher wird es für sich und ihren Kollegen Max.

Dieser spannende Krimi hat wie "Loupius" wieder regionalen Bezug zum Märkischen Kreis, dem Ennepe-Ruhr-Kreis, Hagen und dem Münsterland.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum18. Juli 2019
ISBN9783749718863
"Blood op de Suderlande": Bärenfang und Glück ermitteln weiter
Autor

Michael Wolf

Michael Wolf is the CEO and co-founder of emPowering NOW LLC. Servant leadership has always been very real for him, even as a teenager, when his hobbies included self-development and public speaking in 4-H and FFA. As far as he can remember, he was looking for practical solutions to help his peers. His passion is and always was in communication and business. In high school, he was known to enjoy engaging in debates, and doing a fair job at it. He then chose to study Business Administration at Texas A&M. In his adult life, he garnered 30 years of business experience working at some of the world's largest and most innovative technology companies including Xerox, PTC, Vignette and most recently, IBM. And then a life change came in the form of a near death experience. The event was undeniable and unforgettable. The question then became: how to share this precious knowing of oneness with the world? But first, he had to sustain it. He went through the ups and downs of the "dark night of the soul," a divorce, challenges in parenting the very children he wanted so badly to love and support. He read a ton of spiritual books, studied cross-cultural religions, dived into energy medicine. While working with different healers, he kept on hearing "healer, heal thyself!" The advice was even more so potent when he found himself house-sitting and in debt. Clearly, something else was needed. As an act of faith, he wrote a business plan for emPowering NOW LLC. To succeed, the business vision required a rock-solid curriculum that could assist in leading anyone who sincerely wanted it to walking in the Eternal Now. This is when he met Maha. She was looking for a partner who could join her in bringing forth a project of global scope, someone who was educated in business, information technologies and healing modalities. He was looking for Maha's lifework - to receive the body of material that would become known as Golden XPR - a path to transition from greed into grace, and sustain the sense of enough.

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    Buchvorschau

    "Blood op de Suderlande" - Michael Wolf

    Dunkelhaft

    Es gibt im Sauerland, so könnte man gewiss behaupten, eine große Anzahl kalter dunkler natürlich in Felsen entstandener urzeitlicher Höhlen. Sie reichen von der Attahöhle über die Balverhöhle bis zur Volkringhauser Höhle und so weiter und so weiter. Die Liste dieser mehr oder minder großen Felsenlöcher ist lang, sehr lang. Und eine davon ist die sogenannte Dechenhöhle zwischen Letmathe und Iserlohn, ein im Jahre 1868 entdecktes Tropfsteingewölbe mit zahlreichen verschiedensten beeindruckten kleinen Kammern, sowie aber auch faszinierenden großen Säulen, und genau in dieser imponierenden Laune der Natur saßen, oder vielmehr lagen die Hauptermittler unserer Kriminalfälle, nämlich die Mitarbeiter der ständigen Mordkommission von Hagen, Özlem Bärenfang und Maximilian Glück, auf kaltem, nassen, sowie schmutzigem Boden in Fesseln gefangen. Die zwei waren, wie sie es als Po-lizisten natürlich stets zu tun pflegten, mal wieder einer dieser angeblich heißen Spuren gefolgt und hatten sich mit einem vermeintlichen Informanten, der über das Internet zu ihnen Kontakt aufgenommen hatte, ausgerechnet in dieser Höhle, die nunmehr ihr Verließ sein sollte, verabredet. Sie hatten nicht verstanden, oder gar gewusst, weshalb dieser Treffpunkt gewählt worden war, aber das hatte sie auch nicht wirklich interessiert. In diesen Tagen wären sie überall hingegangen, wenn es sie nur ein Stück weiter gebracht hätte bei der Lösung ihrer mittlerweile schon zahlreichen ungeklärten Tötungsdelikte.

    „Özlem?"

    „Max?"

    „Meinst Du, wir kommen hier jemals wieder heraus?"

    „Garantiert, mein Lieber. Die Frage ist nur, in welchem Zustand und vor allem wann? Werden wir nur halb verwest sein, oder wird man gegebenenfalls lediglich unsere Skelette finden? Das ist hier die Frage! Mit einer für Max völlig unverständlichen Begeisterung fuhr sie fort. „Max, denk doch mal, dann werden wir noch berühmt, wie der Ötzi oder die Neandertaler und wir werden zu einem Touristenmagneten, wir, die Polizisten der Blätterhöhle in Hagen. Man wird uns ein Denkmal errichten. Özlem geriet nahezu ins Schwärmen: „Özlem und Max, die Mord-Ermittler bis in den Tod wird es heißen. Die Gazetten und das Netz und alle Fernsehsender werden wochenlang über uns berichten. Das wäre doch toll, oder Maxi?

    Max schüttelte nur den Kopf.

    „Ja, Du denkst an Ruhm und Ehre, aber ich könnte mich vor lauter Ärger, wenn ich es mit meinen Fesseln nur könnte, in den Allerwertesten beißen. Wie konnte uns das nur geschehen? Wie konnten wir uns nur von so einem Kind überlisten lassen? Der hat uns komplett verar…., naja. Du weißt schon, was ich sagen wollte und wir fallen natürlich wie die blutigsten Anfänger darauf rein!"

    Özlem schüttelte leicht abfällig den Kopf. „Wir? Du mein lieber Max, Du! Ich höre Deine Worte noch, ganz heiße Spur, Özlem, ganz heiß - das einzige, was hier heiß ist, das ist das kochende Blut in meinen Adern. Weißt Du eigentlich, dass ich unter Platzangst leide, und jetzt sitze ich in dieser gottverlassenen Höhle an Ketten gefesselt. Ich denke nicht, dass ich das hier überleben werde. Und, wenn doch, mein liebster Max, dann wird Dich unser Aufenthalt eine Kleinigkeit kosten. Und glaube bloß nicht, dass es diesmal mit einem Besuch beim Dönermann getan ist. Nein, für diesen Schlamassel hier wirst Du mal so richtig tief in die Tasche greifen müssen. Ich freue mich jetzt schon und ich verspreche dir, ich werde großen Hunger und einen Wüstendurchquererdurst haben."

    Max nickte resigniert. „Ja, ja, ist ja schon gut Özlem. Es war natürlich wieder mal meine Schuld. Wahrscheinlich genauso, wie damals in dem blöden Weinkeller in Halver. Aber, wer hat uns da wieder herausgeholt? Na, sag schon! Genau, ich und ich werde es auch sein, der uns hier herausholen wird. Kannst Dich ganz auf Deinen genialen Kollegen Maximilian Glück verlassen."

    Özlem winkte mit einer herabwürdigenden Geste ab. „Genau, die letzten Worte Deines Satzes drücken es aus, vom Glück verlassen, genau das sind wir. Ich denke, dass hier in den nächsten Tagen kein Mensch auftauchen wird, um uns zu befreien. Wahrscheinlich ist hier nur am Wochenende Betrieb und heute ist Montag. Ich schwöre dir bei dem Propheten, wir werden in dieser steinernen Gruft verwesen. Und was heißt hier überhaupt, Du hast uns aus dem Weinkeller befreit. Wer ist denn auf die Idee gekommen im Keller von Loupius dieses schwere Regal wegzuräumen, meine Lieber?"

    „Ja, das stimmt. Das muss ich zugeben. Ohne diesen Tipp säßen wir heute wahrscheinlich noch in dem Keller, aber man muss auch berücksichtigen, dass Du auf das Regal nur aufmerksam geworden bist, weil ich dort ständig hingegangen bin, um Nachschub zu holen. Und eins sag ich Dir auch noch. Wenn ich nicht so viel von dem Wein getrunken und damit das Regal erheblich erleichtert hätte, dann hätten wir es überhaupt nicht wegschieben können. Also sei mir mal dankbar. Nur eines würde mich immer noch interessieren, das geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Wo ist nur dieser Loupius geblieben? Überall Blut, zuvor der Gewehrschuss, aber keine Leiche. Ich wüste nur zu gern, ob er noch lebt. Vielleicht werden wir das nie erfahren. Sag mal, Özlem, gehört die Höhle eigentlich zu Iserlohn oder Letmathe?"

    „Das weiß ich doch nicht und vor allem, wofür soll das jetzt wichtig sein?"

    „Ach, das weiß ich auch nicht, war nur so eine Frage, irgendwie muss man sich ja die Zeit vertreiben."

    Die beiden durch den Fall Loupius populär gewordenen Ermittler aus Hagen saßen also mal wieder ganz ordentlich in der Klemme. Ihre natürliche Gruft befand sich in einer für Besucher nicht zugänglichen Nebenkammer der sogenannten Kaiserhalle. Man hatte sie fast schon übermäßig an Armen und Beinen mit Ketten gefesselt, wie ein versandfertiges Päckchen und es blieb ihnen nichts anders übrig, als auf ihre Befreiung zu warten. Aus eigener Kraft würden sie sich aus dieser ausweglosen Lage nie selbst befreien können. Zu fest hatte man sie gebunden und sie in diesem Zustand hilflos auf den nassen, kalten und arg verschmutzten Boden der Grotte gelegt. Es herrschte eine Temperatur von ungefähr zehn Grad und die Zwei, die zunächst sogar noch, jedenfalls angesichts ihrer Lage, ganz gut gelaunt gewesen waren, drohten jetzt aber allmählich zu unterkühlen. Hinzu kam, dass sich die Befürchtungen von Kriminalhauptkommissarin Özlem Bärenfang sich bewahrheiten sollten. Zu dieser Jahreszeit, es war Februar und das hatte offenbar ihr Kerkermeister, der sie in die Tropfsteinhöhle mit den beeindruckenden Gebilden und Form von Stalaktiten und Stalagmiten gelockt, überlistet und gefangen hatte, sehr genau gewusst, öffneten die Betreiber des Höhlenmuseums ihre Pforten nur kurz an den Sonntagen, sodass im Übrigen kein Betrieb herrschte. Die zwei Kommissare der Mordkommission mussten also auf den Zufall hoffen, der ihnen zur Hilfe kommen würde oder tatsächlich eine Woche in Dunkelhaft verharren.

    Es waren bereits zwei lange Tage und Nächte vergangen. Özlem und Max hatten seit ihrer Gefangennahme weder getrunken noch etwas essen können. Sie waren beide stark unterkühlt, sodass sie die Kälte beinahe schon gar nicht mehr spürten. Ihre Körper hatten sich bereits auf das Äußerste eingestellt und vermittelten ein unerträgliches Hitzegefühl. Beiden kam es geradezu unerträglich heiß vor. Am liebsten hätten sie sich ihre Kleider vom Leibe gerissen, so warm schien es ihnen. Ihre letzten Kraftreserven drohten zu Neige zu gehen. Das Leben hatte sich bereits darauf vorbereitet, ihre Körper zu verlassen und die armen Seelen an die Ewigkeit zu übergeben. Hatten sie anfangs auch noch gezittert und mit gefröstelt, so war ihr Puls jetzt bereits extrem verlangsamt und der Blutdruck völlig im Keller. Sie litten unter Muskelstarre und die langsam eintretende Bewusstlosigkeit schien unweigerlich ihr Ziel in einem Herzkreislaufstillstand zu finden. Die Welt stand in Gefahr, zwei ihrer begabten Mordermittler zu verlieren, wobei die Ermittlungen in ihrem jüngsten Fall bisher noch keinen Anlass gaben, auf die zuständige Kommission für Tötungsdelikte im Hagener Polizeipräsidium stolz zu sein. Es gab genau genommen, trotz bereits drei Monate anhaltender bemühter und teils sogar eifriger Ermittlungstätigkeit, keine nennenswerten Ergebnisse und die Kritik von den Dienstvorgesetzen, sowie natürlich auch der Medien beziehungsweise, wie heutzutage geradezu selbstverständlich der breiten Öffentlichkeit, die ihr Missfallen über die sozialen Netzwerk unter Einsatz sehr deutlicher, zum Teil gar menschenverachtende Sprache in das weltweite Netz herausposaunten, hatte auch nicht lange auf sich warten lassen. Özlem Bärenfang und Max Glück waren geradezu in Hassfiguren der Wutbürgerschaft des Landes verwandelt worden.

    Es hatte bereits acht Morde gegeben und ein Ende der Serie war nicht gewiss. Es gab gleich zwei Tötungen in Breckerfeld. Dabei handelte es sich jeweils um sogenannte Landfrauen, von denen eine im Güllebehälter des schwiegerelterlichen landwirtschaftlichen Betriebes ertränkt und gefunden worden war und die andere, selbst eine gestandene Landwirtschaftsmeisterin, qualvoll in der soeben erst von ihr neu erworbenen Großballenpresse ihres Betriebes, welche in der Hofscheune den Winter über stand, den Tod gefunden hatte. Direkt hatten die Verlage ihren Zeitungsabsatz versprechenden Serienmörder gefunden und titulierten die Gazetten mit „Der Landfrauenmörder". Das war jedoch dann wohl letztlich eine etwas zu kurz gedachte Theorie zur Charakterisierung der noch jungen Tötungsserie gewesen, da sich das dritte Opfer aus der Nachbarstadt Halver als Bankiersgattin herausstellen sollte und das vierte Opfer, ein chinesischer Student aus Siegen war. Als jetzt dann noch zwei weitere Tötungen in der Stadt Werdohl hinzukamen und dabei gar ein Ehepaar ums Leben gekommen war, sollte noch nicht einmal der Frauenmörder als Überschrift der Journaille genügen. Schließlich hatte es dann noch einen Leichenfund in der dem auf dem Kahlen Asten entspringenden Flüsschen Lenne auf der Höhe von Plettenberg gegeben, wo der leblose Körper eines achtzehnjährigen Schülers von den todbringenden Gewässern freigegeben wurde und sich einwandfrei ebenfalls als Tötungsdelikt herausstellen sollte, sowie eine weitere mortale Verabschiedung eines Oberarztes des Großklinikums für Sportmedizin in Lüdenscheid. Während der Achtzehnjährige von hinten mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen und dann offensichtlich von seinem Mörder bewusstlos ins Wasser geworfen worden war, hatte man den Oberarzt mit einem Kissen erstickt. Es schien also kein Gesetz der Serie zu geben und die Ermittler sollten auf Anweisung der Staatsanwaltschaft in Hagen von jeweiligen Einzeltaten ausgehen. Serie lässt sich auf Pressekonferenzen halt immer schwerlich verkaufen und schafft für die Bediensteten regelmäßig nur schwer erträglichen Ermittlungsdruck. Und man hätte auch bestimmt mit Fug und Recht von Einzeltaten ausgehen können, ja vielleicht sogar müssen, wenn da nicht dieses Gefühl, diese berühmte Bauchgefühl gewesen wäre. Kriminalhauptkommissarin Özlem Bärenfang, ihres Zeichens selbstbewusste Leiterin der Hagener Mordkommission wollte einfach nicht an Einzeltaten glauben. Eine solche plötzlich auftretende Fülle von Tötungen in einem Kommissariats Bezirk konnte kein Zufall sein. Da musste es einen Zusammenhang geben. Davon war sie überzeugt und der einzige, der ihr Glauben schenken wollte, war ihr getreuer Freund und Kollege Max Glück.

    Und mit diesem Max Glück sollte sie, so wie es jedenfalls momentan aussah, wohl untergehen. Aber plötzlich gab es dort ein Licht. Es war zunächst nur ein ganz winziger Schein, aber der Schein wurde sodann zunehmend heller. Özlem und Max schafften es kaum noch, dieses Licht wahrzunehmen. Die schwindenden Kräfte hatten ihnen beinahe jegliche Sinne genommen. Aber dann sahen sie es doch.

    „Sieh doch, Max, sieh doch. Da ist ein Licht und es wird heller. Das ist unsere Rettung. Max, wir werden gerettet."

    Özlem schöpfte mit einem Male wieder ganz neue Kraft. Woher sie diese Reserven noch zu nehmen vermochte, war ihr selbst schleierhaft. Sie hatte sich bereits darauf eingestellt, dieses dunkle kalte nasse Tropfsteinverlies nie mehr zu verlassen. Sie war bereit, zu sterben. Aber dann durch das Licht hauchte ihr, wie durch ein Wunder eine übermenschliche Macht, so schien es ihr, neues Leben ein. Ihr menschlicher Mechanismus begann wieder zu funktionieren und so wurde auch ihre Stimme jetzt lauter. Sie konnte ihr Glück letztlich kaum fassen und rief jetzt in Richtung ihres noch regungslos am Boden legenden Kollegen:

    „Max, wir sind gerettet. Bei Allah wir werden leben, wir sind erlöst."

    Im Normalfall bemühte Özlem nicht so voller Inbrunst die Aufmerksamkeit des Propheten. Aber in dieser extremen Situation schoss es geradezu aus ihr heraus und sie war ihrem Gott dankbar. Überdankbar, dass er sie noch gerettet und vor dem scheinbar sicheren Ende bewahrt hatte.

    Jetzt bewegte sich auch Max, und Özlem konnte ihn durch das aufhellende Licht zum ersten Male, seitdem sie in dieses steinerne Gefängnis einkerkert worden waren, sehen. Er sah zum Fürchten aus. Sein Gesicht war aufgedunsen und schien in einem gespenstischen blassen Blau. Die Augen waren schwarz, wie tot und auffällig von Blut unterlaufen.

    „Oh mein lieber Max, wie siehst Du denn aus? Keine Wasserleiche könnte schöner sein."

    Langsam machte sich auch in Max eine aufkeimende Euphorie breit und verlieh ihm ungeahnte Kraftreserven.

    „Danke, aber das Kompliment kann ich zurückgeben. Und, was heißt hier überhaupt Allah. Hier bei uns im Sauerland sind immer noch der Liebe Gott, sein Sohn und der Heilige Geist zuständig, ist das klar? Aber sei es drum, irgendeiner wird es schon gewesen sein. Hauptsache wir kommen hier raus."

    „Keiner von all` denen, die Özlem und Max soeben noch als Erlöser vermutet hatten, sollte es sein, vernahmen die beiden doch just in diesem Moment eine von Kommandoton getragene Stimme, die aus der Richtung des weiter herannahenden Lichtes schallte.

    „Keiner von denen und noch nicht einmal die Jungfrau Maria, sondern allein wir! Wir sind es gewesen, die euch hier hereingebracht haben und wir werden es auch sein, die euch, jedoch nur, wenn es uns beliebt, hier herausholen, werden. Jetzt kommt es ganz auf euch an. Wenn ihr kooperiert, dann geben wir eurem Leben noch eine Chance. Aber, wenn nicht, dann garantiere ich für nichts."

    „Wir, wer sind denn Wir?"

    „Wir, das sind die Kinder der Deutschen, liebe Frau Hauptkommissarin Bärenfang."

    Die Stimme kam näher und jetzt konnten die beiden gefangenen Ermittler auch ein Gesicht dazu erkennen. Vor ihnen stand ein wahrscheinlich noch keine zwanzig Jahre alter junger Mann, der neben einem auffälligen Seitenscheitel, einen für das Alter beachtlichen rabenschwarzen Vollbart trug.

    Die Vorgesetzte

    „Guten Tag oder auch guten Abend! Ich weiß nicht, zu welcher Tageszeit ich Sie bei der Literatur unserer Kriminalgeschichte erreiche, aber ich darf mich Ihnen an dieser Stelle kurz vorstellen. Ich bin die Dienstvorgesetzte unserer Protagonistin, der Kriminalhauptkommissarin Özlem Bärenfang und ihres treuen Kollegen Max Glück. Mein Name ist Nadine Kittmann und ich stamme gebürtig aus Oberbrügge. Nach meiner Polizeiausbildung habe ich das Jurastudium in Münster mit Prädikatsexamen absolviert und dann mein Referendariat in Hagen gemacht. Ich wollte eigentlich nach Hamburg gehen, so wie zwei meiner besten Freunde. Aber Sie wissen ja vielleicht, wie das ist. Die Familie veranlasste mich dann doch, in der Heimat zu bleiben. Und so wurde ich die Nachfolgerin von Konstantin Opfel als Kriminalrätin in Hagen. Ich hatte Glück, denn eigentlich war Opfel noch gar nicht so alt gewesen, als dass er hätte seine aktive Dienstzeit beenden müssen. Aber es gab da Anweisungen von Oben, dass alle, die auch nur im entferntesten Verdacht standen, vor meiner Zeit von diesem Loupius korrumpiert worden zu sein, den Dienst in Hagen quittieren sollten. Ja und so konnte ich hier anfangen. Von hier aus konnte ich mich auch einfach besser um meine Eltern kümmern und meine alten Freunde behalten. Nebenbei war ich auch Vorsitzende vom TuS Oberbrügge und so etwas gibt man nicht so leichtfertig auf.

    Özlem Bärenfang lag mir bereits seit Wochen mit der Bitte in den Ohren, doch wegen der nunmehr zahlreichen Morde endlich eine Sonderkommission einzurichten, doch ich bekam einfach kein grünes Licht von der Behördenleitung. Es ging natürlich wieder um Personalmangel und damit letztlich, wie so oft, um Geld. Die Polizeipräsidien im Rheinland und dem Ruhrgebiet waren vollkommen unterbesetzt und insbesondere neben der Routinekriminalität mit der Bekämpfung unzähliger organisierter krimineller Banden aus den verschiedensten Nationen unserer Erde beschäftigt. Von Seiten des Ministeriums hielt man natürlich schön den Deckel auf diesen Missständen. Man wollte die Bevölkerung nicht verunsichern. Aber uns Eingeweihten war allen klar, dass unsere Polizei so langsam im Begriff war, zu kollabieren. Aber schließlich gelang es mir, doch genügend Kräfte im Polizeipräsidium Hagen bündeln und so eine Sonderkommission, die SOKO S unter Leitung von meiner Özlem Bärenfang gründen zu können. Zu groß war dann doch wohl der Druck aus der Bevölkerung und den Landtagsabgeordneten aus der Region geworden, als dass man sich den lebendigen Tatsachen über tote Menschen aus dem Sauer- und Siegerland noch hätte verschließen können. Und so gab es schließlich genügend Mittel für uns, jedenfalls für unsere Kommission. Nachdem die Mittel bereitgestellt wurden hatten die Kollegen aus Dortmund den Fall an sich ziehen wollen. Der Präsident von da war als medienaffin bekannt und hatte wohl gesteigerte Aufmerksamkeit, vielleicht sogar einen Auftritt im Fernsehen gewittert. Aber der Fall blieb dann letztlich auf Wunsch von sogenannt ganz oben bei uns in Hagen. Naja, vielleicht hätte ich den Fall doch besser abgegeben, denn wir waren bisher eigentlich noch keinen Schritt weitergekommen und so wuchs der Druck auf unsere Behörde schon ganz schön stark. Unsere einzige Entschuldigung lag bisher nur darin, dass wir die Fälle bisher ganz allein mit unserer nur schwach besetzten Mordkommission hatten lösen sollen. Zwei Kommissare und eine Assistentin waren einfach zu wenig für den Bereich Hagen, Ennepe-Ruhr, Märkischer Kreis, Olpe und Siegen-Wittgenstein. Das war kaum zu schaffen. Aber nunmehr zählte dieser Entlastungsgrund nicht mehr. Wir hatten eine SOKO mit jetzt immerhin sechs Beamten und mussten natürlich jetzt Resultate liefern.

    Die Kommission war seit mittlerweile einer Woche eingesetzt und die Kollegen hatten sich schon gründlich in die Materie hineingefressen, als das Unfassbare geschah. Nein, nicht, wie sie jetzt vielleicht denken werden, ein weiterer Mord, denn das wäre ja schon fast Routine gewesen. Es kam viel schlimmer. Unsere Hauptermittler waren plötzlich verschwunden. Wie sich später herausstellen sollte, hatte man sie entführt und zunächst bei Iserlohn in der Dechenhöhle gefangen gehalten, bevor man sie dann in eine private Klinik für Frauenheilkunde im Märkischen Kreis verbrachte, wo sie unter der Tarnung eines in freudiger Erwartung lebenden Ehepaares den weiteren Teil ihrer Gefangenschaft verbringen sollten.

    Sie können sich nicht vorstellen, wie glücklich ich war, als es uns gelingen konnte, die zwei Kollegen zu befreien. Wir hatten einen Tipp bekommen, dass im Märkischen Kreis eine Jugendgang im Wachsen begriffen war, die sich „Kinder der Deutschen" nannte und sich den vermeintlichen Idealen von Law and Order verschrieben hatte. Die Gruppe war von verschiedensten Quellen sehr komfortabel mit Geldmitteln versorgt, verfügte über eine sehr gut definierte Struktur und über eine eben solches Geflecht von Beziehungen bis hinauf in die höchsten politischen Ebenen des Landes.

    Warum die es gerade auf die Leiterin der Mordkommission Hagen abgesehen hatten, erschließt sich mir bis heute nicht. Offenbar war der Fall Loupius für viele immer noch nicht abgeschlossen und Özlem beziehungsweise Max schienen so manchen Personen aus der Politik einfach zu viel zu wissen. Immer wieder waren den Beiden recht unsichtbare aber dennoch wohl spürbare Steine in den Weg gelegt worden. Es gab sogar einmal die Theorie, dass die ganze nicht enden wollende Mordserie der jüngsten Zeit keinen anderen Sinn haben sollte, die beiden Ermittler zu ruinieren. Aber diesen Gedanken habe auch ich schnell wieder verworfen. So gefährlich konnten die beiden nun wirklich Niemandem werden, als, dass man zu solch` grausamen Mitteln greifen würde, um ihnen empfindlich wehzutun. Denn, dann wäre es doch viel leichter gewesen, statt stellvertretend diese vielen Menschen, einfach die beiden Kommissare zu eliminieren oder vielleicht nicht? Natürlich, jeder weiß, dass der Tod eines Polizisten immer schärfer verfolgt wird, als der eines einfachen Sterblichen aus dem gemeinen Volk. Gegebenenfalls wollte man das nicht riskieren, so fragten wir uns zumindest damals.

    Nun, sei es drum, jedenfalls konnten wir Özlem und Max mit Hilfe unseres Sondereinsatzkommandos zwar gewaltsam aber immerhin befreien. Das war vielleicht eine skurrile Situation, kann ich Ihnen sagen und leider gab es auch Tote und einen Verletzte. Wie gesagt, wir hatten einen Tipp bekommen. Fragen Sie mich jetzt bitte nicht, woher genau. Die einen sagen, der sei vom LKA gekommen. Andere behaupten die Staatsanwaltschaft Dortmund stecke dahinter und wiederum Einige sind der Meinung, der Hinweis stamme von einer konkurrierenden Gang, die mittlerweile vom Innenminister verboten worden sei. Jedenfalls entfachte die Kunde vom Aufenthaltsort unserer entführten Kollegen derart blitzschnell eine solche Eigendynamik, dass Keiner mehr daran zweifeln wollte, dass sie der Wahrheit entsprach und das tat sie dann ja auch.

    Ich befahl also den Einsatz des SEK. Wie schlichen uns in drei Gruppen an das besagte Klinikum heran. Die eine Gruppe kam aus Richtung von Schloss Neuenhof, die andere Truppe kämpfte sich durch eine Zahl von Schrebergärten an die Frauenklinik heran und die dritte Mannschaft bewegte sich von Oben aus Richtung Lüdenscheid Süd zum Objekt. Das dritte Team bestand im Gegensatz zu den anderen Kommandos tatsächlich ausschließlich aus männlichen Kollegen. Daher ist das Wort Mannschaft zu gebrauchen, insoweit auch politisch korrekt, wenn Sie verstehen was ich meine. Als die wir nunmehr das Gebäude eingekreist hatten, blieben wir zunächst in Deckung und ich selbst bewegte mich so unauffällig, wie jeder andere Patient auch, auf die Eingangspforte zu. Ich wollte mir so Zugang verschaffen, um die Lage im Inneren der Klinik zu checken und hoffte, dass man uns bisher noch nicht bemerkt hatte. Es waren nur noch wenige Schritte bis zum Empfang und mein Blut begann zu kochen. Mein Herz raste und ich hatte Schluckbeschwerden vor lauter Aufregung. Angst verspürte ich bei solchen Einsätzen nie. Aber der Respekt vor der Situation führte schon zu übergebührlichen Ausschüttungen von Körperstoffen, wie Adrenalin oder so etwas. Schritt für Schritt tastete ich mich heran und erreichte schließlich den Eingang. Die Automatiktür öffnete sich und ich ging hinein. Ich hatte schon viel Gutes über diese Klinik gehört, aber ich war bisher noch nie hier gewesen. Kinder wollte ich früher schon einmal haben, habe jedoch nie den richtigen Partner gefunden, der mit mir ein solches hätte produzieren und großziehen wollen und mein üblicher Frauenarzt war in Hagen. Warum sollte ich also schon einmal hier gewesen sein. Jetzt halten Sie mich bitte nicht für verrückt. Aber, als ich die Klinik betrat, schoss mir plötzlich und tatsächlich wieder der anerzogene Wunsch nach einem eigenen Kind in den Kopf –verrückte Welt - nun sei es drum. In der Klinik jedenfalls schien alles normal zu verlaufen. Ich wendete mich an die freundliche Dame an der Rezeption und gab an, meine Verwandten besuchen zu wollen. Ich nannte ihren Namen und die Dame schaute routinegeschwängert auf den Bildschirm ihres Rechners. „Nein, da müssen Sie sich in der Klinik geirrt haben. Eine Frau Bärenfang oder einen Herrn Glück habe ich beide nicht hier, informierte sie mich dann. „Gut, sagte ich und bestätigte die Annahme der Dame, mich in der Klinik geirrt zu haben. Dann zeigte ich ihr vorsichtig meinen Polizeiausweis und lüftete meine Jacke, sodass die Dame meine kugelsichere Polizeiweste sehen konnte. Die Dame erschrak und ich fragte sie nach den Neuaufnahmen der vergangenen Tage. Sie nannte mir mit zitternder Stimme die Namen. Bei den Eheleuten Özlem und Max Sondermann stoppte ich sie. Das mussten sie sein. „Wo liegen die Beiden?, fragte ich die Dame und bekam die Antwort: Zimmer 12, von Ihnen aus gesehen rechts und dann links bis an das Ende des Ganges, auf der rechten Seite das letzte Zimmer." Ich befahl der Dame sich jetzt ruhig auf den Boden zu legen und sich nicht mehr zu rühren. Sodann bewegte ich mich behutsam in die geheißene Richtung. Vor dem genannten Zimmer saß eine Person auf einem Stuhl. Die Person war männlich und trug eine Polizeiuniform. Damit war klar. Da mussten sie sein. Es hätte natürlich sein können, dass die Kollegen aus Lüdenscheid hier schwangere Kundschaft untergebracht hätten. Aber das wäre uns von denen bestimmt mitgeteilt worden, als wir mit ihnen den Einsatz abgesprochen hatten. Es gab also keinen Zweifel. Der Polizist war nicht echt und in dem Zimmer, vor dem der falsche Kollege saß, mussten sich unsere gefangenen Kollegen befinden.

    Ich ging auf den Mann zu und sprach ihn an, ob er mir sagen könnte, wo das Zimmer 12 sei. Ich sei Verwandtschaft und wolle einen Besuch machen. Daraufhin bekam ich nur die recht rüde Antwort: „Die hier haben keine Verwandten und bekommen auch keinen Besuch. Sie müssen sich irren, Gnädigste!" Jetzt wusste ich genau, wo sich der Aufenthaltsort meiner Kollegen befand. Ich bedankte mich freundlich für die Information, drehte mich um und ging wieder in Richtung des Ausganges. Dort befahl ich der Dame an der Rezeption, den Feueralarm auszulösen und informierte per Funk die Kollegen über den Aufenthaltsort von Özlem und Max. Der Einsatzleiter ordnete nach kurzem Lagecheck dann auch direkt den Zugriff an. Durch den ausgelösten Feueralarm strömte aus allen Zimmern Frauen in Nachthemden, bunten, wattierten Bademänteln teils mit dickem Bauch, teils Babywagen aus Plexiglas samt rosafarbenem Inhalt vor sich herschiebend, Klinikpersonal lief aufgeschreckt, aber professionell agierend umher und so verließen die Allermeisten das Gebäude, bevor unsrer Kräfte stürmten. Das Ganze ging ganz schnell. Die Leute vom SEK waren von außen durch die verschlossenen Fenster in das Zimmer eingedrungen und hatten die zwei dort befindlichen mit Maschinenpistolen Bewaffneten gezielt exekutiert, bevor die auch nur das Geringste bemerken konnten, da sie durch den Feueralarm abgelenkt waren. Ich war zurück in die Richtung des Zimmers gelaufen und hatte mich dort an der Ecke zum Flur verschanzt, sodass ich die Person vor dem Zimmer unter Beobachtung halten konnte. Als dann der Tumult im fraglichen Zimmer losging und dort die ersten Schüsse fielen, stand die Person auf und ich konnte sie mit einem gezielten Schuss kampfunfähig machen. Der Einsatz war gelungen. Kein Unbeteiligter war zu Schaden gekommen. Die beiden Zielpersonen im Zimmer waren tot und der Bewacher vor dem Zimmer war schwer verletzt, konnte aber überleben. Unsere Kollegen jedenfalls, die betäubt in dem Zimmer lagen, waren befreit und darum ging es schließlich. Natürlich wäre es uns auch aus politischen Gründen lieber gewesen, wenn es keinen Toten gegeben hätte. Aber, so ist da nun einmal. Das muss jedem bewusst sein, der Menschen entführt. Man kann dabei sterben. Die Polizei ist darauf vorbereitet. Die Entführer und Geiselnehmer oftmals nicht. Schade war nur, dass wir jetzt lediglich einen Zeugen hatten, der uns über den Hintergrund der Entführung Auskunft geben konnte und der zudem als Quelle alles andere, als ergiebig war. Er war nur eines von diesen bekannten ganz kleinen Rädchen im Getriebe der Organisation. Wie erfuhren daher fast nichts von ihm. Er war erst kurz zuvor über das Internet angeworben worden und sein erster Auftrag war die Zimmerwache im Klinikum. Na immerhin erfuhren wir so etwas mehr über das sogenannte Darknet, über welches sich die fortschreitend bildenden Gangs, Klans und Banden mit Personal versorgten. Über den Hintergrund der Entführung konnten wir so schnell jedenfalls hingegen nichts Verwertbares in Erfahrung bringen.

    Die Fortbildung

    „Ich nehme auch von den Königsbergern."

    „Ach, der Kollege aus Hagen. Schön, dass wir uns hier wieder treffen. Essen wir zusammen? Und, sagen Sie, wie gefällt Ihnen der Vortrag? Ist ja nicht jedermanns Sache. Sie scheint das Thema aber doch sehr zu interessieren. Das wievielte Seminar ist das jetzt zum Thema Profiling, das Dritte, richtig, Herr Kollege?"

    „Das Vierte, Herr Kollege Meier. Und, ja, wir können zusammen essen. Ich hätte da sowieso noch ein paar Fragen an Sie in eigener Sache. Ich will das nicht vor dem gesamten Publikum tun und bin daher ganz froh, dass ich sie hier treffe. Wie haben da im Moment so einen Fall, also ich muss schon sagen, naja erzähl ich ihnen gleich. Suchen sie doch schon einmal einen schönen Tisch für uns aus. Ich folge ihnen dann, wenn ich ein Essen habe."

    „Sehr schön, Kollege Glück, bis gleich. Ach sagen Sie, ist ihre reizende Kollegin auch hier? Sie beiden gibt es doch nur im Doppelpack, wie man hört und die war doch die letzten beiden Male auch dabei? Aber holen Sie sich jetzt erst einmal etwas zu Essen. Wir sprechen dann gleich bei Tisch."

    Max Glück hasste es, wenn ständig nach Özlem gefragt wurde. Als ob er ohne sie überhaupt nichts gelte. Dabei war er doch genauso Hauptkommissar, wie sie. Ihm war natürlich auch bewusst, dass es darum natürlich nicht ging, wenn die männlichen Kollegen nach Özlem fragten. Nein, sie war einfach äußerst liebreizend und wirkte auf Männer, wie die wohlduftende Blüte einer wunderschönen, farbenprächtigen Blume auf die Biene. Auf ihn hatte Özlem dieselbe Wirkung, wobei sich Max Figur bedingt wohl eher als Hummel, denn als Honigbiene bezeichnet hätte. Özlem wusste das und ließ ihrem Max, wie sie ihn stets bezeichnete, den entsprechenden Freiraum, ließ ihn jedoch auch gleichzeitig die nötigen Grenzen spüren, sodass er nicht auf weitergehende Gedanken kommen sollte. Sie amüsierte sich über die ihren gemeinsamen Arbeitstag begleitende Verbalerotik. Auch kuschelte sie mit ihm, wenn sie sich an manchen Tagen sehr gern hatten. Aber mehr ließ sie nicht zu, obwohl ihr sehr wohl schon das eine oder andere Mal der Gedanke daran erschienen war, aber die Tatsache, dass sie zusammenarbeiten mussten und nicht zuletzt auch der Umstand, dass sie zwar getrennt lebend, aber eben noch nicht von ihrem Ehemann, Heinrich Bärenfang, aus gut bürgerlichem Hause geschieden war, veranlasste sie, ihrem Max nicht das zu geben, was er so gern gehabt hätte. Dabei trieb sie jedoch, und das hatte Max schon seit Beginn an gewusst, ein doppeltes Spiel. Das nämlich, was sie ihrem Max, unter falschem Vorwand, so war dessen feste Meinung, verwehrte, das gab sie seit geraumer Zeit einem anderen Kollegen. Der kam auch aus Hagen und war Erbe eines verstorbenen bäuerlichen Baulandmillionärs, unendlich reich, gutaussehend und überdies beeindruckend charmant. Diese Sache trieb Max, der sich das nie anmerken ließ, jedoch fast in den Wahnsinn. Seine Eifersucht stieg von Tag zu Tag mehr und er tat alles, um die Aufmerksamkeit seiner geliebten Kollegin wieder voll auf sich zu lenken. Aber es sollte ihm nicht gelingen. Je mehr er sich anstrengte, um so schlimmer und ungeschickter benahm er sich. Es schien ihm mitunter sogar aussichtslos zu werden, mit seiner geliebten Özlem für immer zusammenzukommen. Die Hoffnung gab er jedoch nicht auf. Er würde alles tun, damit Özlem zu ihm, zu ihm ganz allein zurückfände. Selbst, als diese ihm während der Gefangenschaft in der Dechenhöhle mitgeteilt hatte, dass sie glaube, schwanger zu sein und Angst habe, jetzt das Kind zu verlieren, brach er nicht mit ihr. Nein, seine Zuneigung wuchs eher daran und er entwickelte nunmehr, da sich die Vermutung von Özlem auch noch bestätigen sollte einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Er stellte sich vor, dass es sein Kind sei, welches da im Bauch seiner Freundin heranwuchs. Nach einer Weile entwickelte sich seine Vorstellung gar zu einer unumstößlichen Tatsache und war nunmehr für ihn eine Realität geworden, zu der es keine Alternative gab, jedenfalls nicht geben durfte. Ab diesem Moment hätte Max Glück für seine Favoritin sogar getötet.

    „So, da sind sie ja, Herr Kollege. Ich habe schon mal angefangen. Die Königsberger sind aber auch wirklich gut. Sie werden ihre Wahl nicht bereuen. Und jetzt erzählen Sie. Sie wollten mich doch etwas fragen. Was haben Sie denn auf dem Herzen, der Seele oder im Auftragsrucksack ihrer Chefin?"

    Ja von jedem etwas, so wie es ausschaut. Wir haben da einen Fall oder besser gesagt mehrere Fälle und da kommen wir einfach nicht so Recht voran. Seit Monaten wird ermittelt, jedoch ohne Erfolg. Wir haben jetzt sogar eine Soko. Aber auch die hat bisher noch nichts Nennenswertes zustande gebracht.

    Max Gegenüber beugte sich über den Teller und steckte sich eine Gabel Nahrungsmittel in den Mund, so dass er undeutlich einwendete.

    „Nun, man hörte davon, dass zurzeit in ihrem Zuständigkeitsbereich die Leichen wie am Fleißband produziert werden. Sie haben es ja sogar in die Nachrichtensendungen aus Hamburg geschafft. Hut ab, Herr Kollege. Sie sind bereits eine Berühmtheit, jedoch eine Traurige, wie es scheint."

    Max regte diese überhebliche Arroganz auf, riss sich aber dennoch zusammen.

    „Ah ja, Sie wissen also schon Bescheid. Die Tagesschau ist aber mit uns noch vergleichsweise human ins Gericht gegangen. Ganz schlimm ist die selbst ernannte Inquisitorin Isabelle BergmannSteffenhagen vom lokalen Radio und Fernsehen. Die verbreitet überall und jetzt sogar auch noch durch unverschämte Kommentare in allen Zeitungen, was sie von uns Ermittlern hält. Unsere Adelige, wie wir sie nennen, war vom ersten Mord an dabei und begleitet unsere Arbeit auf Schritt und Tritt. Manchmal hat man sogar das Gefühl, dass sie uns bereits einen Schritt voraus zu sein scheint und heute bereits Dinge weiß, die erst morgen geschehen. Diese unsympathische Person macht uns so richtig das Leben schwer und muss über hellseherische Fähigkeiten verfügen. Wenn Sie Herr Kollege die Tagesschau verfolgt haben, dann wissen Sie ja auch wahrscheinlich schon von der Entführung, richtig?"

    Jetzt wurde Max Gegenüber ein wenig kleinlauter.

    „Nein, davon, äh, davon weiß ich jetzt noch nichts. Welche Entführung? Bitte, Herr Kollege Glück, setzen Sie mich ins Bild. Sie wissen, ich bin viel im Ausland unterwegs und da bekommt man nicht immer Alles mit."

    Jetzt entspannte Max ein wenig und begann, die ihm bekannten Informationen zu berichten.

    „Na schön, also mal der Reihe nach. Unsere erste Leiche fanden wir in der Hansestadt Breckerfeld."

    Überrascht fuhr Meier dazwischen

    „Ach, in Breckerfeld. Das ist ja witzig. Da bin ich zur Schule gegangen. Ich erinnere mich noch genau an die Zeit. Meine Eltern wohnten in Dahlerbrück und ich hätte eigentlich in Schalksmühle zur Schule gehen sollen. Aber mein Vater meinte, dass die Realschule in Breckerfeld besser sei und ich anschließend bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben würde. Naja fürs LKA hat es immerhin gereicht. Aber bitte, ich unterbreche Sie, fahren Sie doch fort."

    Max schluckte die hastig in den Mund geschobene Nahrung herunter, bevor er neu ansetzte.

    „Ja also, wie gesagt, die erste Leiche fanden wir auf einem Bauernhof in Breckerfeld und zwar außerhalb der Stadtmauern. Mir ist gesagt worden, das sei wichtig. Denn nur, wer eine eigene Hausnummer außerhalb der Stadtmauern von Breckerfeld hat, kann auch Bauernschütze werden und darf beim alljährlichen Bauernvogelschießen teilnehmen. Aber, Scherz bei Seite. Der Jungbauer hatte uns angerufen und den Fund seiner Frau gemeldet. Man hatte sie geschlagen und anschließend Kopf über in das Güllefass getaucht. Das war vielleicht ein Bild. Da es sehr trocken war, versank die Leiche nicht vollständig in diesem riesigen Fass voller Kuhmist. Nein die Unterschenkel schauten noch heraus. Es gibt da so ein Bild in diesem Film „Name der Rose, vielleicht kennen Sie den. Da finden Sie auch einen Mönch der Kopfüber in ein Fass gesteckt wurde und die Füße noch herausragten. Genauso sah das auch in Breckerfeld aus. Die Gerichtsmediziner fanden dann heraus, dass die Frau zunächst betäubt worden war und ebenfalls einen schweren Schlag auf den Kopf bekommen haben musste. Auch fand man am ganzen Körper Hämatome. Der Tod trat jedoch durch Ersticken ein. Man fand Gülle in ihrer Lunge. Sie muss also noch gelebt haben, als man sie in das Fass geworfen hat.

    „Auf welchen Hof war das. Vielleicht kenne ich die Leute ja?"

    „Auf dem Hof von Familie Püttmann, sagt Ihnen das was?"

    Bestätigend nickte Meier. „Ja, allerdings. Mit dem Püttmann bin ich zur Schule gegangen. Der war in meiner Parallelklasse. Das war vielleicht ein Rabauke. Der hat so ungefähr jeden Mitschüler tyrannisiert, der nicht schnell genug auf die Bäume kam. Dem würde ich sogar so einen Mord zutrauen."

    „Ach interessant. Ich denke dann einmal, Sie meinen Püttmann Senior. Der Junior, war zu der Zeit erst ca. 25 Jahre alt. Das war vielleicht ein kalter Knochen. Wie der die Leiche seiner eigenen Frau mit dem Frontlader seines riesigen Traktors aus dem Güllepott gezogen hat, das war schon etwas makaber. Und dann fragt uns dieser Bursche noch, ob er die Kosten für die Bergung vom Staat ersetzt bekomme, da er ja immerhin im Auftrag der Polizei gehandelt habe. So, wie ich den einschätze, hat er bestimmt später auch noch eine Rechnung nach Düsseldorf geschickt. Diese Bauern sind echt manchmal kaum zu fassen."

    Meier wiegte den Kopf von links nach rechts, als er entgegnete: „Das müssen Sie verstehen, Herr Kollege. Die Bauern haben auch ein ganz schön hartes Leben. Also, wenn ich diese Maloche, die diese Bauernjungen früher nach der Schule oder teilweise auch schon davor zuhause auf den Höfen leisteten, hätte machen müssen, dann wäre ich, so glaube, nein, so weiß ich, daran zerbrochen. Dagegen ist das, was heute medial wirksam als Kinderarbeit verbreitet wird, eher eine geringfügige Beschäftigung, wenngleich ich das, bitte verstehen Sie mich da richtig, Herr Kollege, nicht herunterspielen möchte, was da in Indien und Co. passiert. Abrupt wechselte er wieder zum eigentlichen Thema. ‘So und die zweite Leiche?

    „Ja, das war mal so richtig grausam. Die zweite Leiche, übrigens wieder eine Frau, fanden wir in der Scheune eines Bauernhofes zwischen Breckerfeld und Ennepetal. Das war vielleicht ein Massaker. Man hatte die Frau ebenfalls zuvor betäubt, grün und blau geschlagen und anschließend versucht, sie in der Großballenpresse, wie einen Strohballen zu verklappen. Das Bild werde ich nie vergessen. Ich weiß noch, dass unser Tatortteam damals eine Praktikantin hatte. Das arme Mädchen musste anschließend mit einem Schock vom Notarztwagen abtransportiert werden. Ich glaube, so haben es die Kollegen jedenfalls erzählt, studiert sie jetzt Germanistik auf Lehramt. Die Tote war die Bäuerin auf dem Hof gewesen. Sie hieß Siepenkötter. Vielleicht war die ja auch bei Ihnen auf der Schule."

    Meiers Gesicht ließ ein leichtes, aber nicht unangemessenes Lächeln erkennen.

    „Sie werden lachen. Die kenne ich tatsächlich. Ca. 50, lange blonde Haare und ziemlich hübsch?"

    „Ja das kann schon hinkommen, wobei Sie bitte berücksichtigen müssen, dass ich Ihnen lediglich das Alter der Frau bestätigen kann, denn der Rest war an der Leiche nicht mehr zu erkennen. Aber die Fotos, die wir im Haus gefunden haben, entsprechen Ihrer Beschreibung. Und jetzt raten Sie mal, wer uns auch hier wieder angerufen und bei der Bergung der Leiche geholfen hat, genau, Mr. Püttmann Junior. Aber wir konnten ihm nichts nachweisen. Er hatte ein erstklassiges Alibi. Zur Tatzeit war er zum Verhör im Polizeipräsidium, bevor er erst Stunden danach die Leiche seiner Tante in der Scheune gefunden hatte."

    „Haben Sie ihn selbst verhört?"

    „Nein, das sollte auf speziellen Wunsch der leitenden Oberstaatsanwältin so eine neue Staatsanwältin für Kapitaldelikte in Hagen machen. Sie war wohl früher in Münster und hat dann nach Hagen gewechselt. Man munkelt, dass der Versetzungsantrag von ganz oben kam, Frau Ministerin Bertuleidt persönlich habe das so gewollt. Vega heißt die Staatsanwältin, ich glaube die ist gebürtige Spanierin oder so. Aber, ich habe das Protokoll gesehen, wenn Sie das meinen? Also, der war tatsächlich bei uns und hat zum Zeitpunkt der Tat eine Aussage gemacht."

    Meier wirkte geradezu enttäuscht.

    „Ja gut, und wie ging es dann weiter?"

    „Die dritte Leiche ließ nicht lange auf sich warten. Die fanden wir in Halver. Es handelte sich um eine von ihrem Mann getrenntlebende Bankiersgattin. Auch sie hatte man bestialisch verprügelt. Und ihr anschließend eine Dosis Insulin in den Bauch gespritzt, woran sie dann verstarb."

    „Und jetzt sagen sie nicht, Püttmann Junior hat wieder angerufen."

    „Nein, dieses Mal nicht. Damals rief uns der Ehemann an. Er hatte seine Frau besuchen und sie, wie er uns erzählte, zur Rückkehr in die Ehewohnung bewegen wollen. Die zwei hatten ein schönes Anwesen in Kierspe bewohnt. Es war ein alter Bauernhof an der B 226. Der steht mittlerweile wieder zum Verkauf, habe ich neulich erst im Allgemeinen Anzeiger gelesen. Naja, jedenfalls war es nicht Püttmann Junior."

    „Wie hieß die Frau, Herr Kollege?"

    „Waltraud Enges."

    „Und mit Mädchennamen?"

    „Turck, sie hieß vor ihrer Hochzeit mit dem Enges Waltraud Turck. Jetzt sagen sein nicht….?" fragte Max ungläubig.

    „Doch, sage ich. Nach dem zehnten Schuljahr in Breckerfeld ging ich auf das Anne-Frank-Gymnasium in Halver und Waltraud war in meiner Klasse. Ich saß sogar neben ihr und da war sogar noch mehr. Sie müssen wissen, die Landjugend von Halver ist nicht ganz ohne. Arme Waltraud, so ein Ende hat sie nun wirklich nicht verdient."

    Max begann langsam, lose Fäden zusammenzuspinnen und ihm erschien es langsam suspekt, dass Meier alle Toten kannte, sogar teilweise sehr gut. Er beugte sich nach vorne, so dass sein Gesicht

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