Die Brille des Coppelius: Essays
Von Alexej Parin
()
Über dieses E-Book
Es gibt wenig, worin Alexej Parin nicht brilliert - sei es als Librettist, Übersetzer, Theaterexperte oder Verfasser unzähliger musikwissenschaftlicher Arbeiten.
Mit "Die Brille des Coppelius" gibt der Doyen des Musiktheaters einen ganz besonderen Blick auf sein Leben frei: in fast zärtlichen Schilderungen, nähert sich Parin seiner Familie an, beschreibt Erinnerungen, die geprägt waren vom Umfeld des Moskauer Bürgertums und seinen ersten Reisen in den Westen. So lyrisch und leichtfüßig sich Alexej Parin durch seine Familiengeschichte bewegt, so präzise ist sein Blick, der auch das Schicksalhafte im Leben nicht ausspart: die Inhaftierung seines Vaters als vermeintlichen Spion für die Amerikaner und der ausdauernde Kampf seiner Mutter um das Überleben der fünfköpfigen Familie.
Entstanden sind liebevolle Porträts seiner Eltern, die diesen schwierigen Zeiten mit einem starken familiären Zusammenhalt und hingebungsvoller Liebe ihren Kindern gegenüber begegneten. Darüber hinaus lässt die einzigartige Perspektive, die Alexej Parin in der Schilderung seiner ersten Reisen außerhalb der Sowjetunion einnimmt, zeitgeschichtliche Momentaufnahmen von Paris, Wien und Berlin entstehen, die zu Schlüsselmomenten für sein eigenes künstlerisches Schaffen wurden.
Mehr von Alexej Parin lesen
Duett und Duell: Dialog einer deutsch-russischen Freundschaft Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Chroniken von Leonsk Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Die Brille des Coppelius
Ähnliche E-Books
Erzählung vom Schweigen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Engel von Harlem: Die Lebensgeschichte der ersten farbigen Ärztin in New York Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Schwarze Rosa Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine Leben: Erinnerungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Mond der Cardin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer letzte Sommer - Historischer Roman aus dem Ende des Zarenreichs Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJosefine Mutzenbacher - Unzensierte Ausgabe: »Der mit Abstand beste deutschsprachige erotische Roman aller Zeiten« Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Schatten der Titanen: Klassiker der Weltliteratur Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLinds letzte Laune: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAngeldust: Fenja und Michael Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRache der Zarin. Der Beginn: Nach wahren Begebenheiten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Rache der Zarentochter: Gesamtausgabe: Historischer Roman nach wahren Geschehnissen über das Verschwinden der Prinzessin Olga Romanowa Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Schatten der Titanen: Erinnerungen an Baronin Jenny von Gustedt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKommissar Suber ermittelt: In der Stille ruht der Tod Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKopf über Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen"Blood op de Suderlande": Bärenfang und Glück ermitteln weiter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Hunde im Souterrain: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKellertheater: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMorphosen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLockenkopf 3: Das Schicksal hat nichts zu melden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Nacht der tanzenden Teufel Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin verbummelter Student Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWerkschau: Diplomlehrgang 2021 Literarisches Schreiben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnna, Tee & Donauwelle Band IV: Der Tote im Keller Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchatten über dem Schilcherland: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine Königin zieht das Schwert: Der zweite Fall Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAbhauen!: Protokoll einer Flucht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBedrohte Autorinnen: Schriftstellerinnenporträts Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSeht zu, wie ihr zurechtkommt: Was die Kriegsgeneration in uns hinterlässt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAyshe - Ein Ehrenmord?: Kurzgeschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Biografien – Literatur für Sie
Martin Walser - Chronist der deutschen Seele: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWelterzähler - Literaturnobelpreisträger im Porträt: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeltliteratur im SPIEGEL - Band 2: Schriftstellerporträts der Sechzigerjahre: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeltliteratur im SPIEGEL - Band 1: Schriftstellerporträts der Nachkriegsjahre: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die Manns: Der >Zauberer< und seine Familie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFriedrich Nietzsche - Der Wille zur Macht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGoethes Briefwechsel mit einem Kinde Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNachtflug Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Astrid Lindgren: Eine, die Individualität großschrieb Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBerliner Kindheit um Neunzehnhundert: Die 41 Miniaturen zeichnen sich als Schlüsseltexte der Moderne aus Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5City Boy: Mein Leben in New York Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIngeborg Bachmann. Ein Portrait Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDirektor Beerta: Das Büro 1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMarcel Reich-Ranicki: und die Frankfurter Allgemeine Zeitung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Welt von Gestern: Erinnerungen eines Europäers - Das goldene Zeitalter der Sicherheit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJohann Wolfgang von Goethe – Basiswissen #01: Leben (1749–1832), Werke, Bedeutung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer unbekannte Thomas Bernhard Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenThomas Bernhard: Eine Biografie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDinge zurechtrücken: Gespräche aus vierzig Jahren Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBerühmte Frauen der Weltgeschichte: Zehn beeindruckende Biografien. nexx classics – WELTLITERATUR NEU INSPIRIERT Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMartin Walser - Der weise Mann vom Bodensee Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMarie Antionette Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHemingway: Ein Mann mit Stil Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStefan Zweig: Die Welt von Gestern, Brasilien, Reise nach Rußland & Reisen in Europa Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLou Andreas-Salomé: Eine Bildbiographie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKafkas letzter Prozess Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMark Twain: Leben auf dem Mississippi Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Der Soldat und das Mädchen Monique: Fahnenflucht in den Ardennen 1944 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Die Brille des Coppelius
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Die Brille des Coppelius - Alexej Parin
DIE BRILLE DES COPPELIUS
ALEXEJ PARIN
DIE BRILLE
DES COPPELIUS
Essays
Aus dem Russischen
von Christiane Stachau
Umschlagbild: Johanna Baader
Umschlaggestaltung: Gabriel Fischer
Lektorat: Elvira M. Gross, Maria Deppermann
Layout: Nikola Stevanović
Druck und Bindung: Interpress, Budapest
Alexej Parin: Die Brille des Coppelius
Aus dem Russischen von Christiane Stachau
Titel im Original: Очки Коппелиуса
Die hier versammelten Essays erschienen im Original in: Талисман (Agraf: Moskau 2013)
Published with the support of the Institute for Literary Translation (Russia)
Alle Rechte vorbehalten
© HOLLITZER Verlag, Wien 2015
www.hollitzer.at
ISBN 978-3-99012-231-0 hbk
ISBN 978-3-99012-232-7 pdf
ISBN 978-3-99012-233-4 epub
MEINE ELTERN
VORBEMERKUNG
Diese Aufzeichnungen sind als lyrische Porträts gedacht, und deshalb habe ich eine ausführliche Schilderung der wissenschaftlichen Karriere und des gesellschaftspolitischen Lebens meines Vaters weggelassen. Ich habe sie so geschrieben, als ob sie nur für die Familie bestimmt wären. Aber der unbeteiligte Leser soll wissen, was hinter diesen spontan aufblitzenden Gedanken und Betrachtungen steht.
Mein Vater war ein bedeutender sowjetischer Physiologe und beschäftigte sich vor allem mit dem Blutkreislauf. Er war im Jahr 1944 einer der Begründer der Akademie der medizinischen Wissenschaften und hatte den Posten eines stellvertretenden Gesundheitsministers inne. 1946 wurde er im Rahmen eines wissenschaftlichen Austauschs in die USA geschickt und nach seiner Rückkehr des Verrats von Staatsgeheimnissen beschuldigt (man warf ihm vor, amerikanischen Wissenschaftlern Einzelheiten über das Präparat Crucin mitgeteilt zu haben, das von den Mikrobiologen Klujewa und Roskin für die Krebsbehandlung erforscht wurde) und verhaftet (Februar 1947). Stalin selbst definierte die Situation so: „Diesem Parin traue ich nicht, und dementsprechend hart fiel das Urteil aus: fünfundzwanzig Jahre Gefängnis. Bald nach der Verurteilung fand im Klub des „Hauses an der Uferstraße
ein sogenanntes „Ehrengericht" statt, das Wassilij Wassilijewitsch Parin in der Gesellschaft als amerikanischen Spion und Volksfeind brandmarkte. Der Dramaturg A. Stein schrieb das Theaterstück Das Gesetz der Ehre und das Drehbuch des Films Ehrengericht (ausgezeichnet mit dem Stalinpreis), in dem die schmähliche Geschichte eines sowjetischen Wissenschaftlers geschildert wird, der sich für einen „Füllfederhalter" verkauft. Die Rolle meiner Mutter in diesem Film spielte Lydia Sucharewskaja.
Mein Vater wurde Ende Oktober 1953 entlassen, anfangs ohne Rehabilitation. Später wurde er voll rehabilitiert. Er arbeitete auf dem Gebiet der Weltraummedizin und wurde in die „große Akademie, die Akademie der Wissenschaften, gewählt. Er leitete bedeutende wissenschaftliche Institute, reiste zu internationalen Kongressen und veröffentlichte Aufsätze und Bücher. Nachdem er die Kehrseite des sowjetischen Systems kennengelernt hatte, hegte er für den Rest seines Lebens keinerlei Illusionen mehr in Bezug auf die herrschende Macht. Über politische Themen wurde bei uns zuhause offen und ehrlich gesprochen, nur Mama legte manchmal ein Kissen auf das Telefon. Trotzdem wahrte Papa „an der Oberfläche
eine gewisse Loyalität, obwohl seiner Natur jede irgendwie geartete Unterwürfigkeit fremd war.
Wassilij Wassilijewitsch Parin starb 1971 im Alter von 68 Jahren an den Folgen einer im Gefängnis übertragenen Hepatitis.
MAMA
Erster Teil – psychologisch
Sie war ein Energiebündel, sogar wenn sie still dasaß, in dunkler Apathie, dann verbarg sich ihre Energie, war aber nicht spurlos verschwunden. Sogar in den letzten Monaten ihres Lebens, als sie schon nicht mehr aus dem Haus ging, brodelte in ihr die Energie eines stürmischen Innenlebens, das sie von einer Unwägbarkeit in die andere warf.
Sie war eine dramatische Natur. Sie bewahrte sich spontane Emotionen, flüchtige Eindrücke und visuelle Vorstellungen, die sie jedes Mal in unveränderter, frischer Form abrufen konnte. Ihre außerordentliche Leidenschaftlichkeit hinderte sie daran, sich selbst und andere zu analysieren. Deshalb veränderten sich ihre früheren Emotionen mit der Zeit unter dem Einfluss ihrer ungestümen, unbändigen Natur.
Ihre geballte Energie drückte sich in ihren umfangreichen und vielfältigen Beschäftigungen aus. Da konnte sie stolz auf sich sein und sich am richtigen Platz fühlen. Wenn sie für Papa als Sekretärin tätig war, hatte sie natürlich alles im Kopf, konnte ihn an alles erinnern, schrieb alles auf der Schreibmaschine, was er mit seiner – nach der Haft – sehr klein gewordenen Handschrift niederschrieb. Aber manchmal sagte sie, dass sie nicht genügend zu tun hätte, sie wäre am liebsten Chefärztin in einem Krankenhaus mit tausend Betten, das wäre das Richtige für sie!
Wenn wir versuchen, uns in die Köpfe und Herzen unserer Eltern hineinzuversetzen, können wir uns natürlich nur von unseren eigenen Gefühlen leiten lassen, von den unmittelbaren Empfindungen, die in uns das ganze Bild eines nahen Menschen wieder hervorbringen mit seiner einzigartigen geistigen Ausstrahlung. Unsere außergewöhnliche Nähe zueinander erlaubt es mir, in die Tiefe der mütterlichen Natur hineinzuschauen. Allein wenn ich an sie denke, steht sie mit ihrer ganzen Persönlichkeit vor mir. Wir waren uns wirklich ungewöhnlich nah, existierten wie zwei miteinander verbundene Gefäße. Ich öffnete die Wohnungstür – und wusste sofort, in welcher Stimmung Mama war. Unsere innere Struktur hingegen war verschieden. Mama war oft unsicher sich selbst gegenüber, labil, was sie manchmal zu schroff reagieren ließ – mit der Härte ihrer Urteile verteidigte sie sich selbst. Ihr ungestümes Temperament ließ ihr nichts durchgehen – sie stand zu ihren Ansichten, auch wenn der Boden unter ihren Füßen wankte. Und ihre düstere, gedrückte Stimmung war eine Folge nervenaufreibender Ereignisse, während ihre Gedanken in den Erinnerungen umherirrten, minutenlang, wie im Dunkeln, ohne