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Kommunikation durch Texte: Textwissenschaft für die Oberstufe
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eBook143 Seiten1 Stunde

Kommunikation durch Texte: Textwissenschaft für die Oberstufe

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Über dieses E-Book

Wie funktioniert Kommunikation durch Texte? Was lässt Texte zu einem sinnvollen Ganzen werden? Das Buch vermittelt hierzu übereinzelsprachliches Grundwissen und eröffnet ein tieferes Verständnis von Texten und kommunikativem Geschehen. Für uns alle, die wir tagtäglich durch Texte miteinander kommunizieren, für alle, die beruflich viel mit Texten zu tun haben, und für spätere Studenten der Literatur, der Linguistik und der Computerlinguistik.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum13. Mai 2020
ISBN9783749778584
Kommunikation durch Texte: Textwissenschaft für die Oberstufe

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    Buchvorschau

    Kommunikation durch Texte - Henri Joachim Becker

    1 Konstitutive und regulative Regeln

    Naturgesetze und Regeln

    Niemand kann sich Naturgesetzen entziehen. Regeln aber werden eingehalten oder nicht.

    Konstitutive Regeln von Verhalten

    Konstitutive Regeln erschaffen, definieren, konstituieren ein Verhalten. Beispiele: Ohne die Regeln des Schachspiels gäbe es kein Schachspiel. Wer im rechtlichen Sinne heiratet, muss bestimmte Bedingungen erfüllen (zum Beispiel ein Mindestalter haben) und bestimmte Zeremonien durchlaufen, bei denen gewisse Dinge gesagt werden müssen, sonst hat er nicht geheiratet.

    Regulative Regeln von Verhalten

    Regulative Regeln lassen kein Verhalten entstehen, erschaffen, erzeugen, konstituieren kein Verhalten, sondern kanalisieren ein schon bestehendes Verhalten, indem sie es zum Beispiel erlauben, verbieten, Empfehlungen für seinen Vollzug geben usw. Bsp: Fußball spielen verboten! Schachzüge gut durchdenken!

    2 Die konstitutiven und regulativen Prinzipien der Text-Kommunikation

    De Beaugrande und Dressler (1981) schlagen ein auf sieben konstitutiven und mindestens drei regulativen Prinzipien beruhendes Modell der Text-Kommunikation vor.

    Die sieben konstitutiven Prinzipien der Text-Kommunikation sind: Kohäsion, Kohärenz, Intentionalität, Akzeptabilität, Situationalität, Intertextualität, Informativität.

    Die drei regulativen Prinzipien der Text-Kommunikation sind: Effizienz, Effektivität, Angemessenheit.

    Der Ansatz mit konstitutiven und regulativen Momenten der Text-Kommunikation wird im Nachfolgenden aufgegriffen und bestimmt die Grundgliederung dieses Buches. Allerdings, anders als bei de Beaugrande und Dressler sind die konstitutiven Prinzipien hier keine Kriterien der Textualität, deren vollzählige Erfüllung Texte von Nicht-Texten unterscheidet. Vielmehr sind sie hier konstitutive Momente der Kommunikation mit Hilfe von Texten, die im Einzelfall in ganz unterschiedlichem Ausmaβ beteiligt sein können, und es sind Gesichtspunkte, Dimensionen der Betrachtung von Texten und Text-Kommunikation. Zu den sieben konstitutiven Prinzipien wird ´Textsinn` als weiteres konstitutives Moment hinzugefügt. Demnach sind die acht konstitutiven Momente der Text-Kommunikation:

    − Kohäsion

    − Kohärenz

    − Intentionalität

    − Akzeptabilität

    − Situationalität

    − Intertextualität

    − Informativität

    − Textsinn

    Die drei regulativen Prinzipien sind:

    − Effizienz

    − Effektivität

    − Angemessenheit

    Weitere Abweichungen von de Beaugrande und Dressler werden zum gegebenen Zeitpunkt signalisiert.

    3 Kohäsion

    Die KOHÄSION eines Textes besteht aus den grammatischen und lexikalischen Verknüpfungen der Wörter, Sätze und Teile eines Textes untereinander. Kohäsion meint also nicht die inhaltliche Kontinuität eines Textes, sondern ausschlieβlich die rein sprachlichen Verbindungen der Komponenten an der Textoberfläche , den rein sprachlich- grammatischen, den rein grammatischlexikalischen Zusammenhalt eines Textes.

    (1)

    Apfelsaft selbstgemacht

    Ich habe 3 Apfelbäume, die jedes Jahr reich an Äpfeln sind. Zum Pressen fahre ich in unseren Nachbarort und unterstütze dort einen Bekannten, der eine groβe hydraulische Presse hat. Das macht immer Spaβ und ist sehr günstig. Ich bekomm dann meist so 35 Liter Saft raus, die ich in entsprechende Saftgefäβe fülle. (www.fragmutti.de)

    (2)

    Er kam, er sah, er siegte.

    (In Anspielung auf einen dem römischen Staatsmann und Feldherrn Gaius Julius Cäsar zugeschriebenen Ausspruch (Veni, vidi,vici), mit dem er die Leichtigkeit, mit der er über Pharnakes, König des Bosporischen Reiches, siegte zum Ausdruck gebracht haben soll.)

    (3)

    Karl kaufte das Auto nicht, weil es ihm zu teuer war.

    (4)

    Karl kaufte das Auto nicht, denn es war ihm zu teuer.

    (5)

    Er wollte mit der Arbeit fertig sein, bevor Lisa auftauchte.

    Kohäsionsmittel gibt es auf allen Ebenen der Sprache, lautlich in Form von Rhythmus, Reim, Intonation, morphologisch (z. B. durch Wahrung der Zeitebene, also von Tempusgleichheit wie in (1)), syntaktisch, also auf der Ebene des Satzbaus (z.B. Parallelkonstruktionen wie in (2)), lexikalisch durch die Wiederaufnahme derselben Wörter oder von Bestandteilen derselben wie in (1) (Apfelsaft, Apfelbäume, Äpfeln, Saft, Saftgefässe, zum Pressen, Presse). Sehr wichtig als Kohäsionsmittel sind sodann die schulgrammatisch als ´ Bindewörter` bezeichneten KONJUNKTIONEN. Sie haben die Aufgabe Wörter, Wortgruppen, Satzglieder oder ganze Sätze- seien dies Hauptsätze oder Hauptund Nebensätze – miteinander zu verbinden. Konjunktionen können unter anderem nach syntaktischen Eigenschaften unterschieden werden, zum Beispiel nach den unterschiedlichen Wortstellungen, die sie auslösen (In (3) und (5) zum Beispiel bedingen die Konjunktionen weil und bevor, dass das finite Verb am Satzende steht, was bei der Konjunktion denn, siehe (4), nicht möglich ist.

    Man spricht übrigens von REKURRENZ bei Wiederaufnahme der gleichen materiellen Oberflächenformen (Bsp: Auto – Auto) und von PARTIELLER REKURRENZ bei Wiederaufnahme von Wortkomponenten (Bsp. Autobau – Auto) oder von Wörtern beziehungsweise Wortkomponenten mit Wortartwechsel (z.B. Glück – glücklich –glücken).

    PRONOMINA (Personalpronomina, Demonstrativ- und Possessivpronomina) zählen nicht zu den Kohäsionsmitteln, da nicht auf der rein grammatischen, sondern erst nach einer Überprüfung auf der inhaltlichen Ebene sich entscheidet, worauf sie Bezug nehmen, wie ein Pronomen zuzuordnen ist. demonstrativ

    (6)

    „In einer kleinen Stadt lebte einmal ein Mädchen. Ihre Eltern waren beide tot.

    […]In (6) widerspricht das sprachliche Wissen (Mädchen ist Neutrum, Stadt ist Femininum, das Possessivum ihre ebenso; ihre wäre demnach eine geeignete Wiederaufnahme für die Stadt und nicht für das Mädchen), dem Weltwissen (Mädchen sind weiblich, Mädchen können Eltern haben, Städte nicht), und es ist das Weltwissen, das letztendlich die richtige Referenzauflösung ermöglicht (und sich damit sogar über grammatische Beschränkungen hinwegsetzt)." (Averintseva-Klisch (2013): 37-38)

    (7)

    „ a) Die Müllers sahen die Zugvögel, als sie nach Süden flo- gen.

    b) Die Müllers sahen die Alpen, als sie nach Süden flogen."

    (Viel zitiertes Beispiel u. a. in Schwarz (1992): 93)

    Sowohl die Müllers als auch die Zugvögel beziehungsweise die Alpen sind Ausdrücke in der 3. Person Mehrzahl und kommen jeweils als Bezugswort für das Pronomen sie in Frage. Um zu wissen, wer in a) nach Süden flog (es könnten die Müllers nach Süden fliegen und die Zugvögel nach Norden oder umgekehrt oder alle beide nach Süden) bedarf es zusätzlicher Informationen. Bei b) entscheiden wir aufgrund unseres Weltwissens (Berge fliegen normalerweise nicht), dass sie sich auf die Müllers beziehen muss.

    (8)

    „Das Tierheim ruft bei Frau Bummel an: «Ihr Mann ist mit dem Hund da und bittet uns, ihn hierzubehalten. Ist das denn auch in Ordnung?» «Klar, und den Hund können Sie raus setzen, er findet den Heimweg.»"

    (Beispiel aus Schwarz-Friesel/Consten (2014), eBook: 118)

    Mit seinen grammatischen Merkmalen 3. Person, Maskulin, Singular passt das Pronomen ihn sowohl auf ihr Mann als auch auf dem Hund. Aber da ein Tierheim ein Asyl für Tiere ist, wissen wir, dass nicht der Mann, sondern der Hund im Tierheim gelassen werden soll. Daher kommt die Interpretation ihr Mann des Pronomens durch die Frau überraschend und stellt die Pointe für einen Ehewitz dar oder eine Anspielung auf Eheverhältnisse, in denen das Haustier wichtiger als der Partner ist.

    Immer muss zunächst geprüft werden, worauf alles ein Pronomen sich beziehen kann. Das Aufeinanderbeziehen textinterner und textexterner Gegebenheiten ist dabei eine Grundfertigkeit unserer sprachlichen Kompetenz. Auch in Beispiel (9), wo vielleicht zunächst alles eindeutig scheint, fällt die Entscheidung, worauf sich das Pronomen er bezieht, letztlich auf der inhaltlichen Ebene, erst im Gesamtzusammenhang des Gespräches, der Kommunikation und nicht einfach auf der rein grammatischen Ebene.

    Mit Er könnte ja zum Beispiel auch der Vater von Hans gemeint sein.

    (9)

    Hans hat das Haus gekauft . Er hat viel dafür bezahlt.

    Insgesamt lässt sich festhalten, dass Wiederholung und Wiederaufnahme sprachlicher Formen und Verbindungsformen die wichtigsten Kohäsionsmittel sind.

    Darauf aufmerksam wird gemacht, dass die Gestaltung der Textoberfläche, die Auswahl und Anordnung der Elemente der Textoberfläche davon beeinflusst wird, was in den Fokus gerückt werden soll,

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