Multimodale Kommunikation: Bericht aus einer Textwerkstatt
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Multimodale Kommunikation - Books on Demand
Multimodale Kommunikation Bericht aus einer Textwerkstatt
Nadine Beckmann · Sarah Anne Bégo
Emese Bodnár · Rick Davids · Leila-Marie El-Haj
Jana Hack · Justine Kohl · Miriam Leihs
Lisa Mannagottera · Peter Menke · Anne Sauerland
Elisabeth Schmidt · Jennifer Schulte-Tickmann
Nadine Beckmann, Sarah Anne Bégo, Emese Bodnár, Rick Davids, Leila-Marie El-Haj, Jana Hack, Justine Kohl, Miriam Leihs, Lisa Mannagottera, Peter Menke, Anne Sauerland, Elisabeth Schmidt und Jennifer Schulte-Tickmann: Multimodale Kommunikation. Bericht aus einer Textwerkstatt
Inhalt
Vorwort
Übersicht
1.1 PETER MENKE Einleitung
Theoretische Vorüberlegungen
2.1 PETER MENKE Kommunikation
2.2 RICK DAVIDS Sinne
2.3 PETER MENKE Modalitäten
Einzelmodalitäten
3.1 SARAH ANNE BÉGO Prosodie
3.2 NADINE BECKMANN Mimik
3.3 EMESE BODNÁR Blick
3.4 ANNE SAUERLAND Gebärdensprache und Raumsemantik
3.5 PETER MENKE Gestik
Meilensteine der Gestenforschung
4.1 ANNE SAUERLAND Antike, Mittelalter und Frühe Neuzeit
4.2 NADINE BECKMANN Wilhelm Wundts Völkerpsychologie
4.3 SARAH ANNE BÉGO, JANA HACK, JUSTINE KOHL Die Rassentheoretiker vor und im Dritten Reich
4.4 LEILA-MARIE EL-HAJ David Efron
4.5 ELISABETH SCHMIDT Ray Birdwhistell
4.6 MIRIAM LEIHS Condon & Ogston
4.7 LISA MANNAGOTTERA Adam Kendon
4.8 PETER MENKE, RICK DAVIDS David McNeill
4.9 EMESE BODNÁR, JENNIFER SCHULTE-TICKMANN Cornelia Müller
Analyse
5.1 JUSTINE KOHL Notationssysteme
5.2 RICK DAVIDS, JUSTINE KOHL, MIRIAM LEIHS Beispielanalyse: ›Gestikuliert Daneben‹
Multimodalität im Blickpunkt anderer Disziplinen
6.1 LEILA-MARIE EL-HAJ Psycholinguistik — Kombination von Gestik und Sprache
6.2 LISA MANNAGOTTERA Neurolinguistik — Aphasieforschung
6.3 JANA HACK Künstliche Intelligenz und Künstliche Agenten
6.4 JENNIFER SCHULTE-TICKMANN Social Semiotics
6.5 ELISABETH SCHMIDT Körpersprache: geheim oder nicht?
6.6 MIRIAM LEIHS Powerposing
Anhang: Informationen zur Arbeit mit Texten
Sachregister
Personenregister
Literaturverzeichnis
VORWORT
Dieses Werk über multimodale Kommunikation¹ ist ein etwas anderes Ergebnis aus einem studentischen Seminar, das gezielt mit der Zielsetzung eines greifbaren Endprodukts entstand. Nachdem das Thema der multimodalen Kommunikation schon mehrere Male ein Thema in meinen Seminaren in den Linguistikstudiengängen an der Universität Bielefeld war, habe ich im Rahmen meiner Teilnahme an der Fortbildung zum Erwerb des »Bielefelder Zertifikats für Hochschullehre«² ein sogenanntes Lehrprojekt entwickelt, in dessen Rahmen ich das konkrete Ziel verfolgte, diese bestehende (aber an verschiedenen Ecken noch zu optimierende) Veranstaltung noch zu verbessern.
In meinem konkreten Fall bestand dies in dem Versuch, den großen und inhaltlich eher fremden Themenbereich (denn um einen solchen handelt es sich bei multimodaler Kommunikation, besonders wenn man sich aus traditionellen Sichtweisen heraus dem Thema nähert) so zu handhaben, dass man innerhalb eines zweistündigen Seminars in einem einzelnen Semester zumindest einen guten Einstieg und Überblick bekommen kann. In der Vergangenheit (also vor dem Wintersemester 2015/16) hat sich immer wieder gezeigt, dass die Arbeit mit Texten umso schwieriger und nervenaufreibender für Studierende sein kann, wenn die Literatur nicht nur umfangreich ist, sondern zudem noch aus fremden Fächern stammt. Hinzu kam, dass es für den konkreten Gegenstandsbereich (noch) kein in meinen Augen zufriedenstellendes Lehrbuch gibt, auf dessen Grundlage man arbeiten könnte. Hier machte sich in nicht wenigen Fällen Frustration breit, und Sinn und Zweck der eigenverantwortlichen, umfangreichen Lektüre zwischen den Präsenzsitzungen wurden hinterfragt.
Im Rahmen des Lehrprojektes habe ich daher die Lehrveranstaltung in gewohnter Weise erneut angeboten und in diesem Durchgang zwei Aspekte kontrolliert. Einerseits habe ich mit konkreten Aktivitäten, Methoden und Übungen aus dem Bereich der Textrezeption und -produktion abwechslungsreichere Varianten der Arbeit mit so einem großen Berg an Literatur aufgezeigt. Hier haben sich besonders die von Scheuermann (2013) zusammengestellten Tipps und Warnhinweise zu Schreibtypen als hilfreich erwiesen, ebenso wie die von Lange (2013) beschriebenen Strategien zur Texterfassung. Parallel dazu wurden viele der Präsenzsitzungen für verschiedene Arten von textbezogener (Klein-)Gruppenarbeit genutzt, um einen Teil der Leselast aus der Selbststudiumsphase herauszuziehen.³
In diesen freigewordenen Zeiten konnten dann diejenigen Studierenden, die sich dazu bereiterklärten, an der Produktion der einzelnen Abschnitte des Werkes arbeiten, in dem Sie gerade lesen. Die Mangelsituation, was ein Lehrbuch angeht, habe ich zum Anlass genommen, gemeinsam mit den Studierenden etwas zu verfassen, das zumindest einen ersten Schritt in diese Richtung darstellen könnte – einen thematischen Einstieg in den aktuellen Forschungsstand zur multimodalen Kommunikation, geschrieben von Studierenden der Linguistik für ebensolche, aber auch für fachfremde Menschen im Wissenschaftsbetrieb, in Forschung und Lehre, und vielleicht sogar auch für Menschen, die sich einfach nur für das Thema interessieren. Aber nicht nur am Verfassen der einzelnen Bausteine waren die Studierenden beteiligt, sondern auch an Phasen der Endredaktion, in der sich überhaupt erst einmal so grundlegende Dinge wie der rote Faden und das schlussendliche Inhaltsverzeichnis ergaben. Letztendlich haben wir gemeinsam etwas erstellt, was wir als ein gelungenes, nachhaltiges Produkt unserer Seminararbeit erachten, und das nicht nur die Leistungen der Studierenden dokumentiert, sondern darüber hinaus noch einen echten Mehrwert im Sinne eines thematischen Einstiegs darstellt.
Ob wir dieses Ziel wirklich erreicht haben, können natürlich letztendlich nicht wir beurteilen, sondern die Leserschaft. Wir möchten aber vor dem soeben geschilderten Entstehenshintergrund noch einmal darauf hinweisen, dass es sich bei diesem Buch hauptsächlich um einen kursorischen Einstieg und Überblick handelt – speziell, was Fachgebiete angeht, die der Linguistik eher fern sind. Hier erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit, denn es ließen sich zu jedem Abschnitt ganze Dissertationen und Forschungsprojekte mit mehreren Jahren intensivster Recherchearbeit absolvieren, bis man auch nur in die Nähe eines solchen Vollständigkeitsanspruchs käme. Mein großer Dank gilt den Studierenden, die es sich zugetraut haben, Texte zu Bereichen zu verfassen, die teilweise fernab von ihrem Fach liegen, und die hier vereinzelt sogar wissenschaftliche Texte in einer anderen Sprache als ihrer Muttersprache veröffentlichen. Daher würden wir uns wünschen, wenn etwaige Lücken oder Unstimmigkeiten uns nicht nach-, sondern zugetragen werden. Vielleicht entsteht ja sogar einmal eine zweite, überarbeitete Auflage. . .
Bielefeld, im Januar 2016
Peter Menke
¹ Multimodale Kommunikation wird hier vornehmlich dialogisch und in face-to-face- Situationen zwischen Menschen verstanden, wir werden in diesem Buch aber ausblickartig auch auf andere Lesarten eingehen.
² Siehe http://www.uni-bielefeld.de/pep/zertifikat/.
³ Details zur Arbeit mit Texten haben wir im Anhang A ab Seite → zusammengestellt.
KAPITEL 1
Übersicht
1.1 Einleitung
Während sich die Linguistik in ihrer Geschichte ausführlich mit dem verbalen Teil gesprochener Sprache, und teilweise auch detailliert mit ihren verschiedenen prosodischen Merkmalen beschäftigt hat, sind die anderen Möglichkeiten des Menschen, mit anderen zu interagieren und zu kommunizieren, in der Linguistik nur vereinzelt und nicht in gleicher Tiefe erforscht worden. Gleichzeitig ist in der Vergangenheit oft mit der Sichtweise einer Vorrangstellung des gesprochenen Worts gegenüber den anderen Formen an Datenmaterial herangegangen worden — eine Perspektive, die sich erst in den letzten Jahrzehnten allmählich gewandelt hat, was sich daran zeigt, dass die Frage, ob eine solche Vorrangstellung aus der Sicht der Linguistik wissenschaftlich (noch) begründbar ist, sehr diskutiert wird (vgl. Oviatt, 1999; de Ruiter, 2004; Bonacchi und Karpiński, 2014).
Gleichzeitig sind jedoch in Fachgebieten, die nicht direkt zum Kerngebiet der Linguistik zählen, wichtige Erkenntnisse zu Gestik, Mimik, Blickbewegungen und weiteren Formen der nonverbalen Kommunikation zusammengetragen worden. Ziel unseres Seminars (und somit auch dieses Buches) war es daher, diese Erkenntnisse an Menschen heranzutragen, die einen linguistischen Hintergrund haben und einen überblicksartigen Einstieg in