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Der Privatdetektiv: Krimispannung und Leidenschaft
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eBook295 Seiten3 Stunden

Der Privatdetektiv: Krimispannung und Leidenschaft

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Über dieses E-Book

Im kleinen Bergnest Gourdon, dem der Küste vorgelagerten Hochland an der Côte d'Azur, geniesst Florian Räber über die Neujahrsfeiertage stressfreie Stunden.
Die alte Bergwerkhütte, weit abgelegen vom Geschehen, erlaubt ihm Entspannung vom nervenaufreibenden Alltag. Trotz heftigem Schneetreiben versammeln sich in der Silvesternacht die Anwohner Gourdons in der Taverne Provencale. Sie alle wollen an Florian Räbers spannenden detektivischen Recherchen Anteil nehmen.
Florian ahnt nicht, dass seine Ausführungen die Aufmerksamkeit eines Gastes wecken.
Weit nach Mitternacht und inzwischen tobendem Schneesturm poltert jemand an die Türe der Bergwerkhütte. Sein letzter Kriminalfall holt ihn ein. Eine Verbrecherbande wurde durch
seine Ermittlungen gefasst, nicht aber die Hintermänner. Vorsichtig, mit einem schweren Eisenhaken bewaffnet öffnet er die Türe. Es verschlägt ihm die Sprache.
Plötzlich wird Florian Bestandteil eines viel gefährlicheren, sich dramatisch zuspitzenden Kriminalfalls. Welches Spiel treibt die unbekannte Schönheit, darf er ihr vertrauen?
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum7. Juli 2022
ISBN9783754366097
Der Privatdetektiv: Krimispannung und Leidenschaft
Autor

Patrick Salm

Der Schweizer Autor Patrick Salm ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Söhne. Seine positive Lebenseinstellung und sein Einsatzwille haben es ihm ermöglicht, ein namhaftes Unternehmen aufzubauen. Er liebt die Geselligkeit und treibt regelmässig Sport. Radfahren und Skilanglauf sind seine Favoriten. Kürzlich gab er Teile der Führungsaufgaben ab, um Zeit für seine neue Passion, das Schreiben, zu finden. Er hat bereits mehrere erfolgreiche Romane veröffentlicht.

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    Buchvorschau

    Der Privatdetektiv - Patrick Salm

    Inhaltsverzeichnis

    Namenliste

    Sonntag, 31. Dezember 2017

    Vor sechzehn Jahren

    9. August 2017

    Dienstag, 26. Dezember 2017

    Montag, 1. Januar 2018, halb zwei Uhr morgens

    1. Januar 1800 Uhr

    Dienstag, 2. Januar

    Donnerstag, 4. Januar

    Samstag, 6. Januar

    Sonntag, 7. Januar

    Montag, 8. Januar 2018

    Mittwoch, 10. Januar 2018

    Donnerstag, 11. Januar 2018

    Freitag, 12. Januar

    Samstag, 13. Januar

    Sonntag, 14. Januar

    Montag, 15. Januar

    Dienstag, 16. Januar

    Samstag, 20. Januar

    Sonntag, 21. Januar

    Montag, 22. Januar

    Dienstag, 23. Januar

    Mittwoch, 24. Januar

    Donnerstag, 25. Januar

    Freitag, 26. Januar

    Montag, 29. Januar

    Dienstag, 30. Januar

    Mittwoch 31. Januar

    Donnerstag, 1. Februar

    Freitag, 2. Februar

    Samstag, 3. Februar

    Sonntag, 4. Februar

    Montag, 5. Februar

    Namenliste

    Sonntag, 31. Dezember 2017

    Extreme Kälte und heftige Winde lassen die Schneeflocken zu schneidenden Schneekristallen mutieren. Erbarmungslos wie kleine Messerstiche empfinden die der Taverne zustrebenden Männer und Frauen den kalten Angriff der Natur.

    Es herrscht Winter in den Alpes-Maritimes, nur wenige Kilometer nördlich der französischen Mittelmeer-Küste. Die Meteorologen sprechen vom Jahrhundertwinter und noch ist kein Ende in Sicht.

    Trotz des miesen Wetters strömen die Einwohner vom kleinen Bergdorf Gourdon in Scharen zum jährlich stattfindenden Silvesteranlass, in den mit vielen bunten Ballonen und Girlanden feierlich geschmückten Speisesaal der La Taverne Provencale. Menschen, die sich das Jahr hindurch kaum begegnen, geniessen die Geselligkeit und den bezahlbaren Imbiss an diesem letzten Tag des Jahres. Hier kennt jeder jeden. Nebst den Feierlichkeiten zum Jahreswechsel gilt ihr Interesse auch den Enthüllungen des Schweizer Privatdetektiven Florian Räber.

    «Bereits zum zweiten Mal habe ich das Vergnügen, unseren Gastreferenten, Florian Räber aus der Schweiz, bei uns begrüssen zu dürfen. Ihn als Redner mit seinen hochspannenden Erfolgsberichten hier zu haben, ehrt mich besonders.» Auch die Tatsache, sein Lokal bis auf den letzten Platz ausgebucht zu wissen, lassen Romain Tendre, den Wirt des La Taverne Provencale, die Worte sichtbar stolz über die Lippen gleiten.

    Heftiges Gelächter erfasst die Gäste beim zweiten missglückten Versuch Tendres, den Namen Räber einigermassen verständlich auszusprechen. Die Chinesen mit dem für sie unmöglich auszusprechenden Buchstaben «R» lassen grüssen.

    Die Stimmung unter den ungefähr vierzig Gästen könnte nicht besser sein. Roter Gigondas in den Gläsern, das fein duftende Omelette mit Kräutern und Schinken auf den Tellern, die Geborgenheit an der Wärme und das zu erwartende Referat von Florian Räber sind Garant für den erfolgreichen Verlauf dieses Abends.

    Romain Tendre hebt das Weinglas und mit einem Schmunzeln im Gesicht bittet er seinen Referenten, mit seinen Ausführungen zu beginnen. Gläser berühren sich und mit den hellen Klängen der Rotweingläser im Saal hebt sich nicht nur die Stimmung, auch Florian Räber vom Sitz.

    «Halt, halt meine Damen und Herren, mit dem Applaus sollten Sie noch warten bis zum Ende meiner Ausführungen – vielleicht halten einige unter Ihnen so lange durch.»

    Seine gewinnende Art, notabene auch das dynamische Äussere dieses gutaussehenden zweiunddreissigjährigen Schweizers zieht vor allem auch die anwesenden Damen in ihren Bann.

    «Das letzte Mal schilderte ich Ihnen einen mysteriösen Fall, welchen die Schweizer Öffentlichkeit lange beschäftigte. Heute ist es ist mir ein Anliegen, Ihnen zuerst, vor der eigentlichen Kriminalgeschichte, meinen unkonventionellen Werdegang zum Privatdetektiv aufzuzeigen.

    Schon als Junge begleitete mich so etwas wie einen siebten Sinn. Auf dem Bahnsteig stand ich immer in sicherer Distanz zu den Schienen, an der Verkehrsampel trat ich einige Schritte zurück – ich könnte ja geschubst werden, oder beim Verlassen unseres Hauses vergewisserte ich mich, dass niemand vor der Türe auf mich lauerte.

    Vielleicht habe ich zu viele Kriminalromane gelesen oder unter der Bettdecke mit Kopfhörern haarsträubende Krimis von Edgar Wallace oder Alfred Hitchcock in mich hineingezogen. Trotzdem schlafe ich gut, mein siebter Sinn und Schutzengel steht mir ja tagtäglich zur Seite.

    Ich bin in Biel in der Schweiz aufgewachsen. Man spricht in dieser Stadt Deutsch und Französisch. Bekannt wurde Biel durch seine vielen Uhrenmanufakturen, aber auch durch den gleichnamigen See und die Nähe zu den idyllischen Jurahöhen.

    Weshalb ich jeweils einen Wintermonat hier verbringe, liegt an der Ruhe dieses herrlichen Hochlandes oberhalb der Côte d’Azur – nicht zuletzt aber auch wegen den freundschaftlichen Beziehungen, die sich zwischenzeitlich entwickelt haben. Als Balsam für meine Seele empfinde ich die Abgeschiedenheit in der alten Bergwerkhütte bei der stillgelegten Eisenerzgrube, einen Kilometer von hier. Ich fühle mich dort geborgen, die Umgebung gibt mir Raum, mich zu sammeln und Ereignisse aus meinem Berufsalltag niederzuschreiben und zu verarbeiten. Besonders belasten mich jene Fälle, in welchen ich aussereheliche Beziehungen aufdecke und als Folge oftmals Ehen daran zerbrechen.

    Aber nun der Reihe nach: Alles begann an einem schulfreien Nachmittag. Vier ziellos herumlungernde Typen, ich schätzte sie zwischen dreissig und vierzig Jahre alt, weckten meine Aufmerksamkeit. Meine kriminalgeschädigte Phantasie liess sofort Verdächtiges in ihrem Verhalten erkennen. Vom Schuljungen auf dem Fahrrad, der ich war, nahmen sie keine Notiz. Vermutlich trafen sie sich zum ersten Mal in dieser Gegend, dies jedenfalls entnahm ich ihrer Gestik. Nach einer kurzen Diskussion entfernten sich zwei zu Fuss, die anderen beiden stiegen in einen Skoda mit polnischen Kontrollschildern. Die Nummer notierte ich auf einen Notizblock, den ich seit einiger Zeit auf mir trug. Die Welt ist ja voller potenzieller Verbrecher.»

    Lachende Gäste unterbrechen für einen Moment Florian Räbers Ausführungen. Das Glas mit dem roten Gigondas wandert zu Florians Lippen, sein Gaumen sendet wohlwollende Signale in Richtung seiner grauen Zellen.

    «Dem Skoda folgen war chancenlos», fährt er fort, «also nahm ich die Verfolgung der beiden andern dubiosen Typen auf. Einmal bei der auf Rot stehenden Verkehrsampel stand ich direkt neben ihnen. Mein Herz schlug dermassen heftig, ich meinte, sie müssten es hören.

    In der Nähe der Bijouterie an der Ecke Zentralstrasse/ Kongresshaus tuschelten sie angeregt. Sie bemühten sich, dabei nicht aufzufallen. Dem Jungen auf dem Fahrrad, inzwischen aus der Gegenrichtung heranfahrend, meldete sein kriminalistischer Instinkt, dass diese beiden kaum etwas der Menschheit Zuträgliches im Schilde führten. Wenn ihn nicht alles täuschte, galt ihr Interesse der Bijouterie.

    Schnurstracks fuhr ich zum Polizeiposten von Biel. Der Beamte hinter der Theke, abgestumpft von alltäglichen und dann im Sande verlaufenden ‚ ‹immer wichtigen Hinweisen›, trat nicht auf meine Beobachtungen ein. Ich liess nicht locker und schliesslich war er bereit, meinen Zettel mit dem notierten polnischen Nummernschild bei sich zu behalten. Nicht einmal meinen Namen oder die Wohnadresse wollte er wissen. Frustriert verliess ich den Polizeiposten. Sicherheitshalber hatte ich die Nummernschilder für mich ebenfalls notiert – man kann ja nie wissen. Am Folgetag in der Schule herrschte Aufregung. Es war am späteren Nachmittag, ich erinnerte mich noch ganz genau. ‹Das musst du sein›, bestürmten mich meine Schulkollegen. Im Radio sei ein Anruf der Polizei erfolgt. Vergangene Nacht sei eine Bijouterie in Biel ausgeraubt worden. Ein Junge mit Fahrrad hätte der Polizei wichtige Hinweise zur Verhaftung dieser ausländischen Einbrecherbande geliefert. Vor der österreichischen Grenze wurden die vier in ihrem Skoda abgefangen und verhaftet – dank meinem Hinweis der Kontrollschilder.

    Fortan hiess ich nicht mehr Florian, meine Kollegen riefen mich ‹Verfolgungsjan›.»

    Erneutes Gelächter im voll besetzten Speisesaal des La Taverne Provencale.

    «Mein Stellenwert bei meinen Schulkumpanen stieg schlagartig. Plötzlich wollten alle bei meinen Kriminalspielen miträtseln. Es handelte sich um Geschichten, die ich mir zu Hause ausdachte und die dann in der Schule von Klassenkameraden gelöst werden mussten. Manuela, das hübsche Mädchen aus der gleichen Schulklasse, schien dagegen immun. Manch schlaflose Nacht durchlitt ich. Sie reagierte nicht auf meine unbeholfenen Annäherungsversuche – Florian war ein guter Kerl, aber leider nicht ihr Typ.

    Das Gymnasium beendete ich mit der Matura. Dank meines Abschlusszeugnisses und der Empfehlung der Schulleitung erhielt ich einen begehrten Job in der Rechtsabteilung eines grossen Uhrenkonzerns in Biel.

    Jahre später erreichte mich der Anruf einer Dame, deren Stimme ich sofort kannte. Ich musste mich setzen, es war Manuela, die Frau meiner schlaflosen Nächte. Sie sei inzwischen verheiratet und möchte mich in einer delikaten Angelegenheit sprechen.»

    Gespannte Ruhe herrscht im Speisesaal der Taverne Provencale, vereinzeltes Hüsteln oder das Geräusch der auf den Tisch zurückgestellten Weingläser unterbrechen die Stille.

    «In einem abgelegenen Kaffeehaus in Bern trafen wir uns», fährt Florian Räber weiter. «Manuelas Gesicht, weiblicher und hübscher als damals in der Schulzeit, liess auch einige Sorgenfalten erkennen. Kaum wahrnehmbare Zuckungen um ihre Mundwinkel – ein Zeichen ihrer inneren Unruhe?

    Sie erinnere sich noch an meine detektivischen Erfolge in der Schule und auch sonst hätte ich sie immer beeindruckt, sagte sie. Verblüffung liess mich zuerst einmal nach Worten ringen, ich schaute in ihre Augen.

    Was will sie von mir, will sie mir schmeicheln, spielt sie mit ihren weiblichen Waffen, weshalb?

    Einen Moment der Besinnung, Manuela senkte ihren Blick und begann zu erzählen: ‹Mein Mann ist CEO eines grossen Versicherungsunternehmens mit Hauptsitz in Biel, ich vermute, dass er mich betrügt.›

    ‹Und warum erzählst du mir dies?›

    ‹Ich möchte, dass du meinen Mann beschattest.›»

    Grinsend wendet sich Florian seinem Publikum zu. «Können Sie sich vorstellen, welche Gefühlsachterbahn ich durchlebte? Dieser Mann heiratete meine Herzdame und nun sollte ich gegen ihn, den erfolgreicheren von uns beiden, ermitteln.»

    Gelächter hallt von den Scheiben der Taverne Provencale, einen kurzen Augenblick nur, dann herrscht erneut angespannt Stille.

    «‹Ich weiss, dass du in Biel arbeitest, Florian. Und da könnte doch eine kleine detektivische Aufgabe in unmittelbarer Umgebung deines Arbeitsplatzes etwas Abwechslung in deinen Alltag bringen – ich habe grosses Vertrauen in deine Diskretion, selbstverständlich würde ich dich sehr gut bezahlen.› – Fragen Sie mich nicht warum, aber ich liess mich auf ihr Angebot ein und kaum eine Woche nach unserem Treffen erfolgte ihr erneuter Anruf. ‹Heute ist wieder einer dieser Geschäftstermine mit später Nachtsitzung. Mein Mann fährt um vierzehn Uhr von zu Hause weg›, sagte sie. Manuelas Wohnhaus lag im Villenviertel von Biel. Ein schwarzer Mercedes S-Klasse rollte kurz nach vierzehn Uhr den Kiesweg hinunter zur Hauptstrasse. In einem älteren Mazda heftete ich mich ans Heck des Mercedes, immer ein oder zwei Fahrzeuge zwischen uns lassend. Im Altstadt-Parkhaus in Biel entschwand der Mercedes. Wenn Manuelas Mann tatsächlich eine Nebenbeziehung pflegte, dann hatte er für sein Unterfangen das beste Parkhaus, direkt neben der Altstadt und Einkaufsmeile, gewählt. Die Einfahrtszeit hielt ich schriftlich fest. Manuelas Foto ihres Mannes wanderte zwischenzeitlich vor mein Gesichtsfeld. Niemand beim Verlassen des Parkhauses passte auf die Beschreibung. Erst um dreiundzwanzig Uhr dreissig, mit dem Herausfahren des schwarzen Mercedes aus der Parkgarage, endete diese erfolglose und frustrierende erste Beschattung.

    Eines war mir klar: Dieser Mann war nicht nur im Beruf erfolgreich, er beherrschte auch die geschickte Tarnung. Mein Killerinstinkt war geweckt, ich würde ihn zur Strecke bringen.

    Manuelas nächster Anruf folgte zehn Tage später. Diese lästige Sitzung dauere bestimmt wieder bis gegen Mitternacht, habe ihr treuer Ehemann gemeint. Er könne nicht einmal zu Mittag essen mit ihr.

    Um zehn Uhr war ich vor Ort, nicht vor Manuelas Wohnsitz, sondern im zweiten Untergeschoss des Altstadt Parkhauses. Bei meiner ersten Observierung war der Mercedes auf dieser Etage parkiert gewesen.

    Menschen leben nach einem Schema, und wenn mich mein Instinkt nicht täuschte, müsste der Mercedes bald im zweiten Untergeschoss auftauchen. Helle Leds erhellten das Untergeschoss. Sie stammen vom erwarteten, nur wenige Meter vom letztmaligen auf das Parkfeld einschwenkenden Mercedes. Der Fahrer beachtete den mit Abfallkübeln beschäftigten Parkwärter nicht – im Gegensatz zum Wärter im orangen Overall, welcher eine hochauflösende Kamera unbemerkt auf den Mercedes richtete. Einige Minuten verstrichen, die Türe der S-Klasse öffnete sich, heraus trat ein Mann um die vierzig, mit Baskenmütze und Schnurrbart. Es sah zwar nicht aus, wie der Mann auf dem Foto, aber es war Manuelas Mann.

    Der hat es faustdick hinter den Ohren, meldete mir meine verblüffte innere Stimme.

    Noch mehr ins Erstaunen versetzte mich sein zielstrebiger Gang zu einem, nur wenige Meter entfernten, parkierten Renault-Kastenwagen. Ohne sich umzuschauen, setzte er sich hinters Lenkrad und kurz darauf entschwand der Renault auf der Rampe in Richtung Obergeschoss zur Ausfahrt.

    Am nächsten Tag erfolgte erneut ein Telefonanruf von Manuela. Ihr Mann sei erst kurz nach Mitternacht nach Hause gekommen, bestimmt hätte ich etwas über seinen Aufenthalt erfahren. Ich fühlte ihre Ängste, sie wusste es, ohne es wirklich zu wissen, ihr Mann hatte eine Affäre. Als ich ihr eröffnete, seine Spur im dichten Strassenverkehr verloren zu haben, schien sie noch mehr geknickt. ‹Manuela, gib mir noch etwas Zeit. Ich muss meine Taktik ändern, informiere mich auf jeden Fall vor seiner nächsten, dir verdächtig scheinenden Geschäftssitzung›.

    Weshalb sollte ich sie bereits jetzt mit meinen Erkenntnissen konfrontieren, bestimmt hätte sie ihre Gefühle nicht mehr kontrollieren können und ohne dies zu beabsichtigen, ihren Mann gewarnt.

    Manuelas Anruf liess dieses Mal volle vierzehn Tage auf sich warten.

    Das Interesse galt nun nicht mehr dem Mercedes, sondern dem Renault-Kastenwagen, welcher zehn Minuten nach der Einfahrt der S-Klasse aus der Parkgarage hinausfuhr. Meine Abklärungen hatten ergeben, dass der Renault auf eine Autovermietfirma in Bern immatrikuliert war. Mit meinem Mazda heftete ich mich erneut ans Heck, dieses Mal ans Heck des Renault-Kastenwagens. Als eine Verkehrsampel direkt vor mir auf Rot wechselte und der Renault in Richtung Osten entschwand, wäre die Beschattungsfahrt beinahe gescheitert. Die Unbeirrbarkeit der Fahrtrichtung bereits vor der Ampel liess vermuten, dass er Biel weiter in östlicher Richtung verlassen würde. Mit übersetzter Geschwindigkeit nahm ich die Verfolgung auf und noch vor dem Stadtende tauchte das Heck des Renault in mein Blickfeld.

    In Solothurn lag das Ziel seiner Fahrt. Abseits der Hauptachse, einige Querstrassen weiter, vor einer grossen Wohnüberbauung hielt der Renault. Einige prüfende Blicke nach links und rechts, dann verschwand der Mann mit Schnurrbart und Baskenmütze im Haus Nr. 18b.

    Endlich fand auch ich eine Parklücke, wobei es mir wichtig erschien, nicht in unmittelbarer Nähe des Renault zu parkieren.

    Die Liste mit den Namen der Bewohner beim Hauseingang hielt ich auf meinem Handy fest. Neun Parteien bewohnten das Gebäude – vier davon begannen mit ‹Familie›.

    Eher unwahrscheinlich, dass eine Ehefrau Manuelas Nebenbuhlerin sein könnte – aber auch nur so eine Vermutung.»

    Schallendes Gelächter in der Taverne Provencale. Die Franzosen scheinen ihren Ehefrauen einiges an geheimen «Missionen» zuzutrauen. Der Film mit Catherine Deneuve «Belle de jour» taucht in diesem Augenblick in Florian Räbers Gedächtnis auf. Nun erfasst auch ihn ein heftiger Lacher.

    «Drei Namensschilder lauteten auf männliche Vornamen», fährt Florian Räber weiter. «Zwei auf weibliche. Die eine wohnte im Erdgeschoss, die andere im bestimmt teuren Dachgeschoss. Ihr Name Alexandra – Sie werden verstehen, dass ich hier nichts Weiteres preisgeben darf.»

    Aus dem Publikum melden sich zwei Männer gleichzeitig: «Warum nicht, wir würden uns für nähere Abklärungen gerne zur Verfügung stellen!»

    Erneutes Gelächter, Gläser klingen, der Wirt ist damit beschäftigt, Nachschub an rotem Gigondas auf die Tische zu stellen.

    «Die Einsichtnahme von Alexandras Facebook-Profil liess einen Besucher nicht im Unklaren, in welche Richtung ihre Interessen gingen. Ungefähr 35 Jahre alt, ausgesprochen hübsch, offenherzig und mit sehr weiblichen Rundungen, als Beruf stand PR-Beraterin.

    Manuelas Mann und diese PR-Beraterin würden kaum den Fehler begehen, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen, dachte ich mir.»

    Erneut heftiges Gelächter.

    «Wie aber sollte es mir gelingen, ein kompromittierendes Foto zu schiessen. Die Türe beim Hauseingang schloss automatisch, also kein Durchkommen. Der Lift führte bestimmt ins oberste Geschoss, aber auch da dürfte Endstation sein. Ich hätte ja ein Versteck für mich und die Kamera gebraucht. Ein Foto von Manuelas Mann beim Betreten und Verlassen der Wohnüberbauung mit genauer Zeitangabe würde einige Rückschlüsse ergeben, als Beweismittel in einem Scheidungsprozess aber bestimmt nicht genügen.

    In ungefähr fünfhundert Meter Entfernung ragte ein markantes Betongebäude aus der Anonymität der Stadt Solothurn. ‹Mühle Eichenau› stand auf dem nackten Betonkörper. Grosse Silolastwagen entluden oder luden ihr Weizengut über verschiedene Förderstationen vom oder ins Gebäude. Kurzfristig parkierte ich den Mazda auf einer Nebenstrasse. Vom Dach dieses Gebäudes müsste ich direkte Sichtverbindung zur Wohnüberbauung und Alexandras Wohnung erhalten. Beim Emporsteigen im Treppenhaus nahm niemand Kenntnis von mir. Unbehelligt erreichte ich das Dach der Mühle Eichenau. Alexandras Wohnüberbauung erkannte ich – Einzelheiten waren infolge der grossen Distanz nicht möglich.

    Diese Tatsache dürfte dieser Alexandra ebenfalls bewusst gewesen sein, und sie sah kaum eine Notwendigkeit, Storen oder Vorhänge in ihrer Wohnung zu schliessen. Unverrichteter Dinge verliess ich das Dach der Mühle Eichenau, aber ich hatte einen Plan.

    In einem Optikergeschäft in Biel mietete ich ein für die Beobachtung des Sternenhimmels bestimmtes Teleskop mit riesiger Brennweite.

    Ausser Atem schleppte ich dieses fünfundzwanzig Kilogramm schwere Teleskop mit Stativ an jenem Nachmittag aufs Dach der Mühle Eichenau. Auslöser für den beschwerlichen Gang aufs Dach war Manuelas Anruf am Vortag und der Hinweis, ihr Mann hätte an diesem Tag erneut eine nicht zu verschiebende Geschäftssitzung.

    Ohne genau zu wissen, wann ihr Mann tatsächlich in Alexandras Wohnung auftauchte, und ob er vielleicht anderweitigen Verpflichtungen nachkommen musste, richtete ich mich auf dem Mühlendach ein.»

    Beim Hinweis mit den anderweitigen Verpflichtungen erfasst erneutes Schmunzeln die Gäste im Saal.

    «Gestochen scharf erkannte ich nun Details wie Wohnzimmer, die Küche, leider nicht das Schlafzimmer, es musste sich auf der Rückseite des Hauses befinden. Gegen vierzehn Uhr kam Bewegung ins Wohnzimmer. Alexandras Facebook-Profil hatte nicht zu viel versprochen. In aufreizendem schwarzem Babydoll mit schwarzem Tüll-Umhang und Strings, eher einem Nichts aus Kleidung, erschien sie im Wohnzimmer. Ich vermutete, dass sie in diesem Moment kaum beabsichtigte, Haushaltarbeiten zu erledigen.»

    War es vorhin Schmunzeln, ist es nun heftiges Gelächter, welches der angespannten Situation wegen, sofort wieder verstummt.

    «Alexandra verliess das Wohnzimmer, ihre eleganten, in High Heels steckenden Beine, traten erstmals ins Blickfeld. Zurück im Wohnzimmer, stellte sie eine Flasche Moët & Chandon mit zwei Gläsern auf den Clubtisch.»

    Schelmische Lachfalten prägen Florian Räbers Gesicht und ebenso schelmisch meint er: «Ich musste nicht davon ausgehen, dass Staubsauger Moët & Chandon trinken.

    Alexandra war sichtlich nervös, vermehrt blickte sie hinunter in Richtung Parkplatz und auf ihre Uhr am Handgelenk. Dann verschwand sie aus dem Blickfeld.»

    Die Anspannung in der Taverne Provencale ist kaum mehr zu toppen – die Luft zum Zerreissen angespannt.

    «Zwei Minuten verstrichen, ein Mann trat ins Blickfeld. Eine leidenschaftliche Umarmung der beiden folgte. Erst nach und nach lösten sie sich aus der Umarmung

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