Wenn sich das Leben anders entscheidet: Von Schicksal und Neubeginn
Von Sabine Eich
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Über dieses E-Book
Viele Menschen haben eine Vorstellung von ihrem Leben: Heiraten, eine Familie gründen oder einfach nur in Frieden leben.
Doch was, wenn plötzlich alles anders kommt? Wenn das Leben eine andere Wendung nimmt? Wer über eine hohe Selbstwirksamkeit verfügt, kann in seinem Leben viel steuern und gestalten. Auf das Schicksal jedoch haben wir keinen Einfluss. Entscheidend ist, wie wir damit umgehen, wenn Träume zerplatzen, wir einen nahestehenden Menschen oder all das verlieren, was für uns Heimat und Familie bedeutet.
Dieses Buch soll zeigen, dass es Hoffnung und Möglichkeiten der Bewältigung gibt. Es soll Menschen, die solche oder ähnliche Schicksalsschläge erlebt haben, das Gefühl geben, nicht alleine zu sein, und ihnen eine Idee vermitteln, wie sie wieder nach vorne schauen können.
Sabine Eich
Sabine Eich, Heilpraktikerin für Psychotherapie, arbeitet als Sport-Mentaltrainerin und Coach in eigener Praxis. Ihre fundierte Coachingausbildung absolvierte sie am Milton-Erickson-Institut in Bonn und bedarf einer lösungs- und ressourcenorientierte Haltung und Arbeit. Ihr Angebotsspektrum umfasst Einzelcoachings, Teamentwicklung, Businesscoachings sowie Vorträge und Workshops. Ihrer Überzeugung nach gilt es, die Leistung der Menschen in heraufordernden Situationen zu würdigen und als Ressourcen zu sehen. Seit über zehn Jahren begleitet sie erfolgreich Sportler, Trainer und Teams im mentalen Trainingsbereich sowie Menschen in ihren alltäglichen und beruflichen Herausforderungen. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit stellt die Erstellung von Konzepten zur zielgenauen Durchführung verschiedener Trainings und Maßnahmen in Sport und Business dar. Wie schaffen es Menschen, nach und mit Schicksalsschlägen weiterzuleben? Diese Frage führte sie zu der Idee ihres mittlerweile vierten Buches.
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Buchvorschau
Wenn sich das Leben anders entscheidet - Sabine Eich
Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Anne M. Lang: Dieses Buch handelt von „Schicksalshelden"
Achtung Planänderung!
Ein starkes Dreierteam: Leben mit einem mehrfach schwerstbehinderten Kind
Auf der Suche nach der Zukunft: Ahmeds lange Reise
Vergessen kann eine Gnade sein. Eine demenzkranke Mutter und ein Vater, der unerwartet an Krebs verstirbt
Als Erwachsener zurück ins Kinderzimmer: Ein Verkehrsunfall mit Folgen
Leben und Tod eines schwerstbehinderten Kindes, Depressionen, Insolvenz und Neubeginn
Wenn das Leben so weitergeht, dann danke! Diagnose Krebs nach dem plötzlichen Tod der kleinen Tochter
Brustkrebs und der Tod zweier Brüder
Einordnung der Erzählungen
Der Einfluss von Schicksalen und Diagnosen auf die Persönlichkeit
Was immer trägt: Werte
Stabilisatoren trotz und in Krisen
Fähigkeiten, die einen Schicksale meistern lassen
Und trotzdem: Eigene Ziele im Auge behalten
Schattenseiten
Auswirkungen und Veränderungen durch Corona
Botschaften: Was wir anderen sagen möchten
Familie als Schicksal – Wie es bei uns ist, ist es normal!
Dieses Buch handelt von „Schicksalshelden"
Für ihr Buch hat Sabine Eich in erkundenden Begegnungen mit Menschen deren Schicksalsschläge und deren Erzählung darüber zusammengestellt. Es sind die Erzählungen von Schicksalsbewältigern.
Sie haben einen ganz eigenen Umgang mit ihrer Situation gefunden, ihr Schicksal anzugehen und es dadurch lebendig zu gestalten. Man staunt beim Lesen und ist voller Hochachtung.
Was gab diesen Menschen die Kraft? Früher sagte man, Gott schickt einem das, was man bewältigen kann. Welch ermutigende, stärkende Deutung. Aber es scheint auch, als könne man an seinem Schicksal wachsen. Es sind besondere Geschichten und im Nachhinein erzählt. Im jeweiligen Moment wird es hart, tragisch, schwer zu nehmen gewesen sein. Die Helden laden uns ein, daran zu denken, dass es ein „Nachher" an Entwicklung geben wird. Sie erzählen von der Resilienz, die Menschen haben und auch erwerben können.
Sabine Eich begegnet ihnen offen und empathisch, und es entstehen dadurch ergreifende Geschichten. Diese hört man in der Gesamtschau und im Prozessrückblick sonst nicht so am Stück. Es war nötig, das einmal zu Papier zu bringen bzw. diesen Lebensereignissen Gehör zu verschaffen. Hier geht es um erarbeitetes Umgehen und Bewältigung.
Herausgekommen ist ein Buch über Menschen, die Helden und gleichzeitig Leute wie du und ich sind. Sie erzählen uns davon, wie sie den unvorhergesehenen tragischen Lebenssituationen begegneten, wie ihr Leben davon geprägt wurde und welchen Umgang sie entwickelten. Und das oft für längere Zeit. Die Fülle der Schicksalsbeispiele, die mitten aus dem Leben sind, kennt thematisch jeder Mensch – sie haben alle etwas gemeinsam, doch die Bewältigung erfolgte immer individuell.
So geballt zusammen in einem Buch gefasst, bewirken sie Betroffenheit und großen ergreifenden Respekt. Das Schicksal betrifft Angehörige, Eltern, Kinder und natürlich die jeweiligen Protagonisten, wobei jede Perspektive Respekt bekommt. Wir lernen lesend, dass es immer ein Umgehen gibt und Menschen über sich hinauswachsen können. Das zumindest aus dieser Erzählperspektive. Im Lebensmoment selbst ist es dann einfach Leben „annehmen und Leben „leben
.
Es sind Lebensfacetten, die man sich nicht wünscht, die aber zum Leben dazugehören und jeden treffen können bzw. auch getroffen haben. Sie werden dann zu seinem gestalteten Leben werden.
Hier sehen und hören und spüren wir, wie fast selbstverständlich Menschen im Nachhinein diese Situationen lösten, aber auch welch schwerer Weg sie im Prozessverlauf dazu brachte, das Schicksal anzunehmen.
Diese Themen verdienen unsere Beachtung. Wer sie tabuisiert, vergibt die Chance, Bewältigung zu lernen, sich selbst wiederzuerkennen und Mut für das eigene Leben zu schöpfen.
Es sind Situationen, die in jedem Leben vorkommen können.
Gut, wenn wir dann von anderen Beispielen wissen.
Gut, wenn unser Verständnis für andere in diesen Situationen wächst.
Gut, wenn wir alle dadurch gestärkt werden.
Ein sehr dichtes, sehr offenes, sehr nachdenklich machendes Buch über das Leben.
Und insofern ein sehr gutes Buch für jeden!
Bonn im Juni 2021, Anne M. Lang, AML Institute Bonn
Achtung Planänderung!
Ein starkes Dreierteam: Leben mit einem mehrfach
schwerstbehinderten Kind
Wenn man Danica und Martin, die Eltern von Marko, kennenlernt, schlägt einem die Herzlichkeit der beiden regelrecht entgegen. Vor einem stehen zwei offensichtlich glückliche Menschen, die anderen mit unglaublicher Offenheit begegnen. Man spürt die Bodenständigkeit und auch die ‚Wir-packen-es-an-Mentalität‘. In allem, was sie tun und sagen, ist eine unfassbare Liebe zu ihrem Sohn Marko zu spüren. Wenn sie von ihm erzählen, leuchten ihre Gesichter – mit Begeisterung zeigen sie Bilder, die ihn während verschiedener Ereignisse zeigen: bei der Firmung, seiner Kommunion, im Wasser bei der Delfintherapie, auf einer Klassenfahrt.
Marko reist oft und gerne mit seinen Eltern in den Urlaub: in die Türkei, nach Spanien, nach Italien – Generalaudienz beim Papst inklusive – Kroatien und Serbien. Er mag die Wärme.
Markos größte Stärke ist seine Sturheit. Er zieht durch, was er sich wünscht, und hat viel innere Kraft.
Doch was so selbstverständlich klingt, ist es nicht. Marko ist mehrfach schwerstbehindert. Er sitzt im Rollstuhl, kann sich kaum bewegen, nicht sprechen, ist blind und geistig beeinträchtigt. Er äußert sich durch Gesten und Laute, lacht herzlich, wenn ihm etwas gefällt, und schreit, wenn er etwas nicht mag. „Er hört, wenn er hören will", sagt sein Vater Martin lachend.
Mittlerweile ist Marko 22 Jahre alt, ein erwachsener junger Mann, der unter der Woche in einer Pflegeeinrichtung für junge Menschen mit neurologischen Einschränkungen lebt und am Wochenende bei seinen Eltern. „Dann ist immer Halligalli", sagt Danica.
Danica ist gelernte Altenpflegerin und Martin Architekt. Sie lernten sich kennen, als Danica ein Haus bauen wollte, und es dauerte nicht lange, bis der Funke übersprang. Dass der Funke immer noch da ist, sieht und spürt man, wenn sie sich anschauen, und daran, wie sie miteinander umgehen. Beide sind Realisten, die das Leben nehmen, wie es kommt, Menschen auf Augenhöhe begegnen, keinerlei Vorurteile hegen und zusammen durchs Leben gehen, egal, was es gerade zu bieten hat. Das und ihre Bodenständigkeit wurden zur Grundlage, das Leben mit einem mehrfach schwerstbehinderten Kind zu meistern. Was für andere ‚unnormal‘ ist, wurde für sie zur Normalität.
Als Danica schwanger wurde, freute sie sich auf Ihr Kind und wusste sofort: „Es wird ein Bub, und er heißt Marko."
Marko kam am 6. April 1998 nach einer Notoperation in der 27. Schwangerschaftswoche im Offenbacher Stadtkrankenhaus zur Welt, Geburtsgewicht 750 Gramm.
Direkt nach der Geburt erlitt er Hirnblutungen vierten Grades, da die Gefäße nicht ausreichend entwickelt waren. Die Eltern mussten damit rechnen, dass alles passieren kann. Die Ärzte gingen davon aus, dass Marko die erste Nacht nicht überlebt. Im Laufe seines Lebens rieten sie den Eltern noch oft, sich von ihrem Sohn zu verabschieden. Das würden sie jedoch niemals tun. „Erzählt, was Ihr wollt, dachten sie sich. Und Marko kämpfte. „Der hat ihnen immer den Finger gezeigt
, sagt Danica, „der Marko ist ein echter Herkules", sagt sein Opa.
Obwohl die Mutter als Altenpflegerin medizinisch vorgebildet ist und wusste, was die Diagnosen aussagten, überblickte sie das Ausmaß der Behinderung vorerst nicht.
Ein gnadenloses Procedere begann: Die ersten neun Monate verbrachte Marko ununterbrochen in Krankenhäusern, die gewechselt wurden „wie die Unterhosen". Es folgte eine OP nach der anderen. Als erstes bekam er einen Shunt(¹) gelegt. Doch es kam zu einer Infektion, der komplette Shunt musste wieder herausgenommen werden.
Durch den hochdosierten Sauerstoff im Inkubator löste sich Markos Netzhaut. In der Folge erblindete er. Eine Augen-OP erfolgte in Frankfurt/Höchst. Zurück im Krankenhaus Offenbach infizierte er sich mit NEC(²).
Diese Bakterien, die jedes Neugeborenes im Darm hat, explodieren bei Frühchen durch das unausgereifte Immunsystem regelrecht und können dazu führen, dass der Darm platzt. Innerhalb einiger Stunden schwoll Markos Bauch so an, „dass man durchschauen konnte wie durch eine Glaskugel", beschreibt Danica den Zustand.
Er wurde zur Not-OP in die Uniklinik Frankfurt geflogen. Es mussten einige Zentimeter Darm entnommen werden. Marko erhielt für drei Monate einen künstlichen Darmausgang. Auch hier gab es immer wieder Komplikationen: Verätzungen und wiederholt offene Hautstellen.
In der Kinderklinik Offenbach redeten die Ärzte offen mit den Eltern. Danica und Martin realisierten innerhalb der ersten vier Monate, dass Marko niemals ein gesundes Kind sein würde. In der ersten Zeit hatten sie daran zu knabbern und fragten sich: „Verdammt, wieso? Sie schüttelten diese Gedanken jedoch schnell ab: „Das Leben geht weiter, und wir schauen nur noch nach vorne.
Komplikationen und Behinderungen sahen sie niemals als Belastung oder etwas Negatives, sondern wandten es ins Positive und kämpften fortan gemeinsam für eine Sache.
Die letzte OP wurde in Heidelberg durchgeführt. Die komplizierte Verlegung des Shunts aus den Gehirnventrikeln stand an. Im Vorfeld mussten sich Ärzte finden, die bereit waren, diese filigrane OP an einem Säugling durchzuführen.
Der Arzt erklärte im Vorfeld der OP, dass die Chancen 60:40 stünden. Markos Mutter erinnert sich noch heute, wie sie im Keller des Heidelberger Krankenhauses saß, vor der OP-Tür, den Kopf im Genick, die OP-Schwestern immer wieder herauskamen und sie informierten, dass alles gut läuft und Marko stabil ist. Zu diesem Zeitpunkt war Marko acht Monate alt. Dieser Shunt hält bis heute.
Zurück zur Normalität
„Wenn man nur bei Ärzten und in Krankenhäusern unterwegs ist, verliert man irgendwann den Bezug zur