Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Fast ein guter Plan
Fast ein guter Plan
Fast ein guter Plan
eBook289 Seiten3 Stunden

Fast ein guter Plan

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Eine halbe Million Dollar aus Drogendeals, bewacht von drei skrupellosen Kerlen mit automatischen Waffen. Für die Berufsverbrecherin Crissa Stone und ihr Team gehört der Raub des Geldes noch zu den einfachsten Übungen. Als das Aufteilen der Beute schiefgeht, entkommt Crissa dem Kugelhagel allerdings nur knapp. Mit einem Seesack voll gestohlenem Geld befindet sie sich auf der Flucht.
Gejagt wird sie von brutalen Handlangern eines Drogenbosses und einem ehemaligen Cop aus Detroit, der seine eigenen tödlichen Pläne verfolgt. Crissa will ihnen das Geld auf keinen Fall überlassen. Auch als sie und ein Kind in Lebensgefahr geraten und ihre Verfolger sie in die Enge treiben, kämpft Crissa weiter.
SpracheDeutsch
HerausgeberPENDRAGON Verlag
Erscheinungsdatum1. Feb. 2018
ISBN9783865326119
Fast ein guter Plan

Mehr von Wallace Stroby lesen

Ähnlich wie Fast ein guter Plan

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Fast ein guter Plan

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Fast ein guter Plan - Wallace Stroby

    1

    Vier Stunden nachdem sie in Detroit aus dem Flugzeug gestiegen war, saß Crissa in der Innenstadt in einem geparkten Wagen und beobachtete einen rostzerfressenen Subaru mit einer halben Million Dollar im Kofferraum.

    „Du bist dir sicher, dass er das ist?", fragte sie.

    „Das ist er", sagte Charlie Glass, der sie zu dem Ganzen dazugeholt hatte, und gab ihr das Fernglas. Er saß am Steuer, Crissa auf der Beifahrerseite. Sie waren in einem gestohlenen RAV4 mit getönten Scheiben und parkten zwei Blocks vom Subaru entfernt auf der gleichen Straßenseite.

    „Die lassen es drauf ankommen, nicht wahr? Lassen ihn einfach hier draußen stehen", sagte Larry Black vom Rücksitz.

    „Niemand hat die Eier, den anzufassen. Marquis weiß das", sagte Cordell neben ihm. Er war ein Cousin von Glass und der Einzige, den sie nicht kannte.

    Durch das Fernglas konnte sie die schwarzrote Tigers-Cap auf der Rückablage sehen, so wie Cordell es gesagt hatte. Einen halben Block hinter dem Subaru stand ein schwarzer Nissan Armada mit getönten Scheiben auf der anderen Straßenseite.

    „Wie viele sitzen da drin?", fragte sie.

    „Drei, normalerweise, sagte Cordell. „Manchmal vier. Aber sie werden nachlässiger. Letzten Monat hat Marquis sie dabei erwischt, wie sie sich einen Joint reingezogen haben. Er rollte mit Damien an, um sie zu kontrollieren, und der ganze Wagen stank nach Gras. Er ließ sie von Damien vermöbeln.

    „Wer ist Damien?", fragte sie.

    „Sein Bruder. Er ist ein paar Jahre jünger. Damien ist der mit den Muskeln, Marquis hat das Hirn."

    Sie sah auf ihre Uhr. Fast fünf Uhr an einem Samstagnachmittag, aber nur eine Handvoll Autos waren in der halben Stunde, die sie jetzt hier waren, vorbeigefahren. Dies war einmal eine Einkaufsgegend gewesen, Bürogebäude aus Sandstein und eine Bank, eine Ladenfront von Geschäften. Die Bank war jetzt Ausstellungsraum für einen Möbeldiscounter, die meisten der Ladenfenster waren mit Sperrholz zugenagelt oder hatten mit Graffiti übersäte Absperrgitter. Wie betrunken hing ein Friseurschild neben einem Eingang, das Glas fehlte schon. Die Straße war menschenleer.

    Sie setzte das Fernglas ab. „Das ist nicht gut, hier so lange rumzustehen."

    „Ich dachte, du wolltest die Lage peilen, sagte Cordell. „Damit du weißt, dass ich nicht lüge. Es könnte die letzte Chance sein für eine ganze Weile.

    Vor fünfzehn Minuten hatten sie gesehen, wie der Subaru vorgefahren war. Der Fahrer, ein Schwarzer mit Dreadlocks, war ausgestiegen, hatte abgesperrt und war die Straße runtergegangen. Einen Block weiter hatte ihn ein Honda Accord aufgesammelt und war mit ihm weggefahren. Beinahe wie bestellt war der Armada aus einer Seitenstraße aufgetaucht und hatte Position bezogen.

    Sie drehte sich um und gab Larry das Fernglas, sah sich dabei Cordell genauer an. Kurz geschnittenes Haar, runde goldgeränderte Brillengläser, eine Jeansjacke über einem Bob-Marley-Shirt. Er sah aus wie ein Student.

    „Wie oft wechseln sie die Autos?", fragte sie.

    „Jedes Mal, sagte Cordell. „Unterschiedliche Zeiten, andere Straßen. Aber die Tigers-Cap ist immer da. An der erkennen sie die Wagen.

    Larry sah sich jetzt den Subaru an, stützte das Fernglas an der Rücklehne auf. „Nur der Armada?, fragte er. „Sie postieren niemanden in einem dieser Läden, schneiden ein Loch ins Sperrholz und halten Wache?

    „Ich denke, mit diesen Jungs auf dem Posten glaubt er, dass er das nicht braucht, sagte Cordell. „Sie machen das jetzt schon über einen Monat.

    Glass sah sie an und fragte: „Was denkst du?"

    Er war groß und dunkelhäutig, sein Kopf kahl geschoren. Sie hatte schon einmal mit ihm gearbeitet, eine unfreundliche Übernahme in einer Wechselstube in Pittsburg vor zwei Jahren. Die Beute war mau gewesen, aber er war solide. Verlässlich. Als er sie wegen einer möglichen Arbeit in Michigan kontaktierte, hatte sie zugesagt und war hochgeflogen, um sich mit ihm zu treffen und sich die Sache anzusehen.

    „Bin mir noch nicht sicher", sagte sie.

    Larry setzte das Fernglas ab. „Womit sind die bewaffnet?" Er war der Älteste von ihnen, stammte aus Kentucky und hatte einen leichten Akzent. Anfang fünfzig, aber fit, graublaue Augen, das schwarze Haar zurückgekämmt und mit silbrigen Strähnen durchzogen.

    „Sie sind schwer bepackt, sagte Cordell. „Schrotflinten, ein MP5, vielleicht eine Kalaschnikow. Das soll die Gangs fernhalten. Hier ging es wild zu in den letzten Jahren. Dodge City, aber in echt. Selbst ein Mafiatyp wie Marquis muss da aufpassen. Diese jungen Kerle scheren sich nicht darum, wer er ist.

    „Dieser Damien, sagte sie. „Ist der jemals hier?

    „Nein. Marquis hält ihn an der kurzen Leine. Er ist die Palastwache, ist nie zu weit vom König weg."

    Larry gab ihr das Fernglas zurück.

    „Ich weiß nicht, sagte er. „Das sieht ein wenig arg unbekümmert aus, vor allem wenn man daran denkt, um wie viel Geld es hier gehen soll.

    „Nicht unbekümmert. Selbstbewusst", sagte Cordell.

    Sie drehte sich halb nach hinten. „Alle diese Läden sind pleitegegangen?"

    „Sind sie, sagte Cordell. „Der ganze Block, bis auf den Möbeldiscounter.

    Sie hörten eine Polizeisirene. Crissa sah ein blau-weißes Detroiter Polizeiauto von hinten kommen, das Blaulicht an. Ihr Magen zog sich zusammen.

    Der Wagen rauschte vorbei, ohne langsamer zu werden, auch nicht am Armada oder dem Subaru. An der Kreuzung bremste er und fuhr dann nach links über die rote Ampel.

    Sie atmete aus. Larry holte eine Packung Juicy Fruit heraus, öffnete sie und schob sich einen Kaugummi in den Mund.

    „Wie holen sie sich ihr Auto zurück?", fragte sie.

    „So wie sie es bringen, sagte Cordell. „Sie holen das Geld heraus, legen die Ware hinein, parken das Auto irgendwo, machen einen Anruf. Anschließend verschrotten sie es. Deshalb nehmen sie immer so eine Rostlaube.

    „Eine was?"

    „Eine Schrottkarre. Das fällt nicht auf, wenn so eine hier geparkt ist. Und niemand, der vorbeifährt, würde sie stehlen wollen."

    „Ist das hier immer so?, fragte Larry. „So leer?

    „An den Wochenenden schon, sagte Cordell. „Während der Woche sind hier mehr Leute. Da weiter unten sind einige Büros. Aber an den Wochenenden, wenn es dunkel ist, dann ist hier nichts.

    „Er hat recht, sagte Glass. „Ich bin jetzt zwei Wochen in dieser Stadt. Das hier lässt die Innenstadt wie Times Square aussehen.

    Sie sah zu den Gebäuden hoch, am Nachmittagshimmel stand schon ein bleicher Mond. Halb von anderen Gebäuden verdeckt, fingen die Glasscheiben des Renaissance Centers in der Entfernung die letzten Sonnenstrahlen vom Fluss ein. Aber dieser Block war Architektur aus der Depressionszeit. Leere Fenster, dunkle Eingänge. Geisterstadt. Totenstadt. Sie stellte sich die leeren Räume in den Gebäuden vor. Müllübersäte Flure, Glasscherben.

    „Wie lange sollen wir warten?", fragte Larry. Wie zur Antwort fuhr gemächlich ein dunkelblauer Camry vorbei. Er verlangsamte neben dem Armada, dann wieder beim Subaru, hielt an der Kreuzung an. Als die Ampel umsprang, bog er links ab, in dieselbe Richtung, in die der Polizeiwagen gefahren war.

    Sie sahen schweigend zu. Zwei Minuten später kam ein Mann um die Ecke, er ließ sich Zeit. Sie hob das Fernglas. Er war hellhäutig, ein Lateinamerikaner, trug einen Militärparka. Er überquerte die Straße, schloss den Subaru auf, stieg ein. Kurze Zeit später hustete eine dunkle Wolke aus dem Auspuff. Der Wagen fuhr weg, bog rechts ab. Der Armada scherte kurze Zeit später aus, folgte dem Subaru.

    „Das machen sie immer um zu sehen, ob ihnen jemand folgt, sagte Cordell. „Sie fahren dem Kurier einige Blocks hinterher, dann drehen sie ab nach Hause.

    „Es sieht so einfach aus", sagte Larry.

    „Es ist einfach, erwiderte Cordell. „Aber das wird nicht lange so bleiben. Das ist eine vorübergehende Sache. Sie können es schon nächstes Mal ändern, können irgendetwas völlig anderes machen. Aber im Moment sind sie nachlässig, wie ich schon gesagt habe.

    „Sollen wir ihnen folgen und schauen, wohin sie fahren?", fragte Glass Crissa.

    Sie schüttelte den Kopf. „Nicht nötig. Wenn wir es machen, dann tun wir es genau hier, bevor sie sich in Bewegung setzen. Lass uns ein paar Minuten warten. Mal schauen, ob noch jemand aus dem Gehölz kommt."

    Die Sonne verschwand jetzt hinter den Gebäuden, die Straßen versanken im Schatten.

    „Es muss einen schlaueren Weg geben, so viel Geld zu bewegen, sagte Larry. „So offen im Freien, das ergibt nicht viel Sinn.

    „Wie schon gesagt, es ist eine vorübergehende Sache, sagte Cordell. „Er hat gehört, dass Nick Barnes es so in Harlem gemacht hat. Der ist sein Idol.

    „Nicky Barnes steckt im Gefängnis", sagte Crissa.

    „Nicht mehr, sagte Cordell. „Er ist jetzt im Zeugenschutzprogramm. Er hat gegen all diese Jungs ausgesagt, die für ihn gearbeitet haben, gegen die ganze Versammlung. Das war seine Rache, weil sie ihn nicht respektiert haben, als er ins Gefängnis ging, weil sie hinter seinem Rücken Dinger drehten.

    „Bullshit, sagte Larry. „Ein Ratte ist eine Ratte.

    „Wer fährt die Autos bei dem Deal?, fragte Crissa. „Bei der Übergabe?

    „Nur irgendwelche Unterlinge, sagte Cordell. „Niemand, der ihm fehlt, wenn er eingebuchtet wird. Und auch niemand, der irgendetwas, was sich lohnen würde, der Polizei zu erzählen hätte.

    „Und keiner gerät in Versuchung, einfach weiterzufahren?, wunderte sie sich. „Richtung Süden, mit all dem Cash.

    „Das ist das, was ich tun würde", sagte Larry.

    „Dafür haben sie zu viel Schiss, sagte Cordell. „Marquis würde sie früher oder später finden.

    „Erzähl ihnen die Geschichte, sagte Glass. „Die, die du mir erzählt hast.

    „Vor ein paar Jahren ist ein Geldbote mit zehn Riesen getürmt, sagte Cordell. „Damien hat ihn einen Monat später in Cleveland aufgespürt. Hat ihm zwei in den Kopf verpasst und auch das Mädchen erledigt, das bei ihm war. Aber zuerst hat ihm Damien den Schwanz abgeschnitten und gezwungen, ihn runterzuwürgen. Das alles für zehn Riesen. Das hat die Runde gemacht.

    „Klingt wie Bullshit von der Straße, sagte sie. „Um die Truppen auf Linie zu halten.

    „Kann sein, sagte Cordell. „Oder auch nicht.

    „Wie viele Leute wissen im Voraus, wo die Übergabe sein wird?"

    „Fünf oder sechs. Der Mist muss organisiert werden, man muss Leuten sagen, was sie zu tun und wo sie zu sein haben. Unmöglich, das völlig geheim zu halten."

    „Bei den fünf oder sechs bist du dabei, richtig?", fragte Crissa.

    „Muss ich. Ich organisiere die Fahrer, das ist mein Job."

    „Also gerätst du in Verdacht, wenn das Geld geschnappt wird."

    „Kann sein."

    „Wird so sein."

    „Darüber haben wir geredet, sagte Glass. „Das lässt sich nicht vermeiden.

    „Ich werde dann nicht mehr in der Stadt sein, sagte Cordell. „Sobald wir die Sache …

    „Wenn wir die Sache …", sagte Crissa.

    „Wenn wir die Sache durchziehen, bin ich danach schon lange weg", sagte Cordell.

    „Und was ist mit Damien?, fragte Larry. „Ich dachte, du hast gesagt, wenn jemand sie abzockt, wird der früher oder später gefunden?

    „Marquis wird es nicht mehr lange machen. Es ist nur eine Frage der Zeit, sagte Cordell. „Sein Kontakt wurde vor Kurzem geschnappt, deshalb kauft er jetzt von den Mexikanern und macht diese Übergaben. Sein Kontakt wird ihn früher oder später verpfeifen. Man hört, dass die Drogenfahndung ihn schon lange im Visier hat.

    „Wann ist die nächste Übergabe?", fragte Crissa.

    „Nächste Woche. Den Tag weiß ich noch nicht."

    „Er bewegt so viel Ware?, fragte Larry. „’Ne halbe Million pro Woche?

    „Er stockt auf, für den Fall, dass seine Quelle wieder versiegt, sagte Cordell. „Er braucht flüssiges Geld. Und den Mexikanern schuldet er auch Geld für die Ware, die er auf Kommission gekauft hat. Also stopft er sich jede Woche die Taschen voll, bis er genug gerafft hat.

    „Fünfhunderttausend klingt viel, sagte sie. „Siehst du das Geld, bevor es weggepackt wird?

    „Nee, das machen sie oben im Büro. Hinter verschlossenen Türen. Da ist niemand außer Marquis und Damien, und dieser Junge, den sie Metro nennen, der übernimmt das Zählen."

    Sie fragte sich, wie viel davon Straßengerede war, ob Glass von Cordells Geschichte beeindruckt worden war. Cordell wirkte zu jung, zu weich, um wirklich im Spiel zu sein. Aber die Übergabe hatte sich so abgespielt, wie er es gesagt hatte. Und selbst eine Viertelmillion wäre es noch wert, das durchzuziehen.

    „Wie weit im Voraus weißt du den Ort?", fragte sie.

    „Ein paar Tage vermutlich."

    „Das ist nicht viel Zeit, sagte Crissa. „Wer legt die Stelle fest?

    „Marquis redet mit den Mexikanern, und sie legen das gemeinsam fest."

    „Ich weiß, wie das klingt, sagte Glass. „Aber Cordell hat recht. Die sind zurzeit nachlässig, weil sie fett und faul sind. Wir haben da ein kleines Zeitfenster. Wenn sie das irgendwann in der Zukunft besser auf der Reihe haben, wird es nicht mehr so einfach sein.

    „Schutzwesten", sagte Larry.

    Sie drehte sich zu ihm um. „Was?"

    „Ich sag nur. Wenn wir das durchziehen – mitten auf der Straße, wie es aussieht –, dann brauchen wir schusssichere Westen. Wenn jemand von den Kerlen in diesem Armada auf uns ballert, bekifft oder nicht, dann will ich etwas Schutz."

    „Gute Idee, sagte Glass. „Darum kann ich mich kümmern.

    „Du bist der Finanzier?", fragte sie.

    „Soweit nötig. Ich nehme es mir später von der Beute wieder zurück."

    „Und das ist eine gute Idee?", hakte sie nach.

    „Du denkst, ich will mehr dabei mitreden können, wie wir es machen?"

    „Sollte ich?"

    „Nein. Ich dachte nur, es wäre so einfacher. Auch mit diesem Zeitfaktor. Das war alles."

    Er hatte recht. Und abgesehen von den Schutzwesten hätten sie minimale Auslagen. Sie sah zu der Stelle, wo der Subaru gestanden hatte, dachte alles durch, erwog die Schwachstellen.

    „Nun?", fragte Glass.

    „Für den Moment sind wir hier durch, sagte sie. „Bring mich zurück zum Hotel. Wir reden heute Abend. Ich habe ein paar Ideen.

    „Denkst du, es ist machbar?", fragte er.

    „Im Augenblick überlege ich nur", sagte sie.

    „Das reicht mir für den Moment", sagte Glass und startete den Wagen.

    2

    Sie nahm immer ein Flughafenhotel. Wenn etwas dabei schiefging, in einer fremden Stadt einen möglichen Job auszukundschaften, war das Wegkommen von dort aus einfacher.

    Sie hatte sich als Linda Hendryx eingebucht, dem Namen auf ihrem New-Jersey-Führerschein und den Kreditkarten. Im letzten Jahr hatte sie sich zwei weitere Dokumentensätze beschafft, mit anderen Namen. Die waren für den Notfall, jeder mit einem US-Pass, falls sie das Land verlassen musste. Die zwei Sets hatten sie je fünfundsiebzigtausend in bar gekostet, aber sie war flüssig gewesen von ihrem letzten Job. Sie und ein Partner hatten mehr als zwei Millionen Dollar aufgespürt, die seit einem Raubzug im Jahr 1978 versteckt gewesen waren. Sie hatten sich das Geld geschnappt und geteilt. Es war mehr, als sie je zuvor bei einem Job erbeutet hatte.

    Glass hatte sie abgesetzt. Sie hatte geduscht, sich umgezogen, ein Steak im Hotelrestaurant gegessen. Der Kellner hatte gerade eine zweite Tasse Kaffee gebracht und die Rechnung dagelassen, als sie hochsah und Larry am Eingang stehen sah. Er trug einen Ledermantel und darunter einen Rollkragenpulli, war von seinem ein paar Meilen entfernten Hotel herübergefahren. Sie sah auf ihre Uhr. Neun Uhr abends. Er war pünktlich.

    Sie nahm ihren eigenen Ledermantel von der Stuhllehne, ließ genug für Rechnung und Trinkgeld liegen. Sie gingen zusammen durch die Lobby hinaus, durch die Drehtür, wo sein gemieteter Ford am Bordstein stand. Sie hatte hier kein Auto gemietet. Das machte die Dinge einfacher, reduzierte die Spur aus verräterischem Papierkram.

    Sie holte die Lederhandschuhe aus ihrer Tasche, streifte sie über.

    „Kalt?", fragte er. Anfang September, der Indian Summer ging hier schon in den Herbst über. Zurück in New Jersey würden es immer noch an die fünfundzwanzig Grad sein.

    „Nein."

    „Verstehe. Du bist vorsichtig. Kann ich dir nicht verdenken."

    Sie stiegen ins Auto. Als sie losfuhren, piepste ein Warnton.

    „Das bist du", sagte er.

    Sie zog den Sicherheitsgurt über ihre Hüften und ließ ihn einrasten.

    „Wie lange bist du schon in der Stadt?", fragte sie.

    „Gestern angekommen. Ich fahre morgen zurück, wenn mir nicht gefällt, was ich heute Nacht höre."

    Über ihnen stieß ein Flugzeug aus den Wolken, flog mit blinkenden Landelichtern über sie hinweg.

    „Wie ist dein Gefühl bisher?", fragte er.

    „Es spricht einiges dafür, antwortete sie. „Aber auch einiges dagegen.

    „Ich bin mir nicht sicher mit der Truppe."

    Die Linien in seinem Gesicht waren tiefer als das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte. Beinahe sechs Jahre her. Sie fragte sich, ob es bei ihr genauso war.

    „Ich habe mit Glass gearbeitet, sagte sie. „Er ist solide. Wenn er es nicht wäre, wäre ich nicht hier.

    „Sein Cousin macht mir Sorgen. Der steckt bis zum Hals in der Sache."

    „Ich weiß", sagte sie. Sie hatten den Flughafen verlassen, waren auf einem langen Stück Hochstraße. In der Ferne konnte sie die Lichter der Stadt sehen.

    „Ich war nie sonderlich begeistert davon, bei Dealern abzugreifen, sagte er. „Zu unberechenbar. Zu viel Risiko.

    „Normalerweise schon."

    „Andererseits gibt es heutzutage nicht mehr viele Orte, an denen du Cash finden kannst. Jedenfalls nicht in einer Größenordnung, die sich lohnt. Dealer sind in der Hinsicht immer eine Alternative. Das ist ein Wirtschaftszweig, der nie abflaut."

    Sie öffnete das Handschuhfach, holte den rosafarbenen Mietvertrag heraus. Sie sah, dass er das Auto einen Tag zuvor am Flughafen gemietet hatte. Auf den Namen Louis Brown.

    „Du bleibst bei LB", stellte sie fest.

    „Das macht es einfacher. Hast du befürchtet, dass es ein Bullenauto ist? Verwanzt?"

    „Bin nur vorsichtig. Wie du gesagt hast. Nimm es mir nicht krumm."

    „Tu ich nicht", sagte Larry.

    Sie legte den Mietvertrag in das Handschuhfach zurück, klappte es zu.

    „So wie ich es sehe, riskiert dieser Cordell ganz schön viel."

    „Er denkt wohl, dass es das wert ist", sagte Crissa.

    „Du glaubst also, dass es um derart viel Geld geht? Eine halbe Million?"

    „Könnte sein. Aber selbst, wenn es nur die Hälfte ist, wäre das keine schlechte Tageseinnahme für vier Leute."

    Sie schwiegen eine Weile, der Freeway führte durch ein Gewerbegebiet dunkler Fabriken und Lagerhäuser. Schwach beleuchtete Straßen, die scheinbar endlos weitergingen.

    „Diese Stadt hat schon bessere Tage gesehen", sagte sie.

    „Geht mir auch so."

    „Du bist immer noch in St. Louis?"

    „Hin und wieder. War eine Weile in Florida. Habe dort eine Frau. Okay, Exfrau jetzt. Und ein kleines Mädchen auch."

    „Wie alt?"

    „Sechs. Sie heißt Haley. Ich weiß, schwer zu glauben. Ein Kind, und das in meinem Alter. Ich habe das nicht geplant, ist einfach so passiert."

    „Da ist doch nichts falsch dran. Gratuliere."

    „Danke. Trotzdem, die Dinge haben sich nicht ganz so entwickelt, wie ich wollte."

    „Siehst du sie?"

    „Haley? Nicht so oft. Sie wohnen nahe Orlando. Ich habe ihnen ein Haus gekauft, schicke ihnen Geld, wenn ich kann."

    Sie dachte an Maddie, ihre eigene Tochter. Elf Jahre alt dieses Jahr, großgezogen von einer ihrer Cousinen unten in Texas und keine Ahnung von ihrer wahren Mutter. Crissa schickte ihnen jeden Monat Geld über ein Konto in Costa Rica.

    „Ich habe das über Wayne gehört, sagte er. „Dass seine Gefängnisstrafe verlängert worden ist. Das tut mir leid.

    „Danke."

    „Das ist ’ne schlimme Sache."

    „War es. Seine Bewährungsanhörung stand kurz bevor. Ich hätte ihn beinahe schon draußen gehabt." Es war Wayne gewesen, der sie in das Verbrecherleben eingeführt hatte. Kleinkriminalität und gelegentliche Gewalttaten.

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1