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Geld ist nicht genug
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eBook299 Seiten3 Stunden

Geld ist nicht genug

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Über dieses E-Book

Metallteile und Plastik schlittern über den Asphalt. Volltreffer. Crissa Stone hebelt den Geldautomaten mit der Schaufel eines Frontladers aus der Verankerung und balanciert die Beute auf die Ladefläche ihres Pick-ups. Sie liebt saubere Lösungen. Crissa hat das System des Bankraubs perfektioniert, aber ihre Partner verlieren die Nerven. Gangster, die sich gegenseitig umbringen - wie unprofessionell. Zum Glück wartet schon ein neuer Job: Ein verstorbener Mafiaboss soll die Millionen eines Raubs jahrelang versteckt haben. Leider ist Crissa nicht die Einzige, die es auf das Geld abgesehen hat. Sie gerät zwischen die Fronten und muss fliehen: Vor dem Gesetz und einer Mafia-Gang aus New York.
SpracheDeutsch
HerausgeberPENDRAGON Verlag
Erscheinungsdatum20. März 2017
ISBN9783865325815
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    Buchvorschau

    Geld ist nicht genug - Wallace Stroby

    1

    Crissa zog sich die Skimaske über das Gesicht, trat auf die Kupplung des Schaufelladers und schaute über den Asphalt zum Geldautomaten hinüber und dem rotgeziegelten Bankgebäude dahinter. Am Horizont zuckten Blitze eines Wärmegewitters.

    Der Frontlader tuckerte und rüttelte, vibrierte durch ihre Stiefel hindurch. Ihre Hände steckten in Handschuhen, sie wischte die Scheibe frei. Hollis ließ nahe den Bäumen am entgegengesetzten Ende des Parkplatzes die Scheinwerfer des gestohlenen Pick-ups aufleuchten.

    Den Hebel für die große Schaufel bediente Crissa mit ihrer rechten Hand, hörte das Getriebe einrasten. Die Schaufel hob sich langsam. Sie hatten den Frontlader von einer Baustelle eine halbe Meile weiter gestohlen und ihn ohne Licht über die Seitenstraßen hierhergefahren. Die Bank hatten sie sich wegen ihrer Lage ausgesucht. Wald auf drei Seiten, vorne ein Highway. Nachts um drei waren nur wenige Autos unterwegs und die fuhren schnell.

    Sie trat auf die Bremse, schaltete in den ersten Gang und stieg auf das Gaspedal. Der Schaufellader preschte vorwärts. Sie versuchte, um einen Randstein zu lenken, erwischte aber die Kante. Die großen Räder rollten darüber hinweg, die Kabine hob und senkte sich.

    Der Geldautomat stand auf einer Betoninsel neben der äußersten der drei Durchfahrtsspuren. Sie bog im falschen Winkel ein, musste bremsen und zurückstoßen. Der Rückwärtssensor piepste, war über dem Motor kaum zu hören. Als sie zurücksetzte und sich richtig positionierte, konnte sie Hollis sehen, wie er sie zunehmend nervös durch die Windschutzscheibe des Pick-ups beobachtete.

    Sie fuhr wieder vorwärts, hatte dieses Mal die Schaufel auf den Automaten ausgerichtet, und bremste. Auf seinem Monitor sah sie Werbung flackern, ein Spot ging in den nächsten über, der Bildschirm niemals dunkel. Wenn sie sich verschätzte und den Automaten mehr zerquetschte als ihn umzustürzen, könnte sie einen neuen Anlauf nehmen, aber das würde noch mal Zeit brauchen und das Risiko erhöhen.

    Jetzt war sie im Bereich der Überwachungskameras, es gab kein Zurück mehr. In den Handschuhen wurden ihre Hände klamm. Hollis fuhr mit dem Pick-up auf sie zu, wartete auf sie. Langsam stieß sie ihren Atem aus, ließ den Sicherheitshebel der Schaufel einrasten und arretierte sie in der gewünschten Position. Dann gab sie Gas.

    Als das Schaufelende den Sockel des Geldautomaten traf und in Plastik und Metall fuhr, erbebte der Frontlader. Es war, als ob der Geldkasten stöhnte und sich nach vorne in die Schaufel lehnte. Sein Monitor erlosch. Drinnen in der Bank schrillte ein Alarm.

    Sie bremste und zog am Hebel für die Schaufel. Mit einem knirschenden Geräusch kam der Automat vom Sockel frei. Er neigte sich weiter in die Schaufel, hing dort, immer noch an Kabeln und Rahmenteilen mit der Betoninsel verbunden.

    Hollis war ausgestiegen, hatte eine Skimaske auf und ein Brecheisen in der Hand. Crissa hob die Schaufel ein kleines Stück an, aus der Automatenbasis stieben Funken. Dies war der riskante Teil. Wenn sich der Automat losriss, bevor er vollständig in der Schaufel lag, würde er zurückkippen. Es würde zu lange dauern, es noch mal zu versuchen. Sie würden aufgeben müssen.

    Sie schaltete in den Leerlauf, trat auf die Notbremse. Hollis hatte sein Eisen in den Automatensockel gestemmt, hebelte es hin und her. Der Automat kippte ein paar Zentimeter mehr, genug für Hollis, um auf seine Rückseite zu steigen und ihn nun mit seinem Gewicht hinunterzudrücken. Dann sprang er ab, trat außer Reichweite. Sie hob die Schaufel noch einmal an. Zuerst gab es Widerstand und kreischendes Metall, aber plötzlich war der Automat frei, plumpste tief in die Schaufel, zog Drähte und zerborstenes Mauerwerk hinter sich her. Sie hörte, wie Glas platzte und brach.

    Hollis rannte zum Pick-up zurück, warf das Stemmeisen auf die Pritsche. Sie setzte von der Verkehrsinsel zurück. Glas und Plastikteile lagen auf dem Asphalt. Gute drei Meter zurück stoppte sie und bremste.

    Hollis fuhr den Pick-up vor den Frontlader. Es war ein großer Dodge Ram mit extrastarken Stoßdämpfern und übergroßer Ladefläche. In diesem Teil von South Carolina war so etwas leicht zu finden gewesen. Er hatte ihn vor einer Stunde aus einer Hausauffahrt gestohlen.

    Er stieg aus, um sie zu dirigieren, gab ihr erst eine Richtung, danach eine andere an. Als er den Daumen hochhielt, kippte sie die Schaufel nach unten. Der Automat krachte auf die Ladefläche und wie gewollt auf den Rücken, der Dodge schaukelte auf den Stoßdämpfern. Sie stieß wieder zurück und schaute dabei in den Rückspiegel, um nicht wieder den Randstein zu erwischen, fuhr zu den Bäumen an die Stelle, an der man den Schaufellader nicht vom Highway aus sehen konnte. Sie zog den Schlüssel ab. Es war ein Universalschlüssel für alle John-Deere-Lader. Sie hatte ihn gerade zum sechsten Mal benutzt.

    Sie öffnete die Tür, stieg in die Hitze hinab. Hollis hatte die Plane über den Automaten gezogen, saß schon wieder am Steuer. Schnell ging sie zum Truck, schaute zu den gläsernen Augen der zwei Kameras an der Gebäudewand hoch, stieg auf der Beifahrerseite ein. In der Ferne waren Sirenen zu hören.

    Sie fuhren los, der Truck träge vom Gewicht, die Stoßdämpfer jammerten. Hollis fuhr verkehrt aus der Einfahrt heraus, holperte auf den Highway.

    „Der ging leichter als die anderen", sagte sie. Sie nahm ihre Maske ab, schob sie in die Seitentasche ihrer Windjacke. Ihr Gesicht glänzte vor Schweiß.

    „Hätte ich nicht gedacht." Er hielt im Rückspiegel nach Lichtern Ausschau. Die Sirenen wurden lauter.

    „Maske", sagte sie.

    „Oh, Mist."

    Sie hielt das Lenkrad, während er seine Maske abnahm.

    „Da vorne rechts", sagte sie. Sie hatten die Route ausprobiert, aber die Abzweigung war im Dunkeln leicht zu übersehen. Er lenkte in eine Seitenstraße, die in den Wald führte.

    „Du kannst jetzt das Licht einschalten, sagte sie. „Und fahr langsamer.

    Er schaltete die Scheinwerfer an, ging vom Gas. Sein dunkles Gesicht war ebenfalls schweißnass.

    „Vergiss nicht die Maske, wenn wir fertig sind, sagte sie. „DNA.

    „Das werde ich nicht." Die Windschutzscheibe beschlug. Er beugte sich vor, wischte mit seinen Handschuhen über das Glas.

    „Brauchst du nicht", sagte sie. Sie fummelte am Armaturenbrett herum, machte die Klimaanlage an. Der Ventilator summte, die Scheibe wurde frei. Im harten Licht der Scheinwerfer sah es aus, als ob sich die Äste der Bäume auf beiden Seiten der Straße nach ihnen ausstreckten.

    „Diese Karre ist für schwere Ladungen gebaut, sagte er. „Fährt sich gut, sogar mit all dem Gewicht. Vielleicht sollten wir sie behalten und nächstes Mal wieder einsetzen.

    „Auf keinen Fall. Sie hatten jedes Mal einen anderen Pick-up gestohlen und zurückgelassen. „Das Letzte, was du tun willst, ist, mit einer heißen Karre herumzufahren.

    „Wir können die Nummernschilder wechseln."

    „Vergiss es. Abgesehen davon wird es kein nächstes Mal geben. Nicht mit mir."

    Er sah sie an. „Wie meinst du das?"

    „Wir haben das jetzt sechs Mal gemacht, jedes Mal auf die gleiche Art. Wie lange wird es dauern, bis sie die Baustellen in der Nähe von Banken beobachten? Oder Schaufellader richtig absperren?"

    „Aber wir haben uns bewegt. Drei verschiedene Bundesstaaten …"

    „Das heißt nichts, sagte sie. „Ist nur eine Frage der Zeit. Es war eine gute Sache, aber wir haben es ausgereizt. Es ist Zeit, wegzugehen.

    „Ich hasse es, das von dir zu hören."

    Sie waren jetzt auf einem Hügel. Der Geldautomat rutschte auf der Ladefläche, stieß gegen eine der Wände. Er schaltete in einen niedrigeren Gang. Von fern hörten sie leichtes Donnergrollen.

    Sie sagte: „Wenn du mit Rorey weitermachen willst, zeige ich euch, wie man einen Schaufellader fährt. Es ist nicht schwer, und du hast diesen Schlüssel. Aber mein Rat ist, hört auf damit. Wir haben eh genug damit gemacht."

    „Rorey …, sagte er. „Der einzige Grund, warum ich mit diesem Verrückten arbeite, bist du.

    Sie hatte Rorey ins Spiel gebracht. Hollis hatte die Sache angeleiert, aber die zwei Männer, mit denen er arbeitete – einer ein arbeitsloser Baumaschinenfahrer –, saßen beide wegen Drogenbesitzes ein. So war sie an Bord gekommen, auf die Empfehlung eines Kontaktmannes aus Georgia hin, und hatte Hollis beim Feintuning des Plans geholfen. Nur Freitag- und Samstagnacht zuschlagen, wenn die Automaten fürs Wochenende gefüllt waren. Leider aber hatte die Chemie zwischen Hollis und Rorey von Anfang an nicht gestimmt.

    „Werd ihn los, sagte sie. „Finde jemand anderen. Rorey ist erwachsen, er wird es überstehen.

    „Wenn er mit seinem Machogeschwätz loslegt, könnte ich ihm das Brecheisen über die Birne ziehen. Auf keinen Fall arbeite ich ohne dich mit ihm."

    „Dann hast du deine Antwort." Sie sah aus dem Fenster auf die vorbeihuschenden Bäume. Die Straße war jetzt planiert, bald konnten sie dunkle Farmhäuser, Felder und Getreidesilos sehen.

    „Nicht zu schnell, sagte sie. „Sonst verpasst du es.

    Sie zog den Reißverschluss ihrer Windjackentasche auf, holte ein Wegwerfhandy heraus und schaltete es ein. Sie wählte Roreys Nummer und wartete. Als er sich meldete, fragte sie: „Wie sieht es aus?"

    „Alles klar. Alles ruhig. Und bei euch? Wenn etwas schiefgegangen wäre, auf welcher Seite auch immer, wäre das Codewort „Null gewesen. Das bedeutete, das Ding ist in die Binsen gegangen, auf die eine oder andere Weise, sich aufteilen und nicht unterkriegen lassen.

    „Alles gut, sagte sie. „Wir sind in der Nähe.

    „Ich lasse das Licht an. Bis gleich", beendete er das Gespräch.

    „Also, was wirst du als Nächstes tun?", fragte Hollis.

    „Wie ich gleich am Anfang gesagt habe, hier unten war ich nur, um mir einen Notgroschen zuzulegen. Ich muss wieder in den Norden hoch."

    „Netter Notgroschen", sagte Hollis.

    Jeder der Bankautomaten, die sie gekapert hatten, war mit dreißig- bis hundertfünfzigtausend Dollar gespickt gewesen, Zehner und Zwanziger. Als Hollis ihr das erste Mal davon erzählte, hatte sie ihm nicht geglaubt. Die Zahlen klangen zu hoch. Aber sie hatten beim ersten Automaten hundertfünfundzwanzigtausend Dollar erbeutet, achtzigtausend bei dem zweiten. In ihrem Hotel in Columbia stand ein Kofferpaar mit hundertfünfundsiebzigtausend Dollar Inhalt. Ihr Anteil von dem, was sie bisher an Land gezogen hatten.

    „Es hat funktioniert, sagte sie. „Danke, dass ich mitmachen konnte.

    „Du hast es verbessert. Du hast mein Spiel verfeinert. Jetzt muss ich wieder von vorn anfangen."

    „Wirst du schaffen", sagte Crissa.

    „Wenn ich je nach Norden komme, etwas auf der Pfanne habe, gibt es einen Weg, dich zu erreichen? Jemanden, den du da oben zwischenschaltest?"

    „Nein, sagte sie. „Noch nicht. Nicht mehr.

    Sie dachte an Hector Suarez, tot im Kofferraum seines Autos auf einer Straße von Jersey City. Aufgeschlitzt und erschossen wegen Problemen, die sie ihm gebracht hatte. In den drei Jahren, die sie in New York gelebt hatte, war er ihr Kontakt gewesen. Seitdem hatte sie niemanden mehr gehabt. Es gab nur eine lose Gruppe von Leuten, denen sie unterschiedlich stark vertraute, keinem von ihnen besonders.

    Die Probleme da oben hatte sie gelöst, aber der Name, den sie benutzt hatte – Roberta Summersfield –, der war aufgeflogen. Mit nichts als ihren Kleidern am Leib und einem Koffer voller Bargeld hatte sie die Stadt verlassen. Seitdem war sie Linda Hendryx, so der Name auf dem gefälschten Pass und dem Führerschein, die sie beide für Notfälle aufbewahrt hatte. Die einzigen Menschen, die sie als Crissa Stone kannten, lebten unten in Texas. Sie hatte dort die ersten achtzehn Jahre ihres Lebens verbracht und war schon vor langer Zeit abgehauen.

    „Da vorne links, sagte sie. „Siehst du den Briefkasten?

    „Ja."

    Er bremste und bog auf den Kiesweg ein, der durch ein Tabakfeld führte. Als der Truck in die Kurve ging und sie die Straße hochfuhren, rutschte der Geldautomat wieder auf der Ladefläche. Hollis schaltete die Scheinwerfer aus. Am Ende der Straße stand ein großer Traktorschuppen, aus den Türritzen drang Licht. Eine Taschenlampe blinkte ihnen zu, signalisierte „Alles klar".

    „Reg dich nicht auf, sagte sie zu Hollis. „In einer Stunde sind wir alle draußen, und du musst ihn nie mehr sehen, wenn du nicht willst.

    „Mit diesem Dreckskerl ist selbst das zu lang."

    Rorey schob eines der großen Tore auf. Hollis wartete. Als die Öffnung groß genug war, fuhr er durch und auf den betonierten Boden drinnen. Rorey begann, hinter ihnen das Tor zu schließen.

    „Fahr weiter rein, sagte sie. „Wir brauchen Platz fürs Arbeiten.

    Eine einzelne Lampe hing über einer Werkbank, warf einen Lichtkegel auf den Boden unter ihr. Motten flatterten um die Birne. Crissas gemieteter Ford stand auf einer Seite der Scheune, die Schnauze Richtung Ausgang. Daneben stand Roreys zerbeulter weißer Van. Rorey hatte diesen Ort gefunden, war drei Tage geblieben, um sicher zu sein, dass niemand sonst hierherkam.

    Hollis schaltete den Motor aus. Von draußen kam weiteres Donnergrollen.

    „Denk an das, was ich dir gesagt habe, sagte Crissa. „Worüber?

    „Alles."

    Sie stieg aus. Die Scheune roch nach Öl und Stroh, die Luft war schwül und schwer. Rorey kam auf sie zu. Er trug ein weißes T-Shirt, seine muskulösen Unterarme voller verblasster Tattoos.

    Er ließ den Strahl seiner Taschenlampe über die Pritsche des Trucks streichen. „Wie lief es denn?"

    „Gut genug, sagte sie. Sie öffnete die Verriegelung, ließ die Ladeklappe herunter. „Lass uns sehen, was wir haben.

    „Ich habe Sirenen gehört", sagte Rorey.

    „Der Alarm ging los, sobald wir den Automaten berührt haben. Aber sie sind ziemlich weit weg gewesen. Haben sie nicht gesehen."

    Hollis stieg aus. Rorey sprang auf die Ladefläche und zog die Plane weg, enthüllte den zerbrochenen Bildschirm. „Lasst uns das Ding auf den Boden wuchten."

    Sie stieg zu ihm hinauf, ging ans obere Ende des Automaten und schob, setzte ihr Gewicht ein. Aber er rührte sich kaum. Rorey sprang hinab, fand einen Zugriff am unteren Ende und begann zu ziehen. Er sah Hollis an. „Bist du behindert?"

    „Was hast du gesagt?"

    „Du hast mich gehört", sagte Rorey und ließ den Automaten los.

    „Hollis, rief sie, „hilf mir hier oben.

    Er sah sie an und dann wieder Rorey, stieg auf die Ladefläche.

    „Gleiche Anteile, gleiche Arbeit", sagte Rorey.

    „Fang nicht mit dem Scheiß an", sagte Hollis, ohne ihn anzusehen. Er hockte sich neben Crissa, zusammen stemmten sie sich gegen das obere Ende des Geldautomaten.

    „Was für ein Scheiß?", fragte Rorey.

    „Hör auf, sagte sie. „Lass uns das Ding abladen.

    Sie mühten sich ab, den Automaten über die Pritsche zu schieben, Hollis grunzte vor Anstrengung. Rorey zog, bis sie den schweren Kasten halb auf der Ladeklappe hatten.

    „Haltet ihn da fest", sagte sie. Atmete schwer. Unter der Windjacke klebte ihr das T-Shirt an der Haut.

    Sie hüpfte hinab, fand eine Griffmöglichkeit am Unterboden: „Vorsicht jetzt, sagte sie zu Rorey. „Lass ihn kippen, damit er richtig landet. Pass auf deine Füße auf. Auf mein Kommando. Sie sah zu Hollis hinauf. „Bist du bereit?"

    Er nickte, gegen den Automaten gestemmt.

    „Los geht’s, sagte sie. „Eins, zwei, drei.

    Hollis stöhnte und drückte, während sie und Rorey zogen. Der Automat hing einen Augenblick fest, widersetzte sich. Und plötzlich rutschte er auf sie zu und kippte.

    „Pass auf", sagte Hollis. Sie sprangen zurück, aus dem Weg. Der ATM-Automat krachte mit der Vorderseite auf den Beton, ringsherum stieg Staub auf.

    „Jesus Christus, sagte Rorey. „Was zur Hölle ist dein Problem?

    „Ich sagte, pass auf ", meinte Hollis.

    „Hab mir beinahe den verdammten Fuß gebrochen."

    „Vielleicht musst du dich schneller bewegen."

    „Ich bin schnell genug. Willst du es ausprobieren?", erwiderte Rorey.

    „Genug, sagte sie. „Wenn ihr eure Schwanzvergleiche für eine Weile einstellen könntet, hätte ich gerne das hier erledigt und wäre hier gerne raus. Rorey, wo ist der Schweißbrenner?

    Rorey starrte Hollis eine Weile an, dann drehte er sich um und ging an die Werkbank. Eine Azetylenflasche war auf eine Handkarre montiert, die Schläuche um die Druckmesser gewickelt, die silberne Schweißdüse hing nach unten. Es war das einzige Stück Ausrüstung, das sie von Job zu Job mitgenommen hatten. Alles andere stahlen sie, wenn sie es brauchten.

    „Komm, lass uns ein Stück gehen", sagte sie zu Hollis.

    Als Rorey die Schweißausrüstung herüberrollte, ein paar dicke Handschuhe unter dem Arm, sprang Hollis vom Truck herunter. Ihre Blicke trafen sich, Hollis aber ging weiter. Crissa machte eine Seitentür auf, sah in die Nacht hinaus. Es war schwülwarm, kein Lüftchen regte sich. Über den Horizont huschten Blitze.

    Hinter ihr zischte das Gas aus den Düsen, als Rorey die Verschlüsse aufdrehte. Er zog eine zerknitterte Schachtel Marlboro aus der Tasche seines T-Shirts, schüttelt e sich eine Zigarette heraus. Während er den Geldautomaten studierte, pflanzte er sie sich zwischen die Lippen, zog die Handschuhe an und drückte den Anzünder. Flammen sprangen aus der Schweißdüse. Er regelte sie zu einem dünnen Dolch aus Blau und Gelb und setzte die Schweißbrille auf. Mit der Flamme steckte er sich die Kippe an, stieß ein wenig Rauch aus.

    Hollis sah ihm zu, schüttelte den Kopf und drehte sich weg. Rorey umkreiste den Geldautomaten, suchte sich seinen Angriffspunkt. Dann lehnte er sich vor, brachte den Schneidbrenner zum Einsatz. Funken begannen, über seine Schultern zu fliegen.

    Als Hollis dazukam, schloss sie die Tür hinter ihnen, um das Licht drinnen zu halten. Sie standen in der Nachtluft.

    „Dieser verdammte Kerl", sagte Hollis.

    „Eine halbe Stunde und wir sind weg."

    Jenseits des Tabakfelds fiel der Hügel ab in die ungebrochene Dunkelheit der Wälder. Weit in der Ferne konnten sie rings um die Bank ein Muster aus blitzenden roten, gelben und blauen Lichtern sehen.

    „Da sind sie, sagte Hollis, „und suchen nach ihrem Geldautomaten.

    „Sie sind zu spät, sagte sie. „Der ist weg.

    2

    Als sie wieder hineinkamen, war die Luft voll vom beißenden Geruch glühenden Metalls. Rorey war dabei, einen horizontalen Schnitt quer über die Rückseite des Geldautomaten zu machen. Die Flamme spiegelte sich in seiner Brille. Rauch stieg um ihn hoch.

    Sie holte den Feuerlöscher von der Werkbank. Wo die Flamme getroffen hatte, war die Stahlplatte des Automaten geschmolzenes Rot.

    Rorey richtete sich auf und nahm den Brenner weg, die Zigarette baumelte von seinen Lippen. „Vorsicht", sagte er.

    Sie gab dem Automaten eine Ladung Halon. Weißer Schaum zischte und schäumte, wo er auf heißen Stahl traf. Sie feuerte eine weitere Ladung ab, trat dann zurück. Das rote Glühen des Metalls verblasste. Wie Nebel zogen Dampfschwaden über den Hallenboden.

    Roreys Stirn war nass vom Schweiß. Wie ein Billardspieler umrundete er den Geldautomaten. Asche stob von seiner Zigarette.

    „Wie sieht’s aus?", fragte sie.

    „Wir rücken ihm auf den Pelz."

    Er beugte sich vor und begann, mit dem Schweißgerät einen senkrechten Schnitt zu machen. Funken flogen hoch, verglühten auf dem Betonboden. Es war ein Job, der eine sichere Hand erforderte. Hollis hatte ihr erzählt, dass der Schweißer seiner alten Crew beim ersten Mal zu tief geschnitten und die Kohle in Brand gesetzt hatte. Sie hatten die Hälfte des Geldes verloren, bevor sie das Feuer ersticken konnten.

    Als Rorey die Flamme wegnahm, sprühte Crissa einen weiteren Schwall Halon auf die Deckplatte. Hollis war dazugekommen und stand nahe am Pickup, sah ihnen zu.

    Rorey wartete, bis sich das Metall abkühlte, dann setzte er einen waagerechten Schnitt über den Automatenboden. Als die Funken in ihre Richtung stoben, trat sie zurück. Er richtete sich auf, als der Schnitt fertig war, sagte: „Jetzt bist du dran", und drehte die Flamme zu.

    Zwei Salven mehr vom Feuerlöscher. Der Schaum knisterte. Noch mal drückte sie auf den Auslöser, besprühte die Rückseite des Automaten, bis sie mit Weiß bedeckt war. „Das sollte reichen." Sie setzte den Feuerlöscher ab.

    „Gib dem ein paar Minuten", sagte Rorey. Er streifte Handschuhe und Brille ab, wischte sich mit dem Handgelenk über die Brauen.

    Hollis holte zwei Kuhfüße von der Ladefläche, reichte ihr eines der Stemmeisen. Er zog die Plane herunter, breitete sie nahe am Automaten aus.

    Rorey verschloss die Gashähne, wickelte Schlauch und Brenner um die Stahlflasche, hängte die Brille an das Ventilrad, legte die Handschuhe darauf, schnippte seine Zigarette weg und stand mit den Händen an den Hüften da. Alle drei sahen sie zu dem sich abkühlenden Automaten hinunter.

    „Das reicht", sagte sie. Sie wollte weg von hier.

    Sie trieb die Vorderkante ihres Kuhfußes in den Längsschnitt, drückte und legte ihr Gewicht hinein. Die

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