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Peritoneale Adhäsionen: Fasziale Behandlung nach dem Liedler-Konzept
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eBook483 Seiten4 Stunden

Peritoneale Adhäsionen: Fasziale Behandlung nach dem Liedler-Konzept

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Über dieses E-Book

Dieses Praxisbuch liefert Ihnen die optimale therapeutische Lösung für Befund und Behandlung von Schmerzpatienten mit Narben im Bauchraum.
Im Theorieteil: - Definition und Differenzierung von Narben, Verklebungen und Adhäsionen - Alle wichtigen Grundlagen zu Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie - Wundheilung und Effekte mechanischer Zugspannung auf das Gewebe - Körperliche Kompensationsmechanismen
Im Praxisteil: - Grundlagen des Liedler-Konzepts für Befund und Behandlung - Direkte und indirekte Techniken für alle Mobilitätsgrade, Wundheilungsphasen und Schmerzzustände - Konkrete Maßnahmen zur Eingliederung von Narbengewebe in den Körper - Eigenübungsprogramm für Patienten
Plus: Pilotstudie zum Einfluss postoperativer Adhäsionen auf chronischen Rückenschmerz und zahlreiche Videosequenzen mit Behandlungsbeispielen. 
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum13. Juni 2020
ISBN9783662605004
Peritoneale Adhäsionen: Fasziale Behandlung nach dem Liedler-Konzept

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    Buchvorschau

    Peritoneale Adhäsionen - Michaela Liedler

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020

    M. LiedlerPeritoneale Adhäsionenhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-60500-4_1

    1. Studien zu peritonealen Adhäsionen

    Michaela Liedler¹ 

    (1)

    Wien, Österreich

    Peritoneale Adhäsionen sind seit Langem als postoperative Komplikation erkannt und erforscht. In zahlreichen Studien konnten damit verbundene Langzeitauswirkungen wie Rückenschmerzen, Schulterschmerzen oder chronische Verspannungen des Schultergürtel-Nackenbereiches ebenso wie Verdauungsprobleme oder Infertilität nachgewiesen werden. Ein präventives Vorbeugen gegen peritoneale Adhäsionen und fasziale Verklebungen ist praktisch unmöglich. Leider sind auch Ansätze zur manualtherapeutische Intervention bzw. zur postoperativen Behandlung rar gesät, wenn auch das Interesse daran aktuell stark gestiegen ist. Ein kurzer Abriss über den momentanen wissenschaftlichen Stand soll als Einstieg in dieses spannende und umfassende Themengebiet dienen und aufzeigen, welche Erfahrungen diesbezüglich bisher gemacht werden konnten. Nicht zuletzt ist das Liedler-Konzept als manuelles fasziales Behandlungskonzept von postoperativen peritonealen Adhäsionen ein weiterer großer Schritt in diese Richtung.

    Adhäsionen, also Verwachsungen oder Verklebungen zwischen Organen oder Geweben, die eigentlich voneinander getrennt liegen, zählen aufgrund der Häufigkeit ihres Auftretens zum medizinischen Alltag (Brüggmann et al. 2010; Fritz et al. 2007; Weibel und Majno 1973). Im Fokus des Liedler-Konzepts und damit dieses Buches stehen vor allem peritoneale Adhäsionen. Sie entstehen im Zuge von Heilungsprozessen des Bauchraumes als Verwachsungen zwischen den peritonealen Gleitschichten (Van Baal et al. 2016; Brüggmann et al. 2010; Coccolini et al. 2013). Wie relevant dieses Thema ist, zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, welche die Inzidenz von Adhäsionsbildung nach Bauchoperationen vor allem im Beckenbereich auf 50 bis 95 Prozent beziffern (Brüggmann et al. 2010; Menzies und Ellis 1990; Pados et al. 2010; Stanziu und Menzies 2007). Obwohl peritoneale Adhäsionen erstmals bereits 1836 postmortem bei einem Patienten nachgewiesen wurden (Arung et al. 2011), sind postoperative Auswirkungen auf das Körpersystem bisher verhältnismäßig gering untersucht. Fest steht, dass peritoneale Adhäsionen zu einem Verlust an Mobilität und Flexibilität der umliegenden Strukturen führen. Weitere Auswirkungen sind häufig eine Verminderung des physiologischen Gleitverhaltens, der Bewegungen der Viszera sowie der Atembewegung im Bauchraum (DiZerega und Campeau 2001; Sulaiman et al. 2000). Die weitgestreuten Auswirkungen auf den restlichen Körper sind vielfach in der Literatur erläutert (Arung et al. 2011; Broek et al. 2013; DiZerega und Campeau 2001; Fritz et al. 2007; Liakakos et al. 2001; Stanziu und Menzies 2007). Auch weiß man mittlerweile, dass sich ein Drittel aller Patientinnen nach gynäkologischen Operationen in den zehn darauffolgenden Jahren einer weiteren Operation aufgrund von Adhäsionsbildung unterziehen muss (Fritz et al. 2007). Bei sechs Prozent aller Operierten sind Adhäsionen Auslöser für erneute Operationen (Stanziu und Menzies 2007). In diesem Zusammenhang haben verschiedene Studien gezeigt, dass sich die Behandlung der postoperativen Narben positiv auf den Körper auswirkt (Chamorro Comesaña et al. 2017; Lewit und Olsanka 2004; Raul und del Rio 2013; Probst et al. 2016).

    Wie aber lassen sich peritoneale Adhäsionen diagnostizieren und behandeln? Die Schwierigkeit besteht hier vor allem darin, diese zu palpieren und zu diagnostizieren. Das bedeutet, dass eine komplexe Befundung nötig ist, um die Diagnose zu konkretisieren. Am Anfang steht meist der Verdacht, dass eine bestehende Symptomatik in Verbindung mit vorausgegangenen Operationen durch Adhäsionen ausgelöst sein könnte. Konkret können diese allerdings nur mittels laparoskopischem Eingriff sichtbar gemacht und chirurgisch behoben werden. Bildgebende Verfahren dienen meist nur dazu, etwaige andere Ursachen auszuschließen (Tabibian et al. 2017).

    Im Rahmen der Behandlung wurden im Laufe der Zeit unterschiedlichste chirurgische und pharmakologische Methoden entwickelt, um das Risiko der Bildung von Adhäsionen zu bereits im Vorfeld zu verringern. Darunter finden sich chirurgische und pharmakologische Methoden, wie etwa mechanische Trennwände oder anti-inflammatorische und/oder pharmakologische präventive Behandlungen (Broek et al. 2013; Fritz et al. 2007; Liakakos et al. 2001; Patel und Yadav 2016). Trotz dieser Eingriffe können natürlich weiterhin fibröse Verwachsungen zwischen den peritonealen Gleitschichten im Gewebe entstehen. Diese können wie bereits erwähnt zu einem Verlust an Mobilität und Flexibilität der benachbarten Strukturen führen und die Organbewegungen wie auch die Beweglichkeit der Bauchwand beeinträchtigen. Auf diese Weise können sie auch Schmerz auslösen (Arung et al. 2011; DiZerega und Campeau 2001). Auch wenn der Mechanismus, der zu postoperativen Schmerzzuständen führt, unklar ist, wäre es möglich, dass es durch Zugspannungen, die von Adhäsionen ausgelöst werden, zu einer veränderten Körperposition kommt (Kobesova und Lewit 2000; Lewit und Olsanka 2004; Valouchova und Lewit 2009). Eine modifizierte Propriozeption im betroffenen Gebiet kann einen abgewandelten afferenten Input und efferenten Output zur Folge haben, was zu Komplikationen im Sinne von Schonhaltungen, Schmerzmustern und einer gesteigerten neurovaskulären Aktivität führen kann (Kobesova et al. 2007). Während die meisten Patienten asymptomatisch bleiben, entwickeln andere unterschiedlichste postoperative Langzeitbeschwerden. Darunter finden sich zum Beispiel Verdauungsprobleme bis hin zum Darmverschluss, Rückenschmerzen, Schulterschmerzen, Infertilität oder Dyspareunia (Broek et al. 2013; Fritz et al. 2007; Liakakos et al. 2001; Tabibian et al. 2017; Wurn et al. 2004b).

    Untersuchungen zur manualtherapeutischen Behandlung von peritonealen Adhäsionen und deren möglichen Einfluss auf bestehende Schmerzsymptomatik im restlichen Körper finden sich leider noch kaum. Das heißt, dass zum momentanen Zeitpunkt keine klare Aussage darüber gemacht werden kann, ob peritoneale Adhäsionen manuell palpiert und direkt behandelt werden können. Mögliche Zusammenhänge und Einflüsse, die durch peritoneale Adhäsionen entstehen, lassen sich derzeit nur vermuten. Und ob es möglich ist, Adhäsionen durch eine manuelle Behandlung zu verändern, lässt sich aktuell nur anhand von Verbesserungen der Gewebespannung und einer Veränderung der assoziierten Symptomatik einschätzen oder ableiten. Der eigentliche Mechanismus von chronischen Schmerzzuständen, der mit peritonealen Adhäsionen in Verbindung gebracht wird, bleibt vielfältig und noch unklar (Bove et al. 2018).

    In der manuellen Nachbehandlung von postoperativen Narben und Verbrennungsnarben werden verschiedenste Massagetechniken zur Reduktion von auftretenden assoziierten Begleitsymptomen wie u. a. Juckreiz und Schmerz mit Erfolg eingesetzt, auch wenn wissenschaftliche Studien dazu rar und teilweise kontrovers sind (Donnelly und Wilton 2002; Shin und Bordeaux 2012; Thomas und Hom 2019). Studien mittels Ultraschall zeigen oberflächliche und tiefere Veränderungen der Narbenstruktur von Sectiones caesareae und eine Erhöhung der Mobilität des Narbengewebes, nachdem sie mittels manueller Techniken nach Abschluss der Narbenheilung behandelt wurden (Chamorro Comesaña et al. 2017; Raul und del Rio 2013). Ein von Wasserman et al. durchgeführtes Review unterstützt diese Ergebnisse (Wasserman et al. 2019).

    Massagetechniken und Mobilisationen der oberflächlichen, schmerzhaften Narbenschichten brachten eine positive Verbesserung von Schmerz, Druckdolenz, des Oswestry Disability Index (ODI ) und Narbenmobilität bei Probanden nach Sektio mit chronischer postoperativen Schmerzsymptomatik des Narbenbereiches, des Beckens und des Bauchbereiches, die mit den postoperativen Adhäsionen in Verbindung gebracht wurden. Die gleichen Effekte ließen sich auch bei tieferen Myofaszialtechniken im Bauchbereich und einer direkten Ansteuerung der Narben beobachten. Die 28 Probanden wurden in zwei Gruppen geteilt und erhielten jeweils vier Behandlungen mittels Weichteiltechniken. Während bei beiden Gruppen die Auswahl der angewandten Weichteiltechniken identisch war, kamen in einer Gruppe zusätzlich tiefere Techniken mit Fokus auf die tiefen Narben und Adhäsionen zum Einsatz. Ein Unterschied zwischen der Anwendung von tiefen bzw. oberflächlichen Techniken konnte bei den Probanden allerdings nicht beobachtet werden (Wasserman et al. 2018).

    Vereinzelte Case-Studies belegen unter anderem eine Verbesserung der Schmerzsymptomatik von Rücken- oder Regelschmerzen nach der Behandlung von Operationsnarben unter Beachtung von möglichen Adhäsionen (Kobesova und Lewit 2000; Lewit und Olsanka 2004; Wurn et al. 2004a, b).

    Neueste Studien von Bove et al. (2017) zur Behandlung von peritonealen Adhäsionen zeigen im Tierversuch mögliche Einflussbereiche in den ersten drei Tagen nach der Operation auf. Hier konnten primäre kohäsive Adhäsionen durch direkte postoperative Mobilisationen mittels modellierter manueller Therapie (MMT) abgeschwächt und das Adhäsionsareal verkleinert werden. Bei Adhäsionen mit Fetteinlagerungen konnten im Unterschied dazu keine Veränderungen festgestellt werden. Dabei wurden Ratten operiert und in 12 unterschiedliche Gruppen eingeteilt, um den Einfluss von MMT zu untersuchen. Die erste Gruppe wurde einer Operation unterzogen und direkt im Anschluss mit MMT behandelt. Die zweite Gruppe wurde nach 28 Tagen ein zweites Mal operiert und einer Adhäsiolyse unterzogen. Die dritte Gruppe wurde für eine Unterstudie zur Sicherheit der Anwendung von MMT nach Strikturoplastik verwendet. Das Ergebnis der ersten Gruppe, die eine MMT-Behandlung erfahren hatte, zeigte eine verringerte Bildung von Primäradhäsionen ebenso wie eine Reduktion der immunologische Expression von Makrophagen. In der zweiten Behandlungsgruppe (Adhäsiolyse) entwickelte sich keine erneute Primäradhäsion, während dies bei der der Kontrollgruppe der gänzlich unbehandelten Ratten erwartungsgemäß vorkam. Die Unterstudie ergab, dass die Behandlung durch MMT den Heilungsverlauf weder positiv noch negativ beeinflusst. Eine generelle Schwierigkeit bei der Behandlung von Adhäsionen ergab sich dadurch, dass dünne oder „filmy" peritoneale Adhäsionen bei Ratten schwer palpierbar sind. Somit bleibt die Frage offen, inwieweit es überhaupt möglich ist, reife Adhäsionen beim Menschen zu tasten und gezielt aufzureißen. Dennoch unterstützen die Studienergebnisse die Annahme, dass das Mobilisieren der geschädigten Strukturen im direkten Anschluss an eine Operation präventiv der Entstehung von kohäsiven Adhäsionen entgegenwirkt und Fibrinbänder vor allem in den Anfangsstadien durchaus noch abreißbar und veränderbar sind (Bove et al. 2017). Schon eine frühere Studie von Bove und Chapelle (2011), in der der betroffene Bereich postoperativ zeitnah mit manuellen Techniken behandelt wurde, lieferte erfolgversprechende Ergebnisse. Dabei wurden die Ratten direkt und bis zu sieben Tage nach einem operativen Eingriff am Bauch viszeral behandelt und massiert. Nach der Dekapitation wurde bei der abschließenden Untersuchung der Bauchraum erneut geöffnet und die Anzahl der vorhandenen bzw. gelösten Adhäsionen gezählt. Die Ratten, die viszeral behandelt worden waren, wiesen hier deutlich weniger Adhäsionen auf als die der unbehandelten Kontrollgruppe. Die Studie zeigt, wie durch viszerale Mobilisation in den ersten postoperativen Tagen die Fibrinolyse während des peritonealen Heilungsprozesses unterstützt werden kann, indem die physiologische Darmaktivität und die Flüssigkeitsbewegungen gefördert werden und so der Entstehung von Adhäsionen vorgebeugt wird. Gleichzeitig soll eine Erneuerung bereits gelöster Adhäsionen verhindert werden (Bove und Chapelle 2011; Chapelle und Bove 2013). Inwieweit Adhäsionen nach ihrer ersten Entstehung in den ersten drei postoperativen Tagen überhaupt beeinflusst werden können, bleibt unklar (Bove et al. 2018).

    Ileus und wiederkehrende Probleme der Darmpassage (SBO) zählen zu den schwersten Komplikationen, die durch peritonealen Adhäsionen ausgelöst werden können bzw. damit in Verbindung gebracht werden. Im Zuge des The Clear Passage Approach (CPA) wurden in einer klinischen Studie bei 103 Probanden signifikante Verbesserungen im Zuge der Evaluierung mit einem speziellen Fragebogen in Bezug auf Darmverschluss (Small Bowel Obstruction Questionnaire (SBO-Q)), au Lebensqualität (QOL), und den Messungen der Bewegungumfanges (Range of Motion – ROM) des Oberkörpers in Flexion und Rotation sowie im Schmerzerleben erreicht. Im Rahmen der Studie erhielten Probanden mit wiederholten Darmbehinderungen innerhalb von fünf Tagen insgesamt 20 Stunden Behandlung. Aus einem Pool, der rund 200 Techniken beinhaltete, wurde die Therapie individuell auf den einzelnen Patienten abgestimmt. Die Techniken umfassten viszerale Mobilisationen und direkte, intensive Behandlungen, die dazu dienten eingeschränkte Areale des Bauchraumes zu mobilisieren, sowie Techniken, die den gesamten Körper betrafen. Bestehende Adhäsionen wurden mit der Wurn-Technik behandelt. Durch langsame Druck- und Zugtechniken wurde hierbei versucht, die Adhäsionen abzureißen und so die Mobilität der Organe und Gewebe wiederherzustellen. Im Vergleich zu der unbehandelten Kontrollgruppe von 136 Probanden kam es zu einem signifikant geringerem Wiederauftreten von SBO (Rice et al. 2018). Eine kleinere, vergleichbare Studie mit 27 Probanden in Bezug auf SBO, in deren Rahmen eine Behandlung mit CPA stattfand, lieferte ebenso signifikante Ergebnisse in Bezug auf Schmerz, QOL, Schmerzbeeinträchtigung und Thoraxmobilität (Rice et al. 2016). Vereinzelt finden sich weitere Einzelfallstudien zu manualtherapeutischen, postoperativen Behandlungen mit CPA mit Fokus auf peritonealen Adhäsionen zur Verbesserung von Schmerzzuständen, Obstipation des Dünndarmes, Orgasmen und der IVF-Rate mit similären Ergebnissen. Auch hier liegt der Fokus darauf mit speziellen Techniken Rupturen der verklebten Peritonealschichten zu erreichen, um die Mobilität der Organe wiederherzustellen und biodynamische Dysfunktionen des Beckens zu lösen. Die genaue Anwendung der Techniken wird in den Studien leider nicht genau erklärt. Jedoch ergeben sich Rückschlüsse durch die erzielten Ergebnisse: Dadurch, dass die Mobilität des Peritoneums und der durch Adhäsionen eingeschränkten Areale des Beckens, des Sakrums, der uterinen Ligamente und der angrenzenden Strukturen verbessert wurde, konnte die gewünschte Funktionalität positiv beeinflusst werden (Rice et al. 2013; Wurn et al. 2004a, b).

    Verbesserungen von Alltagsbewegungen und Schmerz spiegeln sich auch in einer Pilotstudie von Liedler (2017) wieder, welche die Auswirkungen von postoperativen Adhäsionen nach Sektio auf chronischen Low-Back-Pain (cLBP ) untersuchte. Hier wurden jeweils zwei Behandlungseinheiten von 30 Minuten gezielt auf den Narbenbereich konzentriert. Die Behandlungsgruppe A (Liedler-Konzept) hatte den Fokus auf der konkreten Beeinflussung der tiefen, peritonealen Adhäsionen, während die Kontrollgruppe B eine gängige physiotherapeutische Narbenbehandlung nach Thomson erhielt, die vor allem auf die oberflächlichen Narbenschichten abzielte. Die Gruppe A erreichte im Vergleich zur Gruppe B eine signifikante Verbesserung des ODI in Bezug auf Schmerz, Alltagsbewegungen wie Bücken, Stehen, Gehen und weiteren Bewegungen, wie sie im Oswestry Disability Questionaire (ODQ) abgefragt werden. Bei 75 Prozent aller Probandinnen zeigte sich bereits durch die zwei kurzen Behandlungen der Adhäsionen und/oder Narben die Schmerzsymptomatik des Low-Back-Pains verbessert. Welcher genaue Mechanismus bzw. welche Veränderung welcher Struktur konkret zur Verbesserung der Symptomatik führte, kann bisher allerdings nur vermutet werden (Liedler 2017).

    Obwohl es bei den meisten Studien leider keine genaue Beschreibung der Techniken und der angewandten Intensität gibt, zeigen die Ergebnisse dennoch postoperative Möglichkeiten auf. Durch manuelle Techniken lassen sich positive Auswirkungen auf Symptome, die u. a. mit peritonealen Adhäsionen assoziiert werden, erzielen. Dazu zählen die Mobilität und Druckdolenz von Narbengewebe und Einschränkungen im betroffenen Areal, die QOL, das Schmerzerleben wie auch die Gesamtmobilität des Körpers. Weitere gezielte Forschungen in Bezug auf peritoneale Adhäsionen sind in jedem Fall nötig, um den Einfluss und die Auswirkungen ebenso wie die Behandlungsmöglichkeiten von peritonealen Adhäsionen in ein klareres Licht zu rücken und zu beschreiben.

    Unter Umständen zählen peritoneale Adhäsionen zu oft unerkannten Primärläsionen. Das bedeutet, dass deren Beachtung und Behandlung maßgeblich dazu führen kann, chronische Schmerzzustände und Bewegungseinschränkungen, die sowohl lokal als auch in anderen Bereichen des Körpers auftreten und möglicherweise schon lange bestehen, zu verbessern.

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