Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Hydraulik – Fluid-Mechatronik: Grundlagen, Komponenten, Systeme, Messtechnik und virtuelles Engineering
Hydraulik – Fluid-Mechatronik: Grundlagen, Komponenten, Systeme, Messtechnik und virtuelles Engineering
Hydraulik – Fluid-Mechatronik: Grundlagen, Komponenten, Systeme, Messtechnik und virtuelles Engineering
eBook1.375 Seiten7 Stunden

Hydraulik – Fluid-Mechatronik: Grundlagen, Komponenten, Systeme, Messtechnik und virtuelles Engineering

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Das bewährte Fachbuch wurde in der 7. Auflage stark überarbeitet und umfangreich ergänzt, so dass der Einstieg in das Gebiet Hydraulik für den Leser noch besser und schneller möglich ist. Mehr und mehr kann es als Nachschlagewerk für offene Fachprobleme genutzt werden.

Die Kapitel behandeln die physikalischen und technischen Grundlagen der Hydraulik, gehen auf die Eigenschaften der Druckflüssigkeit als Energieübertragungsmedium ein und stellen neben den hydraulischen Komponenten auch die für die Inbetriebnahme und den Betrieb von hydraulischen Anlagen erforderlichen Sensoren und Messgeräte vor. Neben einer umfangreichen Darstellung typischer Systemarchitekturen findet der Leser ebenso ausführliche Erläuterungen zur Regelung hydraulischer Antriebe. Grundlagen zur Modellierung und Simulation komplexer Hydrauliksysteme sind weitere Inhalte des Buches. Generell wird ein stärkerer Praxisbezug hergestellt.

Die Zielgruppen

  • Konstrukteure, Anwender und Betreiber hydraulischer Anlagen
  • Ingenieure und Studenten des Maschinenbaus 
  • Nachschlagwerk für in der Praxis tätige Hydrauliker

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Vieweg
Erscheinungsdatum29. Feb. 2020
ISBN9783662606643
Hydraulik – Fluid-Mechatronik: Grundlagen, Komponenten, Systeme, Messtechnik und virtuelles Engineering

Ähnlich wie Hydraulik – Fluid-Mechatronik

Ähnliche E-Books

Maschinenbau für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Hydraulik – Fluid-Mechatronik

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Hydraulik – Fluid-Mechatronik - Norbert Gebhardt

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020

    N. Gebhardt, J. Weber (Hrsg.)Hydraulik – Fluid-Mechatronikhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-60664-3_1

    1. Einführung in die Hydraulik

    Jürgen Weber¹   und Tobias Radermacher²  

    (1)

    Institut für Mechatronischen Maschinenbau/Professur für Fluid-Mechatronische Systemtechnik (Fluidtronik), Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland

    (2)

    Dresden, Deutschland

    Jürgen Weber (Korrespondenzautor)

    Email: juergen.weber@tu-dresden.de

    Tobias Radermacher

    Email: tobias.radermacher@tu-dresden.de

    Zusammenfassung

    Die Hydraulik ist eine Antriebstechnologie, die mechanische Leistung über ein flüssiges Betriebsmedium überträgt. Ausgehend von der Einordung und Abgrenzung des Fachgebiets werden Wirkungsweise und Architektur hydraulischer Kreisläufe erläutert. Für Ingenieurinnen und Ingenieure wichtigen Zeichen zur Darstellung in technischen Dokumenten werden an einem Beispiel vorgestellt.

    Das Fachgebiet Hydraulik ist ein Teilgebiet der Fluidtechnik , welche die Hydrostatik und die Hydrodynamik umfasst. Ursprünglich wurden in der Technik unter dem Begriff „Hydraulik" alle hydrostatischen und hydrodynamischen Kraft-, Bewegungs- und Strömungsvorgänge sowie die zugehörigen Geräte und Anlagen verstanden, die mit dem Übertragungsmedium Wasser arbeiten (von altgriechisch ὕδωρ hýdor = das Wasser). Erst im Laufe der Entwicklung kamen zunehmend andere, überwiegend selbstschmierende, Flüssigkeiten als Übertragungsmedien zum Einsatz. Dadurch ist heute die Wasserhydraulik nur ein Teilgebiet der Hydraulik.

    Der Begriff Ölhydraulik wurde seit langem in der Technik geprägt und ist wegen des vorwiegenden Einsatzes von Mineralölen heute noch teilweise üblich. Da in zunehmendem Maße auch andere Flüssigkeiten eingesetzt werden, hat sich der Begriff Hydraulik weitestgehend durchgesetzt. Im technisch-industriellen Sprachgebrauch wird der Begriff Hydraulik heute als Synonym für die Hydrostatik verwendet, andere Fachbereichen wie dem Wasserbau beschäftigen sich stärker mit dem Themengebiet der Hydrodynamik. Nach DIN ISO 1219 wird in fluidtechnischen Anlagen (flüssig oder gasförmig) innerhalb eines Kreislaufes übertragen, gesteuert oder geregelt. Für die Gesamtheit der hydraulischen und pneumatischen Antriebe inklusive der Komponenten zur Steuerung und Regelung wird der Begriff Fluidtechnik verwendet (s. Abb. 1.1).

    ../images/48883_7_De_1_Chapter/48883_7_De_1_Fig1_HTML.png

    Abb. 1.1

    Systematik der Begriffe zur Fluidtechnik

    Die immer stärker ausgeprägte Vernetzung fluidtechnischer, mechanischer, elektro- und informationstechnischer Komponenten hat das Spektrum der Fluidtechnik zum Fachgebiet der Fluidmechatronik erweitert.

    In diesem Buch werden physikalische und fachspezifische Grundlagen, Komponenten und Geräte sowie Schaltungen behandelt, in denen das hydrostatische Übertragungsprinzip angewendet wird.

    Die technologisch und wirtschaftlich große Bedeutung hydraulischer Systeme in stationären Arbeitsmaschinen, Bahn- und Kraftfahrzeugen, Robotik, maritimen Anwendungen sowie der Luft- und Raumfahrt basiert auf Alleinstellungsmerkmalen, welche sie von anderen Technologien unterscheidet. Diese sind insbesondere die Leistungsdichte, das heißt, große Kräfte und Momente auf vergleichsweise kleinem Raum übertragen zu können, die leichte Realisierung großer Übersetzungsverhältnisse, die einfache Erzeugung linearer Bewegungen, ihre Robustheit sowie die Flexibilität der Systemarchitekturen. Das Fachgebiet der Hydraulik blickt dabei auf eine lange Tradition zurück. Erste Erwähnungen von Kolbenpumpen sind in Schriftquellen und archäologischem Fundmaterial ab dem späten 1. Jahrhundert v. Chr. bekannt [1].

    Nach der Entwicklung der ersten hydromechanischen Maschine 1795 durch Joseph Bramah [2] wurde Öl als Übertragungsmedium erstmals im Jahr 1905 durch Harvey D. Williams und Reynold Janney in einem Getriebe verwendet. Die folgende Entwicklung verschiedener Pumpen, Ventile und Speicher in Verbindung mit der für stetige Verstellung genutzten Servotechnik verhalf der Hydraulik zum

    ../images/48883_7_De_1_Chapter/48883_7_De_1_Fig2_HTML.png

    Abb. 1.2

    Anwendungsbereiche der Fluidtechnik

    Durchbruch in die breite Anwendung in den 1960er-Jahren. Fortan wurden hydraulische Systeme entwickelt, die über eine zentrale Versorgungsstation verfügen, von der aus das Druckmedium zu linear wirkenden Zylindern oder rotatorisch wirkenden Motoren geführt wird. Dabei können mehrere Aktoren am Drucknetz parallel betrieben werden. Dem Trend der zunehmenden Dezentralisierung von Antrieben sowie der Existenz kostengünstiger drehzahlvariabler Elektromotoren tragen heute kompakte hydraulische Antriebseinheiten Rechnung, bei der ein Elektromotor mit fester oder variabler hydraulischer Übersetzung einen Aktor bewegt (Abschn. 10.​5.​1). Diese als servohydraulische Kompaktantriebe bezeichnete Klasse von Antrieben lässt sich aufgrund ihrer Plug&Play Eigenschaften ohne detailliertes Fachwissen einfach in viele Systeme integrieren. Abb. 1.2 zeigt die Bandbreite der Größe hydraulischer Antriebe in der Anwendung.

    1.1 Einordnung der hydraulischen Antriebstechnik

    Die verallgemeinerte Struktur eines Antriebes zeigt Abb. 1.3. Die Antriebsleistung wird von einem Motor (z. B. Elektromotor oder Verbrennungsmotor) zur Verfügung gestellt. Die Ausgangsgrößen Motormoment  $$ M_{e} $$ und Drehzahl  $$ \omega_{e} $$ des Motors müssen durch einen Wandler in die von der Maschine geforderten Eingangsgrößen  $$ M_{a} $$ und $$ \omega_{a} $$ bei rotatorischen bzw.Kraft  $$ F_{a} $$ und Geschwindigkeit  $$ v_{a} $$ bei translatorischen Antrieben transformiert werden. Diese Aufgabe übernimmt das Getriebe. Bei der Konstruktion beziehungsweise der Projektierung von Antrieben stehen dafür unterschiedliche Getriebebauformen zur Verfügung, aus denen die für das vorliegende Antriebsproblem geeignete Variante ausgewählt werden muss.

    ../images/48883_7_De_1_Chapter/48883_7_De_1_Fig3_HTML.png

    Abb. 1.3

    Verallgemeinerte Struktur eines Antriebs mit Getriebe

    Getriebe können abhängig von ihrem inneren Aufbau zur Wandlung der Eingangs- in die Ausgangsparameter eingeteilt werden in:

    MechanischeGetriebe. Die Übertragungselemente sind Zahnräder, Riemen, Koppelgetriebe u. a. Eine stufenlose Veränderung des Übersetzungsverhältnisses ist nur begrenzt möglich. Mechanische Getriebe verlangen eine feste räumliche Zuordnung zwischen Antriebsmotor und Maschine.

    Elektrische Antriebe. Die Drehzahl elektrischer Antriebsmotoren kann heute in einem großen Bereich stufenlos verändert werden. Damit wird bei elektrischen Antrieben ein Teil der Getriebefunktion vom Motor und seiner Steuerung erfüllt. Elektrische Antriebe erfordern in vielen Fällen ein mechanisches Getriebe mit konstanter Übersetzung zur Anpassung von Drehmoment und Drehzahl an die von der anzutreibenden Einrichtung geforderten Parameter. Auch bei elektrischen Antrieben ist eine feste räumliche Zuordnung zwischen Antriebsmotor und Maschine erforderlich.

    HydraulischeGetriebe. Zur Übertragung der Leistung dient eine Flüssigkeit. Je nachdem, ob die potenzielle oder die kinetische Energie des Flüssigkeitsstromes genutzt wird, unterscheidet man zwischen hydrostatischen und hydrodynamischen Getrieben.

    HydrostatischeGetriebe arbeiten nach dem hydrostatischen Verdrängerprinzip. Im einfachsten Falle liefert eine mechanisch angetriebene Pumpe einen Volumenstrom, der im Aktor (Hydromotor oder Arbeitszylinder) in eine Abtriebsbewegung umgesetzt wird. Aufgrund der Belastung am Aktor entsteht ein Druck, der gemeinsam mit dem Volumenstrom die übertragene Leistung bildet, die die mechanische Abtriebsleistung am Aktor umsetzt. Das hydrostatische Getriebe zeigt in seiner Kennlinie Nebenschlussverhalten, d. h., die Abtriebsdrehzahl bzw. -geschwindigkeit ist praktisch unabhängig von der Belastung. Durch die Möglichkeit, Pumpe und Motor räumlich zu trennen und flexible Leitungen zu verwenden ist die Anordnung von Antriebsmotor und anzutreibender Einrichtung nicht eingeschränkt. Eine stufenlose Veränderung des Übersetzungsverhältnisses ist in einem großen Bereich möglich. Als Übertragungsmedium werden heute Mineralöle, schwerentflammbare Flüssigkeiten auf wasserhaltiger oder synthetischer Basis oder Öle auf natürlicher Basis verwendet.

    HydrodynamischeGetriebe bestehen aus einem Pumpenteil und einem Motorteil (Turbine). Die Drehzahl- und Drehmomentwandlung erfolgt mittels kinetischer Energie der Flüssigkeitsmasse. Das hydrodynamische Getriebe zeigt in seiner Kennlinie Hauptschlussverhalten, d. h., die Abtriebsdrehzahl nimmt mit zunehmendem Drehmoment ab. Beim Einsatz hydrodynamischer Getriebe ist wegen ihrer kompakten Bauweise eine feste räumliche Zuordnung zwischen Antriebsmotor und anzutreibender Einrichtung erforderlich.

    Weitere Gestaltungsmöglichkeiten für Antriebssysteme ergeben sich durch die Verwendung von Luft als Übertragungsmedium in pneumatischen Getrieben und durch die Kombination der oben beschriebenen Lösungen (z. B. Elektrohydraulik oder Pneumohydraulik). Derartige Kombinationen ermöglichen die sinnvolle Verbindung der Vorteile der jeweiligen Systemkomponenten.

    Die bestmögliche Lösung einer Antriebs- und Steuerungsaufgabe ist immer davon abhängig, in welchem Maße die technischen, wirtschaftlichen, energetischen, ökologischen und ergonomischen Forderungen erfüllt werden. Es gibt in der Technik eine Reihe typischer Anwendungsfälle und Anwendungsgebiete, bei denen aufgrund besonderer Vorteile einer Getriebe- bzw. Antriebsart ausschließlich diese zur Anwendung kommt. So werden Linearantriebe zur Bewältigung großer Kräfte auch bei kleinsten Geschwindigkeiten oftmals hydraulisch ausgeführt. Das gilt z. B. für Schmiede- oder Ringwalzpressen, Tiefziehpressen in der Automobilindustrie, Walzwerke, für Hubantriebe bei Gabelstaplern, Verstellmechanismen in Turbinen und Schleusentoren, Kunststoffmaschinen, Ölförderpumpen, Bagger, Schaufler und Mobilkrane. Auch werden bei schweren Arbeitsmaschinen und Landmaschinen sowie Förderbändern die Fahr- und Transportantriebe hydraulisch ausgeführt. In Werkzeugmaschinen, in der Roboter- und Fertigungstechnik sowie im Schwermaschinenbau, im Schiffbau, in Kraftfahrzeugen, in Land- und Baumaschinen, in Transportfahrzeugen, in Flugzeugen und in Windantrieben ist die Hydraulik in vielfältigen Funktionen anzutreffen. Zunehmend ist die Anwendung der Hydraulik in Kraftfahrzeugen zu beobachten. In der Antriebs-, Steuerungs- und Regelungstechnik werden neben der Hydraulik auch pneumatische, elektrisch/elektronische und mechanische Lösungen oder Kombinationen verwendet. Besondere Bedeutung kommt dabei elektrohydraulischen Antrieben zu die – mit entsprechender digitaler Regelungstechnik ausgestattet – höchste Dynamik und große Präzision ermöglichen. In zunehmendem Maße werden, nach dem Vorbild der elektromechanischen Linearachsen, kompakte autarke hydraulische Einheiten eingesetzt, welche die Vorteile der hydraulischen Antriebstechnik mit Plug& Run Eigenschaften verknüpfen und bei den Nutzern geringe fluidtechnische Kenntnisse voraussetzen.

    In vielen Anwendungsfällen ist es erforderlich, aus vorhandenen Lösungsmöglichkeiten in einem Variantenvergleich die geeignetste Lösung zu ermitteln. Dazu ist die Kenntnis der Vor- und Nachteile der jeweiligen Antriebsart notwendig. Die wesentlichsten Vor- und Nachteile der Hydraulik können wie folgt dargestellt werden:

    Vorteile:

    einfache Erzeugung linearer Bewegungen,

    Erzeugung großer Kräfte und Drehmomente, hohe Energie- und Leistungsdichte,

    stufenlose Änderung der Aktorbewegungen, einfache Umkehr der Bewegungsrichtung,

    Anfahren aus dem Stillstand unter Volllast

    nahezu beliebige Übersetzungsverhältnisse

    geringe Zeitkonstante durch niedrige Trägheitswiderstände der Hydraulikmotoren und Arbeitszylinder

    einfacher Überlastungsschutz durch Druckbegrenzungsventile,

    einfache Messung der Belastung durch Drucksensoren,

    Freizügigkeit der Anordnung, variable Antriebsstrukturen der Hydraulikgeräte durch entsprechende Leitungsverlegung und Hochdruckschläuche,

    In Verbindung mit elektrohydraulischen Komponenten besonders geeignet für den Einsatz in geregelten Antrieben und automatisierten Einrichtungen (Fluidtronik).

    Nachteile:

    hohe Anforderung an Sauberkeit und Filterung der Hydraulikflüssigkeit (Schmutzempfindlichkeit),

    Abhängigkeit der Viskosität und der Kompressibilität von Druck und Temperatur der Fluide

    durch innere Leckagen und Druckverluste vergleichsweise schlechter Wirkungsgrad, vor allem bei Drosselsteuerung

    infolge hoher Leistungsdichte und geringer Dämpfung relativ hohe Schwingungsneigung (Regelungsproblem),

    Lärmentwicklung.

    Für eine funktionsgerechte, wirtschaftliche und energetisch sinnvolle und zukunftsfähige Gestaltung zuverlässiger Hydraulikantriebe sind Kenntnisse der technisch-physikalischen Grundlagen und der Wirkungsweise der Hydraulikgeräte und -kreisläufe notwendig.

    1.2 Aufbau hydraulischer Anlagen

    Das Kapitel widmet sich dem grundsätzlichen Aufbau hydraulischer Antriebe. Anhand eines praktischen Beispiels wird in Abschn. 1.2.1 die Wirkungsweise einer einfachen hydraulischen Anlage erläutert. Ein Überblick über die für die hydraulische Leistungswandlung notwendigen Elemente wird in Abschn. 1.2.2 gegeben bevor die Grundlagen der technischen Darstellung in Abschn. 1.2.3 beschrieben werden.

    1.2.1 Wirkungsweise der Hydraulikanlage

    Abb. 1.4 zeigt grafisch und als Funktionsschaubild eine hydraulische Transporteinrichtung. Diese vereinfacht dargestellte Anlage ist zum Beschicken von Bearbeitungsmaschinen geeignet, wobei die Last durch den Kolben des Zylinders 4 in eine bestimmte Position geschoben werden und in dieser über einen längeren Zeitraum verbleiben können muss. Die durch einen Elektromotor angetriebene Zahnradpumpe 1 saugt einen Volumenstrom aus dem Behälter 8 und fördert ihn über die Leitungen 2 und das Ventil 3 in den rechten Verdrängerraum des Zylinders 4. Der Volumenstrom verdrängt den Kolben und schiebt über die Kolbenstange die Last nach links. Der dabei im linken Verdrängerraum des Zylinders verdrängte Volumenstrom fließt über die Leitungen 6, das Ventil 3 und den Filter 7 zurück in den Behälter 8. Die durch das Verschieben der Last entstehende Widerstandskraft verursacht im rechten Verdrängerraum und den mit diesem verbundenen Leitungen einen Druck, dessen Größe von der Widerstandskraft und der Kolbenfläche bestimmt wird. Die Differenz zwischen diesem Druck und dem Betriebsdruck stellt sich am Ventil 3 ein. Der in der Hydraulikanlage herrschende Druck kann am Manometer 5 abgelesen werden. Das Druckbegrenzungsventil 9 begrenzt die Höhe des Druckes und schützt die Anlage vor Überlastung.

    ../images/48883_7_De_1_Chapter/48883_7_De_1_Fig4_HTML.png

    Abb. 1.4

    Hydraulisch betätigte Transporteinrichtung (ALMAT Fluid-Systeme). 1 Pumpe, 2 Leitungen, 3 Steuereinrichtung, 4 Arbeitszylinder, 5 Manometer, 6 Leitungen, 7 Filter, 8 Behälter, 9 Druckbegrenzungsventil

    Die Einstellung der Bewegungsrichtung der Last erfolgt durch Verschieben des Ventilschiebers (Stelleinrichtung 3). Dadurch werden die für die jeweilige Bewegungsrichtung erforderlichen Zylinderanschlüsse mit der Pumpe 1 bzw. dem Behälter 8 verbunden. In der in Abb. 1.4 gezeigten Position des Stellelementes fließt der von der Pumpe geförderte Volumenstrom zum Behälter zurück und die beiden Anschlussleitungen zum Zylinder sind abgesperrt. Die Last befindet sich in der Ruhelage. Der in der Rückflussleitung angeordnete Filter 7 hat die Aufgabe, Verunreinigungen (z. B. Verschleißpartikel) aus dem Hydraulikfluid zu entfernen.

    Der rechte Teil von Abb. 1.4 zeigt den Funktionsschaltplan der Anlage. Hierbei sind die einzelnen Funktionselemente durch in der DIN ISO 1219–1 genormte Symbole beschrieben. Der Aufbau der Symbole wir in Abschn. 1.2.3 beschrieben.

    1.2.2 Elemente hydraulischer Antriebe

    Die für Hydraulikanlagen charakteristische Leistungswandlung mechanisch – hydraulisch – mechanisch ist in Abb. 1.5 schematisch dargestellt. Sie besteht aus den Hauptelementen:

    ../images/48883_7_De_1_Chapter/48883_7_De_1_Fig5_HTML.png

    Abb. 1.5

    Grundsätzlicher Aufbau hydraulischer Anlagen

    Mechanisch-hydraulischer Wandler (Pumpe),

    Hydraulisch-mechanischer Wandler (Hydromotor),

    Steuer- und Regeleinrichtung (Ventil) und

    Zubehör.

    Mechanisch-hydraulische Wandler wandeln die mechanische Leistung  $$ P_{an} $$ des Antriebsmotors (Elektromotor oder Verbrennungsmotor) in hydraulische Leistung um, die durch den Volumenstrom  $$ Q_{1} $$ und den sich einstellenden Druck  $$ p_{0} $$ bestimmt wird. Sie sind Verdrängereinheiten (Pumpen), deren Volumenstrom  $$ Q_{1} $$ konstant oder veränderbar sein kann.

    Hydraulisch-mechanisch Wandler wandeln die durch den zu ihnen fließenden Volumenstrom  $$ Q_{m} $$ und den vom Verbraucher erzeugten Druck  $$ p_{m} $$ bestimmte hydraulische Leistung in die mechanische Abtriebsleistung  $$ P_{ab} $$ . Sie sind Hydromotoren für rotierende oder Zylinder für translatorische Aktorbewegung.

    Steuer- und Regeleinrichtungen haben die Aufgabe, durch Schalt-, Steuer- und Regelvorgänge die Größen Druck  $$ p $$ und Volumenstrom  $$ Q $$ , welche die zu übertragende hydraulische Leistung  $$ P_{y} $$ bestimmen, zu beeinflussen. Die dazu erforderlichen Schalt-, Steuer- und Regelinformationen können von außen aufgegeben werden oder aus der hydraulischen Anlage selbst kommen. Steuer und Regelvorgänge in Hydraulikkreisläufen werden oftmals durch Ventile ausgeführt. Deren Durchflussquerschnitte könnend die Schaltzustände „offen und „geschlossen einnehmen oder stetig veränderbar sein. Steuer- und Regeleinrichtungen können auch aus Kombinationen mehrerer Ventile bestehen.

    In Abhängigkeit von den Aufgaben, welche die Ventile in hydraulischen Anlagen zu erfüllen haben, wird unterschieden in Druckventile, Stromventile, Wegeventile und Sperrventile.

    Druckventile beeinflussen durch Veränderung ihres Durchflussquerschnitts die Größe des Druckes in einem Zweig der Hydraulikanlage oder die Druckdifferenz bzw. das Druckverhältnis zwischen Ein- und Ausgang eines Hydraulikelements.

    Stromventile verfügen über einen oder mehrere veränderbare Durchflussquerschnitte. Sie dienen zur Einstellung eines bestimmten Volumenstromes in einem Zweig der Hydraulikanlage.

    Wegeventile sind (mehrpolige) Schalter, welche Leitungsverbindungen herstellen oder trennen oder eine stetige Verstellung ermöglichen. Mit ihnen können Bewegungszustände von Aktoren z. B. Vorlauf, Rücklauf oder Halt gesteuert oder geregelt werden.

    Sperrventile öffnen oder verschließen richtungsabhängig den Durchflussquerschnitt für den durch sie fließenden Volumenstrom.

    Einsatz und Bauformen von Ventilen werden in Kap. 6 beschrieben.

    Zum Zubehör gehören alle bisher nicht aufgeführten Elemente und Geräte, die zum sicheren Betrieb einer Hydraulikanlage unbedingt erforderlich sind. Das sind u. a. Flüssigkeitsbehälter, Leitungen zur Übertragung der hydraulischen Leistung, Messgeräte, Heiz- bzw. Kühleinrichtungen und Filter. Sie werden in Kap. 7 und 8 beschrieben.

    1.2.3 Darstellung hydraulischer Anlagen

    Zur eindeutigen Darstellung des Aufbaus und der Wirkungsweise einer hydraulischen Anlage dient der Funktionsschaltplan. Dieser enthält alle Komponenten und Geräte, ihre Verknüpfung sowie alle erforderlichen Angaben für Schalt-, Steuer- und Regelinformationen.

    Im Funktionsschaltplan werden alle Komponenten und Geräte durch Symbole dargestellt. Diese in DIN ISO 1219–1 genormten Symbole erfüllen u. a. folgende Forderungen:

    eindeutige Darstellung der Funktion der Komponente bzw. des Gerätes, ohne auf konstruktive Details einzugehen,

    Verwendung kombinationsfähiger Grundsymbole, die die Darstellung komplizierter Strukturen auch bisher unbekannter Komponenten erlauben.

    Die Symbole der einzelnen Komponenten werden bei der Behandlung in den entsprechenden Kapiteln bzw. Abschnitten vorgestellt. Die in diesem Lehrbuch verwendeten Kurzzeichen für Geräte und Leitungen sind in Tab. 1.1 dargestellt.

    Tab. 1.1

    Bezeichnung hydraulischer Geräte und Leitungen

    Im Folgenden wird der Aufbau der verwendeten Symbole anhand des Wegeventils und des Druckbegrenzungsventils dargestellt. Der Beschreibung der genauen Funktion der Elemente widmet sich Kap. 6 dieses Lehrbuchs.

    Zum Verständnis der Anwendung und Handhabung des Symbols eines Wegeventils dient Abb. 1.6. Das Symbol eines Wegeventils wird durch ein quadratisches Feld (Abb. 1.6a) dargestellt. Mit diesem werden die Leitungsanschlüsse (in Abb. 1.6 vier Anschlüsse, mit A, B, P, T bezeichnet) verbunden. Die einer bestimmten Schaltstellung des Wegeventils entsprechenden Leitungsverbindungen werden in das Quadrat eingezeichnet (im Beispiel: A, B gesperrt; P mit T verbunden). Weitere Schaltstellungen werden durch Hinzufügen weiterer Quadrate mit entsprechenden Verbindungen (Abb. 1.6b) dargestellt. So entsteht das komplette Symbol (Abb. 1.6c) für das Wegeventil, das im vorliegenden Fall vier Leitungsanschlüsse und drei Schaltstellungen hat. Es wird deshalb als 4/3-Wegeventil bezeichnet. Die einzelnen Schaltstellungen werden mit arabischen Ziffern (2, 0, 1) gekennzeichnet, wobei die Mittelstellung stets die Ziffer 0 erhält.

    ../images/48883_7_De_1_Chapter/48883_7_De_1_Fig6_HTML.png

    Abb. 1.6

    Erläuterung zum Symbol eines 4/3-Wegeventils. a Grunddarstellung b Hinzufügung weiterer Schaltstellungen c komplettes Symbol des Wegeventils d Wegeventil in Schaltstellung 2

    Die Leitungsanschlüsse A, B, P, T werden nur an das quadratisches Feld gezeichnet, welches normalerweise die Halt- bzw. Ruhestellung charakterisiert (s. Abb. 1.6c). Eine neue Schaltstellung wird gedanklich durch Verschieben des Symbols gegenüber den feststehenden Leitungsanschlüssen erreicht. Dabei wirken die Betätigungselemente (in Abb. 1.6d durch einen Pfeil dargestellt) schiebend auf das Schaltsymbol. Die Einhaltung dieser einfachen Hinweise ist wichtig für die eindeutige Zuordnung der Betätigungselemente zu den Schaltstellungen.

    Zum Verständnis der Anwendung und Handhabung des Symbols eines Druckbegrenzungsventils dient Abb. 1.7. Druckbegrenzungsventile werden grundsätzlich im Schaltzustand ohne anliegenden Druck gezeichnet; man spricht vom „unbeaufschlagten" Zustand. In diesem Zustand schiebt die Federvorspannkraft  $$ F_{F} $$ das Ventilelement 1 gegen den Anschlag 2. Der Pfeil im quadratischen Ventilsymbol hat keine Verbindung zur Abflussleitung T. Das Ventil ist geschlossen. Mit zunehmendem Druck  $$ p $$ steigt die hydraulische Kraft  $$ F_{y} $$ an.

    ../images/48883_7_De_1_Chapter/48883_7_De_1_Fig7_HTML.png

    Abb. 1.7

    Erläuterung zum Symbol eines Druckbegrenzungsventils. 1 Ventilelement, 2 Anschlag

    Überschreitet die durch den anliegenden Druck wirkende Kraft die Federvorspannkraft, wird das Ventilsymbol (gedanklich) nach rechts verschoben, das Ventil öffnet und der Volumenstrom $$ Q $$ kann gegen den Einstelldruck des Ventils über den Leitungsanschluss T abfließen. Dabei wird vor dem Ventil der Duck  $$ p $$ aufrechterhalten.

    Der technische Schaltplan (auch Funktionsschaltplan genannt) der hydraulisch betätigten Transporteinrichtung nach Abb. 1.4 ist in Abb. 1.8 dargestellt. Die vom Elektromotor angetriebene Pumpe P fördert einen konstanten Volumenstrom in die Anlage. Die Schaltstellungen 0, 1 und 2 des handbetätigten 4/3-Wegeventils VW realisieren die Bewegungszustände Halt, Vorlauf und Rücklauf des Arbeitszylinders M. Durch die Federn am Wegeventil wird gewährleistet, dass beim Loslassen des Betätigungshebels die Schaltstellung 0 erreicht und der Arbeitszylinder M sicher in seiner Lage gehalten wird. Das Druckbegrenzungsventil schützt die Anlage vor Überlastung. Der Filter F, der hier in der Rückflussleitung angeordnet wurde, beseitigt mechanische Verunreinigungen und schützt so die Anlage vor schnellem Verschleiß.

    ../images/48883_7_De_1_Chapter/48883_7_De_1_Fig8_HTML.png

    Abb. 1.8

    Technischer Schaltplan

    Der Funktionsschaltplan gibt nur Auskunft über Aufbau und Funktion der Hydraulikanlage. Er sagt nichts zur räumlichen Anordnung und zur Größe der Komponenten und Geräte aus.

    Literatur

    1.

    Cech B (2017) Technik in der Antike, Sonderausgabe, 3. überarbeitete Aufl. 2012. Theiss, Darmstadt

    2.

    Bramah J (1795) Obtaining and Applying Motive Power, GB Patent No.: GB179502045 (A)

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020

    N. Gebhardt, J. Weber (Hrsg.)Hydraulik – Fluid-Mechatronikhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-60664-3_2

    2. Druckflüssigkeiten für Hydraulikanlagen

    Dieter Herschel¹   und Sven Osterland²  

    (1)

    Friedersdorf, Deutschland

    (2)

    Dresden, Deutschland

    Dieter Herschel (Korrespondenzautor)

    Email: d.herschel@web.de

    Sven Osterland

    Email: sven.osterland@tu-dresden.de

    Zusammenfassung

    Dass eine Flüssigkeit zu den Grundkomponenten eines hydraulischen Antriebes gehört, ergibt sich aus dem physikalischen Wirkungsprinzip der hydraulischen Leistungsübertragung. Die Druckflüssigkeit muss als Konstruktionselement der Hydraulikanlagen betrachtet werden. Über die mit der Druck- und Bewegungsübertragung verbundene Leistungsübertragung hinaus müssen die Druckflüssigkeiten weitere funktionswichtige Aufgaben erfüllen.

    Die ersten hydraulischen Einrichtungen wurden ausschließlich mit Wasser betrieben bis die Anwendung selbstschmierender Fluide zunächst in Form der Mineralöle einsetzte. Im Laufe der Entwicklung wurde besonders ab der Mitte des 20. Jahrhunderts eine breite Palette an spezialisierten Druckflüssigkeiten auf den Markt gebracht, um so den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. Dabei kommen zunehmend auch synthetische Flüssigkeiten zum Einsatz. Über eine gezielte Auswahl können die bei Systemvergleichen der Hydraulik angelasteten Problembereiche wie Brandgefahr oder vor allem die mögliche Umweltgefährdung heute sicher beherrscht werden. Aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der Flüssigkeiten tragen zu nennenswerten Senkungen des Energiebedarfs bei.

    2.1 Anforderungen

    Die Druckflüssigkeit ist ein wesentliches Konstruktionselement jeder Hydraulikanlage. Die spezifischen Eigenschaften der Druckflüssigkeiten beeinflussen die Funktionsfähigkeit, Betriebssicherheit und Umweltverträglichkeit hydraulischer Systeme.

    Die Aufgaben einer Druckflüssigkeit sind sehr vielfältig und führen zu einem komplexen Anforderungsprofil. Neben den prinzipbedingten Hauptaufgaben, wie

    Leistungsübertragung, verbunden mit Druck- und Bewegungsübertragung,

    Herstellen und Aufrechterhalten der Verbindung zwischen Primär- und Sekundäreinheit und

    Übertragung von Signalen für Steuerungs- und Regelungszwecke

    sind weitere funktionswichtige Nebenaufgaben zu erfüllen:

    Schmierung von Gleit- und Wälzkontakten zur Verminderung von Reibung und Verschleiß,

    Abführen von Wärmeenergie vom Entstehungsort zum Wärmetauscher, i. Allg. zum Behälter,

    Transport von Fremdstoffen (z. B. Verschleißpartikeln) zum Filter,

    Schutz von Oberflächen vor chemischem Angriff, insbesondere vor Korrosion.

    In Tab. 2.1 sind die Anforderungen an Druckflüssigkeiten zusammengestellt. Die Gliederung der Anforderungen nach Aspekten ist natürlich nicht zu sehr einzugrenzen; z. B. beeinflusst die Viskosität neben der Funktion auch die ökonomische Bilanz (Leistungsverluste!). In der DIN 51524-1 bis 3 (06-2017) sind Mindestanforderungen für Hydrauliköle formuliert.

    Tab. 2.1

    Anforderungen an Druckflüssigkeiten

    2.2 Einteilung

    Naheliegend ist der Einsatz von Wasser als Druckflüssigkeit , denn neben der Verfügbarkeit werden wichtige Anforderungen in idealer Weise erfüllt, z. B. Umweltverträglichkeit, Nichtbrennbarkeit, Produktverträglichkeit (keine Schädigung für Lebensmittel, Pharmaka, Textilien u. a.) und Wirtschaftlichkeit (Kosten für Anschaffung, Entsorgung, Versicherung). Historisch gesehen war Wasser auch die erste Flüssigkeit für den Einsatz in Hydraulikanlagen. Bald nach der ersten Dampfmaschine ließ sich Bramah 1795 die Erfindung einer hydraulischen Presse mit Wassereinsatz patentieren (britisches Patent Nr. 2045). Im Jahr 1905 liegt die Geburtsstunde für die Ölhydraulik; als neues Druckmedium brachte Janney¹ Mineralöl in einem hydrostatischen Getriebe zum Einsatz. Die Wasserhydraulik wurde in der Folgezeit mehr und mehr in Nischenanwendungen verdrängt, erfährt jedoch in jüngster Zeit eine Renaissance, s. Abschn. 2.4.5. Nach Unfällen und Brandkatastrophen, besonders im Bergbau, wurden schwer entflammbare Flüssigkeiten entwickelt und für bestimmte Einsatzfälle vorgeschrieben.

    Ein ständig wachsendes Umweltbewusstsein, gepaart mit rechtlichen Maßnahmen des Gesetzgebers sowie der zunehmende ökologische Druck der Öffentlichkeit, haben seit den 1980er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Entwicklung biologisch schnell abbaubarer Flüssigkeiten („Bioflüssig-keiten ") befördert.

    Abb. 2.1 zeigt die Einteilung der Druckflüssigkeiten in der Übersicht sowie eine Angabe zur Größenordnung der gegenwärtigen Nutzung, wobei branchenspezifisch große Unterschiede auftreten können.

    ../images/48883_7_De_2_Chapter/48883_7_De_2_Fig1_HTML.png

    Abb. 2.1

    Einteilung der Druckflüssigkeiten

    Neueste Entwicklungen auf dem Flüssigkeitssektor sind die elektrorheologischen und magnetorheologischen Flüssigkeiten (ERF bzw. MRF), bei denen sich die Viskosität durch das Anlegen starker elektrischer bzw. magnetischer Felder in einem weiten Bereich (dünnflüssig bis fest) gezielt beeinflussen lässt. Die Möglichkeit der hochdynamischen Druck – und Volumenstromänderungen könnte die Stetigventiltechnik revolutionieren: Im Gegensatz zu konventionellen elektro-servohydraulischen Ventilen wird der Vorsteuerkreislauf nicht durch Torquemotoren, sondern durch sehr viel dynamischere ER–Strömungswiderstände angesteuert [1]. Weitere Anwendungen wie hochdynamische Druck- oder Volumenstromregelungen sowie Kupplungen mit steuerbarer Drehmomentübertragung (damit gleichzeitig Getriebefunktion) befinden sich in der Entwicklung.

    Prognostische Einschätzungen der Marktentwicklung verweisen meist auf eine Veränderung beim Einsatz der Mineralöle (Rückgang auf ca. 50 … 60 %) und biologisch schnell abbaubaren Flüssigkeiten (Zunahme auf 25 … 30 %). Umfangreiche Aktivitäten sind gegenwärtig bei der Entwicklung der Wasserhydraulik zu erkennen, wobei es in naher Zukunft vorrangig um das Erschließen neuer Anwendungsgebiete und weniger um Konkurrenz mit der verbreiteten „konventionellen" Hydraulik gehen dürfte.

    Ein anderes, häufig genutztes Einteilungskriterium für Druckflüssigkeiten ist die ISO-Viskositätsklassifikation , s. Tab. 2.2. In der Norm ISO 3448 werden 18 Viskositätsklassen (Viscosity Grade bzw. Viscosity Group, VG) im Bereich von 2–1500 mm²/s definiert. Jede Viskositätsklasse wird durch die Mittelpunktsviskosität in mm²/s bei der Bezugstemperatur 40 °C bezeichnet; die zulässigen Grenzen jeder Klasse liegen bei ±10 %. Der praxisrelevante Bereich für die Druckflüssigkeiten in Hydrauliksystemen umfasst mit Ausnahme von Wasser (

    $$ \nu_{40} = 0{,}66\,{\text{mm}}^{ 2} / {\text{s}} $$

    ) die ISO VG 10 bis ISO VG 100. Die Viskositätsklassifikation ist auch wesentlicher Bestandteil bei der Kennzeichnung von Hydraulikflüssigkeiten und Schmierstoffen, z. B. sagt die Bezeichnung HLP ISO VG 68, dass ein Hydrauliköl (s. Abschn. 2.4.1) der Viskositätsgruppe 68 vorliegt.

    Tab. 2.2

    ISO-Viskositätsklassifikation nach ISO 3448 (Auszug)

    Eine weitere Untergliederung der Hauptgruppen und die Charakterisierung der marktüblichen Druckflüssigkeiten erfolgt in Abschn. 2.4.

    2.3 Eigenschaften und Kennwerte von Druckflüssigkeiten

    2.3.1 Viskosität

    Die Viskosität (auch Zähigkeit) ist die wichtigste Eigenschaft der Druckflüssigkeiten. Sie hat entscheidenden Einfluss auf die Schmierfähigkeit und die Energieverluste und – mit entgegengesetzter Tendenz- auf die Leck- und Strömungsverluste.

    Die Viskosität ist ein Maß für die innere Reibung infolge des Widerstandes, der bei gegenseitiger Verschiebung benachbarter Schichten in einer Flüssigkeit oder einem Gas auftritt. Unter einem anderen Betrachtungspunkt ist die Viskosität die Eigenschaft, durch Schub-(Scher-)Verformung eine Schubspannung aufzunehmen, die bei den sog. Newtonschen Flüssigkeiten nur vom Geschwindigkeitsgefälle $$ dv_{x} \,/dy $$ abhängig ist, vgl. Abb. 2.2.

    ../images/48883_7_De_2_Chapter/48883_7_De_2_Fig2_HTML.png

    Abb. 2.2

    Skizze zur Herleitung der Viskosität für Newtonsche Flüssigkeiten

    Zwischen zwei benachbarten Flüssigkeitsschichten wirkt eine Schubspannung $$ \tau_{xy} $$ in Richtung  $$ x $$ , die bei isotrop reinviskoser Flüssigkeit dem Geschwindigkeitsgefälle  $$ dv_{x} \,/dy $$ proportional ist

    $$ \uptau_{xy} =\upeta \cdot \frac{{dv_{x} }}{dy} $$

    (2.1)

    Den Proportionalitätsfaktor nennt man dynamische Viskosität  $$ \eta $$ (DIN 1342/T.2). Die SI-Einheit für $$ \eta $$ ist Pa · s.

    Veraltet und nicht mehr zulässig ist die Einheit Poise  (P):

    $$ 1\,{\text{Poise}}\;\left( {\text{P}} \right) = 0{,}1\,{\text{Pa}} \cdot {\text{s}}\quad \quad 1\,{\text{cP}} = 10^{ - 3} \,{\text{Pa}} \cdot {\text{s}} $$

    Werte für die dynamische Viskosität werden nach DIN 53019 mit Rotationsviskosimetern aus dem gemessenen Drehmoment bei einer bestimmten Winkelgeschwindigkeit ermittelt, s. Abb. 2.3b.

    ../images/48883_7_De_2_Chapter/48883_7_De_2_Fig3_HTML.png

    Abb. 2.3

    Prinzipien der Viskositätsbestimmung. a Kugelfall-Viskosimeter Höppler- Viskosimeter ), b Rotations-Viskosimeter , c Kapillar- (Ausfluss-)Viskosimeter (Ubbelohde – Viskosimeter)

    Die auf die Dichte bezogene dynamische Viskosität bezeichnet man als kinematische Viskosität   $$ \nu $$

    $$ \nu = \eta /\rho . $$

    (2.2)

    Die SI-Einheit für $$ \nu $$ ist 1 m²/s. Praxisrelevant für die Hydrostatik ist die Verwendung der kleineren Einheit mm²/s: 1 mm²/s = 10−6 m²/s  = 1 cSt. Die Einheit Stokes (1 St = 100 cSt) ist veraltet, aber immer noch weit verbreitet. Die kinematische Viskosität wird vor allem bei Berechnungen von Strömungsvorgängen (Nutzung der Reynoldszahl) verwendet. Auch die Klassifizierung der Druckflüssigkeiten erfolgt nach der kinematischen Viskosität, s. Tab. 2.2. Die Ermittlung dieser Stoffkennwerte erfolgt traditionell auf der Basis der DIN 51563 mit Kapillarviskosimetern (s. Abb. 2.3c) nach DIN 51562 (Messung der Durchflusszeit) oder unter Werkstattbedingungen mit dem Kugelfall-Viskosimeter nach Höppler, s. Abb. 2.3a. Zum Stand der Technik gehören heute Viskositätssensoren zur Online-Bestimmung des Ölzustandes , die in die Hydraulikanlagen integriert werden [2, 3]. Ökonomische und ökologische Ziele sind dabei zustandsabhängige Wechselintervalle für die Druckflüssigkeit, das Vermeiden von Maschinenschäden und Kosteneinsparungen bei der Entsorgung der Altöle.

    Die Viskosität der Druckflüssigkeiten ist von der Temperatur und vom Druck abhängig, s. Abb. 2.4 und 2.5. Die nichtlinearen Zusammenhänge sind experimentell untersucht worden. Für die analytische Beschreibung stehen empirisch gewonnene Näherungsgleichungen zur Verfügung. Für das Viskositäts-Temperatur-Verhalten ( $$ V $$ - $$ T $$ -Verhalten) gilt:

    ../images/48883_7_De_2_Chapter/48883_7_De_2_Fig4_HTML.png

    Abb. 2.4

    Viskositäts-Temperaturverhalten . a prinzipieller Verlauf, b $$ V $$ - $$ T $$ - Gerade nach Ubbelohde – Walther

    ../images/48883_7_De_2_Chapter/48883_7_De_2_Fig5_HTML.png

    Abb. 2.5

    Einflussgrößen auf die Viskosität. a Viskositäts-Druck-Verhalten , Parameter Temperatur, b Viskositäts-Temperatur-Verhalten, Parameter Druck

    1.

    Gleichung nach Ubbelohde-Walther (DIN 51563)

    $$ {\text{lglg}}\left( {\upnu + {\text{c}}} \right) = {\text{K}}_{\upnu} - m \cdot { \lg }T $$

    (2.3)

    $$ \varvec{c} $$

    Konstante (für Mineralöl $$ c\, = \,0{,}8 $$ )

    $$ \varvec{m} $$

    Richtungsfaktor

    $$ \varvec{T} $$

    Temperatur in K

    $$ \varvec{K}_{\varvec{\nu}} $$

    Konstante

    Die Gleichung bildet auch die Grundlage für die in der Praxis meist genutzte Darstellung als Gerade (Ubbelohde-Walther-Diagramm, genormt nach DIN 51563, und auch ASTM [American Society for Testing and Materials]–Diagramm), vgl. Abb. 2.4b.

    2.

    Gleichung nach Vogel-Cameron (DIN 53017)

    $$ \upeta_{\vartheta } = {\text{A}} \cdot e^{{\frac{B}{{\vartheta + {\text{C}}}}}} $$

    (2.4)

    $$ \varvec{C} $$

    Konstante (für Mineralöl

    $$ C\, = \,95\,^\circ {\text{C}} $$

    )

    $$ \varvec{A},\varvec{ B} $$

    flüssigkeitsspezifische Konstanten

    $$ \vartheta $$

    Temperatur in °C

    Dean und Davis haben eine Bezugsgröße, den Viskositätsindex   $$ VI $$ nach DIN ISO 2909, eingeführt [4]. Ein hoher Viskositätsindex  $$ VI $$ weist auf einen geringen Anstieg (flache Kennlinie) im $$ V $$ - $$ T $$ -Diagramm und damit auf eine für das Betriebsverhalten erwünschte geringe Temperaturabhängigkeit. Tab. 2.3 zeigt Größenordnungen der $$ VI $$ -Werte für die im Abschn. 2.4 vorgestellten Flüssigkeiten. Bemerkenswert sind die günstigen Werte für biologisch schnell abbaubare Flüssigkeiten, insbesondere der HETG-Gruppe auf der Basis von Pflanzenölen.

    Tab. 2.3

    Viskositätsindex für ausgewählte Druckflüssigkeitsgruppen

    Die Viskosität hat entscheidenden Einfluss auf das Betriebsverhalten, insbesondere auf den Verschleiß und auf die Leistungsverluste (Druckverluste, innere Leckverluste). Bei der Flüssigkeitsauswahl sind deshalb genügend genaue Kenntnisse der Einsatzbedingungen und Betriebstemperaturen notwendig.

    Das Viskositäts-Druck-Verhalten ( $$ V $$ - $$ p $$ -Verhalten) ist gekennzeichnet durch eine Viskositätszunahme bei Druckerhöhung, und zwar steigt die dynamische Viskosität umso stärker, je niedriger die Temperatur und je höher die Nennviskosität sind (Abb. 2.5).

    Tab. 2.4

    Viskositätsdruckkoeffizient für ausgewählte Druckflüssigkeitsgruppen. [5]

    Das $$ V $$ - $$ p $$ -Verhalten wird näherungsweise durch einen Exponentialansatz beschrieben:

    $$ \eta_{p} = \eta_{0} \cdot e^{\alpha \cdot p } $$

    (2.5)

    $$ \varvec{\eta}_{0} $$

    Viskosität bei Atmosphärendruck

    $$ \varvec{\alpha} $$

    Viskositätsdruckkoeffizient ( $$ V $$ - $$ p $$ -Faktor), s. Tab. 2.4.

    Bei der kinematischen Viskosität wird der Effekt erst ab 200–300 bar nennenswert, weil die Dichte bei Druckerhöhung ebenfalls ansteigt. Bei Drücken im Bereich von 400 bar kommt es bei Mineralölen zur Verdopplung der kinematischen Viskosität, wobei sich der weitere Anstieg umso höher einstellt, je geringer die Temperatur ist.

    2.3.2 Dichte und Kompressibilität

    Die Dichte $$ \rho \, = \,m/V $$ ist vor allem bei dynamischen Vorgängen von Bedeutung. Beeinflusst werden die Druckverluste im Leitungssystem und die Kraftwirkungen (Impulskräfte ) auf die Kolben (Steuerschieber) von Ventilen. Aus der Definitionsgleichung ergibt sich, dass die Dichte infolge des Einflusses von Temperatur und Druck auf das Volumen ebenfalls temperatur- und druckabhängig ist.

    Diese Abhängigkeit ist allerdings weitaus geringer als bei der Eigenschaft Viskosität und wird deshalb bei praktischen Berechnungen selten berücksichtigt.

    Dichteangaben für Druckflüssigkeiten sind nach DIN 51757 auf die Bezugstemperatur

    $$ \vartheta = 15\,^\circ {\text{C}} $$

    und einen Atmosphärendruck $$ p = 1 \,{\text{bar}} $$ zu beziehen ( $$ \rho_{15} $$ ). Die Dichten von Druckflüssigkeiten liegen mit

    $$ \rho_{15} = 0{,}80 \;{\text{bis}}\; 0{,}92 \,{\text{kg/dm}}^{ 3} $$

    unter dem Wert für Wasser (

    $$ \rho_{15} = 1{,}0\, {\text{kg/dm}}^{ 3} $$

    ). Eine Ausnahme bilden die zur Gruppe der biologisch schnell abbaubaren Flüssigkeiten gehörenden Polyglykole (HEPG-Flüssigkeiten): Dichten bis

    $$ \rho_{15} = 1{,}1 \,{\text{kg/dm}}^{ 3} $$

    . Für überschlägliche Berechnungen kann der Mittelwert

    $$ \rho_{{\mathop {\ddot{O} l} l}} = \rho_{15} = 0{,}9 \,{\text{kg/dm}}^{ 3} = 900 \,{\text{kg/m}}^{ 3} $$

    benutzt werden.

    Das Dichte-Temperatur-Verhalten ( $$ \rho $$ - $$ T $$ -Verhalten) wird von der temperaturabhängigen Volumenänderung bestimmt

    $$ \Delta V = \bar{\alpha }_{V} \cdot V \cdot \Delta \vartheta $$

    (2.6)

    $$ \bar{\varvec{\alpha }}_{\varvec{V}} $$

    mittlerer Volumenausdehnungskoeffizient

    Für Mineralöle beträgt $$ \bar{\alpha }_{\varvec{V}} $$ im Mittel (6,5 bis 7,5) · 10−4 K−1.

    $$ \Delta \vartheta { = }\vartheta - \vartheta_{0} $$

    wird meist auf

    $$ \vartheta_{0} = 15\,^{ \circ } {\text{C}} $$

    bezogen.

    Die Dichteänderung bei konstantem Druck ergibt sich zu

    $$ \rho_{\vartheta } = \frac{{\rho_{0} }}{{1 + \bar{\alpha }_{V} (\vartheta - \vartheta_{0} )}}. $$

    (2.7)

    Für das Dichte-Druck-Verhalten ( $$ \rho $$ - $$ p $$ -Verhalten) ist die Kompressibilität realer Flüssigkeiten verantwortlich, denn ein inkompressibles Verhalten gibt es nur als Modellfall. Die Volumenverringerung bei Druckeinwirkung wird beschrieben durch die Beziehung:

    $$ \Delta V = - \frac{V \cdot \Delta p}{K}. $$

    (2.8)

    Der Kompressionsmodul   $$ K $$ (SI-Einheit MPa) kann auch als Elastizitätsmodul der Druckflüssigkeiten aufgefasst werden. Die Abhängigkeit

    $$ \Delta V/V = f(p) $$

    stellt keine lineare Funktion dar, was heißt, dass der Kompressionsmodul keine Konstante, sondern druckabhängig ist. Bei genaueren Untersuchungen muss deshalb zwischen Sekanten-Kompressionsmodul   $$ K_{S} $$ und Tangenten-Kompressionsmodul   $$ K_{T} $$ unterschieden werden [6]. Haupteinflussgrößen auf den Kompressionsmodul sind neben Flüssigkeitssorte und Temperatur vor allem der Luftgehalt der Druckflüssigkeit, vgl. Abschn. 2.3.3.

    Als Anhaltswerte für den Kompressionsmodul werden in der Praxis genutzt:

    K = (1,4 bis 1,6) · 10⁴ bar für luftfreie Mineralöle,

    K = (1,0 bis 1,2) · 10⁴ bar für lufthaltige Mineralöle,

    K = (2,3 bis 3,5) · 10⁴ bar für Druckflüssigkeiten ohne Mineralölbasis.

    Der Kehrwert $$ \frac{1}{K} = \beta_{p} $$ wird Pressziffer genannt.

    Weil auch die unter Druck stehenden Bauelemente, insbesondere die Rohrleitungen und Schläuche, elastischen Formänderungen ausgesetzt sind, muss oft mit einem Ersatzkompressionsmodul   $$ K^{\prime } $$ gerechnet werden. Abb. 2.6 zeigt, wie beträchtlich der Einfluss sein kann.

    ../images/48883_7_De_2_Chapter/48883_7_De_2_Fig6_HTML.png

    Abb. 2.6

    Leitungseinfluss auf den Ersatzkompressionsmodul  $$ K' $$ (nach [7]). 1 Hochdruckschlauch NW 30 (l = 3 m), 2 Stahlrohr 30 × 4 (l = 3 m), 3 und 4 Mineralöl

    $$ K^{\prime } = \frac{{V_{0} \cdot \Delta p}}{{\Delta V_{ges} }} $$

    (2.9)

    $$ \Delta V_{ges} = \Delta V_{FL} + \Delta V_{BT} = \frac{{V_{0} \cdot \Delta p}}{{K^{\prime } }} $$

    (2.10)

    $$ \varvec{\Delta V}_{{\varvec{FL}}} $$

    Volumenänderung Flüssigkeit

    $$ \varvec{\Delta V}_{{\varvec{BT}}} $$

    Volumenänderung infolge Elastizität von Bauteilen

    Vor allem bei Schlauchleitungen ist die Beeinflussung nicht mehr vernachlässigbar, siehe Tab. 2.5.

    Tab. 2.5

    Gemessene Elastizitätsmodule an ölgefüllten Schlauchleitungen. [8]

    Für die druckabhängige Dichteänderung bei konstanter Temperatur gilt

    $$ \rho_{p} = \rho_{{p_{0} }} \cdot \frac{1}{{1 - \beta_{v} \cdot \Delta p}}. $$

    (2.11)

    Bei gleichzeitiger Änderung von Temperatur und Druck kann der Ansatz

    $$ \rho_{p\vartheta } = \rho_{0} \left( {\frac{1}{{1 + \bar{\alpha }_{V} \Delta \vartheta - \beta_{V} \Delta p}}} \right) $$

    (2.12)

    verwendet werden. Die Gesetzmäßigkeit soll durch Abb. 2.7 qualitativ verdeutlicht werden.

    ../images/48883_7_De_2_Chapter/48883_7_De_2_Fig7_HTML.png

    Abb. 2.7

    Dichte-Druck-Temperatur-Verhalten von Mineralölen

    Für das Betriebsverhalten einer Hydraulikanlage viel bedeutsamer als der Einfluss der Kompressibilität auf die Dichte ist die Auswirkung auf das Bewegungsverhalten und die gesamte Steifigkeit des Systems.

    Es ist problematisch, ohne zusätzliche Regelung Bewegungen exakt aufeinander abzustimmen. Des Weiteren kann die Schwingungsneigung zunehmen oder ein bestimmter Nachlauf bei Bremsvorgängen auftreten. Insgesamt überwiegt in der Praxis die positive Wirkung, weil Druckspitzen abgebaut werden und erwünschte Dämpfungseffekte auftreten.

    Ein Vergleich der E-Module von Druckflüssigkeiten (

    $$ K = 1\,{\text{bis}}\,3{,}5 \cdot 10^{3} \,{\text{MPa}} $$

    ) mit denen von Stahl (

    $$ E = 200\,{\text{bis}}\,210 \cdot 10^{3} \,{\text{MPa}} $$

    ) zeigt, dass die Flüssigkeit eine Steifigkeitsschwachstelle darstellt.

    Der Kompressionsmodul   $$ K $$ bzw. $$ K^{\prime } $$ geht analog zum E-Modul direkt in die Steifigkeit eines komprimierten Flüssigkeitsvolumens („hydraulische Steifigkeit ") ein:

    $$ c_{hy} = \frac{\Delta F}{\Delta l} = \frac{A \cdot \Delta p}{\Delta l} $$

    (2.13)

    $$ \Delta l = \frac{{V_{0} \cdot \Delta p}}{{A \cdot K^{\prime } }} $$

    (2.14)

    $$ c_{hy} = \frac{{A \cdot \Delta p \cdot A \cdot K^{\prime } }}{{V_{0} \cdot \Delta p}} = \frac{{A^{2} \cdot K^{\prime } }}{{V_{0} }} = \frac{{A^{2} \cdot K^{\prime } }}{{A \cdot l_{0} }} = \frac{{A \cdot K^{\prime } }}{{l_{0} }} $$

    (2.15)

    $$ V $$  (Volumen), $$ A $$  (Querschnittsfläche) und $$ l $$ (Länge) sind die geometrischen Größen der komprimierten Flüssigkeitssäule.

    Es ist abzuleiten, dass bei Hydrauliksystemen, die hohe Steifigkeiten erfordern, mit großen Kolbenflächen und kleinen Längen gearbeitet werden muss, wodurch die Arbeitsdrücke meist relativ niedrig liegen, z. B. bei Werkzeugmaschinen. Bei feststehenden Abmessungen erhöht sich die Steifigkeit mit ansteigendem Druck, weil der Kompressionsmodul  $$ K $$ bzw. $$ K^{\prime } $$ druckabhängig zunimmt. Bei Hydraulikanlagen zur Übertragung großer Leistungen (z. B. Bagger) sind jedoch hohe Druckwerte und damit kleine Abmessungen und Massen anzustreben.

    Zum Stand der Technik gehört der verstärkte Einsatz von Simulationstechniken bei der Entwicklung und Einsatzoptimierung hydraulischer Systeme. Bei der CFD- Simulation müssen reale Kompressionsmodule unter Berücksichtigung der ungelösten Luft (s. Abschn. 2.3.3) in der Flüssigkeit modelliert werden können. Das Gleiche gilt für die Dichte der Flüssigkeit – Luft – Gemische. In der Literatur sind dafür entsprechende Ansätze zu finden [9, 10].

    2.3.3 Luft und Wasser in der Druckflüssigkeit

    Der Gehalt an Luft (allgemein an Gasen) und Wasser ändert die Eigenschaften einer Druckflüssigkeit und kann bei bestimmten Konstellationen das Betriebsverhalten hydraulischer Anlagen sehr negativ beeinflussen.

    Bei einem System „Luft in Flüssigkeit" sind dabei zwei Erscheinungsformen zu unterscheiden : gelöste Luft (Absorptionsvorgang) und ungelöste oder „freie" Luft (Dispersionsvorgang ). Oberflächenschaum (Luftanteil >30 %) ist eine spezielle Form von ungelöster Luft.

    Das Lösen von Gasen in Flüssigkeiten stellt ein Naturgesetz dar, welchem es auch zu danken ist, dass Tiere und Pflanzen in Gewässern leben können. Bei einer echten Lösung liegt ein homogenes, molekularverteiltes Gemisch von Gas und Flüssigkeit vor, deshalb bleiben die Eigenschaften der Druckflüssigkeit und damit das Betriebsverhalten der Anlage weitgehend unbeeinflusst. Das Lösungsvermögen von Gasen wird durch den Ostwald-Koeffizienten

    $$ L\, = \,V_{Gas} \,/\,V_{{Fl\mathop {\ddot{u}} }} $$

    gekennzeichnet. Für die wesentlichen Luftbestandteile liegen die auf Atmosphärendruck und 20 °C bezogenen Werte für die in der Hydraulik relevanten Flüssigkeiten bei

    L = 0,075 für Stickstoff,

    L = 0,15 für Sauerstoff und

    L = 0,18 für Argon.

    Daraus ergibt sich der Richtwert, dass sich Luft mit einem Volumenanteil von 8 bis 10 % in Mineralöl löst.

    Freie (ungelöste) Luft hat dagegen sehr schädliche Auswirkungen. Für das Auftreten freier Luft kommen zwei Ursachen infrage:

    1.

    das direkte Ansaugen von Luft über die Pumpe,

    2.

    das druckabhängige Ausscheiden aus der gelösten Luft.

    Während die erste Ursache auf grobe Wartungsmängel schließen lässt (Undichtigkeiten, zu geringer Flüssigkeitsstand) und prinzipiell vermeidbar ist, gehört das „Aus-Lösung-Gehen" zum oben genannten Naturgesetz.

    Das Luftaufnahmevermögen bis zur Sättigung ist bis ca. 300 bar proportional dem Druck und wird durch das Henry-Daltonsche Löslichkeitsgesetz beschrieben:

    $$ V_{Lu} = V_{Fl} \cdot \alpha \cdot \frac{{p_{2} }}{{p_{1} }} $$

    (2.16)

    Druckbereich ≤ 300 bar, Viskositätsbereich ν = (25 bis 120) mm²/s

    $$ \varvec{V}_{{\varvec{Lu}}} $$

    gelöstes Luftvolumen (Sättigungswert)

    $$ \varvec{p}_{1} $$

    Anfangsdruck

    $$ \varvec{p}_{2} $$

    Enddruck

    $$ \varvec{V}_{{\varvec{Fl}}} $$

    Flüssigkeitsvolumen bei Normaldruck (Atmosphärendruck)

    $$ \varvec{\alpha} $$

    Löslichkeitskoeffizient für Luft (Bunsen-Koeffizient)

    $$ \alpha = 0{,}08\,{\text{bis}}\,0{,}09 $$

    für Mineralöl bei

    $$ \vartheta = 25\,^{ \circ } {\text{C}} $$$$ \alpha = 0{,}05\,{\text{bis}}\,0{,}06 $$

    für HETG – Flüssigkeit

    Die Luftaufnahme kann ein Vielfaches des Flüssigkeitsvolumens betragen, z. B. ist in einer Hydraulikanlage mit 100 dm³ Ölvolumen bei 1 bar die Lösung von 9 dm³, bei 100 bar von 900 dm³ und bei 300 bar von 2700 dm³ Luft möglich. Andererseits führt jede Drucksenkung zur Ausscheidung von freier Luft aus dem Reservoir an gelöster Luft. Einen anschaulichen Vergleich bietet das Aufperlen von Gasblasen beim Öffnen einer Flasche mit kohlensäurehaltigem Getränk. Ein solcher Wechsel von Gleichgewichtszuständen ist typisch für Hydrauliksysteme, denn es treten die verschiedensten Druckniveaus – vom Unterdruck in der Saugleitung von Pumpen bis zum Lastdruck – auf. Charakteristisch ist dabei, dass sich das Freiwerden von Luft bei Druckabfall sehr schnell, oft blitzartig, vollzieht, während das „In-Lösung-Gehen" wesentlich langsamer abläuft.

    Freie Luft kann Ursache für Störungen und Schadensfälle sein, die sowohl das Betriebsverhalten als auch die Druckflüssigkeit und Anlagenkomponenten betreffen können, s. dazu Tab. 2.6.

    Tab. 2.6

    Störungen und Schadensfälle durch freie Luft und deren Ursachen

    Durch Beachtung einiger Projektierungshinweise und eine ordnungsgemäße Wartung können die negativen Wirkungen unterdrückt werden:

    Entlüftung der Anlage bei Inbetriebnahme (Entlüftungsmöglichkeit an der höchsten Stelle im Kreislauf, ggf. auch an Motoren und Arbeitszylindern),

    Kontrolle der Anlage auf Undichtigkeiten und richtigen Ölstand,

    kurze, gerade Saugleitung mit genügend großer Nennweite zur Erzielung geringerer Strömungsgeschwindigkeiten (

    $$ v_{{\mathop {\ddot{O} l}}} < 1 \,{\text{m/s}} $$

    ); Grund: geringer Strömungswiderstand, geringer Druckverlust,

    richtige Auslegung des Flüssigkeitsbehälters (Behältergröße, Trennbleche für Saug- und Rücklaufraum, Entlüftung mit Entlüftungsfilter), s. Abschn. 8.​1,

    Vermeiden von schroffen Querschnitts- und Richtungsänderungen im Leitungsnetz und in den Anlagenkomponenten; Grund: mögliche Druckabfälle.

    Der Entlüftungseffekt im Flüssigkeitsbehälter wird neben der konstruktiven Gestaltung (s. Abschn. 8.​1) vom Luftabscheidevermögen (LAV) der Druckflüssigkeit bestimmt. Die Ermittlung des Luftabscheidevermögens ist in der DIN 51381 festgelegt:

    Es ist die Zeit zu messen, in der sich die in einer Flüssigkeit dispergierte – also freie – Luft bis zu einem Restgehalt von 0,2 vol.-% abgeschieden hat. Die Prüftemperatur muss dabei 50 °C betragen.

    Den physikalischen Hintergrund für die Prüfung des Luftabscheidevermögens bildet das Stokessche Gesetz für die Aufstiegszeit  $$ T $$ von Luftblasen:

    $$ T = 18\,{\text{h}} \cdot \frac{\nu }{{d^{2} g}} $$

    (2.17)

    $$ \varvec{h} $$

    Aufstiegshöhe

    $$ \nu $$

    kinematische Viskosität

    $$ \varvec{d} $$

    Blasendurchmesser

    $$ \varvec{g} $$

    Erdbeschleunigung

    Tab. 2.7 zeigt eine Auswahl von Zahlenwerten, die den einschlägigen Normen bzw. VDMA-Blättern (vgl. Tab. 2.14, 2.15 und 2.16) entnommen wurden.

    Tab. 2.7

    Luftabscheidevermögen (LAV) in min bei 50 °C

    Durch Alterung und Fremdstoffverunreinigungen (bes. silikonhaltige Mittel) verschlechtert sich das LAV. Zu beachten ist auch, dass Schaumdämpfungsmittel (meist Silikonbasis) das LAV negativ beeinflussen.

    Bei erhöhten Anforderungen können zusätzliche Maßnahmen zur Entgasung eingesetzt werden [11]:

    Zyklontank. Durch Rotation der Flüssigkeit im Tank entstehen Zentrifugalkräfte, die zu einer schnelleren Trennung von Luft und Flüssigkeit führen.

    Erzeugung von Unterdruck in speziell gestalteten Flüssigkeitsbehältern, also Ausnutzung des Henry-Daltonschen Löslichkeitsgesetzes nach Gl. 2.16.

    Entgasung mit Ultraschall: Mit einem Schallstab werden abgestimmte Schwingungen in die Flüssigkeit eingebracht. Prinzip basiert auf der Erzeugung großer Gasblasen, die schnell an die Oberfläche aufsteigen sowie weiterer komplizierter physikalischer Effekte [11].

    Für die Messung des Luftanteils in Flüssigkeiten sind neben dem relativ einfachen Vergleich von Dichte bzw. Volumen auch Detektoren auf der Basis von Röntgenstrahlung und Ultraschall entwickelt worden.

    Auch der Wassergehalt sollte – abgesehen von den schwerentflammbaren Flüssigkeiten, vgl. Tab. 2.15–bestimmte Grenzen nicht übersteigen. Wasser ist als Verunreinigung für die Druckflüssigkeit aufzufassen. Die schädigende Wirkung wird oft unterschätzt, weil frische und reine Hydrauliköle Wasser sehr schnell abtrennen.

    Für die Ermittlung des Wassergehaltes gibt es genormte Verfahren, die in Tab. 2.8 zusammengefasst sind. Die in der Praxis dafür eingesetzte Messtechnik wird im Abschn. 11.​2.​3 beschrieben.

    Tab. 2.8

    Verfahren zur Ermittlung des Wassergehalts von Druckflüssigkeiten

    Ähnlich wie beim Problem „Luft ist ungelöstes („freies) Wasser die Ursache für eine Reihe negativer Wirkungen. Damit wird der temperaturabhängige Sättigungszustand zum wesentlichen Kriterium bei der Gefährdungseinschätzung. Im Vordergrund stehen die Verschlechterung der Schmierwirkung, die Minderung des Verschleißschutzes (Additive werden zersetzt) sowie die Begünstigung der Korrosion an Metallteilen. Hydrolyse kann zur schnelleren Flüssigkeitsalterung sowie zur Entstehung von Zersetzungsprodukten mit der Gefahr von Filterverstopfungen führen. Insbesondere die synthetischen Ester (HEES-Flüssigkeiten) und Triglyceride (HETG), beide zur Gruppe der umweltverträglichen Flüssigkeiten (s. Abschn. 2.4.3) gehörend, haben eine geringe hydrolytische Stabilität . Gegenmaßnahmen werden in Abschn. 12.​3.​1 vorgestellt.

    2.3.4 Umweltverträglichkeit und Entsorgung

    Erhebungen besagen , dass mindestens 40 % der europaweit verkauften Schmierstoffe nicht der Aufbereitung und damit Wiederverwendung zugeführt bzw. nicht ordnungsgemäß entsorgt werden, sondern durch Leckagen, Verdampfen oder konzeptionsbedingte Verlustschmierung in die Umwelt, vor allem in die Böden gelangen. Diese Tatsache und das hohe und weiterhin steigende Umweltbewusstsein unserer Gesellschaft und die aus dem ökologischen Druck der Öffentlichkeit resultierenden gesetzgeberischen Aktivitäten (die Gesetzgebung der Europäischen Union ist im hohen Maß umweltbezogen) verleihen der Thematik „Umweltverträglichkeit" eine hohe Priorität. Dieser Aspekt ist auch ein wesentliches Kriterium im Wettbewerb mit alternativen Antrieben, z. B. mit der Elektrotechnik.

    Für die Beurteilung der „Umweltverträglichkeit eines Produktes" existiert noch keine allgemeingültige Definition, und die Begriffe und Kriterien zeigen sich oft uneinheitlich. Bei der Einschätzung hydraulischer Anlagen stehen meist die umweltschädigenden Eigenschaften der Druckflüssigkeiten im Vordergrund, aber zur Thematik gehören auch solche Bereiche wie Geräuschverhalten und Energieeinsparung.

    Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit wird bei der Bewertung der Umweltverträglichkeit mehr und mehr der gesamte Lebenszyklus in die Betrachtung einbezogen. Die komplex angelegte Sichtweise enthält solche Wirkungskategorien wie abiotischer Ressourcenabbau, globale Erwärmung, Toxizität für Menschen, Ecotoxizität für Lebewesen im Wasser bzw. im Erdreich, Versäuerung, Eutrophikation u. a. Als Ergebnis einer solchen Analyse steht die Ökobilanz (engl. Life Cycle Analysis , LCA). Die Methodik für deren Erarbeitung ist in den Normen ISO 14040 und ISO 14044 vorgegeben [12].

    Als Kriterien zur Beurteilung der Umweltverträglichkeit dienen beim gegenwärtigen Erkenntnisstand die biologische Abbaubarkeit und die ökotoxikologische Unbedenklichkeit in aquatischen und terrestrischen Bereichen sowie die Konformität mit Richtlinien der Lebensmittelindustrie.

    Die unter den Druckflüssigkeiten dominierenden Mineralöle werden als wassergefährdende Stoffe eingestuft. National und zunehmend international existieren zahlreiche Gesetze und Vorschriften, die bei der Anwendung von wassergefährdenden Flüssigkeiten zu beachten sind [13, 14].

    Unter biologischem Abbau von Flüssigkeiten versteht man deren chemische Umwandlung unter Einbeziehung von Lebewesen (Mikroorganismen) im Beisein von Wasser und Sauerstoff (aerobe Bedingungen). Endprodukte sind Wasser, Kohlendioxid, Energie und Biomasse. Dieser Prozess vollzieht sich in der Natur in Zwischenschritten, bei denen unterschiedlichste Zersetzungsprodukte entstehen. Um dem Rechnung zu tragen unterscheidet man heute -bei immer noch fehlender klarer Definition des Begriffs „biologisch abbaubar" – zwei Abbaustufen [15].

    1.

    Primärer biologischer Abbau (primary biodegradability) : Der Abbauprozess beginnt, es entstehen Bruchstücke, die für die Umwelt immer noch schädlich, bezüglich der Toxizität sogar schädlicher als die Ausgangsflüssigkeit sein können.

    2.

    Vollständiger biologischer Abbau (ultimate biodegradability): Der biologische Abbau führt zur vollständigen Umwandlung und damit Entfernung der schädlichen Substanzen, übrig bleiben nur CO2, H2O und Biomasse (Bakterien).

    Für die Praxis entscheidend sind die Geschwindigkeit und der erreichbare Grad des Abbaus. Bei einem zu langsamen Abbau, z. B. bei Mineralölen, können die Flüssigkeiten in tiefere Bodenschichten vordringen und dort unter Umständen nicht mehr abgebaut werden.

    Ein schwieriges Problem ist die für Vergleiche notwendige Messbarkeit derartiger biologischer Prozesse. Einen Zugang für quantitative Vergleichswerte bietet die mengenmäßige Erfassung von Abbauendprodukten in Abhängigkeit von der Zeit; dafür sind international genormte Tests entwickelt worden [16]. Nach heutigem Erkenntnisstand entspricht nur die Testserie OECD 301 A-F den Anforderungen. Die CEC –Testmethoden sind einschließlich der neuesten Version (CEC-L-103-A-12(2012)) für Hydraulikflüssigkeiten abzulehnen, weil sie nur die primäre Abbaustufe erfassen und keine Akzeptanz bei international anerkannten Spezifikationen für umweltschonende Flüssigkeiten finden [15, 17].

    Die ökotoxikologische Unbedenklichkeit ist gekennzeichnet durch die Forderungen, dass die Druckflüssigkeit keine Inhaltsstoffe enthalten darf, die

    Halogen-, Nitrit- oder metallische Verbindungen (Ausnahme: Ca < 0,01 Gew.%) enthalten,

    kennzeichnungspflichtig (Gefahrstoffverordnung /Chemikaliengesetz ) sind,

    erbgutändernd oder krebserregend sind,

    wassergefährdend (Wassergefährdungsklasse 2 oder 3) sind.

    Wegen möglicher Umweltbelastungen durch zinkhaltige Stoffe in der bisher wichtigsten Additivgruppe für Hydrauliköle sind aktuell zink- und aschefreie Fluide mit schwefel- und phosphorbasierten Additiven entwickelt worden [18].

    Das Bestimmen des Gefährdungspotentials für Grund- und Abwasser wird in Deutschland gesetzlich durch die „Bundesverordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen" AwSV (2017-08) geregelt, welche die Verwaltungsvorschrift wassergefährdender Stoffe (VwVwS) vom 17. Mai 1999 (letzte Novellierung 1. August 2005) abgelöst hat. Grundprinzip ist die Einstufung in drei Wassergefährdungsklassen (WGK), welche aus einer Wassergefährdungszahl (WGZ) gebildet werden, s. Tab. 2.9.

    Tab. 2.9

    Wassergefährdungszahl $$ WGZ $$ und Wassergefährdungsklasse  $$ WGK $$ von Druckflüssigkeiten

    Die Wassergefährdungszahl  $$ WGZ $$ ist der arithmetische Mittelwert aus Säugetiertoxizität  $$ ST $$ , Bakterientoxizität  $$ BT $$ und Fischtoxizität  $$ FT $$ :

    $$ WGZ = (ST + BT + FT)/3. $$

    (2.18)

    Projektanten und Nutzer von Hydraulikanlagen sollten niemals eine Selbsteinstufung vornehmen, sondern die Hersteller der eingesetzten Druckflüssigkeit und ggf. die zuständige Umweltbehörde einbeziehen.

    Der wirksamste Beitrag zur ökologischen Akzeptanz der hydraulischen Antriebstechnik liegt vor, wenn es gar nicht zum Flüssigkeitsaustritt kommt, das heißt also, durch verbesserte Dichtungssysteme („trockene Hydraulik "), s. Abschn. 8.​3, und Schutzmaßnahmen gegen Havarien.

    Die Entsorgung von Druckflüssigkeiten ist durch das Abfallgesetz und die nachgeordnete Altölverordnung (Altöl V vom 27.10.87, Neufassung 2002, Ergänzung 2012) geregelt. Altöle – dazu gehören neben Mineralöl auch native Öle und synthetische Flüssigkeiten – werden in vier Sammelkategorien eingeteilt, die getrennt gesammelt und gelagert werden müssen, s. Tab. 2.10.

    Tab. 2.10

    Sammelkategorien für Altöle nach dem Abfallgesetz

    PCBa Polychlorbiphenylen

    Der Aufbereitung von Altöl wird in allen aktuellen Bestimmungen der Vorrang vor sonstigen Entsorgungsverfahren eingeräumt, sofern keine technischen und ökonomischen Sachzwänge entgegenstehen. Alle Flüssigkeiten der Kategorie 1 sollen grundsätzlich der Aufbereitung zugeführt werden. Weitere Entsorgungsvarianten für die gebräuchlichen Druckflüssigkeiten zeigt die Tab. 2.11. Weit verbreitet ist die kontrollierte Verbrennung, z. B. in Zementwerken. Etwas kurios ist die mögliche Einstufung von Rapsöl (nicht wassergefährdend) als Sonderabfall, weil die Zweitraffination gegenwärtig noch nicht durchgängig gesichert ist.

    Tab. 2.11

    Entsorgung ausgewählter Druckflüssigkeiten

    2.3.5 Technologische und ökonomische Anforderungen

    Aus dem Trend zu immer höherer Leistungsdichte und dem Wettbewerbszwang zu Kosten- und Qualitätsbewusstsein ergeben sich weitere Anforderungen und daraus abgeleitete Eigenschaften der Druckflüssigkeiten, Tab. 2.12.

    Tab. 2.12

    Betriebswirtschaftliche Forderungen an Hydrauliksysteme und Eigenschaften der

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1