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Hydraulik: Grundlagen, Komponenten, Systeme
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eBook893 Seiten6 Stunden

Hydraulik: Grundlagen, Komponenten, Systeme

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Über dieses E-Book

Das bewährte Fachbuch wurde in der 6. Auflage konsequent neu strukturiert, so dass der Einstieg in das Gebiet Hydraulik für den Leser noch besser und schneller möglich ist. Mehr und mehr kann es als Nachschlagewerk für offene Fachprobleme genutzt werden.

Die Kapitel behandeln die physikalischen und technischen Grundlagen der Hydraulik, gehen auf die Probleme der Druckflüssigkeit als Energieübertragungsmedium ein und stellen neben den hydraulischen Komponenten auch die für die Inbetriebnahme und den Betrieb von hydraulischen Anlagen erforderlichen Sensoren und Messgeräte vor. Grundlagen zur Modellierung und Simulation komplexer Hydrauliksysteme sind weitere Inhalte des Buches.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Vieweg
Erscheinungsdatum24. Feb. 2015
ISBN9783662444023
Hydraulik: Grundlagen, Komponenten, Systeme

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    Buchvorschau

    Hydraulik - Dieter Will

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    Dieter Will und Norbert Gebhardt (Hrsg.)Hydraulik10.1007/978-3-662-44402-3_1

    1. Einführung in die Hydraulik

    Dieter Will¹   und Norbert Gebhardt²  

    (1)

    Pirna, Deutschland

    (2)

    Großenhain, Deutschland

    Dieter Will (Korrespondenzautor)

    Email: dieter@th-will.de

    Norbert Gebhardt

    Email: hydraulik_gebhardt@gmx.de

    1.1 Grundlagen

    1.2 Darstellung hydraulischer Anlagen

    1.2.1 Wirkungsweise der Hydraulikanlage

    1.2.2 Aufbau der Hydraulikanlage

    1.2.3 Darstellung hydraulischer Anlagen

    Das Fachgebiet Hydraulik ist ein Teilgebiet der Hydromechanik, welche die Hydrostatik und die Hydrodynamik umfasst. Ursprünglich wurden in der Technik unter dem Begriff „Hydraulik" alle hydrostatischen und hydrodynamischen Kraft-, Bewegungs- und Strömungsvorgänge sowie die zugehörigen Geräte und Anlagen verstanden, die mit dem Übertragungsmedium Wasser arbeiten (griechisch: hydor = das Wasser). Die ersten hydraulischen Einrichtungen wurden folglich ausschließlich mit Wasser betrieben. Erst im Laufe der Entwicklung kamen zunehmend andere, überwiegend selbstschmierende, Flüssigkeiten als Übertragungsmedien zum Einsatz. Dadurch ist heute die Wasserhydraulik nur ein Teilgebiet der Hydraulik.

    Der Begriff Ölhydraulik wurde seit langem in der Technik geprägt und ist wegen des vorwiegenden Einsatzes von Mineralölen noch teilweise üblich. Da heute in zunehmendem Maße auch andere Flüssigkeiten eingesetzt werden, hat sich der Begriff Hydraulik weitestgehend durchgesetzt. Für die Gesamtheit der hydrostatischen und pneumostatischen Antriebe, Steuerungen und Regelungen wird zunehmend der Begriff Fluidtechnik verwendet. Nach DIN ISO 1219 wird in fluidtechnischen Anlagen (flüssig oder gasförmig) innerhalb eines Kreislaufes übertragen, gesteuert oder geregelt. Damit ist die Hydraulik ein Teilgebiet der Fluidtechnik (s. Abb. 1.1). Andererseits besitzt die Hydraulik für die Antriebstechnik eine große Bedeutung. Aufgabe der Antriebstechnik ist es, den Antrieb einer Maschine oder einer Einrichtung so zu gestalten, dass deren technologische Aufgaben optimal erfüllt werden können. Das gilt für das Fahrwerk eines Kraftfahrzeuges ebenso wie für den Antrieb einer Seilwinde, einer Presse u. a. m.

    A48883_6_De_1_Fig1_HTML.gif

    Abb. 1.1

    Systematik der Begriffe zur Fluidtechnik

    1.1 Grundlagen

    Den grundsätzlichen Aufbau eines Antriebes zeigt Abb. 1.2. Die Antriebsleistung wird von einem Elektromotor oder einem Verbrennungsmotor zur Verfügung gestellt. Die Ausgangsgrößen M e und ω e des Motors müssen durch einen Wandler in die von der Maschine geforderten Eingangsgrößen M a und ω a bei rotatorischen bzw. F a und v a bei translatorischen Antrieben transformiert werden. Diese Aufgabe übernimmt das Getriebe. Dem Konstrukteur bzw. Projekteur von Antrieben stehen dafür unterschiedliche Getriebebauformen zur Verfügung, aus denen er die für das vorliegende Antriebsproblem geeignete Variante auswählen muss.

    A48883_6_De_1_Fig2_HTML.gif

    Abb. 1.2

    Prinzipdarstellung eines Antriebes

    Die Getriebe können nach der Art der Elemente zur Wandlung der Eingangs- in die Ausgangsparameter eingeteilt werden in:

    Mechanische Getriebe. Die Übertragungselemente sind Zahnräder, Riemen, Koppelgetriebe u. a. Eine stufenlose Veränderung des Übersetzungsverhältnisses ist nur begrenzt möglich. Mechanische Getriebe verlangen eine feste räumliche Zuordnung zwischen Antriebsmotor und Maschine.

    Elektrische Antriebe. Die Drehzahl elektrischer Antriebsmotoren kann heute in einem großen Bereich stufenlos verändert werden. Damit wird bei elektrischen Antrieben ein Teil der Getriebefunktion vom Motor und seiner Steuerung erfüllt. Elektrische Antriebe erfordern in vielen Fällen ein mechanisches Getriebe mit konstanter Übersetzung zur Anpassung von Drehmoment und Drehzahl an die von der anzutreibenden Einrichtung geforderten Parameter. Auch bei elektrischen Antrieben ist eine feste räumliche Zuordnung zwischen Antriebsmotor und Maschine erforderlich.

    Hydraulische Getriebe. Zur Übertragung der Leistung dient eine Flüssigkeit. Je nachdem, ob die potentielle oder die kinetische Energie des Flüssigkeitsstromes genutzt wird, unterscheidet man zwischen hydrostatischen und hydrodynamischen Getrieben.

    Hydrostatische Getriebe arbeiten nach dem Verdrängerprinzip. Im einfachsten Falle liefert eine mechanisch angetriebene Pumpe einen Volumenstrom, der im Motorteil (Hydromotor oder Arbeitszylinder) eine Abtriebsbewegung hervorruft. Auf Grund der Belastung am Motorteil entsteht ein Druck, der mit dem Volumenstrom die übertragene Leistung bildet, die als mechanische Abtriebsleistung an die anzutreibende Maschine abgegeben wird. Das hydrostatische Getriebe zeigt in seiner Kennlinie Nebenschlussverhalten, d. h., die Abtriebsdrehzahl bzw. -geschwindigkeit ist praktisch unabhängig von der Belastung. Durch die Möglichkeit, Pumpe und Motor räumlich zu trennen und flexible Leitungen zu verwenden, ist eine feste räumliche Zuordnung zwischen Antriebsmotor und anzutreibender Einrichtung nicht erforderlich. Eine stufenlose Veränderung des Übersetzungsverhältnisses ist in einem großen Bereich möglich. Als Übertragungsmedium werden heute Mineralöle, schwerentflammbare Flüssigkeiten auf wasserhaltiger oder synthetischer Basis oder Öle auf natürlicher Basis verwendet.

    Hydrodynamische Getriebe bestehen aus einem Pumpenteil und einem Motorteil (Turbine). Die Drehzahl- und Drehmomentwandlung erfolgt mittels kinetischer Energie der Flüssigkeitsmasse. Das hydrodynamische Getriebe zeigt in seiner Kennlinie Hauptschlussverhalten, d. h., die Abtriebsdrehzahl nimmt mit zunehmendem Drehmoment ab. Beim Einsatz hydrodynamischer Getriebe ist wegen ihrer kompakten Bauweise eine feste räumliche Zuordnung zwischen Antriebsmotor und anzutreibender Einrichtung erforderlich.

    Weitere Gestaltungsmöglichkeiten für Antriebssysteme ergeben sich durch die Verwendung von Luft als Übertragungsmedium in pneumatischen Getrieben und durch die Kombination der oben beschriebenen Lösungen (z. B. Elektrohydraulik oder Pneumohydraulik). Derartige Kombinationen ermöglichen die sinnvolle Verbindung der Vorteile der jeweiligen Systemkomponenten.

    In diesem Buch werden physikalische und fachspezifische Grundlagen, Komponenten und Geräte sowie Schaltungen behandelt, in denen das hydrostatische Übertragungsprinzip angewendet wird. Dynamische Vorgänge treten auch beim hydrostatischen Antrieb, insbesondere bei kritischen Strömungszuständen, Anlauf- oder Bremsvorgängen auf. Sie bilden im Leistungsbereich keine dominierende Rolle. Ihre Kenntnis und Behandlung ist jedoch eine wichtige Voraussetzung zur Optimierung des dynamischen Verhaltens hydraulischer Anlagen.

    Die optimale Lösung einer Antriebs- und Steuerungsaufgabe ist immer davon abhängig, in welchem Maße die technischen, wirtschaftlichen und ergonomischen Forderungen erfüllt werden. Es gibt in der Technik eine Reihe typischer Anwendungsfälle und Anwendungsgebiete, bei denen auf Grund besonderer Vorteile einer Getriebe- bzw. Antriebsart ausschließlich diese zur Anwendung kommt. So werden Linearantriebe zur Bewältigung großer Kräfte auch bei kleinsten Geschwindigkeiten ausschließlich hydraulisch ausgeführt. Das gilt z. B. für bestimmte Pressen in der Automobilindustrie, für Kunststoffpressen, für Hubantriebe bei Gabelstaplern, Baggern, Schauflern, Ladern und Mobilkranen. Auch werden bei schweren Arbeitsmaschinen und Landmaschinen die Fahrantriebe hydraulisch ausgeführt. In Werkzeugmaschinen, in der Roboter- und Fertigungstechnik sowie in der Walzwerktechnik, im Schwermaschinenbau, im Schiffbau, in Kraftfahrzeugen, in Landmaschinen, in Baumaschinen, in Transportfahrzeugen, in Flugzeugen und in Windantrieben ist die Hydraulik häufig anzutreffen. Zunehmend ist die Anwendung der Hydraulik in Kraftfahrzeugen zu beobachten. In der Antriebs-, Steuerungs- und Regelungstechnik werden neben der Hydraulik auch pneumatische, elektrisch/elektronische und mechanische Lösungen oder Kombinationen verwendet. Besonders hat sich der elektrohydraulische Antrieb verbreitet, wobei mit Mikrorechnern gekoppelte Antriebe, Steuerungen und Regelungen weiter an Bedeutung gewinnen. Die mit elektrohydraulischen Servoventilen erreichte hohe Dynamik und Genauigkeit bei Präzisions-Stellantrieben in Verbindung mit digitalen Regelungen hat durch den Einsatz von elektrohydraulischen Proportionalventilen einen wirtschaftlich vertretbaren Aufwandsbereich erreicht. Neuerdings sind elektrohydraulische Aktoren in der Entwicklung, die mit piezoelektrischer oder magnetostriktiver Ansteuerung arbeiten und eine Minimierung der hydraulischen Ventiltechnik bzw. Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten erwarten lassen; zunehmend werden Pumpen mit separaten elektrischen Antrieb eingesetzt, die eine bedarfsgerechte Bereitstellung des Volumenstromes ermöglichen. Damit wird die Hydraulik zunehmend integraler Bestandteil der Mechatronik.

    In vielen Anwendungsfällen ist es erforderlich, aus vorhandenen Lösungsmöglichkeiten, auch verschiedener Energieformen, in einem Variantenvergleich die geeignetste Lösung zu ermitteln. Dazu ist die Kenntnis der Vor- und Nachteile der jeweiligen Antriebsart notwendig. Die wesentlichsten Vorteile und Nachteile der Hydraulik sind aus heutiger Sicht wie folgt darzustellen:

    Vorteile:

    einfache Erzeugung linearer Bewegungen,

    Erzeugung großer Kräfte und Drehmomente, hohe Energiedichte,

    stufenlose Änderung der Abtriebsbewegungen, einfache Umkehr der Bewegungsrichtung, Anfahren aus dem Stillstand unter Volllast,

    geringe Zeitkonstante durch niedrige Trägheitswiderstände der Hydraulikmotoren und Arbeitszylinder,

    einfacher Überlastungsschutz durch Druckbegrenzungsventile,

    einfache Anzeige der Belastung durch Druckmessgeräte,

    Freizügigkeit der Anordnung, variable Antriebsstrukturen der Hydraulikgeräte durch entsprechende Leitungsverlegung und Hochdruckschläuche,

    In Verbindung mit elektrohydraulischen Komponenten besonders geeignet für den Einsatz in geregelten Antrieben und automatisierten Einrichtungen (Mechatronik).

    Nachteile:

    hohe Anforderung an Sauberkeit und Filterung der Hydraulikflüssigkeit (Schmutzempfindlichkeit),

    Abhängigkeit der Viskosität und der Kompressibilität von Druck und Temperatur der Fluide beeinflussen das Betriebsverhalten,

    durch Leckagen und Druckverluste vergleichsweise schlechter Wirkungsgrad, vor allem bei Drosselsteuerung (an der Verringerung der Leistungsverluste wird zunehmend sowohl von Komponentenherstellern, als auch von Betreibern gearbeitet,

    infolge hoher Leistungsdichte und geringer Dämpfung relativ hohe Schwingungsneigung (Regelstreckenproblem),

    Lärmentwicklung.

    Durch die gezielte Anwendung der physikalischen Grundlagen sowie der Kenntnis des Aufbaus und der Wirkungsweise der Hydraulikgeräte und -kreisläufe wird eine funktionsgerechte und wirtschaftliche Gestaltung zuverlässiger Hydraulikantriebe erreicht und es ergibt sich damit die Möglichkeit zur Erweiterung des Hydraulikanwendungsfeldes.

    1.2 Darstellung hydraulischer Anlagen

    Ausgehend von einem praktischen Beispiel werden nachfolgend Aufbau und Wirkungsweise einer einfachen hydraulischen Anlage erläutert.

    Die in Abb. 1.3 vereinfacht dargestellte hydraulische Transporteinrichtung ist u. a. zum Beschicken von Bearbeitungsmaschinen geeignet. Dabei muss die Last durch den Kolben des Zylinders 4 in eine bestimmte Position geschoben werden und in dieser über einen längeren Zeitraum verbleiben können.

    A48883_6_De_1_Fig3_HTML.gif

    Abb. 1.3

    Hydraulisch betätigte Transporteinrichtung (ALMAT Fluid-Systeme). 1 Pumpe, 2 Leitungen, 3 Steuereinrichtung, 4 Arbeitszylinder, 5 Manometer, 6 Leitungen, 7 Filter, 8 Behälter, 9 Druckbegrenzungsventil

    1.2.1 Wirkungsweise der Hydraulikanlage

    Die durch einen Elektromotor angetriebene Zahnradpumpe 1 saugt einen Volumenstrom aus dem Behälter 8 und fördert ihn über die Leitungen 2 und die Steuereinrichtung 3 auf die rechte Seite des Kolbens des als Linearmotor wirkenden Zylinders 4. Der Volumenstrom verdrängt den Kolben und schiebt mit der Kolbenstange die Last nach links. Der dabei auf der linken Seite des Kolbens verdrängte Volumenstrom fließt über die Leitungen 6, die Steuereinrichtung 3 und den Filter 7 zurück in den Behälter 8. Die durch das Verschieben der Last entstehende Widerstandskraft verursacht im Zylinderraum auf der rechten Seite des Kolbens und den mit diesem verbundenen Leitungen einen Druck, dessen Größe von der Widerstandskraft und der Kolbenfläche bestimmt wird. Der in der Hydraulikanlage herrschende Druck kann am Manometer 5 abgelesen werden. Das Druckbegrenzungsventil 9 begrenzt die Höhe des Druckes und schützt die Anlage vor Überlastung.

    Die Einstellung der Bewegungsrichtung der Last erfolgt durch Verschieben des Stellelementes im Gehäuse der Stelleinrichtung 3. Dadurch werden die für die jeweilige Bewegungsrichtung erforderlichen Zylinderanschlüsse mit der Pumpe 1 bzw. dem Behälter 8 verbunden. In der in Abb. 2.​1 gezeigten Position des Stellelementes fließt der von der Pumpe geförderte Volumenstrom zum Behälter zurück und die beiden Anschlussleitungen zum Zylinder sind abgesperrt. Die Last befindet sich in der Ruhelage.

    Der in der Rückflussleitung angeordnete Filter 7 hat die Aufgabe, Verunreinigungen (z. B. Verschleißpartikel) aus dem Hydraulikfluid zu entfernen.

    Aus der dargestellten Funktions- und Wirkungsweise der hydraulischen Transportanlage folgt, dass Hydraulikanlagen Antriebssysteme sind, in welchen die vom Antriebsmotor abgegebene mechanische Leistung durch die Pumpe in hydraulische Leistung transformiert wird, welche der Hydromotor (Arbeitszylinder) wieder in mechanische Leistung zurücktransformiert.

    1.2.2 Aufbau der Hydraulikanlage

    Die für Hydraulikanlagen charakteristische Leistungswandlung mechanisch – hydraulisch – mechanisch führt zu dem in Abb. 1.4 dargestellten grundsätzlichen Aufbau einer Hydraulikanlage. Sie besteht aus den Hauptelementen:

    A48883_6_De_1_Fig4_HTML.gif

    Abb. 1.4

    Grundsätzlicher Aufbau hydraulischer Anlagen

    Flüssigkeitsstromerzeuger (Pumpe),

    Flüssigkeitsstromverbraucher (Hydromotor),

    Steuer- und Regeleinrichtung und

    Zubehör.

    Flüssigkeitsstromerzeuger wandeln die mechanische Leistung P an des Antriebsmotors (Elektromotor oder Verbrennungsmotor) in hydraulische Leistung um, die durch den Volumenstrom Q p und den zu übertragenden Druck p p bestimmt wird. Sie sind Verdrängerpumpen, deren Volumenstrom Q p konstant oder veränderbar sein kann.

    Flüssigkeitsstromverbraucher wandeln die durch den zu ihnen fließenden Volumenstrom Q m und den vom Verbraucher erzeugten Druck p m bestimmte hydraulische Leistung in die mechanische Abtriebsleistung P ab . Sie sind Hydromotoren für rotierende oder translatorische Abtriebsbewegung.

    Steuer- und Regeleinrichtungen haben die Aufgabe, durch Schalt-, Steuer- und Regelvorgänge die Größen Druck p und Volumenstrom Q, welche die zu übertragende hydraulische Leistung P y bestimmen, zu beeinflussen. Die dazu erforderlichen Schalt-, Steuer- und Regelinformationen können von außen aufgegeben werden oder aus der hydraulischen Anlage selbst kommen. Steuer- und Regeleinrichtungen sind grundsätzlich Ventile. Deren Durchflussquerschnitte sind stetig veränderbar oder sie realisieren nur die Schaltzustände „offen bzw. „geschlossen. Steuer- und Regeleinrichtungen können auch aus Kombinationen mehrerer Ventile bestehen.

    In Abhängigkeit von den Aufgaben, welche die Ventile in hydraulischen Anlagen zu erfüllen haben, wird unterschieden in Druckventile, Stromventile, Wegeventile und Sperrventile.

    Druckventile beeinflussen durch Veränderung ihres Durchflussquerschnitts die Größe des Druckes in einem Zweig der Hydraulikanlage oder die Druckdifferenz bzw. das Druckverhältnis zwischen Ein- und Ausgang eines Hydraulikelements.

    Stromventile besitzen einen oder mehrere veränderbare Durchflussquerschnitte. Sie dienen zur Einstellung eines bestimmten Volumenstromes in einem Zweig der Hydraulikanlage.

    Wegeventile sind (mehrpolige) Schalter, welche Leitungsverbindungen herstellen oder trennen bzw. eine stetige Verstellung ermöglichen. Mit ihnen können Bewegungszustände von Hydromotoren z. B. Vorlauf, Rücklauf oder Halt gesteuert oder geregelt werden.

    Sperrventile öffnen oder verschließen richtungsabhängig den Durchflussquerschnitt für den durch sie fließenden Volumenstrom.

    Zum Zubehör gehören alle bisher nicht aufgeführten Elemente und Geräte, die zum sicheren Betrieb einer Hydraulikanlage unbedingt erforderlich sind. Das sind u. a. Flüssigkeitsbehälter, Leitungen zur Übertragung der hydraulischen Leistung, Messgeräte, Heiz- bzw. Kühleinrichtungen und Filter.

    1.2.3 Darstellung hydraulischer Anlagen

    Zur eindeutigen Darstellung des Aufbaues und der Wirkungsweise einer hydraulischen Anlage dient der Funktionsschaltplan. Dieser enthält alle Komponenten und

    Geräte, ihre Verknüpfung sowie alle erforderlichen Angaben für Schalt-, Steuer- und Regelinformationen.

    Im Funktionsschaltplan werden alle Komponenten und Geräte durch Symbole dargestellt. Diese in DIN ISO 1219-1 genormten Symbole erfüllen u. a. folgende Forderungen:

    eindeutige Darstellung der Funktion der Komponente bzw. des Gerätes, ohne auf konstruktive Details einzugehen,

    Verwendung kombinationsfähiger Grundsymbole, die die Darstellung komplizierter Strukturen auch bisher unbekannter Komponenten erlauben.

    In Tab. 1.1 ist eine Auswahl der Schaltsymbole nach DIN ISO 1219-1 dargestellt. Weitere Symbole werden bei der Behandlung der Komponenten in den entsprechenden Kapiteln bzw. Abschnitten vorgestellt. Die im Buch verwendeten Kurzzeichen für Geräte und Leitungen sind in Tab. 1.2 dargestellt.

    Tab. 1.1

    Hydrauliksymbole nach DIN ISO 1219-1 (Auswahl)

    A48883_6_De_1_Tab1a_HTML.gifA48883_6_De_1_Tab1b_HTML.gif

    Tab. 1.2

    Bezeichnung hydraulischer Geräte und Leitungen

    Zum Verständnis der Anwendung und Handhabung des Symbols eines Wegeventils dient Abb. 1.5. Das Symbol eines Wegeventils wird grundsätzlich durch ein quadratisches Feld (Abb. 1.5a) dargestellt. An dieses werden die Leitungsanschlüsse (in Abb. 1.5 vier Anschlüsse, mit A, B, P, T bezeichnet) herangeführt. Die einer bestimmten Schaltstellung des Wegeventils entsprechenden Leitungsverbindungen werden in das Quadrat eingezeichnet (im Beispiel: A, B gesperrt; P mit T verbunden). Weitere Schaltstellungen werden durch Hinzufügen weiterer Quadrate mit den diesen Schaltstellungen entsprechenden Leitungsverbindungen (Abb. 1.5b) dargestellt. So entsteht das komplette Symbol (Abb. 1.5c) für das Wegeventil, das im vorliegenden Fall vier Leitungsanschlüsse und drei Schaltstellungen hat. Es wird deshalb als 4/3-Wegeventil bezeichnet. Die einzelnen Schaltstellungen werden mit arabischen Ziffern (2, 0, 1) gekennzeichnet, wobei die Mittelstellung stets die Ziffer 0 erhält.

    A48883_6_De_1_Fig5_HTML.gif

    Abb. 1.5

    Erläuterung zum Symbol eines 4/3-Wegeventils. a Grunddarstellung b Hinzufügung weiterer Schaltstellungen c komplettes Symbol des Wegeventils d Wegeventil in Schaltstellung 2

    Die Leitungsanschlüsse A, B, P, T werden nur an ein quadratisches Feld gezeichnet, welches normalerweise die Halt- bzw. Ruhestellung charakterisiert (s. Abb. 1.5c). Eine neue Schaltstellung wird durch Verschieben des Symbols gegenüber den feststehenden Leitungsanschlüssen erreicht. Dabei wirken die Betätigungselemente (in Abb. 1.5d durch einen Pfeil dargestellt) grundsätzlich schiebend auf das Schaltsymbol. Die Einhaltung dieser einfachen Hinweise ist wichtig für die eindeutige Zuordnung der Betätigungselemente zu den Schaltstellungen.

    Zum Verständnis der Anwendung und Handhabung des Symbols eines Druckbegrenzungsventils dient Abb. 1.6. Druckbegrenzungsventile werden grundsätzlich im unbeaufschlagten Zustand (so, wie der Schaltzustand bei nicht mit Druck beaufschlagten Leitungen ist), gezeichnet. In diesem Zustand schiebt die Federvorspannkraft F F das Ventilelement 1 gegen den Anschlag 2. Der Pfeil im quadratischen Ventilsymbol hat keine Verbindung zur Abflussleitung T. Das Ventil ist geschlossen. Mit zunehmendem Druck p steigt die hydraulische Kraft F y an.

    A48883_6_De_1_Fig6_HTML.gif

    Abb. 1.6

    Erläuterung zum Symbol eines Druckbegrenzungsventils. 1 Ventilelement, 2 Anschlag

    Überschreitet die hydraulische Kraft die Federvorspannkraft, wird das Ventilsymbol nach rechts verschoben, das Ventil öffnet und der Volumenstrom Q kann gegen den Einstelldruck des Ventils über den Leitungsanschluss T abfließen. Dabei wird vor dem Ventil der Duck p aufrechterhalten.

    Der Funktionsschaltplan der hydraulisch betätigten Transporteinrichtung nach Abb. 1.3 ist in Abb. 1.7 dargestellt. Die vom Elektromotor angetriebene Pumpe P fördert einen konstanten Volumenstrom in die Anlage. Die Schaltstellungen 0, 1 und 2 des handbetätigten 4/3-Wegeventils VW realisieren die Bewegungszustände Halt, Vorlauf und Rücklauf des Arbeitszylinders M. Durch die Federn am Wegeventil wird gewährleistet, dass beim Loslassen des Betätigungshebels die Schaltstellung 0 erreicht und der Arbeitszylinder M sicher in seiner Lage gehalten wird. Das Druckbegrenzungsventil schützt die Anlage vor Überlastung. Der Filter F, der hier in der Rückflussleitung angeordnet wurde, beseitigt mechanische Verunreinigungen und schützt so die Anlage vor schnellem Verschleiß.

    A48883_6_De_1_Fig7_HTML.gif

    Abb. 1.7

    Funktionsschaltplan der Hydraulikanlage nach Abb. 1.3

    Der Funktionsschaltplan gibt nur Auskunft über Aufbau und Funktion der Hydraulikanlage. Er sagt nichts zur räumlichen Anordnung und zur Größe der Komponenten und Geräte aus.

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    Dieter Will und Norbert Gebhardt (Hrsg.)Hydraulik10.1007/978-3-662-44402-3_2

    2. Druckflüssigkeiten für Hydraulikanlagen

    Dieter Herschel¹  

    (1)

    Friedersdorf, Deutschland

    Dieter Herschel

    Email: d.herschel@web.de

    2.1 Anforderungen

    2.2 Einteilung

    2.3 Eigenschaften und Kennwerte von Druckflüssigkeiten

    2.3.1 Viskosität

    2.3.2 Dichte und Kompressibilität

    2.3.3 Luft und Wasser in der Druckflüssigkeit

    2.3.4 Umweltverträglichkeit und Entsorgung

    2.3.5 Technologische und ökonomische Anforderungen

    2.4 Charakteristik der marktüblichen Druckflüssigkeiten

    2.4.1 Mineralölbasische Flüssigkeiten (Mineralöle , Hydrauliköle)

    2.4.2 Schwerentflammbare Druckflüssigkeiten

    2.4.3 Biologisch schnell abbaubare Druckflüssigkeiten

    2.4.4 Rheologische Flüssigkeiten

    2.4.5 Wasser

    2.5 Einsatzkriterien und Auswahl

    Literatur

    Dass eine Flüssigkeit zu den Grundkomponenten eines hydraulischen Antriebes gehört, ergibt sich aus dem physikalischen Wirkungsprinzip der hydraulischen Leistungsübertragung. Die Druckflüssigkeit muss als Konstruktionselement der Hydraulikanlagen betrachtet werden. Über die mit der Druck- und Bewegungsübertragung verbundene Leistungsübertragung hinaus müssen die Druckflüssigkeiten weitere funktionswichtige Aufgaben erfüllen.

    Die ersten hydraulischen Einrichtungen wurden ausschließlich mit Wasser betrieben bis die Anwendung selbstschmierender Fluide zunächst in Form der Mineralöle einsetzte. Im Laufe der Entwicklung wurde besonders ab der Mitte des 20. Jahrhunderts eine breite Palette an spezialisierten Druckflüssigkeiten auf den Markt gebracht, um so den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. Dabei kommen zunehmend auch synthetische Flüssigkeiten zum Einsatz. Über eine gezielte Auswahl können die bei Systemvergleichen der Hydraulik angelasteten Problembereiche wie Brandgefahr oder vor allem die mögliche Umweltgefährdung heute sicher beherrscht werden. Aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der Flüssigkeiten tragen zu nennenswerten Senkungen des Energiebedarfs bei.

    2.1 Anforderungen

    Die Druckflüssigkeit ist ein wesentliches Konstruktionselement jeder Hydraulikanlage. Die spezifischen Eigenschaften der Druckflüssigkeiten beeinflussen die Funktionsfähigkeit, Betriebssicherheit und Umweltverträglichkeit hydraulischer Systeme.

    Die Aufgaben einer Druckflüssigkeit sind sehr vielfältig und führen zu einem komplexen Anforderungsprofil. Neben den prinzipbedingten Hauptaufgaben

    Leistungsübertragung, verbunden mit Druck- und Bewegungsübertragung,

    Herstellen und Aufrechterhalten der Verbindung zwischen Primär- und Sekundäreinheit,

    Übertragung von Signalen für Steuerungs- und Regelungszwecke

    sind weitere funktionswichtige Nebenaufgaben zu erfüllen:

    Schmierung von Gleit- und Wälzkontakten zur Verminderung von Reibung und Verschleiß,

    Abführen von Wärmeenergie vom Entstehungsort zum Wärmetauscher, i. Allg. zum Behälter,

    Transport von Fremdstoffen (z. B. Verschleißpartikeln) zum Filter, •Schutz von Oberflächen vor chemischem Angriff, insbesondere vor Korrosion.

    In Tab. 2.1 sind die Anforderungen an Druckflüssigkeiten zusammengestellt. Die Gliederung der Anforderungen nach Aspekten ist natürlich nicht zu sehr einzugrenzen; z. B. beeinflusst die Viskosität neben der Funktion auch die ökonomische Bilanz (Leistungsverluste!). In der DIN 51524(04-2009) sind Mindestanforderungen für Hydrauliköle formuliert.

    Tab. 2.1

    Anforderungen an Druckflüssigkeiten

    2.2 Einteilung

    Naheliegend ist der Einsatz von Wasser als Druckflüssigkeit, denn neben der Verfügbarkeit werden wichtige Anforderungen in idealer Weise erfüllt, z. B. Umweltverträglichkeit, Nichtbrennbarkeit, Produktverträglichkeit (keine Schädigung für Lebensmittel, Pharmaka, Textilien u. a.) und Wirtschaftlichkeit (Kosten für Anschaffung, Entsorgung, Versicherung). Historisch gesehen war Wasser auch die erste Flüssigkeit für den Einsatz in Hydraulikanlagen. Bald nach der ersten Dampfmaschine ließ sich Bramah 1795 die Erfindung einer hydraulischen Presse mit Wassereinsatz patentieren (britisches Patent Nr. 2045). Im Jahr 1906 liegt die Geburtsstunde für die Ölhydraulik; als neues Druckmedium brachte Janney Mineralöl in einem hydrostatischen Getriebe zum Einsatz. Die Wasserhydraulik wurde in der Folgezeit mehr und mehr in Nischenanwendungen verdrängt, erfährt jedoch in jüngster Zeit eine Renaissance, s. Abschn. 2.4.4. Nach Unfällen und Brandkatastrophen, besonders im Bergbau, wurden schwer entflammbare Flüssigkeiten entwickelt und für bestimmte Einsatzfälle vorgeschrieben.

    Ein ständig wachsendes Umweltbewusstsein, gepaart mit rechtlichen Maßnahmen des Gesetzgebers sowie der zunehmende ökologische Druck der Öffentlichkeit, haben seit den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Entwicklung biologisch schnell abbaubarer Flüssigkeiten („Bioflüssigkeiten ") befördert.

    Abbildung 2.1 zeigt die Einteilung der Druckflüssigkeiten in der Übersicht sowie eine Angabe zur Größenordnung der gegenwärtigen Nutzung, wobei branchenspezifisch große Unterschiede auftreten können.

    A48883_6_De_2_Fig1_HTML.gif

    Abb. 2.1

    Einteilung der Druckflüssigkeiten

    Neueste Entwicklungen auf dem Flüssigkeitssektor sind die elektrorheologischen und magnetorheologischen Flüssigkeiten (ERF bzw. MRF), bei denen sich die Viskosität durch das Anlegen starker elektrischer bzw. magnetischer Felder in einem weiten Bereich (dünnflüssig bis fest) gezielt beeinflussen lässt. Die Möglichkeit der hochdynamischen Druck – und Volumenstromänderungen könnte die Stetigventiltechnik revolutionieren: Im Gegensatz zu konventionellen elektro-servohydraulischen Ventilen wird der Vorsteuerkreislauf nicht durch Torquemotoren, sondern durch sehr viel dynamischere ER–Strömungswiderstände angesteuert (Pagel u.a. 2010). Weitere Anwendungen wie hochdynamische Druck- oder Volumenstromregelungen sowie Kupplungen mit steuerbarer Drehmomentübertragung (damit gleichzeitig Getriebefunktion) befinden sich in der Entwicklung.

    Prognostische Einschätzungen der Marktentwicklung verweisen meist auf eine Veränderung beim Einsatz der Mineralöle (Rückgang auf ca. 50 … 60 %) und biologisch schnell abbaubaren Flüssigkeiten (Zunahme auf 25 … 30 %). Umfangreiche Aktivitäten sind gegenwärtig bei der Entwicklung der Wasserhydraulik zu erkennen, wobei es in naher Zukunft vorrangig um das Erschließen neuer Anwendungsgebiete und weniger um Konkurrenz mit der verbreiteten „konventionellen" Hydraulik gehen dürfte.

    Ein anderes, häufig genutztes Einteilungskriterium für Druckflüssigkeiten ist die ISO-Viskositätsklassifikation , s. Tab. 2.2. In den Normen ISO 3448 und DIN 51519 werden 18 Viskositätsklassen (Viscosity Grade bzw. Viscosity Group, VG) im Bereich von 2–1500 mm²/s definiert. Jede Viskositätsklasse wird durch die Mittelpunktsviskosität in mm²/s bei der Bezugstemperatur 40 °C bezeichnet; die zulässigen Grenzen jeder Klasse liegen bei $$\pm $$ 10 %. Der praxisrelevante Bereich für die Druckflüssigkeiten in Hydrauliksystemen umfasst mit Ausnahme von Wasser (ν 40 = 0,66 mm²/s) die ISO VG 10 bis ISO VG 100. Die Viskositätsklassifikation ist auch wesentlicher Bestandteil bei der Kennzeichnung von Hydraulikflüssigkeiten und Schmierstoffen, z. B. sagt die Bezeichnung HLP ISO-VG 68, dass ein Hydrauliköl (s. Abschn. 2.4.1) der Viskositätsgruppe 68 vorliegt.

    Tab. 2.2

    ISO-Viskositätsklassifikation nach ISO 3448 und DIN 51519 (Auszug)

    Eine weitere Untergliederung der Hauptgruppen und die Charakterisierung der marktüblichen Druckflüssigkeiten erfolgt in Abschn. 2.4.

    2.3 Eigenschaften und Kennwerte von Druckflüssigkeiten

    2.3.1 Viskosität

    Die Viskosität (auch Zähigkeit) ist die wichtigste Eigenschaft der Druckflüssigkeiten. Sie hat entscheidenden Einfluss auf die Schmierfähigkeit und auf die Energieverluste und zwar in entgegengesetzter Tendenz auf die Leck- und Strömungsverluste.

    Die Viskosität ist ein Maß für die innere Reibung infolge des Widerstandes, der bei gegenseitiger Verschiebung benachbarter Schichten in einer Flüssigkeit oder einem Gas auftritt. Unter einem anderen Betrachtungspunkt ist die Viskosität die Eigenschaft, durch Schub-(Scher-)Verformung eine Schubspannung aufzunehmen, die bei den sog. Newtonschen Flüssigkeiten nur vom Geschwindigkeitsgefälle dv x /dy abhängig ist, vgl. Abb. 2.2.

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    Abb. 2.2

    Skizze zur Herleitung der Viskosität für Newtonsche Flüssigkeiten

    Zwischen zwei benachbarten Flüssigkeitsschichten wirkt eine Schubspannung τ xy in Richtung x, die bei isotrop reinviskoser Flüssigkeit dem Geschwindigkeitsgefälle dv x /dy proportional ist

    $$ {\tau_{xy}}{ =}\eta \cdot \frac{{d{v_x}}}{{dy}}. $$

    (2.1)

    Den Proportionalitätsfaktor nennt man dynamische Viskosität η (DIN 1342/T.2). Die SI-Einheit für η ist Pa ⋅ s.

    Veraltet und nicht mehr zulässig ist die Einheit Poise (P):

    1 Poise (P) = 0,1 Pa · s 1 cP = 10−3 Pa · s

    Werte für die dynamische Viskosität werden nach DIN 53018 mit Rotationsviskosimetern aus dem gemessenen Drehmoment bei einer bestimmten Winkelgeschwindigkeit ermittelt, s. Abb. 2.3b.

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    Abb. 2.3

    Prinzipien der Viskositätsbestimmung. a Kugelfall-Viskosimeter b Rotations-Viskosimeter c Kapillar- (Ausfluss-)Viskosimeter

    Die auf die Dichte bezogene dynamische Viskosität bezeichnet man als kinematische Viskosität ν

    $$ \nu= \eta /\rho. $$

    (2.2)

    Die SI-Einheit für ν ist 1 m²/s. Praxisrelevant für die Hydrostatik ist die Verwendung der kleineren Einheit mm²/s: 1 mm²/s = 10−6 m²/s = 1 cSt. Die Einheit Stokes (1 St = 100 cSt) ist veraltet, aber immer noch weit verbreitet. Die kinematische Viskosität wird vor allem bei Berechnungen von Strömungsvorgängen (Nutzung der Reynoldszahl) verwendet. Auch die Klassifizierung der Druckflüssigkeiten erfolgt nach der kinematischen Viskosität, s. Tab. 2.2. Die Ermittlung dieser Stoffkennwerte erfolgt traditionell auf der Basis der DIN 51550 mit Kapillarviskosimetern (s. Abb. 2.3c) nach DIN 51562 (Messung der Durchflusszeit) oder unter Werkstattbedingungen mit dem Kugelfall-Viskosimeter nach Höppler (DIN 53013), s. Abb. 2.3a. Zum Stand der Technik gehören heute Viskositätssensoren zur Online-Bestimmung des Ölzustandes , die in die Hydraulikanlagen integriert werden (Bauer et al. 2011; Krähling und Dyck 2013). Ökonomische und ökologische Ziele sind dabei zustandsabhängige Wechselintervalle für die Druckflüssigkeit, das Vermeiden von Maschinenschäden und Kosteneinsparungen bei der Entsorgung der Altöle.

    Die Viskosität der Druckflüssigkeiten ist von der Temperatur und vom Druck abhängig, s. Abb. 2.4 und 2.5. Die nichtlinearen Zusammenhänge sind experimentell untersucht worden. Für die analytische Beschreibung stehen empirisch gewonnene Näherungsgleichungen zur Verfügung. Für das Viskositäts-Temperatur-Verhalten (V-T-Verhalten) gilt:

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    Abb. 2.4

    Viskositäts-Temperaturverhalten . a prinzipieller Verlauf b V-T- Gerade nach Ubbelohde – Walther

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    Abb. 2.5

    Einflussgrößen auf die Viskosität. a Viskositäts-Druck-Verhalten , Parameter Temperatur b Viskositäts-Temperatur-Verhalten, Parameter Druck

    1.

    Gleichung nach Ubbelohde-Walther (DIN 51563)

    $$ \lg \lg ({\nu {\text{+ c}}}){ =}{{\text{K}}_\nu }-m\cdot \lg T $$

    (2.3)

    c

    Konstante (für Mineralöl c = 0,8)

    m

    Richtungsfaktor

    T

    Temperatur in K

    K ν

    Konstante

    Gleichung (2.3) bildet auch die Grundlage für die in der Praxis meist genutzte Darstellung als Gerade (Ubbelohde–Walther–Diagramm, genormt nach DIN 51563, und auch ASTM [American Society for Testing and Materials]–Diagramm), vgl. Abb. 2.4b.

    2.

    Gleichung nach Vogel-Cameron (DIN 53017)

    $$ {\eta_\vartheta }{\text{ = A}}\cdot {e^{\frac{B}{{\vartheta {\text{+ C}}}}}}$$

    (2.4)

    C

    Konstante (für Mineralöl C = 95 °C)

    A, B

    flüssigkeitsspezifische Konstanten

    ϑ

    Temperatur in °C

    Dean und Davis haben eine Bezugsgröße, den Viskositätsindex VI nach DIN ISO 2909, eingeführt (Möller und Boor 1986). Ein hoher Viskositätsindex VI weist auf einen geringen Anstieg (flache Kennlinie) im V-T-Diagramm und damit auf eine für das Betriebsverhalten erwünschte geringe Temperaturabhängigkeit. Tabelle 2.3 zeigt Größenordnungen der VI-Werte für die im Abschn. 2.4 vorgestellten Flüssigkeiten. Bemerkenswert sind die günstigen Werte für biologisch schnell abbaubare Flüssigkeiten, insbesondere der HETG-Gruppe auf der Basis von Pflanzenölen.

    Die Viskosität hat entscheidenden Einfluss auf das Betriebsverhalten, insbesondere auf den Verschleiß und auf die Leistungsverluste (Druckverluste, innere Leckverluste). Bei der Flüssigkeitsauswahl sind deshalb genügend genaue Kenntnisse der Einsatzbedingungen und Betriebstemperaturen notwendig.

    Das Viskositäts-Druck-Verhalten (V-P-Verhalten) ist gekennzeichnet durch eine Viskositätszunahme bei Druckerhöhung, und zwar steigt die dynamische Viskosität umso stärker, je niedriger die Temperatur und je höher die Nennviskosität sind (Tab. 2.4).

    Das V-P-Verhalten wird näherungsweise durch einen Exponentialansatz beschrieben:

    $$ {\eta_p} = {\eta_0}\times {e^{\alpha- p~}}$$

    (2.5)

    η 0

    Viskosität bei Atmosphärendruck

    α

    Viskositätsdruckkoeffizient (V-P-Faktor)

    Bei der kinematischen Viskosität wird der Effekt erst ab 200–300 bar nennenswert, weil die Dichte bei Druckerhöhung ebenfalls ansteigt. Bei Drücken im Bereich von 400 bar kommt es bei Mineralölen zur Verdopplung der kinematischen Viskosität, wobei sich der weitere Anstieg umso höher einstellt, je geringer die Temperatur ist.

    2.3.2 Dichte und Kompressibilität

    Die Dichte ρ = m/V ist vor allem bei dynamischen Vorgängen von Bedeutung. Beeinflusst werden die Druckverluste im Leitungssystem und die Kraftwirkungen (Impulskräfte ) auf die Kolben (Steuerschieber) von Ventilen. Aus der Definitionsgleichung ergibt sich, dass die Dichte infolge des Einflusses von Temperatur und Druck auf das Volumen ebenfalls temperatur- und druckabhängig ist.

    Diese Abhängigkeit ist allerdings weitaus geringer als bei der Eigenschaft Viskosität und wird deshalb bei praktischen Berechnungen selten berücksichtigt.

    Dichteangaben für Druckflüssigkeiten sind nach DIN 51757 auf die Bezugstemperatur ϑ = 15 °C und einen Atmosphärendruck p = 1 bar zu beziehen (ρ 15 ). Die Dichten von Druckflüssigkeiten liegen mit ρ 15 = 0,80 bis 0,92 kg/dm³ unter dem Wert für Wasser (ρ 15 = 1,0 kg/dm³). Eine Ausnahme bilden die zur Gruppe der biologisch schnell abbaubaren Flüssigkeiten gehörenden Polyglykole (HEPG-Flüssigkeiten): Dichten bis ρ 15 = 1,1 kg/dm³ . Für überschlägliche Berechnungen kann der Mittelwert ρ Öl = ρ 15 = 0,9 kg/dm³ = 900 kg/m³ benutzt werden.

    Das Dichte-Temperatur-Verhalten (ρ-T-Verhalten) wird von der temperaturabhängigen Volumenänderung bestimmt:

    $$ \Delta V{ =}{\bar{\alpha }_{\text{V}}}\cdot V\cdot \Delta \vartheta$$

    (2.6)

    $${\bar{\alpha }_V}$$

    mittlerer Volumenausdehnungskoeffizient

    Für Mineralöle beträgt $${\bar{\alpha }_V}$$ im Mittel (6,5 bis 7,5) · 10−4 K−1.

    $$\Delta \vartheta {\text{= }}\vartheta -{\vartheta_0}$$ wird meist auf $${\vartheta_0}{ =}$$ 15 °C bezogen.

    Die Dichteänderung bei konstantem Druck ergibt sich zu

    $$ {\rho_\vartheta } = \frac{{{\rho_0}}}{{1 + {{\bar{\alpha }}_V}(\vartheta -{\vartheta_0})}}. $$

    (2.7)

    Für das Dichte-Druck-Verhalten (ρ-p-Verhalten) ist die Kompressibilität realer Flüssigkeiten verantwortlich, denn ein inkompressibles Verhalten gibt es nur als Modellfall. Die Volumenverringerung bei Druckeinwirkung wird beschrieben durch die Beziehung:

    $$ \Delta V = -\frac{{V\cdot \Delta p}}{K}. $$

    (2.8)

    Der Kompressionsmodul K (SI-Einheit MPa) kann auch als Elastizitätsmodul der Druckflüssigkeiten aufgefasst werden. Die Abhängigkeit $$\Delta $$ ∆V/V = f(p) stellt keine lineare Funktion dar, was heißt, dass der Kompressionsmodul keine Konstante, sondern druckabhängig ist. Bei genaueren Untersuchungen muss deshalb zwischen Sekanten-Kompressionsmodul K S und Tangenten-Kompressionsmodul K T unterschieden werden (Will und Ströhl 1990). Haupteinflussgrößen auf den Kompressionsmodul sind neben Flüssigkeitssorte und Temperatur vor allem der Luftgehalt der Druckflüssigkeit, vgl. Abschn. 2.3.3.

    Als Anhaltswerte für den Kompressionsmodul werden in der Praxis genutzt:

    K = (1,4 bis 1,6) · 10⁴ bar für luftfreie Mineralöle,

    K = (1,0 bis 1,2) · 10⁴ bar für lufthaltige Mineralöle,

    K = (2,3 bis 3,5) · 10⁴ bar für Druckflüssigkeiten ohne Mineralölbasis.

    Der Kehrwert $$\frac{1}{K} = {\beta_p}$$ wird Pressziffer genannt.

    Weil auch die unter Druck stehenden Bauelemente, insbesondere die Rohrleitungen und Schläuche, elastischen Formänderungen ausgesetzt sind, muss oft mit einem Ersatzkompressionsmodul K' gerechnet werden. Abbildung 2.6 zeigt, wie beträchtlich der Einfluss sein kann.

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    Abb. 2.6

    Leitungseinfluss auf den Ersatzkompressionsmodul K’ (nach Will und Eggerth (1994)). 1 Hochdruckschlauch NW 30 (l = 3 m), 2 Stahlrohr 30 × 4 (l = 3 m), 3 und 4 Mineralöl

    $$ {K^I} = \frac{{{V_0}\cdot \Delta p}}{{\Delta {V_{ges}}}}$$

    (2.9)

    $$ \Delta {V_{ges}}= \Delta {V_{FL}}+ \Delta {V_{BT}}= \frac{{{V_0}\cdot \Delta p}}{{{K^I}}}$$

    (2.10)

    $$\Delta {V_{FL}}$$

    Volumenänderung Flüssigkeit

    $$\Delta {V_{BT}}$$

    Volumenänderung infolge Elastizität von Bauteilen

    Vor allem bei Schlauchleitungen ist die Beeinflussung nicht mehr vernachlässigbar, siehe Tab. 2.5.

    Tab. 2.5

    Gemessene Elastizitätsmodule an ölgefüllten Schlauchleitungen. (Findeisen 2006)

    Für die druckabhängige Dichteänderung bei konstanter Temperatur gilt

    $$ {\rho_p} = {\rho_{{p_0}}}\cdot \frac{1}{{1-{\beta_v}\cdot \Delta p}}. $$

    (2.11)

    Bei gleichzeitiger Änderung von Temperatur und Druck kann der Ansatz

    $$ {\rho_{p\vartheta }}= {\rho_0}\left({\frac{1}{{1 + {{\bar{\alpha }}_V}\Delta \vartheta -{\beta_V}\Delta p}}}\right) $$

    (2.12)

    verwendet werden. Die Gesetzmäßigkeit soll durch Abb. 2.7 qualitativ verdeutlicht werden.

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    Abb. 2.7

    Dichte-Druck-Temperatur-Verhalten von Mineralölen

    Für das Betriebsverhalten einer Hydraulikanlage viel bedeutsamer als der Einfluss der Kompressibilität auf die Dichte ist die Auswirkung auf das Bewegungsverhalten und die gesamte Steifigkeit des Systems.

    Es ist problematisch, ohne zusätzliche Regelung Bewegungen exakt aufeinander abzustimmen. Des Weiteren kann die Schwingungsneigung zunehmen oder ein bestimmter Nachlauf bei Bremsvorgängen auftreten. Insgesamt überwiegt in der Praxis die positive Wirkung, weil Druckspitzen abgebaut werden und erwünschte Dämpfungseffekte auftreten.

    Ein Vergleich der E-Module von Druckflüssigkeiten (K = 1 bis 3,5 · 10³ MPa) mit denen von Stahl (E = 200 bis 210 ·10³ MPa) zeigt, dass die Flüssigkeit eine Steifigkeitsschwachstelle darstellt.

    Der Kompressionsmodul K bzw. K' geht analog zum E-Modul direkt in die Steifigkeit eines komprimierten Flüssigkeitsvolumens („hydraulische Steifigkeit ") ein:

    $$ {c_{hy}}= \frac{{\Delta F}}{{\Delta l}}= \frac{{A\cdot \Delta p}}{{\Delta l}}$$

    (2.13)

    $$ \Delta l = \frac{{{V_0}\cdot \Delta p}}{{A\cdot K'}}$$

    (2.14)

    $$ {c_{hy}}= \frac{{A\cdot \Delta p\cdot A\cdot K'}}{{{V_0}\cdot \Delta p}}= \frac{{{A^2}\cdot K'}}{{{V_0}}}= \frac{{{A^2}\cdot K'}}{{A\cdot {l_0}}}= \frac{{A\cdot K'}}{{{l_0}}}$$

    (2.15)

    V, A, l sind die geometrischen Größen der komprimierten Flüssigkeitssäule.

    Es ist abzuleiten, dass bei Hydrauliksystemen, die hohe Steifigkeiten erfordern, mit großen Kolbenflächen und kleinen Längen gearbeitet werden muss, wodurch die Arbeitsdrücke meist relativ niedrig liegen, z. B. bei Werkzeugmaschinen. Bei feststehenden Abmessungen erhöht sich die Steifigkeit mit ansteigendem Druck, weil der Kompressionsmodul K bzw. K' druckabhängig zunimmt. Bei Hydraulikanlagen zur Übertragung großer Leistungen (z. B. Bagger) sind jedoch hohe Drücke und damit kleine Abmessungen und Massen anzustreben.

    Zum Stand der Technik gehört der verstärkte Einsatz von Simulationstechniken bei der Entwicklung und Einsatzoptimierung hydraulischer Systeme. Bei der CFD- Simulation müssen reale Kompressionsmodule unter Berücksichtigung der ungelösten Luft (s. Abschn. 2.3.3) in der Flüssigkeit modelliert werden können. Das Gleiche gilt für die Dichte der Flüssigkeit – Luft – Gemische. In der Literatur sind dafür entsprechende Ansätze zu finden (Kim und Schleihs 2013; Riedel u.a. 2011).

    2.3.3 Luft und Wasser in der Druckflüssigkeit

    Der Gehalt an Luft (allgemein an Gasen) und Wasser ändert die Eigenschaften einer Druckflüssigkeit und kann bei bestimmten Konstellationen das Betriebsverhalten hydraulischer Anlagen sehr negativ beeinflussen.

    Bei einem System „Luft in Flüssigkeit sind dabei zwei Erscheinungsformen zu unterscheiden: gelöste Luft (Absorptionsvorgang) und ungelöste oder „freie Luft (Dispersionsvorgang ). Oberflächenschaum (Luftanteil > 30 %) ist eine spezielle Form von ungelöster Luft.

    Das Lösen von Gasen in Flüssigkeiten stellt ein Naturgesetz dar, welchem es auch zu danken ist, dass Tiere und Pflanzen in Gewässern leben können. Bei einer echten Lösung liegt ein homogenes, molekularverteiltes Gemisch von Gas und Flüssigkeit vor, deshalb bleiben die Eigenschaften der Druckflüssigkeit und damit das Betriebsverhalten der Anlage weitgehend unbeeinflusst. Das Lösungsvermögen von Gasen wird durch den Ostwald-Koeffizienten L = V Gas / V Flü gekennzeichnet. Für die wesentlichen Luftbestandteile liegen die auf Atmosphärendruck und 20 °C bezogenen Werte für die in der Hydraulik relevanten Flüssigkeiten bei

    L = 0.075 für Stickstoff,

    L = 0,15 für Sauerstoff und

    L = 0,18 für Argon.

    Daraus ergibt sich der Richtwert, dass sich Luft mit einem Volumenanteil von 8 bis 10 % in Mineralöl löst.

    Freie (ungelöste) Luft hat dagegen sehr schädliche Auswirkungen. Für das Auftreten freier Luft kommen zwei Ursachen in Frage:

    1.

    das direkte Ansaugen von Luft über die Pumpe,

    2.

    das druckabhängige Ausscheiden aus der gelösten Luft.

    Während die erste Ursache auf grobe Wartungsmängel schließen lässt (Undichtigkeiten, zu geringer Flüssigkeitsstand) und prinzipiell vermeidbar ist, gehört das „Aus-Lösung-Gehen" zum oben genannten Naturgesetz.

    Das Luftaufnahmevermögen bis zur Sättigung ist bis ca. 300 bar proportional dem Druck und wird durch das Henry-Daltonsche Löslichkeitsgesetz beschrieben:

    $$ {V_{Lu}}= {V_{Fl}}\cdot \alpha \cdot \frac{{{p_2}}}{{{p_1}}}$$

    (2.16)

    Druckbereich $$\le $$ 300 bar, Viskositätsbereich $$\nu $$ = (25 bis 120) mm²/s

    V Lu

    gelöstes Luftvolumen (Sättigungswert)

    p 1

    Anfangsdruck

    p 2

    Enddruck

    V Fl

    Flüssigkeitsvolumen bei Normaldruck (Atmosphärendruck)

    α

    Löslichkeitskoeffizient für Luft (Bunsen-Koeffizient)

    α

    = 0,08 bis 0,09 für Mineralöl bei Temperatur von 25 °C

    α

    = 0,05 bis 0,06 für HETG – Flüssigkeit.

    Die Luftaufnahme kann ein Vielfaches des Flüssigkeitsvolumens betragen, z. B. ist in einer Hydraulikanlage mit 100 dm³ Ölvolumen bei 1 bar die Lösung von 9 dm³, bei 100 bar von 900 dm³ und bei 300 bar von 2700 dm³ Luft möglich. Andererseits führt jede Drucksenkung zur Ausscheidung von freier Luft aus dem Reservoir an gelöster Luft. Einen anschaulichen Vergleich bietet das Aufperlen von Gasblasen beim Öffnen einer Flasche mit kohlensäurehaltigem Getränk. Ein solcher Wechsel von Gleichgewichtszuständen ist typisch für Hydrauliksysteme, denn es treten die verschiedensten Druckniveaus – vom Unterdruck in der Saugleitung von Pumpen bis zum Lastdruck – auf. Charakteristisch ist dabei, dass sich das Freiwerden von Luft bei Druckabfall sehr schnell, oft blitzartig, vollzieht, während das „In-Lösung-Gehen" wesentlich langsamer abläuft.

    Freie Luft kann Ursache für Störungen und Schadensfälle sein, die sowohl das Betriebsverhalten als auch die Druckflüssigkeit und Anlagenkomponenten betreffen können, s. dazu Tab. 2.6.

    Tab. 2.6

    Störungen und Schadensfälle durch freie Luft und deren Ursachen

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